FG München, Urteil vom 02.03.2011 - 9 K 2984/09
Fundstelle
openJur 2012, 114790
  • Rkr:
Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung für die Jahre 1997 bis 2003.

Der als Steuerberater tätige Kläger erzielte in den Jahren 1997 bis 2003 Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Rahmen von Beteiligungen sowie aus selbständiger Arbeit im Rahmen von Beteiligungen und aus freiberuflicher Tätigkeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung und wurde vom Finanzamt (FA) R (Beklagter), zur Einkommensteuer (ESt) und Umsatzsteuer (USt) veranlagt.

Dem FA lag für das Jahr 1998 eine Rechnung vom 17. Februar 2008 an die A- GmbH über ein Honorar für im Jahr 1997 vom Kläger an die A-GmbH erbrachte Beratungsleistungen i.H.v. 134.113 DM vor. Die Rechnung wurde anlässlich einer Prüfung bei der damaligen Firma Y-GbR, später Y&Z Steuerberater, sichergestellt. Nach Angaben der GbR seien diese Einnahmen nicht in den Einnahmen der GbR verzeichnet gewesen, da die vom Kläger erbrachten Beratungsleistungen nicht im Rahmen der GbR erfolgt seien.

Für das Jahr 2000 lag dem FA eine Rechnung des Klägers vom 4. April 2000 an die X-GbR über brutto 66.850 DM vor. In der mit der ESt-Erklärung 2000 eingereichten Einnahme-Überschussrechnung für die Zeit von 1. Januar bis 31. Dezember 2000 waren lediglich Einnahmen i.H.v. 49.030,05 DM erklärt.

Ebenfalls im Jahr 2000 legte der Kläger mit der ESt-Erklärung 2000 einen Antrag auf dinglichen Arrest der A Werbe GmbH, gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer, Herrn B, vom 16. Oktober 2000 vor, mit dem von einem insgesamt ungeklärten Betrag i.H.v. 2.541.101,89 DM ein Betrag i.H.v. 750.000 DM als Schadensersatz wegen Untreue eingefordert werden sollte. Hierbei sollte u.a. eine Forderung des Klägers gegen die P-Limited (P) gepfändet werden. Die im Rahmen des Arrests verfolgten Forderungen resultierten nach Angaben des Klägers aus dem treuhänderischen Verwahren und Verwalten von Geldern der Gesellschaft des Herrn B. Der Kläger machte diesbezüglich in seiner ESt-Erklärung 2000 Betriebsausgaben i.H.v. 536.080,61 DM geltend und negative Einnahmen aus sonstigen Leistungen für im Jahr 1998 erhaltene Provisionen  i.H.v. 123.698 DM. Ein Nachweis über die in der Anlage zur ESt-Erklärung aufgeführte Finanzierung der Zahlung erfolgte nach Aktenlage nicht.

Eine im Jahr 2004 durchgeführte Steuerfahndungsprüfung ergab, dass ein Wohnungskauf der späteren Ehefrau des Klägers mit Geldern aus dem Konto bei der P finanziert worden war. Offizieller Kontoinhaber sei der Bruder des Klägers gewesen. Das Konto sei jedoch dem Kläger zuzurechnen gewesen. Nach Aufforderung des FA, den Sachverhalt aufzuklären, erklärte der Kläger unter Vorlage eines Treuhandvertrags vom 18. Dezember 1996, es handle sich um Gelder des Herrn B, die von ihm, dem Kläger lediglich treuhänderisch verwaltet worden seien. Er sei von Herrn B wegen eines Wertverlustes in Regress genommen worden. Daher sei das Konto auf den Bruder übertragen worden. Es bestünde sowohl ein Guthaben-, als auch ein Kreditkonto.

Mit Datum vom 5. Dezember 2006 ordnete der Beklagte eine Außenprüfung beim Kläger nach § 193 Abs. 1 AO für die Jahre 1997 bis 2003 hinsichtlich der ESt und der USt sowie eine Lohnsteuer(LSt)-Prüfung für die Anmeldezeiträume Januar bis Dezember 2003 an. Der verlängerte Prüfungszeitraum wurde damit begründet, dass mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen für die betreffenden Jahre zu rechnen sei und eine Steuerstraftat nicht ausgeschlossen werden könne.

Mit Schreiben ebenfalls vom 5. Dezember 2006 teilte die Prüferin dem Kläger mit, dass die Außenprüfung an Amtsstelle stattfinde, bat ihn zu einem Fragenkatalog Stellung zu nehmen und forderte ihn auf, diverse bezeichnete Unterlagen, u.a. über die bei den Sozietäten „X-GbR“ sowie „Y-GbR“ erzielten Erlöse vorzulegen.

Mit Schreiben vom 7. Januar 2007 legte der Kläger Einspruch gegen die Prüfungsanordnung ein und beantragte gleichzeitig Aussetzung der Vollziehung, welche die Prüferin mit Schreiben vom 24. Januar 2007 für die Jahre 1997 bis 2001 gewährte. Die Aussetzung der Vollziehung wurde mit Schreiben des FA vom 23. Mai 2007 mit Wirkung ab 29. Mai 2007 widerrufen. Die Prüfung begann ausweislich des Prüfungsberichts vom 26. November 2008, auf den Bezug genommen wird, am 15. Mai 2007 um 9.00 Uhr und wurde am 22. Oktober 2008 abgeschlossen. Die mit Schreiben vom 5. Dezember 2006 angeforderten Unterlagen wurden teilweise vorgelegt. Die Auswertung des Berichts hinsichtlich der ESt erfolgte für die Jahre 1997 bis 1999 jeweils mit ESt-Bescheiden vom 23. Januar 2009, für die Jahre 2000 und 2001 jeweils mit ESt-Bescheiden vom 5. Februar 2009, für die Jahre 2002 und 2003 nach Aufhebung der Bescheide vom 11. Februar 2009 (2002) bzw. 12. März 2009 (2003), jeweils mit Bescheiden vom 16. Dezember 2010. Gegen die Bescheide wurde Einspruch eingelegt, über die das FA noch nicht entschieden hat. Der Einspruch gegen die Prüfungsanordnung wurde mit Einspruchsentscheidung vom 20. August 2009, auf die Bezug genommen wird, zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger weiterhin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung begehrt. Zur Begründung trägt er vor, die vom FA für die Verlängerung des Prüfungszeitraums angeführten Gründe lägen nicht vor. So betreffe die Kontrollmitteilung bezüglich der Rechnung vom 17. Februar 1998 an die A-GmbH ausschließlich das Jahr 1998 und rechtfertige keine Prüfung des Jahres 1997. Für das Jahr 1997 habe er die entsprechenden Kontoauszüge vorgelegt, die vom FA zurückgesandt worden seien. Im Übrigen gelte im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, die er anwende, das Zuflussprinzip des § 11 EStG. Es sei jedoch bei der A-GmbH keine Betriebsausgabe in dieser Höhe verbucht noch habe ein Zahlungseingang bei ihm stattgefunden.

Hinsichtlich der Kontrollmitteilung des Jahres 2000 sei anzumerken, dass die Rechnung, was er dem FA mitgeteilt habe, aus abrechnungstechnischen Gründen sowie als Gegenposition im Rahmen der Auseinandersetzung mit der A-Gruppe erstellt worden sei. Diese Rechnung sei, wie sich aus den dem FA mit der ESt-Erklärung 2000 vorgelegten Unterlagen zu den Vergleichsverhandlungen mit der A-Gruppe ergebe, nicht Gegenstand einer Zahlung gewesen. Sie sei daher nicht zahlungswirksam als Betriebseinnahme zu erfassen und könne eine Erweiterung des Prüfungszeitraums nicht rechtfertigen. Es läge keine Vermutung der Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung vor.

Auch hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen bezüglich der Zinseinnahmen bei der P ergebe sich kein Grund für eine Ausweitung des Prüfungszeitraums. Dabei sei anzumerken, dass es sich bis einschließlich 1999/Mitte 2000 nicht um einen Auslandssachverhalt sondern um einen Inlandssachverhalt handle. Im Übrigen sei auch insoweit eine detaillierte Aufstellung sämtlicher Zahlungen mit der ESt-Erklärung 2000 abgegeben worden, so dass das FA im Jahr 2002 von sämtlichen dieses Konto bzw. diesen Vorgang betreffenden Zahlungen und Umständen Kenntnis gehabt habe. Da die ESt-Bescheide auch weder unter den Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO gestellt noch insoweit vorläufig nach § 165 AO erlassen worden seien, habe das FA ihm gegenüber zu erkennen gegeben, dass dieser Sachverhalt abschließend geprüft sei, so dass die Prüfungsanordnung auch aus diesem Grund zu verwerfen sei.

Da er im Jahr 1997 und bis zum Frühjahr 1998 seine Einkünfte ausschließlich im Rahmen zweier Gesellschaften bezogen habe und darüber hinaus keine weiteren freiberuflichen Einkünfte gehabt habe, hätte die Prüfungsanordnung insoweit gegenüber der jeweiligen Gesellschaft ergehen müssen, was ebenfalls zur Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung führe.

Zudem würde der Umstand, dass zwei Kontrollmitteilungen für die Jahre 1997 bis 2000, also einen Zeitraum von vier Jahren, ausreichen sollen, eine Verlängerung der Außenprüfung zu rechtfertigen, zu einer Aushebelung der Festsetzungsverjährung führen.

Weiters habe das FA im Rahmen der Prüfungsanordnung versucht, mit Schreiben vom 5. Dezember 2006 Kontoauszüge und Ausgangsrechnungen für die Jahre 1997 bis 2003 zu erhalten, also auch für Jahre in denen er lediglich Einkünfte aus seiner Beteiligung an den Gesellschaften erhalten habe. Auf diese Unterlagen habe er jedoch nach seinem Ausscheiden aus der Y-GbR keinen Zugriff mehr gehabt. Die Unterlagen aus der X-GbR lägen ihm nicht vor, da sie sich, was Frau S auch gegenüber dem FA bestätigt habe, auf dem Rechner von Frau S befunden hätten. Im Übrigen habe das FA in der Anlage zur Prüfungsanordnung pauschal Unterlagen und Nachweise angefordert, die bei ihm gesetzlich nicht vorliegen müssten, da er seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittle und nicht buchführungspflichtig sei. Das FA habe sich jedoch in der Prüfungsanordnung auf die Anlage gestützt, in der die für Gewerbetreibende üblichen Unterlagen angefordert würden. Da die Anlage wie das Schreiben vom 5. Dezember 2006 wesentlicher Bestandteil der Prüfungsanordnung seien, was sich auch daraus ergebe, dass die Zustellung am gleichen Tag mit derselben Post im Zusammenhang mit der Prüfungsanordnung erfolgt sei, sei diese unwirksam, mindestens rechtswidrig.

Er werde mit seinen freiberuflichen Einkünften vom FA M zur LSt, USt und im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung veranlagt. Lediglich die Mitteilungen über die einheitlichen und gesonderten Feststellungen würden vom FA M an das FA R übersandt. Im Übrigen werde er mit seinen freiberuflichen Einkünften beim FA T geführt. Das FA R sei daher weder für den Erlass der Prüfungsanordnung noch für die Durchführung der Prüfung zuständig gewesen.

Da für ihn seit 2006 das FA M für die einheitliche und gesonderte Feststellung zuständig sei, hätte dieses auch die entsprechenden Änderungen hinsichtlich der freiberuflichen Einkünfte feststellen und dem FA R mitteilen müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Vielmehr habe das FA R als nichtzuständige Behörde entsprechende Änderungen durchgeführt, festgesetzt und die entsprechenden Steuerbescheide erlassen.

Die Schätzungen des FA würden zivilrechtliche Vereinbarungen zwischen ihm und Frau S hinsichtlich der Einkünfteerzielung in den Jahren 1997 und 1998 nicht berücksichtigen. Im Übrigen seien die Schätzungen für 1997 bis 2001 auch inhaltlich falsch, da nicht zahlungswirksame Vorgänge aus den Kontrollmitteilungen zu seinen Lasten hinzugeschätzt worden seien. Die Zahlungen seien jedoch mit 0 € anzusetzen, so dass eine auf diese Basis in % bezogene Zuschätzung ebenfalls nur 0 € habe betragen können.

Schließlich habe die Prüfungsanordnung eine Anforderung für eine LSt-Außenprüfung für das Jahr 2003 enthalten, obwohl vom Beklagten bereits mit gesondertem Schreiben eine LSt-Außenprüfung für die Jahre 2003 bis 2006 angeordnet worden und diese bereits durchgeführt und abgeschlossen gewesen sei. Ein rechtlicher Hinweis, auf welcher Grundlage eine nochmalige Prüfung der LSt im Rahmen der Außenprüfung erfolge, sei nicht erfolgt, so dass ein wesentlicher Teil der Prüfungsanordnung nichtig sei.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze vom 21. September und 30. November 2009 sowie vom 29. Januar, 11. Februar, 25. März und 27. Mai 2010 samt Anlagen Bezug genommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, festzustellen, dass die Prüfungsanordnung vom 5. Dezember 2006 rechtswidrig ist und für den Fall der Klageabweisung die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung und trägt weiter vor, die Außenprüfung sei gemäß § 193 Abs. 1 AO unabhängig davon zulässig gewesen, ob die Festsetzung endgültig, vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sei. Die Außenprüfung könne auch zur Ermittlung der Steuerschuld sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach durchgeführt werden. Sie sei u.a. bei freiberuflich tätigen Steuerpflichtigen das geeignete Mittel der Sachverhaltsermittlung. Betriebe dieser Art seien verpflichtet, die damit verbundenen Eingriffe zu dulden.

Die dem Kläger zugesandte Prüfungsanordnung habe sämtliche Anforderungen des § 5 Betriebsprüfungsordnung (BpO) enthalten, wie die Angabe der Rechtsgrundlage, die zu prüfenden Steuerarten bzw. Sachverhalte und den Prüfungszeitraum. Der Prüfungsanordnung seien die entsprechenden Hinweise zu den Rechten und Pflichten des Steuerpflichtigen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 BpO beigefügt gewesen. Die Mitteilung über den voraussichtlichen Beginn der Prüfung und die Festlegung des Prüfungsorts sowie der Termin für die Vorlage der Unterlagen seien dem Kläger mit der Prüfungsanordnung – wie die Prüfungsanordnung selbst – angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung übermittelt worden.

Gemäß § 4 Abs. 1 BpO bestimme die Finanzbehörde den Umfang der Außenprüfung nach pflichtgemäßem Ermessen selbst. Dabei könne der Prüfungszeitraum auch mehr als drei Jahre umfassen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechen sei oder der Verdacht einer Steuerstraftat- bzw. -ordnungswidrigkeit bestehe. Aufgrund der vorliegenden Kontrollmitteilungen, des nicht nachgewiesenen Vorbringens im Zusammenhang mit den aus angeblich veruntreuten Geldern und einem in der Folge zulasten des Klägers gestellten Antrags auf dinglichen Arrest resultierenden Schadensersatzzahlungen und der im Jahr 2004 durchgeführten Steuerfahndung, die zu der begründeten Annahme geführt habe, dass seit 1997 erhebliche, dem Kläger zuzurechnende Geldanlagen auf dem Konto der P vorhanden gewesen seien, sei in den angeordneten Prüfungsjahren mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen gewesen bzw. habe der Verdacht auf Vorliegen einer Steuerverkürzung bestanden. Die Bestimmung des Prüfungsumfangs sei damit ermessensgerecht erfolgt.

Die für die Außenprüfung ursächlichen Mitteilungen und Sachverhalte hätten sich ausschließlich auf die dem Kläger persönlich zuzurechnenden, nicht jedoch auf die im Rahmen der Beteiligung an Gesellschaften zugeflossenen Einkünfte bezogen und sei danach zutreffend beim Kläger angeordnet worden.

Das Schreiben mit der Anforderung von bestimmten Unterlagen sei auf der Basis der vorliegenden Kontrollmitteilungen erstellt und zusammen mit der Prüfungsanordnung versandt worden. Die Anforderung derartiger Unterlagen betreffe jedoch nicht die Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung. Gleiches gelte für die der Prüfungsanordnung beigefügte allgemein gehaltene Anlage, die mit der Prüfungsanordnung versandt worden sei. Diese pauschale Aufforderung, bestimmte Unterlagen bereitzuhalten, sei nicht wesentlicher Bestandteil der Prüfungsanordnung und habe keinen Einfluss auf deren Rechtmäßigkeit. Diese Maßnahme diene lediglich der Vereinfachung und einer eventuellen Abkürzung der Prüfungsdauer, indem der Steuerpflichtige darauf hingewiesen werde, welche Unterlagen möglicherweise prüfungsrelevant sein können.

Kontrollmitteilungen hebelten nicht die Festsetzungsverjährung aus. Die Festsetzungsfrist sei in § 169 AO geregelt. Ergebe sich aus einer Kontrollmitteilung eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung, sei eine Festsetzung nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO möglich.

Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Prüfung zutreffend beim FA R erfasst gewesen. Geprüft worden seien lediglich die persönlichen Einkünfte des Klägers, nicht jedoch Einkünfte aus Beteiligungen, auch wenn zur Abgrenzung zwischen den eigenen Einkünften und Beteiligungseinkünften Unterlagen angefordert worden seien. Dies sei deshalb geschehen, da die Kontrollmitteilungen Einkünfte betroffen hätten, die im Rahmen der Prüfung einer Gesellschaft, an der der Kläger beteiligt gewesen sei, festgestellt worden seien, diese Einkünfte nach Auskunft der Gesellschaft jedoch dem Kläger persönlich zuzuordnen gewesen seien. Zuständig sei gemäß § 195 Abs. 1 AO daher das FA R gewesen. Nach Aktenlage habe sich der Betriebssitz im Prüfungszeitraum sowie zum Zeitpunkt des Erlasses der Prüfungsanordnung in der M-Str. 25, … befunden. Erst mit Schreiben vom 25. April 2007 habe der Kläger mitgeteilt, dass er seit 1. Januar 2006 auch in T tätig sei, und ab 1. Januar 2007 würde auch die Finanzbuchhaltung von T aus durchgeführt. Sämtliche betrieblichen Entscheidungen würden in T getroffen. Gleichzeitig habe er die Verlagerung der steuerlichen Erfassung für die einheitliche und gesonderte Feststellung sowie der betrieblichen Steuern an das FA T beantragt. Im Juni 2007 seien die USt- und LSt-Akten an das FA T abgegeben worden. Das FA T habe am 22. Mai 2007 dem FA R die Zustimmung erteilt, die Außenprüfung weiter durchzuführen.

Die Frage der im Rahmen der Außenprüfung durchgeführten Schätzungen habe keinerlei Bedeutung hinsichtlich der Frage der Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung.

Hinsichtlich der LSt sei anzumerken, dass der Anordnung einer Außenprüfung für einen bereits geprüften Zeitraum in der Regel weder der Grundsatz von Treu und Glauben noch das Rechtsstaatsprinzip entgegenstehe, so dass auch die Anordnung der LSt-Außenprüfung für die Zeiträume Januar bis Dezember 2003 rechtmäßig sei.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze vom 11. Januar sowie vom 4. und 13. April 2010 samt Anlagen Bezug genommen.

Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2011 wird Bezug genommen.

Gründe

A. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung verletzt den Kläger nicht in seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.

Der Klägervertreter war ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 2. Februar 2011 form- und fristgerecht gemäß § 91 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Termin geladen und wurde darauf hingewiesen, dass bei seinem Ausbleiben auch ohne ihn verhandelt werden kann. Der Antrag auf Verschiebung des Termins zur mündlichen Verhandlung vom 28. Februar 2011, eingegangen bei Gericht am 28. Februar 11.47 Uhr, wurde zu Recht abgewiesen. Gemäß §§ 91, 155 FGO i.V.m. § 227 Zivilprozessordnung kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Bei Erkrankung eines vertretenen Klägers – wie im Streitfall – liegen erhebliche Gründe nur vor, wenn die für die Notwendigkeit seiner Anwesenheit sprechenden Gründe substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht werden (Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 13. November 2007 VII B 100/07, BFH/NV 2008, 392; Gräber/Koch, FGO, 7. Aufl., § 91 Rz. 4 „Erkrankung“). Dies ist nicht geschehen. Der Kläger hat vielmehr nur eine Terminverschiebung wegen vorliegender Magen-Darm-Probleme beantragt. Der Antrag wurde per Fax an den Klägervertreter vom 1. März 2011, 13.07 Uhr abgelehnt, so dass dieser die Möglichkeit gehabt hätte, seinen Vortrag entsprechend zu ergänzen und glaubhaft zu machen. Im Übrigen wurde auch nicht glaubhaft gemacht, warum der Termin nicht von einem anderen Mitglied der Sozietät, der die Prozessvollmacht erteilt wurde, wahrgenommen werden konnte.

B. Die Klage hat keinen Erfolg.

I. Da die Maßnahmen der Außenprüfung sowie der Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen durch Abschluss der Prüfung und Auswertung der Feststellungen des Prüfungsbericht in geänderten ESt-Bescheiden bzw. teilweiser Vorlage der angeforderten Unterlagen bereits erledigt sind, ist die Klage gegen die Prüfungsanordnung als Fortsetzungsfeststellungsklage zu behandeln. Als verwaltungsaktbezogene Klage ist sie nur zulässig, wenn alle Sachurteilsvoraussetzungen der Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage und das spezielle Feststellungsinteresse gegeben sind (Gräber/von Groll, FGO, 7. Aufl., § 100 Rz. 56).

Im Streitfall ist das spezielle Feststellungsinteresse zu bejahen, da der Kläger die Durchsetzung eines Verwertungsverbots hinsichtlich der getroffenen und bereits in ESt-Bescheiden ausgewerteten Prüfungsfeststellungen begehrt und nicht ausschließlich die Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der Prüfungsanordnung geltend macht, die ausschließlich im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Steuerbescheide zu prüfen wäre (Gräber/von Groll, a.a.O. § 100 Rz. 62; BFH-Urteile vom 16. Dezember 1986 VIII R 123/86, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1987, 248, BFHE 148, 426 und vom 20. Februar 1990 IX R 83/88, BStBl II 1990, 789, BFHE 160, 391; Urteil des FG Köln vom 15. Dezember 2009 8 K 2933/06, EFG 2010, 551).

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Prüfungsanordnung ist rechtmäßig.

1. Die Prüfungsanordnung wurde von der zuständigen Behörde erlassen.

a) Gemäß § 195 AO werden Außenprüfungen von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt. Diese können andere Finanzbehörden mit der Außenprüfung beauftragen. Maßgeblich sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung. Ein späterer Wechsel in der Zuständigkeit hat keine Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung zur Folge (BFH-Urteil vom 26. Juli 2007 VI R 68/04, BStBl II 2009, 339, BFHE 218, 35).

b) Zuständig für die Besteuerung war zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung das FA R. Geprüft wurden ausschließlich die persönlichen freiberuflichen Einkünfte des Klägers. Einkünfte aus Beteiligungen wurden nicht geprüft. Dass insoweit im Rahmen der Abgrenzung zwischen den eigenen Einkünften des Klägers und seinen Beteiligungseinkünften entsprechende Unterlagen angefordert wurden im Hinblick auf das Vorliegen von Kontrollmiteilungen, die Einkünfte betrafen, die im Rahmen der Prüfung der Y-GbR festgestellt worden waren, nach Auskunft der GbR jedoch dem Kläger persönlich zuzuordnen gewesen seien, ist insoweit unschädlich und führt nicht dazu, dass der Beklagte für die Prüfung unzuständig gewesen sei.

Auch der Umstand, dass der Kläger ab 1. Januar 2007 seinen Betriebssitz in den Bezirk des FA T verlegt hat und dieses nach Abgabe der Akten im Juni 2007 für die USt und die LSt zuständig geworden ist, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung. Zum einen ist der Wechsel nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung eingetreten. Zum anderen war die ESt-Veranlagung davon nicht betroffen. Für diese war, da sich der Wohnsitz des Klägers nicht geändert hat, nach § 19 AO weiterhin der Beklagte zuständig.

2. Der Kläger war der richtige Adressat bzw. das richtige Prüfungssubjekt.

45a) Gemäß § 193 Abs. 1 AO ist eine Außenprüfung u.a. bei Steuerpflichtigen zulässig, die freiberuflich tätig sind. Soweit einer Personengesellschaft steuerliche Pflichten obliegen, also im Bereich der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte nach § 180 AO, ist diese selbst Prüfungssubjekt und damit Adressat der Prüfungsanordnung. Unabhängig davon ist aber auch aufgrund eigenständiger Prüfungsanordnung eine Außenprüfung beim einzelnen Gesellschafter möglich, wenn bei diesem steuerliche Verhältnisse geprüft werden sollen, die nicht von § 194 Abs. 1 Satz 3 AO umfasst sind, sofern die persönlichen Verhältnisse des § 193 AO auch bei diesem vorliegen (Eckhoff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 193 Rz. 28).

46Die Zulässigkeit der Prüfung hängt nicht davon ab, dass bereits eine Steuererklärung für die betreffenden Jahre abgegeben wurde oder dass dem FA neue Tatsachen bekannt geworden sind, da im Rahmen der Außenprüfung die steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen zu prüfen sind und nicht die Steuererklärung (BFH-Urteil vom 11. April 1990 I R 167/86, BStBl II 1990, 772, BFHE 160, 504). Die Zulässigkeit der Prüfung hängt weiterhin auch nicht davon ab, dass bereits erlassene Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig ergangen sind. Die Prüfung der steuerlichen Verhältnisse ist auch zulässig, wenn über sie bereits endgültige Bescheide vorliegen, denn die Regelungen über die Ermittlung des steuerlichen Sachverhalts, zu denen auch die § 193 ff. AO gehören, stehen selbständig neben den Regelungen der §§ 164 und 165 AO (BFH-Urteil vom 24. Januar 1989 VII R 35/86, BStBl II 1989, 440, BFHE 156, 14, m.w.N.; vgl. auch Tipke/Kruse, AO/FGO, § 193 AO Rz. 4 f. m.w.N.).

b) Im Streitfall geht es nicht um die Prüfung im Rahmen der einheitlich und gesonderten Feststellung bei den GbRs, an denen der Kläger in den Jahren 1997 und 1998 beteiligt war, sondern um die Prüfung der persönlichen Einkünfte des Klägers aus seiner freiberuflichen Tätigkeit, und damit nicht um die Prüfung der steuerlichen Verhältnisse des Klägers insoweit, als diese für die zu überprüfenden einheitlichen Feststellungen i.S.v. § 194 Abs. 1 Satz 3 AO von Bedeutung sind. Die Prüfungsanordnung erging daher richtigerweise an den Kläger selbst.

Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist es nach der Rechtsprechung des BFH für die Frage der Zulässigkeit der Außenprüfung auch unerheblich, ob die Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig ergangen sind.

3. Die Verlängerung des Prüfungszeitraums war ermessensgerecht.

50a) Nach § 4 Abs. 1 BpO bestimmt die Finanzbehörde den Umfang der Außenprüfung nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei soll nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BpO bei anderen als denen in § 4 Abs. 2 BpO genannten Betrieben – zu denen derjenige des Klägers nicht gehört – der Prüfungszeitraum in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen. Der Prüfungszeitraum kann jedoch gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO insbesondere dann drei Besteuerungszeiträume übersteigen, wenn nicht mit unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Straftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit besteht.

51Die Frage, wann eine Steuerforderung nicht unerheblich ist, ist nach Lage des Einzelfalls zu entscheiden. Dabei sind Art, Umfang und Größe des Unternehmens, das Verhältnis der zu erwartenden Steuernachforderung zur bisher festgesetzten Steuer oder die Ungewissheit von Schätzungsparametern zu berücksichtigen. Als Grenze hat der BFH bei einem Mittelbetrieb einen Betrag von ca. 1.500 € je Veranlagungszeitraum aufgestellt (BFH-Urteil vom 28. April 1988 IV R 106/86, BStBl II 1988, 858, BFHE 153, 210). Bei Kleinbetrieben sollte die Erweiterung unterbleiben, wenn mit Steuernachforderungen von weniger als ca. 500 € je Veranlagungszeitraum zu rechnen ist. Der Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit liegt dann vor, wenn es sich um mehr als eine Vermutung handelt. Andererseits muss die Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit nicht wahrscheinlich sein. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ gilt im Rahmen des § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO nicht (BFH-Beschluss vom 11. August 2005 XI B 207, 04, BFH/NV 2006, 9; vgl. auch Seidel in Leopold/Madle/Rader, § 4 BpO Rz. 6 ff.).

Nach § 121 Abs. 1 AO sind schriftliche Verwaltungsakte, zu denen auch die Erweiterung einer Prüfungsanordnung nach § 196 AO gehört, grundsätzlich zu begründen, soweit dies zu ihrem Verständnis erforderlich ist.

53Bei routinemäßigen Außenprüfungen lässt die Rechtsprechung allerdings den bloßen Hinweis auf die Rechtsgrundlage in § 193 Abs. 1 AO genügen. Will das FA den Prüfungszeitraum über die in § 4 Abs. 3 BpO von der Finanzverwaltung im Wege einer Selbstbindung ihres Ermessens festgelegte regelmäßig vorgesehene Zeitgrenze hinaus verlängern, ist die Prüfungsanordnung so zu begründen, dass das FG in die Lage versetzt wird, seiner gerichtlichen Ermessenskontrolle nach § 102 FGO nachzukommen. Auch wenn der Prüfungszeitraum im Hinblick auf zu erwartende, nicht unerhebliche Steuernachforderungen ausgedehnt wird, brauchen die konkreten Ermessenserwägungen indes nicht im Einzelnen dargestellt zu werden. Wird der Prüfungszeitraum im Rahmen einer Routineprüfung erweitert, so wird nämlich die mit der Durchführung der Außenprüfung verbundene generelle Belastung des Steuerpflichtigen nicht wesentlich erhöht. Es reicht aus, wenn die erforderliche Begründung in der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf enthalten ist; denn nach § 126 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs.2 AO kann die notwendige Begründung auch nachträglich bis zum Abschluss des finanzgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden (BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2003 III B 13/03, BFH/NV 2004, 312 m.w.N.; vgl. auch Seidel, a.a.O., § 196 Rz. 7).

b) Die Entscheidung des FA, den Prüfungszeitraum bis zum Jahr 1997 zu erweitern, ist nach diesen Grundsätzen nicht zu beanstanden. Ein Ermessensfehl- oder -nichtgebrauch ist nicht zu erkennen. Das FA hat auch keine sachwidrigen Erwägungen angestellt oder gegen Denkgesetze verstoßen.

Es hat bis zum Abschluss des finanzgerichtlichen Verfahrens mehrfach dargelegt, dass sich die Verlängerung des Prüfungszeitraums auf das Vorliegen entsprechenden Kontrollmaterials bzw. die Vorgänge um die Schadensersatzzahlungen im Zusammenhang mit der P und die Erkenntnisse aus einer im Jahr 2004 durchgeführten Steuerfahndungsprüfung stützt. Die Erweiterung der Außenprüfung war damit ausreichend begründet. Es handelt sich dabei auch nicht um sachwidrige Erwägungen. Im Übrigen betrifft die Rechnung vom 17. Februar 1998 – entgegen dem Vorbringen des Klägers – nicht ausschließlich das Jahr 1998, sondern eindeutig einen im Jahr 1997 verwirklichten Sachverhalt. Dass sich dem FA angesichts der Tatsache, dass im Rahmen der Prüfung bei den Gesellschaften, an denen der Kläger in den Jahren 1997 und 1998 beteiligt war, nicht versteuerte Einkünfte festgestellt wurden, die nach Auskunft der Gesellschaft nicht dieser, sondern dem Kläger persönlich zuzurechnen waren, der Verdacht einer Steuerstraftat aufdrängt, stellt auch keinen Verstoß gegen Denkgesetze dar. Ob, wie der Kläger vorträgt, diese Einkünfte bzw. etwaige sich aus den übrigen Kontrollmitteilungen und dem FA bekannt gewordenen Vorgängen ergebende Einkünfte möglicherweise tatsächlich nicht der Steuer unterlagen bzw. Betriebsausgaben berechtigt waren, ist insoweit unerheblich. Denn gerade die Prüfung dieser Fragen war zulässiges Ziel der Außenprüfung.

Aus dem gleichen Grund verstößt die vorgenommene Erweiterung des Prüfungszeitraums auch nicht gegen die Vorschriften der Festsetzungsverjährung. Zu Recht weist der Beklagte insoweit auf die Vorschrift des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO für den Fall einer Steuerhinterziehung bzw. leichtfertigen Steuerverkürzung, deren Vorliegen gerade durch die Außenprüfung geklärt werden sollte.

4. Die Frage, ob die den unter Auswertung des Prüfungsberichts geänderten Steuerbescheide zugrunde liegende Schätzung rechtmäßig war, betrifft ausschließlich das Steuerfestsetzungsverfahren und ist – worauf der Beklagte zu Recht hinweist – für die Frage der Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung unerheblich.

5. Der Anordnung einer Außenprüfung hinsichtlich der LSt für die Zeiträume Januar bis Dezember 2003 steht die zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgter LSt-Außenprüfung nicht entgegen.

LSt-Nachforderungsbescheide und LSt-Haftungsbescheide sind sachverhaltsbezogen. Denn die zu verschiedenen Zeiten und aufgrund verschiedener Tatumstände entstandenen Steuer- bzw. Haftungsschulden führen zu verschiedenen Nachforderungs- bzw. Haftungsfällen, die lediglich aus praktischen Gründen in einem – mehrere Sachverhalte betreffenden – Sammelbescheid zusammengefasst werden. Auch nach Ergehen eines Lohnsteuer-Nachforderungsbescheides, in dem für einen bestimmten Zeitraum die Lohnsteuer für mehrere Arbeitnehmer pauschaliert und vom Arbeitgeber nachgefordert worden ist, ist es nicht ausgeschlossen, für denselben Zeitraum einen weiteren LSt-Nachforderungs- und -Pauschalierungsbescheid zu erlassen, der andere Arbeitnehmer betrifft.

Den vorstehenden Erwägungen steht nicht entgegen, dass sich die Prüfungsaufträge für die früheren Lohnsteuerprüfungen auf bestimmte Zeiträume bezogen und der Prüfer nach dem Inhalt der Prüfungsanordnungen alle lohnsteuerlich relevanten Sachverhalte festzustellen hatte. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es insoweit nicht auf den Inhalt der Prüfungsanordnung, sondern auf den Regelungsbereich des zu ändernden Steuerbescheids an. Bei der Einkommensteuer als Veranlagungssteuer betrifft der Regelungsbereich eines Steuerbescheids zwar das gesamte Kalenderjahr, so dass aus diesem Grunde dort eine Berichtigung wegen übersehener lohnsteuerpflichtiger Vorteile grundsätzlich ausgeschlossen ist. Bei LSt-Nachforderungs- und LSt-Haftungsbescheiden gilt dies wegen ihrer oben dargelegten Sachverhaltsbezogenheit jedoch nicht.

Auch der Grundsatz von Treu und Glauben gebietet keine andere Entscheidung. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, steht der Anordnung einer Außenprüfung für einen bereits geprüften Zeitraum in der Regel weder der Grundsatz von Treu und Glauben noch der auf dem Rechtsstaatsprinzip beruhende Vertrauensgrundsatz entgegen (BFH-Urteil vom 21. Juni 1989 VI R 31/86, BStBl II 1989, 909, BFHE 157, 377 m.w.N.). Eine die erneute Prüfung des Zeitraums Januar bis Dezember 2003 ausschließende etwaige konkludente Zusage im Rahmen der ersten Prüfung, hinsichtlich dieses Prüfungszeitraums wegen anderer Sachverhalte keinen weiteren Haftungsbescheid gegen den Kläger als Arbeitgeber zu erlassen, ist weder aus den Akten ersichtlich noch wurde das Vorliegen einer derartigen Zusage hinreichend substantiiert vorgetragen.

III. Soweit der Kläger geltend macht, die Prüfungsanordnung sei im Hinblick auf die Anforderung von ihm nicht zu führender Unterlagen nichtig, kann er mit seinem Vorbringen nicht durchdringen.

Die einzelnen Duldungs- und Mitwirkungspflichten ergeben sich aus den §§ 193, 194 und 200 AO. Sie werden durch die Prüfungsanordnung durch Festlegung des Prüfungssubjekts sowie den sachlichen und zeitlichen Prüfungsumfang konkretisiert. Die Prüfungsanordnung selbst aber bestimmt die einzelnen Duldungs- und Mitwirkungspflichten nicht. Diese werden vielmehr aufgrund der Prüfungsanordnung weiter konkretisiert. Die Prüfungsanordnung ist insofern Rechtsgrundlage. Ob die geforderte Mitwirkung dagegen als Maßnahme im Rahmen einer Außenprüfung zulässig ist, bestimmt sich nach § 200 AO (Eckhoff a.a.O., § 196 AO, Rz. 18 ff.; Seidel a.a.O., AO, § 194 Rz. 1 ff, § 196 Rz. 1 ff.).

Unbeschadet der Frage, ob die bloße Anforderung von Belegen dabei grundsätzlich als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 1984 IV R 154/82, BStBl II 1984, 512, BFHE 140, 505; Eckhoff, a.a.O., § 200 Rz. 225 ff.; a.A. BFH-Urteil vom 10. November 1998 VIII R 3/98, BStBl II 1999, 199, BFHE 187, 199), ist im Streitfall aufgrund der Androhung von Zwangsmitteln durch das FA mit Schreiben vom 5. März 2007 von einem Verwaltungsakt auszugehen. Dieser stellt jedoch eine eigene, von der Prüfungsanordnung unabhängig zu beurteilende Maßnahme dar, die auf die Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung keinen Einfluss hat und gegen die der Steuerpflichtige gesondert mittels Einspruch und anschließender Klage bzw. Fortsetzungsfeststellungsklage vorgehen hätte müssen (vgl. Eckhoff a.a.O. § 200 Rz. 240 f.; Seidel, a.a.O., § 200 Rz. 10).

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

V. Die Revision wird nicht zugelassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.