VG Ansbach, Beschluss vom 05.04.2011 - AN 8 P 11.00347
Fundstelle
openJur 2012, 114849
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist der örtliche Personalrat der Bezirksverwaltung des Bezirks …, der Beteiligte der ….

Der Antragsteller rügt, dass ihm Informationen über Beschäftigte der Dienststelle, denen die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements angeboten wurde, vorenthalten würden.

Bis zum 3. Mai 2010 erhielt der Antragsteller das Anschreiben der Dienststelle mit dem Angebot, das in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vorgesehene betriebliche Eingliederungsmanagement durchzuführen an solche Beschäftigte, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllten und ebenso das diesbezügliche Erwiderungsschreiben in Abdruck. Mit Schreiben vom 3. Mai 2010 wurde dem Antragsteller dann mitgeteilt, dass diese Praxis aufgrund einer Gerichtsentscheidung aufgegeben werde, weil aus dieser hervorgehe, dass diese Vorgehensweise gegen datenschutzrechtliche Vorschriften verstoße. Außerdem hätten sich jüngst Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschwert, dass der Personalrat durch den Abdruck des Angebotsschreibens über die Krankheitsdauer der Betreffenden informiert worden sei. Zu den Gesprächsterminen mit den betroffenen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen werde der Antragsteller selbstverständlich wie in der Vergangenheit eingeladen, sobald die Betroffenen das betriebliche Eingliederungsmanagement unter Teilnahme der Personalvertretung angenommen hätten. Statt der Abdruckschreiben erhielte der Antragsteller in Zukunft zum Jahresende eine statistische Zusammenfassung über die Anzahl der angebotenen Gespräche und der geführten Eingliederungsmaßnahmen.

Mit Schreiben vom 14. September 2010 teilte der Antragsteller den Beteiligten unter Berufung auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts mit, dass der Personalrat nach § 84 SGB IX über den Personenkreis zu unterrichten sei, dem ein Angebot zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements unterbreitet wurde. Der Beteiligte verweigerte mit Schreiben vom 3. November 2010 weiterhin diese Unterrichtung und erklärte sich lediglich damit einverstanden, den Personalrat dann zu informieren, wenn die betroffenen Beschäftigten ihr ausdrückliches Einverständnis damit erklären. Mit Schreiben vom 26. November 2010 teilte der Beteiligte dem Antragsteller abschließend mit, die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs habe die Frage endgültig und abschließend behandelt, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts könne nicht berücksichtigt werden.

Der Antragsteller trägt vor, dass sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30. April 2009 (17 P 08.3389) mit der Frage, ob der Personalrat darüber zu unterrichten sei, welchen Beschäftigten die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements angeboten wurde, nicht befasst hätte. Er habe allein dazu Stellung genommen, ob der Personalrat Kopien der individuellen Anschreiben der Dienststelle an die jeweils betroffenen Beschäftigten beanspruchen könne.

Das Überwachungsrecht des Personalrats aus § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX diene dazu, kranken Beschäftigten den Arbeitsplatz und damit die wirtschaftliche Existenz als materielle Basis für die Ausübung zahlreicher Grundrechte zu erhalten. Deshalb bestünden keine Bedenken, den Informationsanspruch des Personalrats trotz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung anzuerkennen. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Beschluss vom 23. Juni 2010 erkannt, dass das Bekanntwerden der Adressen der betroffenen Beschäftigten lediglich einen moderaten Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstelle und gerechtfertigt und verhältnismäßig sei.

Der Antragsteller beantragt,

es wird festgestellt, dass der beteiligte Bezirk dadurch das Recht des Personalrats aus § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX verletzt hat, dass er diesem die Information darüber vorenthielt, welchen Beschäftigten der Dienststelle die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements angeboten wurde.

Der Beteiligte beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er bezieht sich vor allem auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs.

Im Übrigen wird auf sämtliche gewechselten Schriftsätze und wegen der mündlichen Anhörung auf die Sitzungsniederschrift vom 5. April 2011 verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Die seit 3. Mai 2010 praktizierte Vorgehensweise beeinträchtigt den Antragsteller nicht in seinen Rechten aus Art. 69 Abs. 1 BayPVG und § 84 Abs. 2 Satz 6 und 7 SGB IX.

Soweit sich der Antragsteller auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Entscheidung vom 30. April 2009 (17 B 08.3389) beruft ist festzuhalten, dass auch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hat, dass § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX dem Beschäftigten auch die Wahl lässt, dem betrieblichen Eingliederungsmanagement ohne Beteiligung der Personalvertretung zuzustimmen und dass die Entstehungsgeschichte der Regelung in § 84 Abs. 2 SGB IX Hinweise darauf enthält, dass der Gesetzgeber die Einschaltung der zuständigen Interessenvertretung beim betrieblichen Eingliederungsmanagement von der Zustimmung des betroffenen Beschäftigten abhängig machen wollte. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gebieten es Sinn und Zweck der Regelung in § 84 Abs. 2 SGB IX, dass das betriebliche Eingliederungsmanagement ohne Beteiligung der Interessenvertretung möglich sein muss. Nach dieser Entscheidung ist es immer denkbar, dass einzelne Beschäftigte kein Vertrauen zum Personalrat haben. Insoweit muss demnach die Chance gewahrt bleiben, § 84 Abs. 2 SGB IX so auszulegen, dass das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Beschäftigten, das aus Art. 2 Abs. 1 GG folgt, nicht verletzt wird. Im Übrigen ist die vom Antragsteller angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts unter dem Blickpunkt zu sehen, dass dieses ausdrücklich Auswirkungen einer rechtskräftigen Entscheidung eines erstinstanzlichen Gerichts berücksichtigt hat, wenn es auch ausdrücklich feststellte, dass es an dessen Rechtsauffassung nicht gebunden sei.

Den Vorhalt des Antragstellers, im Einzelfall seien Mitarbeiter auf ihn zugekommen und hätten mitgeteilt, sie seien lediglich ohne weitere Aufklärung auf dem Gang angesprochen worden, ob sie an einer Eingliederungsmaßnahme teilnehmen wollen und hätten von sich aus auf ein Gespräch hinwirken müssen, konnte der Beteiligte glaubhaft entkräften. Es ergab sich im gesamten Verfahren kein Anhaltspunkt dafür, dass der Beteiligte den Antragsteller bewusst ausschaltet, um seiner Kontrolle und Mitwirkung beim betrieblichen Eingliederungsmanagement zu entziehen.

Eine Abwägung der Interessen der einzelnen Beschäftigten an der Wahrung ihres Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung mit den Beteiligungsrechten des Antragstellers fällt zu Gunsten des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung aus. Insoweit verweist das Gericht auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 30. April 2009 (17 P 08.3389), die den Beteiligten bekannt ist und verzichtet auf weitere Ausführungen.

Das muss auch bereits für die bloße Mitteilung der Personalien der Beschäftigten gelten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig waren.

Eine Kostenentscheidung kommt nicht in Betracht (Art. 81 Abs. 2 BayPVG; § 80 Abs. 1 ArbGG und § 2 Abs. 2 GKG).