OLG München, Beschluss vom 14.02.2011 - 6 W 1900/10
Fundstelle
openJur 2012, 114046
  • Rkr:
Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird die Festsetzung des Geschäftswerts unter Nr. 2 des Beschlusses vom 2.7.2010 abgeändert. Der Geschäftswert wird auf € 3.000,-- festgesetzt.

Gründe

Mit Beschluss vom 2.7.2010 setzte das Landgericht den Geschäftswert des Verfahrens gemäß § 101 Abs. 9 UrhG auf ... fest mit der Begründung hinsichtlich der öffentlichen Zugänglichmachung des Films ... sei von mindestens 14 verschiedenen Verletzungsformen auszugehen (entsprechende Anzahl abweichender Hashwerte). Gegen die Festsetzung des Streitwerts wendet sich die Beteilige zu 1 mit der Beschwerde vom 9.7.2010, die sie mit Schriftsatz vom 30.7.2010 begründete. Sie macht geltend, es könne bei der Streitwertfestsetzung nicht auf die Anzahl unterschiedlicher Hashwerte abgestellt und daraus auf unterschiedliche Streitgegenstände geschlossen werden. Vielmehr sei auf die Anzahl der Werke abzustellen. Ein unterschiedlicher Lebenssachverhalt könne nur dann gegeben sein, wenn der Auskunftsanspruch unterschiedliche Werke betreffe.

Die Beteiligte zu 1 beantragt, den Beschluss abzuändern und den Streitwert auf € 3.000,-- festzusetzen.

Mit Beschluss vom 9.8.2010 wurde der Streitwert auf ... festgesetzt: im Übrigen wurde der Beschwerde nicht abgeholfen. Für jedes Werk sei ein Wert von ... anzusetzen, ab der zweiten Verletzungsform sei ein Erhöhungsbetrag von ... angemessen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Nichtabhilfebeschluss Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 KostO statthaft, da der Beschwerdewert den Betrag von ... übersteigt. Eine 1,3 Gebühr aus dem (zunächst) festgesetzten Geschäftswert in Höhe von ... beläuft sich auf ... eine 1,3 Gebühr aus ... beträgt € ... Die Beschwerde ist, da form- und fristgerecht eingelegt (§ 31 Abs. 3 Satz 3, Abs. 1 Satz 3 KostO), auch zulässig.

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Der Geschäftswert ist gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO mit ... anzusetzen.

Der Geschäftswert für das in § 101 Abs. 9 UrhG geregelte Gestattungsverfahren bemisst sich nach § 30 KostO. Nach dessen Abs. 1 ist der Wert nach freiem Ermessen zu bestimmen, da er sich weder aus den Bestimmungen der KostO ergibt noch sonst feststeht. In Ermangelung genügender tatsächlicher Umstände ist der Wert gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO in der Regel mit € ... anzusetzen.

7a. Eine Erhöhung dieses Wertes ist im Hinblick auf die Vielzahl der in dem Antrag genannten IP-Adressen nicht veranlasst (vgl. hierzu OLG Köln ZUM 2008, 981 = GRUR-RR 2009, 38 = CR 2009, 257; Schricker/Wimmers, UrhG, 4. Aufl., § 101 Rn. 125; OLG Düsseldorf ZUM 2009, 481, 482 = CR 2009, 334, zu § 128 c Abs. 1 Nr. 4 KostO a. F.). Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Anzahl der Rechtsverletzungen ist danach das jeweils geschützte urheberrechtliche Werk mit der Folge, dass ein Antrag nach § 101 Abs. 9 UrhG, mit dem die Verletzung eines einzigen Werkes geltend gemacht wird, in der Regel mit € 3.000,-- zu bewerten ist (so auch OLG Köln, Beschl. v. 8.2.2010 – 6 W 13/10 Tz. 6, zitiert nach Juris, bei einer Fallgestaltung, bei der die Musiktitel als Teil dreier verschiedener Datensammlungen heruntergeladen werden konnten).

b. Eine Abweichung von diesem Wert ist auch unter Berücksichtigung der Anzahl der verschiedenen Hashwerte nicht veranlasst. Insoweit erscheint es bereits fraglich, ob die zum Verletzungsverfahren entwickelten Grundsätze zur Bestimmung des Streitgegenstandes bei mehreren Gläubigern und/oder Schuldnern bzw. Verletzungsformen des Verletzungsverfahrens auf das (massenhafte) Gestattungsverfahren ohne weiteres zu übertragen sind. Bei einem Verletzungsverfahren ergeben sich die für die Bemessung des Streitwerts maßgeblichen Umstände aus den Angaben zu den Parteien, d. h. das Gericht hat nach den maßgeblichen Kriterien (§§ 3, 5 ZPO, § 39 Abs. 1 GKG) das Vorliegen einer subjektiven/objektiven Klagehäufung zu prüfen und zu bewerten. Hierfür ist es von Bedeutung, ob der Kläger/Antragsteller die Verletzung eines oder mehrerer urheberrechtlich geschützter Werke behauptet. Das Vorhandensein mehrerer Verletzer ist nach den Grundsätzen der subjektiven Klagehäufung auf Schuldnerseite zu behandeln, da hinsichtlich des in der Regel im Vordergrund stehenden Unterlassungsantrags eine gesamtschuldnerische Haftung nicht gegeben ist.

Demgegenüber ist im Rahmen der Gestattungsverfahren gemäß § 101 Abs. 9 UrhG aus dem vorgetragenen Sachverhalt vom Gericht nicht verlässlich zu beurteilen, ob mit dem Antrag eine Verletzung durch mehrere Verletzer geltend gemacht wird oder nicht. Auch das Vorhandensein einer entsprechenden Anzahl von unterschiedlichen Hashwerten lässt nicht den gesicherten Schluss auf das Vorhandensein einer entsprechenden Anzahl an unterschiedlichen Verletzern zu, die die vom Landgericht vorgenommene Erhöhung des Geschäftswerts rechtfertigen könnten (vgl. auch OLG München, Beschl. v. 27.9.2010 – 11 W 1184/10, MDR 2011, 138, zu § 128 e Abs. 1 Nr. 4 KostO).

Soweit im Rahmen des Kostenansatzes (§ 128 e Abs. 1 Nr. 4 KostO) von mehreren jeweils die Festgebühr auslösenden Anträgen beim Vorliegen von unterschiedlichen sog ... ausgegangen wird (vgl. OLG Karlsruhe ZUM 2009, 957 = WRP 2009, 335; OLG Frankfurt ZUM 2009, 641 Tz. 13. zitiert nach Juris), bedarf dies vorliegend keiner Erörterung. Das Landgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass es sich bei den unterschiedlichen Hashwerten um sog. ... handelt. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Beteiligten zu 1.

Ebenso wenig kann aus der Verschiedenheit der Hash-Werte auf das Vorliegen unterschiedlicher Verletzungsformen geschlossen werden könnte, denn es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, inwiefern die Varianten der Ausgangsdateien sich von der Ausgangsdatei in urheberrechtlich relevanter Weise unterscheiden.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 31 Abs. 5 KostO).

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