VG Augsburg, Urteil vom 08.02.2011 - Au 3 K 10.793
Fundstelle
openJur 2012, 113927
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Nebenbestimmung zu einer wasserrechtlichen beschränkten Erlaubnis für eine Kiesausbeute.

1. Die Klägerin betreibt gewerblichen Kiesabbau unter anderem in der Gemeinde ….

Mit Schreiben vom 2. Februar 2009 beantragte die Klägerin die wasserrechtliche Gestattung für die Kiesausbeute auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … (Gemeinde …). Der geplante Kiesabbau im Trockenabbauverfahren soll dabei auf einer Fläche von ca. 4,3 ha erfolgen. Die Kiesentnahmemenge beläuft sich auf ca. 612.000 m³: Benachbart betreibt die Klägerin bereits einen mit Bescheid vom 4. November 2002 genehmigten Kiesabbau auf der Fläche Fl.Nr. … der Gemarkung ….

Die geplante Kiesausbeute auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … liegt in der Schutzzone III B des künftigen Wasserschutzgebietes des Zweckverbandes der … Gruppe. Während die geplante Ausweisung der Schutzzone III A des bezeichneten Wasserschutzgebietes durch eine Veränderungssperre vom 15. Juni 2009 gesichert wurde, wurde für die künftige Schutzzone III B keine Veränderungssperre erlassen. Hinsichtlich dieser Schutzzone kamen das Landratsamt … und das Wasserwirtschaftsamt … überein, dass ein Kiesabbau nicht gänzlich ausgeschlossen werden sollte, sondern weiterhin im Einzelfall zugelassen werden könne.

Gemäß dem Entwurf (Anlage 3) zur Verordnung über das Wasserschutzgebiet für die öffentliche Wasserversorgung des Zweckverbandes der … Gruppe ist der Kiesabbau und die Verfüllung im Rahmen der Rekultivierung mit dem auf dem Abbaugrundstück anfallenden Abraummaterial und mit dem auf dem Abbaugrundstück anfallenden Humus im Rahmen einer beschränkten Erlaubnis innerhalb der ausgewiesenen Schutzzone III B zulässig, wenn unter anderem folgende Auflage erfüllt ist: „Das Grundwasser in der abstromigen Grundwassermessstelle des Abbaugebietes ist halbjährig durch ein qualifiziertes (AQS-)Labor auf mindestens 33 Parameter (u.a. Färbung, Trübung, Geruch, Wassertemperatur, Temperatur und Leitfähigkeit, sowie diverse Schwermetalle wie Quecksilber, Arsen, Blei sowie halogenisierte Kohlenwasserstoffe) zu untersuchen“. Weiter sei bereits bei Überschreitung eines Grenzwertes das Landratsamt … umgehend zu informieren. Der Kiesabbauunternehmer habe daraufhin unverzüglich einen unabhängigen qualifizierten Sachverständigen mit der Ursachenforschung zu beauftragen und die Ergebnisse einschließlich der erforderlichen Abhilfemaßnahmen dem Landratsamt innerhalb von längstens 30 Tagen vorzulegen. Die Probenahmen und Untersuchungen seien von einem qualifizierten Labor durchzuführen, welches die Grundsätze der analytischen Qualitätssicherung erfülle, wie sie in der Rahmenempfehlung der LAWA zur Qualitätssicherung in der Wasser-, Abwasser- und Schlammanalytik beschrieben sind.

Unter dem 15. April 2010 erstellte das Wasserwirtschaftsamt … sein Gutachten zur geplanten Kiesausbeute. Darin ist unter anderem festgestellt, dass das Vorhaben auf Grund der Abtragung der Deckschicht eine Maßnahme darstelle, die geeignet sei, eine schädliche Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit herbeizuführen. Weiter verwies das Wasserwirtschaftsamt auf den drohenden Zielkonflikt zwischen der öffentlichen Wasserversorgung auf Grund der Planungen des Zweckverbandes zur Wasserversorgung der … Gruppe und privaten Kiesabbauinteressen. Die Vorhabensfläche liege derzeit noch außerhalb eines Wasserschutzgebiets, jedoch im Einzugsbereich der Wasserversorgung der Stadt … („sensible Zone“), als auch im künftigen, inzwischen planreifen Wasserschutzgebiet des Zweckverbandes der … Gruppe. Darüber hinaus werde ein Auflagenvorbehalt zum Schutz des Grundwassers für dringend angezeigt erachtet. Auf den weiteren Inhalt der wasserwirtschaftlichen Begutachtung vom 15. April 2010 wird ergänzend Bezug genommen.

Mit ergänzendem Gutachten vom 29. April 2010 wurden weitere Auflagen zum Grundwasserschutz vorgeschlagen. Auf deren Inhalt wird verwiesen.

2. Mit Bescheid vom 3. Mai 2010 erteilte das Landratsamt … der Klägerin nach Maßgabe der Nrn. 2 und 3 die beschränkte Erlaubnis, auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … auf einer Fläche von ca. 4,3 ha im Norden bis auf eine Abbautiefe von 635,00 m ü. NN und im Süden bis auf eine Abbautiefe von 635,9 m ü. NN Kies abzubauen und die Kiesausbeute im Rahmen der Rekultivierung wieder verfüllen zu dürfen. Nach Ziffer 3 des vorbezeichneten Bescheides wurde der beschränkten Erlaubnis u.a. die Nebenbestimmung Ziffer 3.1.15 angefügt, nach der vor Abbaubeginn das Grundwasser erstmalig, danach halbjährlich in der abstromigen Grundwassermessstelle des Abbaugebietes durch ein AQS-Labor auf mindestens 33 Parameter zu untersuchen ist. Weiter wurde gemäß dem Gutachten des Wasserwirtschaftsamtes verfügt, dass bereits bei Über-/Unterschreitung einer der vorgenannten Auslöseschwellenwerte das Landratsamt … umgehend zu informieren sei. In Satz 3 der Nebenbestimmung wurde der Unternehmer dazu verpflichtet, unverzüglich einen unabhängigen qualifizierten Sachverständigen mit der Ursachenforschung zu beauftragen und die Ergebnisse innerhalb von 30 Tagen dem Landratsamt vorzulegen. In Satz 4 behielt sich das Landratsamt vor, weitere zu ergreifende erforderliche Abhilfemaßnahmen bis zu einer möglichen Einstellung des Abbaubetriebes anzuordnen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Auflagen in Nr. 3 ihre Rechtsgrundlage in § 13 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) in Verbindung mit Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 des Bayerischen Verwaltungs- und Verfahrensgesetzes (BayVwVfG) finden.

Auf den weiteren Inhalt des Genehmigungsbescheides vom 3. Mai 2010 wird ergänzend Bezug genommen.

3. Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt,

die Nebenbestimmung Nr. 3.1.15 des Bescheides vom 3. Mai 2010 aufzuheben, soweit die Klägerin darin bei einer Über-/Unterschreitung der Auslöseschwellenwerte unverzüglich einen unabhängigen qualifizierten Sachverständigen mit der Ursachenforschung zu beauftragen habe und die Ergebnisse innerhalb von 30 Tagen dem Landratsamt vorzulegen habe (Satz 3) und soweit das Landratsamt befugt ist, bis zur Ursachenfindung Abhilfemaßnahmen anzuordnen (Satz 4), sowie die Beklagte weiter zu verpflichten, die angefochtene Nebenbestimmung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden.

Die Klage beschränke sich auf die Sätze 3 und 4 der Nebenbestimmung Nr. 3.1.15 des angefochtenen Bescheides. Die Klage sei begründet, da die Nebenbestimmung in ihrer jetzigen Form rechtswidrig sei und die Klägerin in ihren Rechten verletze. Insoweit habe die Klägerin einen Anspruch auf Neubescheidung. Der Beklagte habe es unterlassen, eine rechtmäßige Nebenbestimmung zu erlassen, da das Ermessen aus § 13 WHG fehlerhaft ausgeübt worden sei. Bei der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens müssten die allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätze der Erforderlichkeit, Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden. Darüber hinaus müssten die Bestimmungen auf die zugelassene Gewässerbenutzung bezogen sein und nach Maßgabe der Ziele, Grundsätze und Anforderungen des WHG sachgerecht sein. Diese Grenzen habe der Beklagte überschritten, da die Nebenbestimmung unverhältnismäßig sei. Die Ausübung des Ermessens dürfe nicht zu einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung führen. Zweck der Nebenbestimmung 3.1.15 sei, dass zum Schutze des Grundwassers für die Trinkwasserversorgung bei Abweichungen der Schwellenwerte eine Ursachenforschung durch unabhängige Sachverständige erfolgen müsse. Zwar sei diese Nebenbestimmung für diesen Zweck geeignet, sie sei jedoch nicht erforderlich. Ein gleich geeignetes, für die Klägerin jedoch milderes Mittel wäre eine Nebenbestimmung, in der die Ursachenforschung davon abhängig gemacht werde, dass es Anhaltspunkte für eine Verursachung durch den Unternehmer gebe, zumindest aber ausgeschlossen sei, dass andere Dritte die Beeinträchtigung verursacht hätten. In diesem Fall könnten und müssten diese Dritten herangezogen werden. Wenn es keine Anhaltspunkte für eine Verursachung durch die Klägerin gebe, müsse die Behörde selbst tätig werden oder potentielle Verursacher verpflichten. Durch die Nebenbestimmung 3.1.15 werde die Klägerin der Willkür der Behörden ausgesetzt, da sie bei jeder Über-/Unterschreitung eines einzigen Auslöseschwellenwertes - unabhängig von der Verursachung - einen Sachverständigen mit der Ursachenforschung beauftragen müsse. Insoweit wäre es auch möglich, dass bei der ersten Messung eine Überschreitung eines Wertes erfolge und die Klägerin einen Sachverständigen beauftragen müsste, obwohl sie noch gar nicht mit dem Kiesabbau begonnen habe.

Auf den weiteren umfangreichen Inhalt des Klagebegründungsschriftsatzes vom 3. November 2010 wird ergänzend Bezug genommen.

4. Das Landratsamt … beantragt für den Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Die Nebenbestimmungen im Bescheid vom 3. Mai 2010 seien im Hinblick auf das künftige Wasserschutzgebiet des Zweckverbandes zur Wasserversorgung der … Gruppe erlassen worden. Mit den festgelegten Vorsorgemaßnahmen solle grundsätzlich eine höhere Schutzwürdigkeit des künftigen Schutzgebietes und der damit verbundenen Sicherung des Rohwassers für die öffentliche Wasserversorgung gewährleistet werden. Die Nebenbestimmung Nr. 3.1.15 diene einzig und allein dem Ziel, bei drohender Gefahr unverzüglich und ohne zeitaufwändige Klärung der Verantwortlichkeit die eigentliche Ursache einer Rohwasserbelastung mit dem Instrument der Eigenüberwachung auf Seiten der Rohstoffindustrie zu klären, um gezielt schnellstmögliche Abhilfe zu schaffen. Bei unabsehbaren Streitigkeiten im Zuge des Verursachernachweises müsste der nachfolgende Arbeitsschritt der Ursachenforschung zeitlich unkalkulierbar aufgeschoben werden. Weiter würde die Beweislastumkehr die Handlungsfähigkeit der Recht- und Fachbehörde im Falle drohender Gefahren erheblich einschränken. Um gegenüber dem Wasserversorgungsbetreiber ein Mindestmaß an Betriebssicherheit garantieren zu können und wegen des sensiblen Umfeldes der Trinkwassergewinnung sei jedoch eine schnellstmögliche Gefahrenabwehr einer Rohwasserbelastung im Rahmen der Eigenverantwortung durch den Kiesabbauunternehmer angebracht. Die Nebenbestimmung spiegle die wasserrechtliche Eingriffsbefugnis wieder, nach der der Unternehmer, in dessen Bereich die Beeinträchtigung des Grundwassers festgestellt worden sei, als Handlungsstörer in Anspruch genommen werden könne. Tatsache sei, dass mit dem genehmigten Kiesabbau die Schutz- und Deckschichten für das Grundwasser aufgedeckt und hierdurch ein größeres Gefährdungspotential für das Grundwasser und somit für die öffentliche Trinkwasserversorgung geschaffen werde. Auf Grund des sensiblen Bereichs der öffentlichen Trinkwasserversorgung sei nicht die Ermittlung des tatsächlichen Verhaltensstörers vorrangig, sondern müsse die Gefahrenabwehr durch den Zustandsstörer erfolgen.

Auf den weiteren Inhalt des Klageerwiderungsschriftsatzes vom 10. Januar 2011 wird ergänzend Bezug genommen.

5. Mit übereinstimmenden Schriftsätzen vom 20. Januar 2011 und 27. Januar 2011 haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

6. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte über die Klage ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) übereinstimmend mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben.

1. Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Gegenstand des Verfahrens sind ausschließlich die Sätze 3 und 4 der in Ziffer 3.1.15 getroffenen Nebenbestimmung zu der der Klägerin mit Bescheid vom 3. Mai 2010 erteilten beschränkten Erlaubnis zum Kiesabbau (Trockenabbau) bzw. zur Wiederverfüllung im Rahmen von Rekultivierungsmaßnahmen. Ausdrücklich nicht angefochten wurden die übrigen Nebenbestimmungen des streitgegenständlichen Bescheides vom 3. Mai 2010, so u.a. auch die Sätze 1 und 2 der Nebenbestimmung Nr. 3.1.15. Nach dem insoweit eindeutigen Vortrag der Bevollmächtigten der Klägerin in deren Klageschriftsatz vom 7. Juni 2010 ist der streitgegenständliche Bescheid im Übrigen, d.h. soweit er der Klägerin ein Recht zum Kiesabbau bzw. zur Wiederverfüllung einräumt, bestandskräftig geworden.

Bei der mit der Klage angegriffenen Nebenbestimmung handelt es sich um eine grundsätzlich selbständig anfechtbare Auflage im Sinne von § 13 Abs. 1 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) i.V.m. Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 des Bayerischen Verwaltungs- und Verfahrensgesetzes (BayVwVfG). Die hier teilweise angefochtene Nebenbestimmung der Ziffer 3.1.15 berührt den Inhalt der erteilten beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis nicht und ist demnach nicht mit ihr so weit verflochten, dass sie rechtlich von ihr nicht gesondert getrennt werden könnte. Damit ist die Nebenbestimmung gesondert mit der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alternative 1 VwGO) anfechtbar (vgl. BayVGH vom 6.5.1976, BayVBl. 1977, 87; BayVGH vom 30.7.1973, BayVBl. 1973 S. 583 ff.; Drost, Das Wasserrecht in Bayern, Band 1, Stand: Juli 2009, § 4 WHG, RdNr. 21). Eine vorhabenbezogene Auflage, die die erteilte öffentlich-rechtliche Gestattung qualitativ verändern, also modifizieren würde, liegt gerade nicht vor.

2. Die Nebenbestimmung in Ziffer 3.1.15 des Bescheids vom 3. Mai 2010 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat daher keinen Anspruch auf Aufhebung der streitgegenständlichen Auflage. Weiter sind keine Ermessensfehler erkennbar mit der Folge, dass der Beklagte zur erneuten Bescheidung der Klägerin zu verpflichten wäre. Eine Rechtsverletzung der Klägerin in ihren Rechten ist ausgeschlossen (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2, 114 VwGO).

Durch die im Übrigen bestandskräftig gewordene beschränkte Erlaubnis wurde der Klägerin gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG, Art. 15 des Bayerischen Wassergesetzes (BayWG) vom 25. Februar 2010 (GVBl. S. 66, BayRS 753-1-UG) gestattet, auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … auf einer Fläche von ca. 4,3 ha Kies im Trockenabbauverfahren abzubauen und die Kiesausbeute im Rahmen der Rekultivierung wieder zu verfüllen. Die wasserrechtliche Gestattung wurde der Klägerin zutreffend auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmung in § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG erteilt. Nach dieser Bestimmung gelten als Benutzungen auch Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen. § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG ist dabei keine abstrakte Gefährdungsvorschrift. Es müssen vielmehr konkrete Maßnahmen mit der Eignung zur schädlichen Veränderung des Gewässers vorliegen. Eine Maßnahme ist bereits dann geeignet, schädliche Veränderungen hervorzurufen, wenn der Eintritt der negativen Folgen lediglich möglich ist. Wird durch eine Maßnahme auf Grundwasser eingewirkt, genügt angesichts dessen hoher Schutzbedürftigkeit bereits ein entfernter Grad an Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (vgl. Drost, a.a.O., § 3 WHG, RdNr. 33). Der Abbau oberhalb einer Grundwasser führenden Schicht, d.h. die Verringerung der Deckschicht über dem Grundwasser, stellt regelmäßig eine Maßnahme dar, die geeignet ist, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß schädliche Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Wassers herbeizuführen. Eine solche Maßnahme gilt gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG als Gewässerbenutzung, die einer Erlaubnis nach den §§ 8, 15 WHG bzw. Art. 15 BayWG bedarf. Da vorliegend unter den Beteiligten unstreitig ist, dass durch die vorgesehenen Abbaumaßnahmen die Grundwasserdeckschicht in nicht unerheblichem Maße tangiert wird, unterfällt die Maßnahme in ihrer rechtlichen Beurteilung dem Regime des Wasserhaushaltsgesetzes und des Bayerischen Wassergesetzes. Eine Gestattungspflicht nach dem Bayerischen Abgrabungsgesetz (BayAbgrG) vom 27. Dezember 1999 (GVBl. S. 532, 535, BayRS 2132-2-I) entfällt nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayAbgrG.

3. Die Fassung der Auflage in Ziffer 3.1.15 in den streitigen Passagen (Sätze 3 und 4) begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Ein Verstoß gegen die der Nebenbestimmung zugrundeliegenden Bestimmungen der § 13 Abs. 2 WHG, Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG ist nicht zu erkennen. Nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 c WHG kann die zuständige Behörde durch Inhalts- und Nebenbestimmungen insbesondere Maßnahmen anordnen, die der Feststellung der Gewässereigenschaften vor der Benutzung oder der Beobachtung der Gewässerbenutzung und ihrer Auswirkungen dienen. Nach § 13 Abs. 2 Buchstabe d ist es weiter möglich, Maßnahmen anzuordnen, die zum Ausgleich einer auf die Benutzung zurückzuführenden nachteiligen Veränderungen der Gewässereigenschaften erforderlich sind. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass die Grenzen der Zulässigkeit der Nebenbestimmungen sich aus den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen, nämlich dem Grundsatz der Erforderlichkeit, der Verhältnismäßigkeit, der Geeignetheit, der Sachgerechtigkeit und der ausreichenden Bestimmtheit ergeben. Weiter darf auch der Gleichheitssatz nicht verletzt werden (Willkürverbot). Vorliegend kann jedoch nicht davon gesprochen werden, dass die getroffene Nebenbestimmung die Klägerin unverhältnismäßig trifft. Die verlangten Maßnahmen führen bei der Klägerin nicht zu einem Nachteil, der außer Verhältnis zu dem beabsichtigten und erzielbaren Erfolg steht. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die von der Klägerin favorisierte Fassung der Nebenbestimmung in der Form, dass das Landratsamt die Klägerin erst dann dazu verpflichten kann, einen unabhängigen qualifizierten Sachverständigen mit der Ursachenforschung zu beauftragen, wenn sich Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung durch die Klägerin selbst ergeben (vgl. zu diesem Vorschlag Gerichtsakte Bl. 83), eine aus fachlicher Sicht gleichwertige Möglichkeit der Gefahrenabwehr darstellt, die die Klägerin geringfügiger beschwert. Die in den Sätzen 3 und 4 der Nebenbestimmung Ziffer 3.1.15 geforderten Maßnahmen führen bei der Klägerin nicht zu einem Nachteil, der außer Verhältnis zum beabsichtigten und erzielbaren Erfolg steht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Nebenbestimmung für die Klägerin wirtschaftlich unzumutbar wäre. Anders als bei alten Rechten (§ 20 WHG) und nachträglich verfügten Nebenbestimmungen (§ 13 Abs. 1 WHG) bestehen im Falle der erstmaligen Gestattung geringere rechtliche Grenzen (vgl. BayVGH vom 05.07.2005; Az.: 8 B 04.356; juris; BayVGH vom 7.10.2004, ZfW 2005, 185 ff.). Die Verhältnismäßigkeit und Ermessensfehlerfreiheit der in Ziffer 3.1.15 getroffenen Nebenbestimmung ergibt sich aus den nachfolgenden Überlegungen.

a.) Das Wasserhaushaltsgesetz unterstellt das oberirdische und unterirdische Wasser einer von dem Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung und ordnet es der Allgemeinheit zu (vgl. BVerfG vom 15.7.1981, NJW 1982, S. 745). § 1 a Abs. 4 WHG a.F. bestimmte demzufolge, dass nicht schon das Grundeigentum zu einer Gewässerbenutzung berechtigt, die nach dem Wasserhaushaltsgesetz oder dem Landeswassergesetz einer Erlaubnis oder Bewilligung bedarf. Wie sich aus den Bestimmungen über die Gewässerbenutzung in §§ 8, 9 und 12 WHG ergibt, ist jede Einwirkung auf Grundwasser von nicht völlig untergeordneter Bedeutung zunächst verboten und kann nur im Einzelfall erlaubt werden, wenn Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit bzw. schädliche Gewässerveränderungen im Sinne von § 3 Nr. 10 WHG nicht zu erwarten sind. Der Eigentümer hat nicht wie bei einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt einen Rechtsanspruch auf Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis, wenn die vom Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen gegeben sind. Vielmehr verhält es sich so, dass das Wasserhaushaltsgesetz wegen der großen Bedeutung des Wasserschatzes für die Allgemeinheit und wegen seiner Gefahrenanfälligkeit im Einzelfall nur Ausnahmen von dem Verbot der Einwirkung auf ein Gewässer durch Erteilen einer Erlaubnis oder Bewilligung zulässt (repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt, vgl. Drost, a.a.O., § 1 a WHG RdNr. 13). Ein Grundstück, in dem Kiesvorkommen im Grundwasserbereich lagern, hat nicht deswegen bereits die rechtlich gesicherte Qualität als Kiesabbaugrundstück. Vielmehr erhält es diese erst durch die notwendige wasserrechtliche Gestattung und deren Umfang. Allein das Vorhandensein abbauwürdiger Bodenbestandteile gibt dem Grundstückseigentümer in Bezug auf das Gewässer lediglich eine Chance. Insoweit geht auch der Hinweis der Bevollmächtigten der Klägerin fehl, indem sie auf eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs für das Bundes-Immissionsschutzrecht (BayVGH vom 19.02.2009; Az.: 22 BV 08.1164; juris) verweisen. Im Bereich des Bundes-Immissionsschutzgesetzes hat der Unternehmer gemäß § 6 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) als Ausfluss seines Eigentums einen rechtlich gebundenen Anspruch auf Genehmigung, soweit sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Demgegenüber gilt es im Bereich des Wasserrechtes die Vorschrift des § 12 WHG zu beachten. Nach § 12 Abs. 1 WHG sind die Erlaubnis und die Bewilligung zu versagen, wenn schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind (Nr. 1). § 12 Abs. 2 WHG bestimmt weiter, dass selbst in Fällen, in denen keine schädliche Gewässerveränderungen drohen, die Erlaubnis und die Bewilligung im pflichtgemäßem Ermessen (Bewirtschaftungsermessen) der zuständigen Behörde stehen. Dieser kommt demnach unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine Einschätzungsprärogative zu. Aus § 12 Abs. 2 WHG ergibt sich explizit, dass bei der Bewirtschaftung der Gewässer ein planerischer Gestaltungsfreiraum besteht. Dieses wasserwirtschaftliche Bewirtschaftungsermessen umfasst die Förderung aller wasserwirtschaftlich relevanten öffentlichen Belange und deren Bewahrung vor Beeinträchtigungen (vgl. bereits BVerwG vom 18.9.1987, DVBl. 1988, S. 489).

b.) Weiter gilt es bei der Beurteilung der Ausübung des Bewirtschaftungsermessens der Behörde die gesetzliche Bestimmung des § 1 WHG zu beachten. Danach ist Zweck des Wasserhaushaltsgesetzes, durch eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut zu schützen. § 1 WHG legt demnach die staatlichen Aufgaben fest, verpflichtet jeden Einzelnen zu einem sorgfältigen Umgang mit Gewässern und bestimmt, dass Gewässer nur integral mit dem Naturhaushalt und unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf andere Rechtsgüter bewirtschaftet werden dürfen. § 1 WHG gibt damit die Zielrichtung für den Vollzug des Wasserhaushaltsgesetzes vor und hat Bedeutung für die Auslegung der anderen Vorschriften des WHG und der landesrechtlichen wasserrechtlichen Vorschriften (vgl. zum Ganzen auch BVerwG vom 11.11.1970, Az.: IV C 102.67; juris). Dies gilt insbesondere für den im Vollzug des Wasserrechts eingeräumten Ermessensgebrauch (§ 12 Abs. 2 WHG). Dem folgend war bei der Wahl der Nebenbestimmungen des § 13 WHG und bei der Ausübung des Bewirtschaftungsermessens aus § 12 Abs. 2 WHG der besonders hohe Rang des zu schützenden Grundwassers zu beachten. Dieser wird vorliegend noch dadurch verstärkt, dass sich in unmittelbarer Nähe zum Abbaustandort das mit Veränderungssperre gesicherte Trinkwasserschutzgebiet W III A der … Gruppe befindet. Diese äußerst sensiblen wasserwirtschaftlichen Verhältnisse, auf die auch das Wasserwirtschaftsamt … mehrfach hingewiesen hat, bedingen ein besonderes Augenmerk bei der Fassung der Nebenbestimmungen im Sinne des § 13 Abs. 2 WHG. Die Koexistenz von Trinkwasserversorgung und Rohstoffausbeute legt einen besonderen Grundwasserschutz nahe. Die Klägerin ist an dieser Stelle darauf hin verweisen, dass nach der nicht in Zweifel zu ziehenden fachlichen Aussage des Wasserwirtschaftsamtes … wegen der Nähe zu den geschützten Trinkwasserversorgungsvorräten der … Gruppe auf den streitgegenständlichen Grundstücken fachlicherseits an sich keine Kiesausbeute stattfinden sollte. Die ausnahmsweise Zulassung weiterer Kiesausbeuten muss daher zwangsläufig einhergehen mit einer verschärften Grundwasserkontrolle. Wenn das Bewirtschaftungsermessen (bestandskräftig) in der Form ausgeübt wurde, dass der Klägerin eine beschränkte Erlaubnis zur Kiesausbeute zugestanden wurde, ist es andererseits aufgrund der Nähe zur öffentlichen Trinkwasserversorgung unumgänglich, weitergehende Auflagen zum Trinkwasserschutz zu verlangen.

c.) Schließlich weist das Gericht auch darauf hin, dass das in der Auflage Ziffer 3.1.15 zum Ausdruck gekommene Prinzip der Eigenverantwortung sowohl den Richtlinien für Anlagen zur Gewinnung von Kies, Sand, Steinen und Erden des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen (Az. 11/53-4511.3-001-90) in der Fassung vom 12. April 2002 als auch dem Eckpunktepapier des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen und des Bayerischen Industrieverbandes Steine und Erden e.V. zu Anforderungen an die Verfüllung von Gruben und Brüchen sowie Tagebauen in der Fassung vom 9. Dezember 2005 entspricht. Nach Ziffer 4.2.3.3 (Gewässerüberwachung) der Richtlinie, die nach Ziffer 4.2.2 auch bei Trockenabbauvorhaben sinngemäß anzuwenden ist, sind im Rahmen der Eigenüberwachung Messstellen zu errichten und Wasserstände sowie Beschaffenheit der oberirdischen Gewässer und des Grundwassers im künftigen Einflussbereich des Abbauvorhabens möglichst schon vor Beginn des Abbaus regelmäßig zu beobachten. Die Ergebnisse sind hierbei auszuwerten und mit einem Bericht den überwachenden Behörden vorzulegen. Die Eigenüberwachung ist dabei die ständige eigenverantwortliche Aufgabe des Unternehmers bzw. dessen Beauftragten oder des Betriebsbeauftragten für Gewässerschutz. Sie umfasst insbesondere die Kontrolle der Anlagen und die Einhaltung des Bescheids sowie bei einer Wiederverfüllung die ständige, nachweisliche Eingangskontrolle des angelieferten Materials. Auch das Eckpunktepapier stellt in seinem Abschnitt B-11 auf die Eigenüberwachung durch den Unternehmer ab. Ein wesentlicher Aspekt dieser Eigenüberwachung ist die Ausgestaltung der Grundwasserüberwachung. Danach hat der Unternehmer zur Beweissicherung und zur Grundwasserüberwachung in der Regel Grundwassermessstände im Umfeld des Verfüllungsstandorts einzurichten. Diese Grundwasserstellen sind regelmäßig fachkundig zu beproben und die Wasserproben von Untersuchungsstellen in den im Genehmigungsbescheid festgelegten Umfang untersuchen zu lassen.

d.) Die Wahl der Nebenbestimmung in Ziffer 3.1.15 entspricht darüber hinaus den Grundsätzen effektiver Gefahrenabwehr. Demnach begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, die Klägerin als Zustandsverantwortliche zu Gefahrenabwehrmaßnahmen heranzuziehen. Im Hinblick auf das sensible Rechtsgut Grundwasser und die naheliegende Trinkwasserversorgung der … Gruppe ist es insbesondere in Fällen ungeklärter Verantwortlichkeit nicht zumutbar, die Ursachenermittlung der öffentlichen Hand aufzuerlegen. Ausgehend von der vordringlichen Aufgabe der Gefahrenabwehr für das Schutzgut Trinkwasser ist es geboten, insoweit den Unternehmer als Zustandsverantwortlichen heranzuziehen. Zu Recht hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass Streitigkeiten im Zuge der Verursacherermittlung nicht der Allgemeinheit aufgebürdet werden können. Dies würde die Handlungsfähigkeit der zuständigen Behörde im Falle drohender Gefahren erheblich einschränken. Ziel der Auflage ist nach Aussage des Beklagten, bei drohender Gefahr unverzüglich und ohne zeitaufwändige Klärung der Verantwortlichkeit die eigentliche Ursache einer Grundwasserbelastung mit dem Instrument der Eigenüberwachung abzuklären, um so gezielt schnellstmöglich Abhilfe zu schaffen. Ein Vorgehen, wie von der Klägerin vorgeschlagen, würde dem gegenüber das Risiko der Unaufklärbarkeit der Allgemeinheit auferlegen. Könnte die Klägerin nur in Fällen ihrer voraussichtlichen Verantwortlichkeit für eine Grundwasserbeeinträchtigung zu weitergehenden Untersuchungen herangezogen werden, würde das Risiko eines Grundwasserschadens zunächst grundsätzlich bei der Allgemeinheit liegen. Dies wäre mit der nur ausnahmsweisen Gestattung eines Kiesabbaus in unmittelbarer Nähe zu einem gesicherten Trinkwasserschutzgebiet nicht vereinbar. Auch würde es die grundsätzlich gegebene Verantwortlichkeit des Zustandsstörers (vgl. Art. 9 Abs. 2 des Landesstraf- und Verordnungsgesetz - LStVG) außer Betracht lassen. Zutreffend hat der Beklagte darüber hinaus auch darauf hingewiesen, dass in gesicherten Fällen einer Drittverantwortlichkeit der Auflagenvollzug insoweit ausgesetzt werden kann und gegen den Dritten eine Anordnung auf der Grundlage des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG, Art. 58 Abs. 1 BayWG erlassen werden könnte. § 100 Abs. 2 WHG verpflichtet die zuständige Behörde ebenfalls dazu, wasserrechtliche Zulassungen regelmäßig sowie aus besonderem Anlass zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen. An der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit der Auflage in Ziffer 3.1.15 ändert dies jedoch nichts. Ausgehend vom Prinzip der Eigenverantwortlichkeit und Eigenüberwachung im Bereich der Verfüllung von Gruben, Brüchen und Tagebauen sind keine zur Rechtswidrigkeit führenden Ermessensfehler erkennbar.

Dem folgend war die Klage daher abzuweisen.

4. Als unterliegender Teil hat die Klägerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes - GKG).