LAG München, Urteil vom 30.03.2011 - 10 Sa 486/10
Fundstelle
openJur 2012, 114630
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 17.03.2010 (Az.: 7 Ca 10953/09) wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Bezahlung eines Leistungsbonusses, den die Klägerin für das Jahr 2008 in Höhe von € 3.336,19 geltend macht.

Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der E. AG, firmierte vom 29.10.2001 bis zum 29.09.2003 dann als "F. AG" und vom 30.09.2003 bis zum 28.06.2009 als "G. AG". Nunmehr firmiert sie unter der Bezeichnung der Beklagten.

Die Klägerin ist seit 01.10.1973 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Sachbearbeiterin im Zahlungsverkehr beschäftigt. Sie erzielte zuletzt ein Vollzeitfestgehalt von ca. € 71.500,00 brutto jährlich. Ab 01.03.2006 vereinbarten die Parteien einen Altersteilzeitarbeitsvertrag, nach dem die Klägerin im Blockmodell seit 01.09.2008 von der Arbeitsleistung freigestellt ist und das Arbeitsverhältnis zum 28.02.2011 geendet hat.

Rechtsgrundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien war zuletzt ein zwischen ihnen am 29.06./15.08.2001 geschlossener Dienstvertrag (Bl. 6 bis 10 d. A.), in dem es u.a. wie folgt heißt:

II.

1. Vergütung

Die Mitarbeiterin erhält ein jährliches Gesamtgehalt, das sich aus Grundgehalt und Leistungsbonus zusammensetzt. Die genaue Höhe des Grundgehalts ergibt sich aus dem Begleitschreiben zu diesem Vertrag.

. . .

2. Leistungsbonus

Darüber hinaus erhält die Mitarbeiterin einen Leistungsbonus. Dieser richtet sich nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg der Bank. Er wird jedes Jahr für das abgelaufene Jahr festgesetzt. Der Leistungsbonus wird jeweils mit dem Maigehalt eines Jahres für das zurückliegende Kalenderjahr gezahlt.

. . .

. . .

    IV.

1. . .

. . .

6. Betriebsvereinbarungen

Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsordnung und die übrigen Betriebsvereinbarungen der Bank in den jeweils gültigen Fassungen.

. . .

Mit Übersendung des Dienstvertrages erhielt die Klägerin am 29.06.2001 zusätzlich ein Schreiben (Bl. 61 bis 63 d. A.), in dem es u. a. wie folgt lautet:

  . . .

Ab diesem Zeitpunkt setzt sich Ihr Gehalt aus verschiedenen Bestandteilen zusammen:

Grundgehalt:

Ihr jährliches Grundgehalt beträgt DM 126.000,00 brutto.

Es wird in 12 monatlichen Teilbeträgen von DM 10.500,00 ausbezahlt.

Sonderzahlung

 . . .

Leistungsbonus:

Durch Ihre Leistung beeinflussen Sie auch die Höhe Ihres Gehalts:

Ihr Leistungsbonus kann zwischen 0 – 200 % Ihres Basiswertes betragen, der zur Zeit bei DM 29.000,00 brutto liegt.

Gesamtgehalt

Je nach Höhe Ihres Leistungsbonus wird Ihr Gesamtgehalt deshalb zwischen DM 136.500,00 brutto und DM 194.500,00 brutto liegen.

Mit den vorgenannten Gehaltsbestandteilen sind bisherige Vergütungsbestand teile (z.B. Tantieme, sonstige variable Vergütung) abgegolten.

 . . .

In der Vereinbarung über die Umwandlung des Vollzeitarbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitdienstverhältnis vom 30.08./20.09.2005 (Bl. 22 bis 25 d. A.) regelten die Parteien zur Vergütung:

II.

Vergütung

Auf der Basis des bisherigen monatlichen Grundgehaltes erhalten Sie unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Arbeitszeit ab dem 1. März 2006 50 % des Vollzeitgrundgehaltes (Vergütungsprozentsatz).

  . . .

Die Sonderzahlung und ein etwaiger Leistungsbonus werden entsprechend der vereinbarten durchschnittlichen Teilzeitquote im Verhältnis zur regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit anteilig gezahlt.

 . . .

III.

Altersteilzeitleistungen (Aufstockungsbeträge)

Die Bank zahlt zusätzlich zu den Leistungen nach Nr. II

- während der bzw. für die Phase der Vollzeitbeschäftigung einen Aufstockungsbeitrag in Höhe von 35 % des Bruttoteilzeitgrundgehaltes, der Bruttoteilzeitsonderzahlung und eines etwaigen Bruttoteilzeitleistungsbonus (maximal bis 100 % des Vollzeitnettoentgelts); während der Phase der bezahlten Freistellung beträgt der Aufstockungsbetrag 20 %.

. . .

Jedenfalls seit 1999 bestehen im Betrieb der Beklagten Betriebsvereinbarungen über ein flexibles Vergütungssystem. In der Betriebsvereinbarung "Flexibles Vergütungssystem" vom 11.02.1999 (Bl. 601 bis 603 d. A.) zwischen der E. AG und dem Betriebsrat der E. AG heißt es dazu:

Geschäftsleistung und Betriebsrat sind sich darüber einig, dass die leistungsbezogene Komponente im Vergütungssystem der Bank weiter verstärkt werden soll. Hierzu sollen einzelne bisher als fix geltende Gehaltsbestandteile dem Leistungsbonus zugeschlagen werden. Eine Senkung der Gesamtgehaltssumme der Bank ist mit dieser Flexibilisierung nicht verbunden. Im Übrigen soll mit der Neuordnung des Gehaltssystems dessen Vereinfachung und Vereinheitlichung für alle Mitarbeiter erreicht werden.

. . .

3. Tarifmitarbeiter

Das tarifliche Grundgehalt wird zukünftig 13,25 mal gezahlt. Das 13. Monatsgehalt wird wie bisher gezwölftelt auf die monatliche Zahlung des Grundgehalts aufgesetzt. Die restlichen 0,25 des Monatsgehalts werden als Sonderzahlung mit dem Dezembergehalt vergütet. 0,75 eines Monatsgehalts werden flexibilisiert und der jeweiligen Einheit als erhöhter Gesamtbetrag auf den Leistungsbonus zur Verfügung gestellt. Leistungszulagen werden im Regelfall auf die Jahressumme umgerechnet und als Erhöhungsbetrag dem individuellen freiwilligen Leistungsbonus zugeschlagen. Die Gesamtsumme der der Einheit zur Verfügung stehenden Leistungsboni erhöht sich entsprechend.

. . .

Die Betriebsvereinbarung von 1999 wurde durch eine Betriebsvereinbarung "Flexibles Vergütungssystem zwischen der F. AG und dem Gesamtbetriebsrat der F. AG" vom 05.09.2001 (Bl. 140 bis 145 d. A.) ersetzt, in der u.a. Folgendes bestimmt ist:

II. Die drei Vergütungskomponenten

Die Mitarbeiter erhalten ein Festgehalt und einen Leistungsbonus. Darüber hinaus können sie ein Long Term Incentive erhalten.

III. Der Leistungsbonus

Die Leistung des Mitarbeiters wird auch über den Leistungsbonus honoriert. Sie wird auf der Basis der individuellen Leistung und des Teamverhaltens bewertet. Dabei spiegelt sich die Leistung maßgeblich in der Zielerreichung wider. Einflussfaktoren wie Marktsituation, Organisation, Team, Führungskraft und persönliche Voraussetzungen sind darüber hinaus zu berücksichtigen.

 . . .

Die Bewertung der Leistung erfolgt im Rahmen des Mitarbeitergesprächs zwischen Mitarbeiter und Führungskraft. Sie wird in drei Stufen vorgenommen:

Ziele nicht erreicht, Ziele erreicht, Ziele deutlich übertroffen.

Für die Höhe des Leistungsbonus ist neben der Leistung und dem Teamverhalten auch der Erfolg des Unternehmens in dem jeweiligen Geschäftsjahr maßgeblich. Seitens der Bank wird angestrebt, das für das jeweilige Geschäftsjahr zur Verfügung stehende Leistungsbonusbudget rechtzeitig vor Beginn der Mitarbeitergespräche bekannt zu geben. Der Leistungsbonus bemisst sich jeweils aus einem fixierten Basiswert. Sofern die Ziele nicht erreicht wurden, beträgt er zwischen 0 und unter 75 % des Basiswertes. Sofern die Ziele erreicht wurden, hat der Mitarbeiter Anspruch auf einen Bonus in Höhe von mindestens 75 % des Basiswertes (Regelbandbreite 75 % bis unter 150 %). Sofern die Ziele deutlich übertroffen wurden, hat er einen Anspruch auf mindestens 150 % des Basiswertes (Regelbandbreite 150 % bis 200 %).

. . .

 . . .

VIII. Schlussbestimmungen

Die Vereinbarung gilt ab 01.09.2001 und ersetzt die Betriebsvereinbarung vom 11.02.1999. . . .

Am 13.10.2005 kam zwischen dem Gesamtbetriebsrat der G. AG und der G. AG eine neue Betriebsvereinbarung zur flexiblen Vergütung und zum Mitarbeitergespräch zustande (Bl. 11 bis 15 d. A.) in der Folgendes geregelt ist:

 . . .

B. Flexible Vergütung

I. Die zwei Vergütungskomponenten

Die Mitarbeiter erhalten ein Festgehalt und einen (Leistungs-)Bonus (im Folgenden Bonus genannt).

II. Die Vergütung der einzelnen Mitarbeitergruppen

1. Tarifmitarbeiter

Das Festgehalt der tariflich vergüteten Mitarbeiter besteht entsprechend dem jeweils gültigen Tarifvertrag für das private Bankgewerbe aus 12 Monatsgehältern und einer tariflichen Sonderzahlung, die jeweils im Dezember ausbezahlt wird.

Der Basiswert des Bonus beträgt für Tarifmitarbeiter 1,25 Grundgehälter. Abhängig von seiner Leistung und dem zur Verfügung stehenden Budget kann der Mitarbeiter damit ein Gesamtjahresgehalt von maximal 15,50 Grundgehältern erhalten.

Bei unterjährigem Eintreten oder Ausscheiden werden Sonderzahlung und Bonus zeitanteilig vergütet. Dies gilt auch bei einem unterjährigen Wechsel von bzw. in ein ruhendes Arbeitsverhältnis oder (bezogen auf den Bonus) bei erfolgter Freistellung.

. . .

B. Mitarbeitergespräch

. . .

I. Zielerreichung / Gesamtbewertung

Hier wird die Leistung des Mitarbeiters insgesamt beurteilt. Hierbei sind alle Ergebnisse, nicht nur die individuellen fachlichen Arbeitsziele (Punkt 1) sondern auch die Ziele zu persönlichen Kompetenzen (Punkt 2) und sonstige Ergebnisse zu berücksichtigen.

. . .

V. Festlegung der individuellen Höhe des Bonus

Die Höhe des individuellen Bonus hängt zum einen von der Höhe des jährlichen Bonustopfes ab. Dieser wird wiederum grundsätzlich vom Gesamtbankerfolg bestimmt.

Darüber hinaus honoriert der Bonus auch die Zielerreichung des Mitarbeiters. Die konkrete Höhe des individuellen Bonus ist damit – neben der Abhängigkeit vom Erfolg der Bank – auch abhängig von der durch die Führungskraft im Mitarbeitergespräch durchgeführten Gesamtbewertung.

. . .

B. Schlussbestimmungen

Die Betriebsvereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Sie ersetzt die Betriebsvereinbarung Flexibles Vergütungssystem vom 05.09.2001 . . ..

Ab dem Jahr 2001 erhielt die Klägerin folgende Boni ausbezahlt:

2001: €  16.000,00

2002: €   6.200,00

2003:  €  13.000,00

2004, 2005, 2006 und

2007:  je € 12.000,00.

Mit der Klägerin fand zuletzt am 14.12.2007 mit ihrem Vorgesetzten zum Zweck einer Zielvereinbarung für 2008 ein Mitarbeitergespräch statt (Bl. 17 bis 21 d. A.).

Eine Bonusleistung für 2008 erfolgte nicht.

Im Jahr 2008 geriet die Beklagte im Zusammenhang mit der weltweiten Banken- und Wirtschaftskrise in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten. Eine Insolvenz wurde allein durch staatliche Unterstützungszahlungen abgewandt. Der Vorstand der Beklagten beschloss am 10.03.2009, dass es für das Jahr 2008 im Konzern weltweit keine Auszahlung einer variablen Vergütung geben werde.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe auch für das Jahr 2008 einen – anteiligen – Anspruch auf Bezahlung eines Leistungsbonusses. In den letzten Monaten ihrer Arbeitsphase vom 01.01. bis 31.08.2008 habe die Klägerin wie die Jahre zuvor die vereinbarten Ziele voll erreicht und leicht übertroffen. Dies ergebe sich bereits aus einer Stellungnahme ihres Vorgesetzten vom 14.01.2008 (Bl. 26 d. A.). Selbst wenn das Unternehmensergebnis der Beklagten für das Jahr 2008 schlecht gewesen sei, rechtfertige dies keine vollständige Verweigerung der Bonuszahlung. Auch im Jahr 2002 habe sich ein negatives Ergebnis ergeben, was nur dazu geführt habe, dass der Leistungsbonus halbiert worden sei. Ein Anspruch folge dabei bereits aus dem Arbeitsvertrag der Parteien, der eine eigenständige Regelung darstelle. Dass vor Beginn der Altersteilzeit kein Mitarbeitergespräch über die Zielerreichung stattgefunden hat, habe die Klägerin nicht zu vertreten. Auszugehen sei gemäß Schreiben vom 29.06.2001 von einem Basiswert von € 14.827,46. Bei hundertprozentiger Zielerreichung ergebe sich dabei für 8 Monate ein anteiliger Betrag von € 9.884,97. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Beklagten sei dieser Betrag auf 50 % zu verringern, von dem aufgrund der Altersteilzeit der Klägerin die Hälfte nebst dem Aufstockungsbetrag von 35 % zu zahlen sei, so dass sich ein Bonusanspruch von € 3.336,19 ergebe.

Die Klägerin hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 3.336,19 brutto nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.03.2009 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Klägerin stehe kein Bonusanspruch für 2008 zu. Die Regelung im Arbeitsvertrag stehe unter dem Vorbehalt von Betriebsvereinbarungen. Jedenfalls die für das Jahr 2008 maßgebliche Betriebsvereinbarung von 2005 setze für einen Bonusanspruch die Zurverfügungstellung eines Bonustopfes voraus. Für das Jahr 2008 stehe aufgrund der existenzbedrohenden Situation der Beklagten kein Bonustopf zur Verfügung. Über einen Bonustopf sei in der Vergangenheit jeweils Ende des Jahres entschieden worden. Ende Oktober / Anfang November des jeweiligen Jahres habe eine Vorausschau auf das voraussichtlich zu erwartende Jahresergebnis stattgefunden, aufgrund dessen ein vorläufiger Vorschlag erarbeitet worden sei, um dann im Februar eine finale Entscheidung zu treffen. Aufgrund der dramatischen Umstände im Zusammenhang mit der Bankenkrise sei bereits abzusehen gewesen, dass das Bonusbudget extrem reduziert werden müsse. Nachdem im Anschluss daran nur massive Unterstützungsleistungen und Rettungsaktionen die Beklagte vor einer Insolvenz bewahren konnten, sei bereits im Dezember dem Gesamtbetriebsrat mitgeteilt worden, dass eine Entscheidung über ein Budget verschoben werden müsse. Nachdem sich gezeigt habe, dass ein Überleben ohne massive staatliche Hilfe nicht möglich war, habe schließlich der Vorstand am 10.03.2009 endgültig beschlossen, dass es keine Bonuszahlung geben werde. Aus der Betriebsvereinbarung ergebe sich damit klar, dass ein Bonusanspruch vollständig entfalle. Aus dem Arbeitsvertrag der Parteien folge nichts anderes, zumal 2001 und 1999 Betriebsvereinbarungen zur flexiblen Vergütung abgeschlossen wurden. Die Regelung im Arbeitsvertrag habe im Verhältnis zur Betriebsvereinbarung nur deklaratorischen Charakter. Im Übrigen sei auch zu bestreiten, dass die Klägerin ihre Ziele erreicht habe.  

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Der Klägerin stehe ein individualrechtlicher Anspruch auf die wegen der Freistellung der Klägerin ab 01.09.2008 sowie der Altersteilzeitregelung nur anteilige Bonusleistung zu. Dies folge aus dem Arbeitsvertrag der Parteien sowie dem Schreiben der Beklagten vom 29.06.2001. Dies stelle eine eigenständige Regelung dar, so dass es auf die Betriebsvereinbarung nicht ankomme. Danach sei die wirtschaftliche Lage der Bank nur einer von mehreren Faktoren für die Leistung des Bonusses. Auch wenn die wirtschaftliche Lage der Bank schlecht sei, könne dies nur zu einer fünfzigprozentigen Kürzung führen.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 23.04.2010 zugestellte Urteil hat diese mit einem am 21.05.2010 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und ihr Rechtsmittel durch einen am 23.07.2010 innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte trägt vor, die Verschärfung der Finanzmarktkrise in der zweiten Hälfte des Jahres 2008 habe zu einem Zusammenbruch einzelner Kapital- und Finanzierungsmärkte geführt. Nur durch sofortige Liquiditätshilfen sei dabei ein Fortbestand der H.- Gruppe möglich gewesen. Insgesamt seien der H.– Gruppe 2008 und 2009 Liquiditätshilfen i.H.v. 102 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt worden, um deren Überleben zu ermöglichen. Die Beklagte habe im Geschäftsjahr 2008 einen Jahresfehlbetrag i.H.v. 2,824 Mrd. und ein negatives Ergebnis vor Steuern von € 2,77 Mrd. ausgewiesen. Dies habe es ausgeschlossen, für das Jahr 2008 ein Bonusbudget zur Verfügung zu stellen. Ein Anspruch der Klägerin bestehe daher nicht. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthalte keine eigenständige Regelung einer Bonuszahlung. Grundlage der Zahlungen sei stets eine entsprechende Betriebsvereinbarung gewesen, so auch die vom 05.09.2001 (Bl. 496 bis 499 d. A.). Schon seit dieser Zeit sei so verfahren worden, dass erst nach Ablauf des maßgeblichen Geschäftsjahres durch den Vorstand darüber entschieden wurde, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Bonustopf für dieses Geschäftsjahr zur Verfügung gestellt werde. Dies sei für das Jahr 2008 ausgeschlossen gewesen, so dass die Entscheidung des Vorstands, vom 10.03.2009 entsprechend gefallen ist. Nach der Betriebsvereinbarung sei damit kein Anspruch gegeben. Das neben der Betriebsvereinbarung noch eine gesonderte Anspruchsgrundlage bestehe, wäre unüblich und widersinnig. Zudem enthielten Arbeitsvertrag und Betriebsvereinbarung keine unterschiedlichen Regelungen. Zumindest hätte in der Betriebsvereinbarung eine Auslegung des Arbeitsvertrages berücksichtigt werden müssen. Selbst wenn ein Anspruch auf eine Bonuszahlung bestünde, wäre diese nach der Ertragslage der Bank auf Null festzusetzen. Jedenfalls sei von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage für eine Bonuszahlung auszugehen. Denn Geschäftsgrundlage für einen Bonusanspruch sei jedenfalls, dass die Ertragslage der Bank eine solche Zahlung zulasse. Dies sei aufgrund der Lage der Beklagten im Jahr 2008 ausgeschlossen gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 17. März 2010 (Az.: 7 Ca 10953/09) abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, ein Anspruch der Klägerin ergebe sich bereits daraus, dass ihr Altersteilzeitvertrag überhaupt keine Bezugnahme auf eine Betriebsvereinbarung enthalte sondern nur am Ende auf den Dienstvertrag verweise. Zudem ergebe sich ein Anspruch auch aus der Betriebsvereinbarung vom 05.09.2001. Denn nach deren Wortlaut sei ebenfalls keine Zurverfügungstellung eines Bonustopfes Voraussetzung für eine Zahlung. Auch die Betriebsvereinbarung vom 13.10.2005 habe dazu keine Änderung enthalten. Auf die Betriebsvereinbarungen komme es aber auch nicht entscheidend an. Denn der Dienstvertrag der Parteien enthalte zur Bonuszahlung eine eigenständige Regelung. Dabei komme hinzu, dass die Betriebsvereinbarung von 2001 und erst recht die von 2005 erst nach dem Arbeitsvertrag der Parteien abgeschlossen worden seien. Spätere Betriebsvereinbarungen hätten den Anspruch der Klägerin nach dem Vertrag nicht verschlechtern können. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage liege auch nicht vor. Das wirtschaftliche Risiko habe allein die Beklagte zu tragen. Eine wirtschaftliche Notlage des Arbeitgebers befreie diesen nicht von einer Zahlungsverpflichtung.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Sachvortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 23.07.2010 (Bl. 220 bis 242 d. A.), 06.10.2010 (Bl. 486 bis 495 d. A.), 08.11.2010 (Bl. 559 bis 562 d. A.) und 05.01.2011 (Bl. 599 bis 600 d. A.), der Klägerin vom 27.08.2010 (Bl. 437 bis 453 d. A.) und 27.10.2010 (Bl. 520 bis 527 d. A.) sowie die Sitzungsniederschriften vom 13.10.2010 (Bl. 516 bis 517 d. A.) und 30.03.2011 (Bl. 609 bis 610 d. A.) Bezug genommen.

Gründe

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

88Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben. Der Klägerin steht gem. § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Dienstvertrag vom 29.06. / 15.08.2001 ein Anspruch auf Zahlung eines Leistungsbonusses von € 3.336,19 brutto zu. Die Beklagte ist bereits nach dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 29.06. / 15.08.2001 im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 29.06.2001 zur Zahlung des Bonusses verpflichtet. Dabei berechtigt die katastrophale wirtschaftliche Lage der Beklagten zwar den Bonus trotz der Zielerreichung durch die Klägerin herabzusetzen. Gänzlich entfallen ist die Bonuszahlung aber weder nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien noch nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend begründet. Dem folgt das Berufungsgericht und sieht insoweit von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind lediglich folgende Ausführungen veranlasst:

1. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Bezahlung eines Leistungsbonusses für das Jahr 2008 gemäß Ziffer II 2 des Dienstvertrages der Parteien vom 29.06. / 15.08.2001 zu.

a) Die Parteien haben in dem Dienstvertrag in Ziffer II das der Klägerin gem. § 611 Abs. 1 BGB für die von ihr zu leistenden Dienste zustehende Arbeitsentgelt festgelegt. Danach steht der Klägerin ein Leistungsbonus auch bei einer schlechten wirtschaftlichen Lage der Beklagten zu.

aa) Gem. § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von dem Empfänger zu verstehen war (vgl. BAG vom 29.06.2002 – 6 AZR 434/00 = AP Nr. 10 zu § 10 BBiG). Auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände sind einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (vgl. BAG vom 18.04.2007 – 4 AZR 652/05 = AP Nr. 53 zu § 1 TVG "Bezugnahme auf Tarifvertrag").

bb) Nach diesen Grundsätzen ist schon nach dem Wortlaut der Regelung in Ziffer II des Dienstvertrages davon auszugehen, dass der Klägerin auch für das Jahr 2008 ein Leistungsbonus zusteht.

(1) Denn schon in Ziffer II 1 des Dienstvertrages haben die Parteien zum Ausdruck gebracht, dass sich das Gesamtgehalt aus Grundgehalt und Leistungsbonus zusammensetzt. Durch das Wort "und" haben die Parteien ohne Wenn und Aber herausgestellt, dass ein Leistungsbonus kumulativ neben das Grundgehalt tritt und dieser Anspruch keinerlei Vorbehalten wie etwa einer Freiwilligkeit oder sonstigen ausschließenden Voraussetzungen unterworfen ist. Im Gegenteil wird der Anspruch in Ziffer II 2 des Dienstvertrages nochmals ausdrücklich bestätigt. Denn danach "erhält" die Mitarbeiterin den Leistungsbonus, der zudem jedes Jahr festgesetzt wird und jeweils mit dem Maigehalt bezahlt wird.

(2) An dem Anspruch ändert sich nichts durch die Formulierung in Ziffer II 2 Satz 2 des Vertrages, nach der sich der Leistungsbonus nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten und dem Erfolg der Bank richtet. Schon nach dem Wortlaut, der Stellung hinter Satz 1, der den Anspruch ausdrücklich bestätigt, sowie der folgenden Daten der jährlichen Auszahlungsmodalitäten kommt damit nach der Verkehrssitte lediglich zum Ausdruck, dass die in Satz 2 genannten Faktoren Auswirkungen auf die Berechnung der Höhe des Anspruchs, nicht aber auf den Anspruch selbst haben sollen. Zu einem Null – Anspruch kann es nach dieser Formulierung nur führen, wenn alle drei genannten Faktoren negativ zu bewerten wären.

cc) Bestätigt wird dies durch das Begleitschreiben vom 29.06.2001 (Bl. 61 bis 62 d. A.). Dort wird nochmals betont, dass die Klägerin allein durch ihre Leistung ihre Gehaltshöhe beeinflusst. Soweit darin dabei eine Bandbreite des Leistungsbonusses von 0 bis 200 % eines Basiswertes von DM 29.000,00 genannt ist, wird für jeden unbefangenen Leser der Eindruck vermittelt, dass allenfalls bei einer Null – Leistung des Arbeitnehmers dies eine Bonuszahlung von 0 zur Folge hätte. Dass allein die wirtschaftliche Lage der Bank ebenfalls einen Bonus ausschließen soll, folgt weder aus Ziffer II des Dienstvertrages noch aus dem Begleitschreiben vom 29.06.2001.

96b) Eine derartige Einschränkung folgt auch nicht aus Ziffer IV 6 des Dienstvertrages. Zwar ist darin bestimmt, dass für das Dienstverhältnis neben der Arbeitsordnung die übrigen Betriebsvereinbarungen der Bank in der jeweils gültigen Fassung gelten sollen.  

aa) Für die Kammer erscheint aber bereits fraglich, ob mit dieser Regelung überhaupt eine rechtserhebliche Vereinbarung der Parteien gewollt war. Zum einen erscheint eine vertragliche Verweisung auf eine gem. § 77 Abs. 4 BetrVG ohnehin für ein Arbeitsverhältnis geltende Betriebsvereinbarung sinnlos (vgl. etwa: Preis NZA 2010, 361). Daher ist eher davon auszugehen, dass es sich bei dem Hinweis auf die Geltung von Betriebsvereinbarungen im Arbeitsvertrag um die bloße Information über im Arbeitsverhältnis geltende kollektive Regelungen handelt, der keine vertragsrechtliche Bedeutung zukommt (vgl. BAG ZTR 2007, 575). Sollte zudem die Verweisung auf eine Betriebsvereinbarung die zuvor in Ziffer II 2 des Vertrages ausdrückliche Regelung des Leistungsbonusses einschränken, wäre zum anderen dies kaum mit § 307 Abs. 1 BGB (vgl. BAG vom 30.07.2008 – NZA 2008, 1173) und mit dem Grundsatz des Vorrangs einer Individualabrede (vgl. BAG vom 30.11.1994 – AP Nr. 16 zu § 4 TVG) zu vereinbaren.

bb) Sollte sich schließlich ein Leistungsbonus nach der Betriebsvereinbarung unabhängig von der Regelung in Ziffer II 2 des Dienstvertrages richten, käme dieser Bestimmung auch keinerlei Bedeutung zu. Dies widerspricht aber den Grundsätzen einer Vertragsauslegung. Denn danach ist gerade davon auszugehen, dass es regelmäßig dem Parteiwillen entspricht, dass einer individuellen Vertragsklausel auch eine rechtsgeschäftliche Bedeutung zukommen soll und nicht davon auszugehen ist, dass Vertragsparteien sinnlose Regelungen treffen wollen (vgl. BGH BB 2005, 1295, BAG vom 20.08.1996- 9 AZR 471/95). Der Verweisung auf eine Betriebsvereinbarung in Ziffer IV 6 des Dienstvertrages kann daher nur die Bedeutung zukommen, dass die dort in Bezug genommene Rechtsgrundlage nur gelten soll, soweit der Vertrag nicht selbst eine Regelung enthält (vgl. BAG vom 06.12.2001 – AP Nr. 36 zu § 626 BGB "Verdacht strafbarer Handlung" zu B I 2 b der Gründe).

c) Damit ist ein Anspruch der Klägerin auf Bezahlung des Leistungsbonusses dem Grunde nach nicht von der wirtschaftlichen Lage der Beklagten abhängig. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Dienstvertrages vom 29.06. / 15.08.2001 galt weder die Betriebsvereinbarung vom 13.10.2005 (Bl. 11 bis 15 d. A.) noch diejenige vom 05.09.2001 (Bl. 140 bis 145 d. A.) sondern diejenige vom 11.02.1999 (Bl. 601 bis 603 d. A.).

aa) In dieser findet sich keinerlei Abhängigkeit der Bonuszahlung von der wirtschaftlichen Situation der Beklagten. Vielmehr wird darin eine zuvor für alle Mitarbeiter bisher fix festgelegte Sonderzahlung teilweise flexibilisiert und als Leistungsbonus deklariert. Dagegen, dass dabei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beklagten überhaupt eine Rolle spielen sollte, spricht bereits die Präambel der Betriebsvereinbarung von 1999. Denn dort ist ausdrücklich geregelt, dass eine Senkung der Gesamtgehaltssumme der Bank mit der Flexibilisierung nicht verbunden ist.

bb) Die Abhängigkeit der Höhe des Leistungsbonusses wird erstmals in der Betriebsvereinbarung von 2001 erwähnt. Daraus folgt aber kein Ausschluss des Anspruchs auf eine Bonuszahlung sondern nur die Beeinflussung der Höhe dieses Anspruchs auch nach dem Kriterium der wirtschaftlichen Lage der Beklagten, wie es auch in Ziffer II 2 des Dienstvertrages zum Ausdruck kommt. Wenn überhaupt, könnte sich daher der Ausschluss eines Anspruchs aufgrund eines fehlenden Bonustopfes erstmals aus der Betriebsvereinbarung vom 13.10.2005 ergeben. Selbst wenn ein solcher Inhalt der Betriebsvereinbarung von 2005 zu Gunsten der Beklagte unterstellt wird, wäre eine solche Regelung nicht möglich, da sie in den vertraglichen Besitzstand der Klägerin eingreifen würde (vgl. BAG vom 21.01.1997 – AP Nr. 64 zu § 77 BetrVG 1972; LAG Hamm NZA-RR 2001, 540).

d) Dass nach der Vereinbarung der Parteien sich eine wirtschaftliche Lage der Beklagten allenfalls auf die Höhe der Bonuszahlungen auswirken kann nicht aber einer Zahlung generell entgegensteht, entsprach auch dem sonst feststellbaren Willen der Parteien.

aa) Für die Auslegung eines Vertrages ist auch dessen tatsächliche Handhabung durch die Parteien zu berücksichtigen (vgl. BAG vom 14.08.2001 – AP Nr. 85 zu § 77 BetrVG 1972; BAG vom 06.08.1998 – AP Nr. 10 zu § 1 BAT-O). Auch das nachträgliche Verhalten der Parteien im Hinblick auf die Umsetzung einer Vertragsbestimmung lässt den Schluss auf einen gemeinsamen Willen zu (vgl. BAG vom 29.07.2003 – AP Nr. 15 zu § 611 BGB "Nettolohn"; BAG vom 22.06.1994 – AP Nr. 16 zu § 1 AÜG).

bb) Die Zahlung von Leistungsboni durch die Beklagte nach Abschluss des Dienstvertrages von 2001 zeigt, dass ein fehlender Bonustopf einem Anspruch der Klägerin nicht entgegensteht. Denn die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass im Jahr 2002 bei der Beklagten ein negatives Betriebsergebnis erzielt wurde. Dies hat jedoch nicht zu einem Wegfall der Bonuszahlung geführt. Vielmehr hat die Beklagte diesen Umstand erkennbar zum Anlass genommen, die Bonuszahlung zu vermindern. Hat die Beklagte daher auch bei Vorliegen eines negativen Geschäftsergebnisses eine – verminderte – Bonuszahlung erbracht, spricht auch dies dagegen, dass die wirtschaftliche Lage Voraussetzung für einen Zahlungsanspruch war.

1052. Ein Bonusanspruch der Klägerin ist nicht nach den Grundsätzen der Störung bzw. des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) entfallen.

a) Geschäftsgrundlage sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofs die bei Abschluss des Vertrages zu Tage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien vom Vorhandensein oder dem zukünftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien hierauf aufbaut. Rechte wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergeben sich allerdings nur, wenn der von der Störung betroffenen Partei das unveränderte Festhalten an dem Vertrag nicht zugemutet werden kann. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage wird rechtlich nur dann erheblich, wenn insoweit das Festhalten an der ursprünglichen Regelung zu einem untragbaren mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht mehr zu vereinbaren Ergebnis führen würde (vgl. BAG vom 25.09.2002 – AP Nr. 26 zu § 1 TVG "Bezugnahme auf Tarifvertrag").

b) Dies ist hier nicht der Fall.

108aa) Zwar ist nicht zu verkennen, dass die wirtschaftliche Lage der Beklagten im Jahr 2008 und 2009 miserabel war. Es ist unstreitig, dass die Beklagte nur durch Unterstützung mit öffentlichen Mitteln in extremer Höher in der Lage war, ihren Geschäftsbetrieb fortzusetzen. Dies sind jedoch Umstände, die sämtlich in den Risikobereich der Beklagten fallen. § 313 BGB kommt aber nicht zur Anwendung, wenn sich durch die Störung des Vertrages ein Risiko verwirklicht, das eine Partei zu tragen hat. So trägt allein der Geldleistungsschuldner das Risiko der Geldbeschaffung.

bb) Demgegenüber ist die Bonuszahlung Teil des Arbeitsentgelts der Klägerin. Nach § 611 Abs. 1 BGB ist der Arbeitgeber als Dienstgeber zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Der Arbeitnehmer kann in dem als Dauerschuldverhältnis ausgestalteten Arbeitsverhältnis grundsätzlich auf die Beständigkeit der Zahlung des laufenden Arbeitsentgelts vertrauen. Er erbringt im Hinblick hierauf seine Arbeitsleistung und stellt auch sein Leben darauf ein (vgl. BAG vom 25.04.2007 – AP Nr. 7 zu § 308 BGB).

cc) Der Umstand, dass der Arbeitgeber keine Mittel mehr zur Verfügung hat, die Gegenleistung dafür zu erbringen, kann ihn nicht berechtigen, die Leistung einzustellen. Vielmehr trägt er wie jeder andere Schuldner auch das volle Entgeltrisiko und hat dafür einzustehen, wirtschaftlich leistungsfähig zu sein. Der Schuldner einer Geldschuld hat für seine Leistungsfähigkeit auch ohne Verschulden einzustehen (vgl. BAG vom 10.8.1994 – AP Nr. 86 zu § 112 BetrVG 1972) und kann sich vom Vertrag nicht mit der Begründung lösen, er habe keinerlei finanzielle Mittel mehr (vgl. BAG vom 10.08.1995 – a.a.O; LAG Hamm NZA-RR 1997, 17).  

3. Der Klägerin steht damit der von ihr zuletzt verfolgte Anspruch auf Bezahlung eines Leistungsbonusses i.H.v. € 3.336,19 brutto zu. Das Arbeitsgericht hat dies unter Zugrundelegung des Basiswertes von € 14.827,46 und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Beklagten, der Freistellung der Klägerin ab 01.09.2008 sowie der Altersteilzeitvereinbarung im Einzelnen berechnet und dargelegt. Die Berufungsbegründung hat dies nicht beanstandet. Damit steht der Klägerin der Anspruch nebst den geltend gemachten Zinsen zu.

III.

Die Berufung der Klägerin war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kammer hat für die Beklagte die Revision gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Für die Klägerin ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben

Darauf, ob die Kammer zudem wegen der hier zu beurteilenden Vertragsgestaltung von Entscheidungen anderer Kammern des LAG München (vgl. etwa: Urteil vom 07.10.2010 – 4 Sa 397/10; Urteil vom 13.10.2010 – 5 Sa 274/10; Urteil vom 28.10.2010 – 3 Sa 235/10) im vorliegenden Fall abweicht, kommt es für die Frage der Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG daher nicht mehr an.