Bayerischer VGH, Urteil vom 27.04.2011 - 7 BV 10.443
Fundstelle
openJur 2012, 115305
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist im Teilzeitverhältnis angestellt und daneben freiberuflicher Softwareentwickler und Systembetreuer. Er wendet sich gegen die Heranziehung zu Rundfunkgebühren für seinen Personalcomputer (PC) mit Internetzugang, den er für seine selbstständige Tätigkeit nutzt.

Mit Schreiben vom 19. Februar 2007 teilte der Kläger der Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (GEZ) mit, er halte im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit Geräte bereit, die unter die Definition „neuartige Rundfunkempfangsgeräte“ fielen. Diese benötige er für seine Arbeit, nutze sie aber nicht zum Rundfunkempfang. Für die Rundfunkempfangsgeräte, die er im Rahmen des gemeinsamen Haushalts mit seiner zukünftigen Ehefrau bereithalte, sowie zusätzlich für das Radio in seinem Pkw bezahle er bereits Rundfunkgebühren. Seine Büroadresse und die Privatanschrift seien allerdings nicht identisch.

Mit Schreiben vom 23. März 2007 bestätigte die GEZ dem Kläger die Anmeldung eines nicht privat genutzten neuartigen Rundfunkempfangsgeräts und die Vergabe einer zusätzlichen Teilnehmernummer. Mit Bescheid vom 2. Oktober 2007 setzte der Beklagte unter dieser Teilnehmernummer für die Zeiträume Januar bis März 2007 und April bis Juni 2007 rückständige Rundfunkgebühren und einen Säumniszuschlag fest. Der Bescheid ist bestandskräftig.

Zum 1. Januar 2008 zog der Kläger um, teilte dies der GEZ mit und bat um den Erlass eines Gebührenbescheids, um hiergegen Widerspruch einlegen zu können. Er sehe nicht ein, dass er unter einer Anschrift zu einer zweimaligen Gebührenzahlung verpflichtet sei, nur weil er einer selbstständigen Tätigkeit nachgehe.

Unter der von der GEZ mit Schreiben vom 23. März 2007 vergebenen Teilnehmernummer setzte der Beklagte mit Bescheid vom 1. Juni 2008 für den Zeitraum Januar bis März 2008 rückständige Rundfunkgebühren in Höhe von 15,56 Euro und einen Säumniszuschlag in Höhe von 5,11 Euro fest. Nach Zurückweisung des hiergegen erhobenen Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 28. Januar 2009 hat der Kläger mit Schreiben vom 25. Februar 2009 Klage beim Verwaltungsgericht München eingereicht mit dem Antrag, den Gebührenbescheid vom 1. Juni 2008 aufzuheben. Seit seinem Umzug in ein Einfamilienhaus befänden sich seine private Wohnung und sein Büro im selben Anwesen ohne jegliche bauliche Trennung. Zu seiner Büroausstattung gehöre ein Computer als notwendiges Arbeitsgerät. Weitere Rundfunkempfangsgeräte seien in seinem Bürobereich nicht vorhanden. Er beschäftige auch keine Angestellten oder sonstigen Mitarbeiter und nutze kein Kraftfahrzeug für gewerbliche Zwecke. Zum Rundfunkempfang nutze er ausschließlich die im Privathaushalt vorhandenen Geräte. Er berufe sich daher auf die „Zweitgerätebefreiung“.

Mit Urteil vom 28. Dezember 2009 hat das Verwaltungsgericht den Gebührenbescheid vom 1. Juni 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2009 aufgehoben. Der Kläger nutze den in seinem Betrieb eingesetzten PC nur als Arbeitsmittel und nicht als Rundfunkempfangsgerät. Er sei als Freiberufler zwingend auf die Nutzung des Internets angewiesen. Es fehle aber der Wille, den PC zum Rundfunkempfang bereitzuhalten. Bei gewerblich genutzten internetfähigen PCs könne nicht typischerweise davon ausgegangen werden, dass diese zum Empfang von Rundfunksendungen genutzt würden. Derartige Nutzungen könne der Beklagte durch Zugangssperren feststellen und auch etwaige Umgehungsmöglichkeiten einschränken.

Zur Begründung der hiergegen eingelegten Berufung führt der Beklagte aus, die Gebührenpflicht knüpfe an die objektive Möglichkeit an, an der Gesamtveranstaltung Rundfunk teilzunehmen. Hierfür sei der technisch ohne Weiteres mögliche Rundfunkempfang eines Internet-PCs ausreichend. Die Nutzung internetfähiger Rechner zum Rundfunkempfang liege auch nicht außerhalb jeder Lebenswirklichkeit. Es gebe zahlreiche Beispiele für Arbeitsplätze, an denen Rundfunk empfangen werde. Die Absicht, den Rechner entsprechend zu nutzen, sei kein Kriterium, das dem Bestimmtheitsgebot im Abgabenrecht genüge und könne als subjektives Merkmal in einem Massenverwaltungsverfahren nicht überprüft und nachgewiesen werden. Ein missbrauchsanfälliges Registrierungsmodell zum Internetempfang des Rundfunks sei keine geeignete Möglichkeit, entsprechende Nutzungen auszuschließen. Im Übrigen stelle eine Aussage, den PC nicht zum Rundfunkempfang zu nutzen, nur eine Momentaufnahme dar. Die Nutzung könne jederzeit geändert werden. Es komme auch weder darauf an, ob die Anschaffung des PCs auf einer freien Willensentscheidung beruhe oder beruflich veranlasst sei noch darauf, ob die Nutzung zum Rundfunkempfang typisch oder atypisch sei.

Mit Schriftsatz vom 18. April 2011 hat der Beklagte ergänzend vorgetragen, der internetfähige PC des Klägers unterfalle nicht der Gebührenfreiheit gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags (RGebStV). Diese Bestimmung sei als Ausnahmevorschrift restriktiv auszulegen. Die Unterscheidung zwischen privatem und nicht privatem Bereich sei ein grundlegendes Konzept des Rundfunkgebührenrechts. Ein ausschließlich privat genutztes herkömmliches Rundfunkempfangsgerät führe somit nicht zur Gebührenfreiheit eines im gleichen Haus gewerblich genutzten Internet-PCs. Vielmehr könne sich die Zweitgerätefreiheit für neuartige Rundfunkempfangsgeräte nach § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV nur innerhalb des nicht privaten Bereichs auswirken. Das ergebe sich neben dem Wortlaut und der Gesetzessystematik auch aus dem dokumentierten Willen des Gesetzgebers.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Dezember 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Bei Computern handele es sich nicht um Rundfunkempfangsgeräte. Außerdem sei deren Nutzung zum Rundfunkempfang insbesondere im Berufsleben atypisch. Die Rundfunkgebührenpflicht sei im vorliegenden Fall auch deshalb zu verneinen, weil für den privaten Haushalt des Klägers auf demselben Grundstück Rundfunkempfangsgeräte angemeldet seien und deshalb die Zweitgerätebefreiung greife. Der entsprechende Befreiungstatbestand stelle allein auf die Grundstückszugehörigkeit ab und differenziere nicht danach, ob die anderen Rundfunkempfangsgeräte privat oder nicht privat genutzt oder ob sie von einer anderen Person vorgehalten würden. Eine Einschränkung der Norm auf ausschließlich gewerblich genutzte Rundfunkempfangsgeräte verbiete sich angesichts des klaren Wortlauts. Hätte der Gesetzgeber eine Gebührenpflicht auch für Fälle wie den vorliegenden gewollt, so hätte er dies ohne Probleme entsprechend formulieren können.

Die als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligte Landesanwaltschaft Bayern führt aus, die grundsätzliche Gebührenpflichtigkeit internetfähiger PCs als Rundfunkempfangsgeräte sei durch die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2010 geklärt. Offen geblieben sei die Frage, ob die Gebührenfreiheit als Zweitgerät voraussetze, dass das andere auf dem Grundstück zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät ebenfalls dem nicht ausschließlich privaten Bereich zugeordnet sein müsse oder ob es sich dabei auch um ein rein privat genutztes Gerät handeln könne. Trotz entgegenstehender obergerichtlicher Entscheidungen sei aufgrund des Wortlauts und der Systematik der Norm davon auszugehen, dass das „andere Rundfunkgerät“ kein ausschließlich privat genutztes Gerät sein dürfe. § 5 Abs. 3 RGebStV sei eine Spezialregelung für das nicht-private Teilnehmerverhältnis. Das Tatbestandsmerkmal „im nicht ausschließlich privaten Bereich“ stehe gleichsam „vor der Klammer“ und gebe das Regelungsprogramm vor. Es liefe der Systematik des § 5 RGebStV zuwider, für Zweitgeräte im nicht privaten Teilnehmerverhältnis aufgrund rein privat genutzter Erstgeräte eine Gebührenfreiheit zu bejahen.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Unterlagen des Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

1. Für die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung ist die Rechtslage im Veranlagungszeitraum (Januar bis März 2008) zugrundezulegen. Maßgeblich ist somit der Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) vom 31. August 1991 (GVBl S. 451) in der Fassung des zum 1. März 2007 in Kraft getretenen Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 31. Juli bis 10. Oktober 2006 (GVBl 2007 S. 132). Das bis 31. Dezember 2006 geltende Gebührenmoratorium für internetfähige Rechner in § 5a RGebStV (Vierter bis Siebter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) bzw. § 11 Abs. 2 RGebStV (Achter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) und schließlich § 12 Abs. 2 RGebStV (Neunter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) war im fraglichen Zeitraum bereits ausgelaufen.

2. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht – ausdrücklich abweichend von der Rechtsprechung des Senats (BayVGH vom 19.5.2009 ZUM 2009, 876; mittlerweile bestätigt durch BVerwG vom 27.10.2010 ZUM 2011, 352) – angenommen, der Kläger müsse für seinen beruflich genutzten internetfähigen PC schon deshalb keine Rundfunkgebühren zahlen, weil er diesen trotz entsprechender Nutzungsmöglichkeit nicht zum Empfang von Rundfunk bereithalte, sondern nur als Arbeitsmittel nutze, auf das er als Softwareentwickler und Systembetreuer zwingend angewiesen sei. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht durch seine Entscheidungen vom 27. Oktober 2010 (a.a.O.; Parallelentscheidung NJW 2011, 946) für vergleichbare Fallgestaltungen klargestellt, dass für neuartige Rundfunkempfangsgeräte Rundfunkgebühren zu zahlen sind, ohne dass es darauf ankommt, ob deren Inhaber damit tatsächlich Radio- oder Fernsehsendungen empfängt. Somit steht der Gebührenpflichtigkeit im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass der Kläger seinen beruflich eingesetzten PC nach seinen glaubhaften Angaben nicht zum Empfang von Rundfunksendungen nutzt.

3. Die Rundfunkgebührenpflicht für den PC entfällt auch nicht deshalb, weil der Kläger bereits für ein Rundfunkempfangsgerät in einem ebenfalls beruflich genutzten Kraftfahrzeug Rundfunkgebühren zahlen würde oder weil er hierfür zumindest zahlungspflichtig wäre. Zwar würde der PC in diesem Fall auch nach Auffassung des Beklagten (S. 6 f. des Schriftsatzes vom 18.4.2011) unter die Zweitgerätefreiheit des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV fallen (vgl. auch Göhmann/Naujock/Siekmann in Hahn/ Vesting, Rundfunkrecht, 2. Auflage 2008, RdNr. 55a zu § 5 RGebStV), der mit dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 8. bis 15. Oktober 2004 (GVBl 2005 S. 27) in Kraft getreten ist und seither unverändert fortgilt. Der Kläger hat hierzu jedoch bereits in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht klargestellt, dass er für seine gewerblichen Zwecke kein Kraftfahrzeug nutzt, sondern entweder mit der Bahn oder dem Flugzeug reist. Im Berufungsverfahren hat der Kläger auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt, dienstliche Reisen ausschließlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchzuführen. Der Senat hat keine Veranlassung, an diesen vom Beklagten auch nicht bestrittenen Angaben zu zweifeln.

204. Das Verwaltungsgericht hat sich aufgrund seiner oben dargelegten Auffassung nicht mit der Frage befasst, ob neuartige Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich, die einem Grundstück zugeordnet sind, auf dem der Gebührenpflichtige (nur) im privaten Bereich andere (herkömmliche) Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereithält, gemäß § 5 Abs. 3 RGebStV als Zweitgeräte von der Rundfunkgebühr befreit sind. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat diese Frage in seinen Entscheidungen vom 27. Oktober 2010 aufgrund der dort zugrundeliegenden Fallkonstellationen offen gelassen und sich auf die Feststellung beschränkt, dass es für die in § 5 Abs. 3 RGebStV normierte Gebührenbefreiung erkennbar nur auf das Vorhandensein eigener (Erst-)Geräte ankomme. Im Einklang mit der bisher zur aufgeworfenen Frage ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung (HessVGH vom 30.3.2010 MMR 2010, 500; OVG RhPf vom 17.6.2010 Az. 7 A 10416.10 <juris>; NdsOVG vom 3.1.2011 ZUM 2011, 273) ist der Senat der Auffassung, dass für nicht ausschließlich privat genutzte neuartige Rundfunkempfangsgeräte auch unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Trennung zwischen privatem und nicht privatem Rundfunkteilnehmerverhältnis und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift keine Rundfunkgebühren anfallen, wenn deren Inhaber ein anderes (herkömmliches) Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält und die Geräte ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen sind, unabhängig davon, ob das Erstgerät zu privaten oder zu nicht privaten Zwecken genutzt wird.

a) Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV hat jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der Regelungen der §§ 5 und 6 RGebStV für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr und für das Bereithalten jedes Fernsehgerätes jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten. Gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 2 RGebStV sind unter den dort genannten Voraussetzungen im ausschließlich privaten Bereich für weitere Rundfunkempfangsgeräte (Zweitgeräte) keine Rundfunkgebühren zu leisten. § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV bestimmt als Ausnahme von § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV (vgl. BVerwG vom 27.10.2010 ZUM 2011, 352/356 und NJW 2011, 946/948), dass für neuartige Rundfunkempfangsgeräte (insbesondere Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können) im nicht ausschließlich privaten Bereich keine Rundfunkgebühr zu entrichten ist, wenn 1. die Geräte ein und demselben Grundstück zuzuordnen sind und 2. andere Rundfunkempfangsgeräte dort zum Empfang bereitgehalten werden. Werden ausschließlich neuartige Rundfunkempfangsgeräte, die ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen sind, zum Empfang bereitgehalten, ist für die Gesamtheit dieser Geräte eine Rundfunkgebühr zu entrichten (§ 5 Abs. 3 Satz 2 RGebStV).

b) Mit dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (a.a.O., RdNr. 20) ist der Senat allerdings der Auffassung, dass der Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV nicht so eindeutig ist, dass bereits aus diesem Grund die vom Beklagten und vom Vertreter des öffentlichen Interesses vertretene Auslegung, das „andere“ auf dem Grundstück bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät dürfe kein ausschließlich privat genutztes Gerät sein, von vornherein ausgeschlossen wäre (a.A. HessVGH vom 30.3.2010, a.a.O., S. 500, und NdsOVG vom 3.1.2011, a.a.O., S. 274). Es erscheint bei rein grammatikalischer Betrachtung zumindest vertretbar (so auch die Bayerische Staatskanzlei in ihrem vom Beklagten vorgelegten Schreiben vom 21.10.2008), das Tatbestandsmerkmal „im nicht ausschließlich privaten Bereich“ als „vor die Klammer gezogen“ anzusehen mit der Folge, dass sich die Zweitgerätefreiheit für neuartige Rundfunkempfangsgeräte nach § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV dann nur innerhalb des nicht privaten Bereichs auswirken könnte.

Allerdings legt der Wortlaut, der für die Zweitgerätegebührenfreiheit jedenfalls nicht ausdrücklich verlangt, dass das „andere“ Rundfunkempfangsgerät ebenfalls ein im nicht ausschließlich privaten Bereich genutztes Gerät sein muss, eher die gegenteilige Auffassung nahe, wonach es für die Gebührenfreiheit des gewerblich genutzten internetfähigen PCs nicht darauf ankommt, ob das gebührenpflichtige herkömmliche Erstgerät nur privat oder auch zu nicht privaten Zwecken genutzt wird (ebenso OVG RhPf vom 17.6.2010, a.a.O., RdNr. 20). Für diese Auslegung spricht der auch im Gebühren- und Abgabenrecht geltende (vgl. BVerfG vom 19.3.2003 BVerfGE 108, 1/20 und vom 20.1.2010 NVwZ 2010, 831/833; BVerwG vom 10.12.2009 BVerwGE 135, 367/380 und vom 4.8.2010 NVwZ 2011, 41/44) rechtsstaatliche Grundsatz der Normenklarheit. Dieser Grundsatz steht zwar einer Auslegungsbedürftigkeit gebührenrechtlicher Vorschriften nicht grundsätzlich entgegen. Er verlangt aber gleichwohl, dass die Regelungen so bestimmt sind, dass der Gebührenschuldner seine Normunterworfenheit und Leistungspflicht – erforderlichenfalls im Wege der Auslegung – erkennen kann. Der Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV enthält jedoch keinen hinreichend deutlichen Hinweis darauf, dass das herkömmliche Rundfunkempfangsgerät kein privat genutztes Gerät sein darf, sondern ebenfalls zu nicht privaten Zwecken genutzt werden muss, um die Gebührenpflichtigkeit für ein neuartiges Rundfunkempfangsgerät im nicht ausschließlich privaten Bereich entfallen zu lassen. Es besteht auch kein verfassungsrechtlicher Grundsatz des Inhalts, dass das Rundfunkgebührenrecht stets im Sinne der Gebührenpflichtigkeit auszulegen wäre. Vielmehr ist es im Falle nicht vorgesehener Gebührenausfälle Aufgabe des Gesetzgebers, der sich an dem für den Normadressaten ersichtlichen Regelungsgehalt der Norm festhalten lassen muss (BVerfG vom 2.6.2008 NVwZ 2008, 1229/1230), hierauf zu reagieren (BVerwG vom 29.4.2009 Az. 6 C 28.08 <juris> und vom 13.1.2010 Az. 6 B 79.09 <juris>). Von einer ohne Weiteres möglichen klarstellenden Regelung im Sinne der Lesart des Beklagten (S. 4 f. des Schriftsatzes vom 18.4.2011; vgl. auch Eicher/Schneider, NVwZ 2009, 741/745 in Fn. 61) haben die Staatsvertragsparteien und der Gesetzgeber jedoch trotz kontroverser Rechtsprechung (vgl. den Überblick bei Reislhuber, MMR 2010, 459/461 f.) und mehrfacher Änderungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrags bisher abgesehen.

c) Die Gebührenpflichtigkeit für internetfähige PCs ergibt sich bei der vorliegenden Fallkonstellation auch nicht aus der Regelungssystematik des Rundfunkgebührenstaatsvertrags oder aus dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 3 RGebStV.

Zwar weist der Beklagte insoweit zu Recht darauf hin, dass der Rundfunkgebührenstaatsvertrag zwischen Nutzung zu privaten und zu anderen Zwecken unterscheidet und dass die Gebührenfreiheit für Zweitgeräte grundsätzlich nur im privaten Bereich gilt (§ 1 Abs. 2, § 2 Abs. 2, § 3 Abs. 2 Nr. 7, § 5 Abs. 1, Abs. 2 RGebStV). § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV schließt die Zweitgerätegebührenfreiheit für Geräte, die zu anderen als privaten Zwecken genutzt werden, ausdrücklich aus, und bestimmt, dass für jedes (auch nur teilweise) nicht privat genutztes Gerät grundsätzlich eine Gebühr zu zahlen ist. Durch die zum 1. April 2005 in Kraft getretene Neufassung des § 5 Abs. 2 RGebStV, die die bisherige Formulierung „zu gewerblichen Zwecken oder zu einer anderen selbstständigen Erwerbstätigkeit des Rundfunkteilnehmers oder eines Dritten“ durch die nunmehr geltende Formulierung „zu anderen als privaten Zwecken“ ersetzt hat, sollte die bisherige Rechtslage bestätigt und lediglich klargestellt werden, „dass es keine Gebührenfreiheit für jede Art der Nutzung gibt, die nicht ausschließlich zu privaten Zwecken erfolgt“ (LT-Drs. 15/1921, S. 19). In diesem Zusammenhang hebt die amtliche Begründung der Vorschrift ausdrücklich hervor, dass es nach § 5 Abs. 2 Satz 2 RGebStV auf den Umfang der nicht privaten Nutzung nicht ankommt.

Ohne die Zweitgeräte-Befreiungsvorschrift des § 5 Abs. 3 RGebStV wäre somit für jedes einzelne neuartige Rundfunkempfangsgerät, das nicht ausschließlich privat genutzt wird, eine Gebühr zu zahlen. § 5 Abs. 3 RGebStV regelt jedoch eine Ausnahme zu diesem Grundsatz, die die Zweitgerätefreiheit (grundstücksbezogen) ausdrücklich auf den nichtprivaten Bereich erweitert. Als Ausnahmevorschrift muss sich die von ihrem Wortlaut her offene Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV nicht notwendigerweise in das System der Trennung zwischen privater und nicht privater Nutzung einfügen, sondern kann ebenso gut im Sinne einer Sondervorschrift für neuartige Rundfunkempfangsgeräte verstanden werden, die diese Trennung durchbricht.

§ 5 RGebStV ist keine in sich abgeschlossene Regelung. Die Vorschrift enthält insbesondere für Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich zahlreiche Sonderregelungen (in Abs. 2 Satz 2 für Gästezimmer des Beherbergungsgewerbes und vermietete Ferienwohnungen, in Abs. 3 für neuartige Rundfunkempfangsgeräte, in Abs. 4 für Unternehmen, die sich gewerbsmäßig mit der Herstellung, dem Verkauf, dem Einbau oder der Reparatur von Rundfunkempfangsgeräten befassen, in Abs. 5 für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, Landesmedienanstalten, private Rundfunkveranstalter oder -anbieter und die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, in Abs. 6 für diplomatische Vertretungen, in Abs. 7 bis 9 unter anderem für Krankenhäuser, Einrichtungen für behinderte Menschen, Einrichtungen der Jugendhilfe etc. und in Abs. 10 für Schulen). Diese Bestimmungen treffen für die genannten Bereiche jeweils spezielle und abschließende Regelungen, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang zueinander stehen. Daher erscheint es nicht ausgeschlossen, die Vorschrift des § 5 Abs. 3 RGebStV als Spezialregelung für neuartige Rundfunkempfangsgeräte zu verstehen (ebenso HessVGH vom 30.3.2010, a.a.O., S. 501, und OVG RhPf vom 17.6.2010, a.a.O., RdNr. 22), die – ebenso wie im Übrigen die im Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vorgesehene Regelung in § 5 Abs. 5 Nr. 3 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (LT-Drs. 16/7001) – für diesen Bereich Zweitgeräte in weitem Umfang und ohne Unterscheidung zwischen privater und nicht privater Nutzung von der Gebührenpflicht ausnehmen wollte. Dies wäre auch deshalb schlüssig, weil internetfähige Rechner vor allem im nicht-privaten Bereich häufig nur als unverzichtbares Arbeitsmittel und nicht zum Rundfunkempfang genutzt werden und der Gesetzgeber diesem Umstand durch eine im Vergleich zur gewerblichen Nutzung herkömmlicher Rundfunkempfangsgeräte erweiterte Zweitgerätebefreiung Rechnung getragen hat (BVerwG vom 27.10.2010 ZUM 2011, 352/360 und NJW 2011, 946/952). Dass auch die Staatsvertragsparteien eine Durchhaltung der strikten Trennung zwischen privater und nicht privater Nutzung aus Gründen der Gebühren- bzw. Beitragsgerechtigkeit nicht für zwingend geboten erachten, zeigt die von den Ministerpräsidenten zwischen dem 5. und 21. Dezember 2010 vereinbarte Regelung in § 5 Abs. 5 Nr. 3 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags.

§ 5 Abs. 3 Satz 2 RGebStV enthält im Übrigen auch bei Annahme der Zweitgerätefreiheit aufgrund eines privaten herkömmlichen Geräts einen über § 5 Abs. 1 RGebStV hinausgehenden Regelungsgehalt dahingehend, dass – abweichend von § 2 Abs. 2 und § 5 Abs. 2 RGebStV – bei neuartigen Rundfunkempfangsgeräten im nicht privaten Bereich, die ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen sind, unabhängig von der Anzahl der Geräte maximal eine Rundfunkgebühr zu entrichten ist.

d) Schließlich spricht auch die Entstehungsgeschichte des § 5 Abs. 3 RGebStV nicht für einen Ausschluss der Gebührenbefreiung für gewerblich genutzte internetfähige Rechner als Zweitgeräte bei ausschließlich privater Nutzung des herkömmlichen Erstgeräts. Ein derartiger Wille des Gesetzgebers ist nicht hinreichend dokumentiert (a.A. Eicher/Schneider, a.a.O., S. 745 bei Fn. 66).

Die Gesetzesmaterialien (LT-Drs. 15/1921, S. 19 f.) lassen einen entsprechenden Regelungswillen des Normgebers nicht erkennen. Dort wird einleitend zu den vorgesehenen Änderungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrags ausgeführt, die „Nachfolgeregelung für das bis zum 31. Dezember 2006 befristete PC-Moratorium“ werde „mittelfristig in eine Gleichstellung des nicht privaten Bereichs mit dem privaten Bereich bei der Zweitgerätefreiheit führen“. Diese allgemeinen Ausführungen lassen sich weder für die vom Beklagten vertretene enge Auslegung des § 5 Abs. 3 RGebStV noch für eine von der Nutzungsart unabhängige Zweitgerätefreiheit fruchtbar machen. Für eine Auslegung im letztgenannten Sinne könnte jedoch die amtliche Begründung zu § 5 Abs. 3 RGebStV sprechen, wonach die Regelung „das Ziel einer umfassenden Zweitgerätebefreiung für bestimmte neuartige Geräte“ verfolge. Die anschließende Erläuterung, die neuartigen Rundfunkempfangsgeräte seien im nicht ausschließlich privaten Bereich von der Rundfunkgebührenpflicht befreit, soweit sie ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen seien und „für die dort bereitgehaltenen anderen (herkömmlichen) Rundfunkempfangsgeräte bereits Rundfunkgebühren entrichtet werden“, enthält lediglich eine umformulierte Wiedergabe des Normtextes, aus der sich für die aufgeworfene Frage keine näheren Erkenntnisse herleiten lassen.

Gleiches gilt für die daran anknüpfenden Ausführungen, wonach nur dann eine Gebühr für die Bereithaltung von neuartigen Geräten eine Gebühr zu entrichten sei, „wenn dort keine entsprechenden herkömmlichen Rundfunkgeräte zum Empfang bereit gehalten werden.“ Soweit der Beklagte meint, das Wort „entsprechend“ könne sich nur auf den nicht ausschließlich privaten Bereich beziehen, weil die anderen möglichen Bezugspunkte des Grundstücks mit dem Wort „dort“ und des nicht neuartigen Rundfunkgeräts mit dem Wort „herkömmlich“ bereits ausdrücklich genannt würden, handelt es sich zwar in der Tat um einen möglichen, aber nur sehr vagen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber eine Regelung im Sinne der vom Beklagten vertretenen Auslegung treffen wollte. Weitere verlässliche Anhaltspunkte dafür lassen sich der Gesetzesbegründung jedoch nicht entnehmen. Außerdem ist die entsprechende Passage der Gesetzesbegründung alles andere als eindeutig. Das Wort „entsprechend“ kann sich ebenso gut auf die im vorstehenden Satz genannte (und im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte) Voraussetzung für die Befreiung beziehen, dass für die anderen (herkömmlichen) Rundfunkgeräte bereits Rundfunkgebühren entrichtet werden. Somit kann das vom Beklagten vertretene Gesetzesverständnis nur mithilfe einer keinesfalls zwingenden Interpretation der Gesetzesmaterialien gewonnen werden. Allein auf eine solche Auslegung der Gesetzesbegründung lässt sich jedoch die Erhebung einer Gebühr im Hinblick auf den eher gegen dieses Verständnis sprechenden Wortlaut der Befreiungsvorschrift nicht stützen. Vielmehr obläge es den Staatsvertragsparteien und dem Gesetzgeber, gegebenenfalls eine klarstellende Regelung zu vereinbaren und zu erlassen.

Schließlich kann die vom Beklagten befürwortete Auslegung des § 5 Abs. 3 RGebStV auch nicht aus der amtlichen Begründung des (noch nicht ratifizierten) Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags (LT-Drs. 16/7001, S. 19) hergeleitet werden. Nach der künftigen Regelung des § 5 Abs. 5 Nr. 3 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags ist ein Rundfunkbeitrag im nicht privaten Bereich nicht zu entrichten für Betriebsstätten, die sich innerhalb einer beitragspflichtigen Wohnung befinden, für die bereits ein Rundfunkbeitrag entrichtet wird. Somit soll der Gesetzesbegründung zufolge in Zukunft der heimische Arbeitsplatz nicht mehr beitragspflichtig sein, auch wenn es sich um die Betriebsstätte eines Wohnungsinhabers handelt, sofern für die Wohnung ein Beitrag entrichtet wird. Zwar enthält die Gesetzesbegründung den Hinweis, bisher hätten Rundfunkempfangsgeräte zur nicht ausschließlich privaten Nutzung wie z.B. der beruflich genutzte PC zur Gebührenpflicht geführt. Mehr als eine Wiedergabe der – umstrittenen – Auffassung der Landesrundfunkanstalten, die allerdings von den Obergerichten bisher einvernehmlich abgelehnt wurde, lässt sich diesen Ausführungen jedoch nicht entnehmen. Gleiches gilt für den vom Beklagten vorgelegten Auszug aus der Ergebnisniederschrift der Besprechung der Rundfunkreferenten der Länder vom 7. Oktober 2008, die ohne nähere Erläuterung lediglich das Meinungsbild der Ländervertreter wiedergibt und daher keine aussagekräftige Erkenntnisquelle für die Auslegung des § 5 Abs. 3 RGebStV darstellt (desgl. OVG RhPf vom 17.6.2010, a.a.O., RdNr. 28).

e) Nachdem das vom Kläger selbst privat bereitgehaltene herkömmliche Rundfunkempfangsgerät und sein beruflich genutzter PC seit seinem Umzug in ein Einfamilienhaus ein und demselben Grundstück zuzuordnen sind, ist somit für den PC gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV für den streitgegenständlichen Zeitraum keine Rundfunkgebühr zu entrichten.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

6. Die Revision war gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 10 RGebStV zuzulassen. Die Frage, ob gewerblich genutzte internetfähige Rechner auch dann gemäß § 5 Abs. 3 RGebStV als Zweitgeräte von der Rundfunkgebührenpflicht befreit sind, wenn deren Inhaber auf dem Grundstück lediglich ein ausschließlich privat genutztes herkömmliches Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält, hat aufgrund der Vielzahl einschlägiger Fälle fallübergreifende Bedeutung und ist vom Bundesverwaltungsgericht bisher noch nicht entschieden worden.

Beschluss

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 21,67 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 3 GKG).