VG Würzburg, Beschluss vom 17.02.2011 - W 7 E 11.88
Fundstelle
openJur 2012, 113735
  • Rkr:
Tenor

I. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller gemäß Art. 4 des Bayerischen Pressegesetzes Auskunft darüber zu erteilen,

1. welche durch die … Firma … zu erbringenden Leistungen der Auftrag zur Gestaltung des neuen Internetauftritts der Antragsgegnerin umfasst hat,

2. nach welchem Verwaltungsverfahren dieser Auftrag vergeben wurde,

3. an welchem Tag dieser Auftrag vergeben wurde,

4. wie viele andere Bieter es gab,

5. welches die ausschlaggebenden Kriterien für die Vergabe des Auftrags an die … Firma … waren,

6. binnen welchen Zeitraums die Firma … den Internetauftritt fertig stellen sollte,

7. an welchem Tag die Abnahme des erstellten Internetauftritts stattfand,

8. was die Gründe für die Verzögerung des Starts des neuen Internetauftritts waren oder - bei einer Verweigerung der Auskunft - dem Antragsteller mitzuteilen, welche Gründe einer Auskunftserteilung entgegenstehen,

9. ob in der Stadtverwaltung ein Projektbeauftragter für den Internetauftritt der Antragsgegnerin bestellt war und falls ja, um wen (Name/dienstliche Position) es sich hierbei handelte,

10. inwieweit es zutrifft, dass ursprünglich das für die Antragsgegnerin kostenlose staatliche Behördennetzwerk Bayern der Provider der Homepage sein sollte und zur Onlinestellung ein anderer Provider beauftragt werden musste und falls ja, was der Grund hierfür war und um welchen Provider es sich handelte. Weiter falls ja, ob beabsichtigt ist, wieder zum Behördennetzwerk Bayern zu wechseln.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller 1/3 und die Antragsgegnerin 2/3.

III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, Redakteur der … Tageszeitung …, macht gegenüber der Antragsgegnerin einen presserechtlichen Auskunftsanspruch geltend.

Am 13. Oktober 2010 wurde auf dem Internetauftritt der Zeitung … unter der Überschrift „Internet bleibt Geheimsache - … stoppt Information“ über Verzögerungen im Zusammenhang mit dem neuen Internetauftritt der Stadt … berichtet. Dort wurde auch berichtet, dass der Stadtrat mit 19 Stimmen in der Sitzung beschlossen habe, das Thema des Internetauftritts öffentlich zu behandeln. Der 1. Bürgermeister habe den Beschluss jedoch für rechtswidrig erklärt und das Thema von der Tagesordnung abgesetzt. In der Folge wurde von der Zeitung … bei der Antragsgegnerin mehrfach zu den Gründen für die Verzögerung des Internetauftritts nachgefragt, u.a. wurde dieser ein 12 Fragen umfassender Katalog übergeben. Die Antragsgegnerin hat die Auskunft verweigert, da es sich um nicht öffentliche Inhalte handele.

Mit Schriftsatz vom 4. Februar 2011, bei Gericht eingegangen am gleichen Tage, lässt der Antragsteller beantragen:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft darüber zu erteilen,

- welche durch die … Firma … zu erbringende Leistungen der Auftrag zur Gestaltung des neuen Internetauftritts der Antragsgegnerin umfasst hat,

- nach welchem Verwaltungsverfahren dieser Auftrag vergeben wurde,

- an welchem Tag dieser Auftrag vergeben wurde,

- wie viele andere Bieter es gab,

- welches die ausschlaggebenden Kriterien für die Vergabe des Auftrags an die … Firma … waren,

- binnen welches Zeitraums die Firma … den Internetauftritt fertig stellen sollte,

- an welchem Tag die Abnahme des erstellten Internetauftritts stattfand,

- ob das durch die Auftragsvergabe vorgegebene Leistungsverzeichnis am Tag der Abnahme vollständig erfüllt war;

- falls nein, welche Teile des Leistungsverzeichnisses am Tag der Abnahme noch nicht erstellt waren;

- falls nein, ob Nachbesserungen nötig waren;

- falls nein, wann diese Nachbesserungen erledigt wurden;

- was die Gründe für die Verzögerung des Starts des neuen Internetauftritts waren;

- inwieweit es zutrifft, dass Teile des Internetauftritts verzögert fertig gestellt wurden;

- falls ja, welcher Vertragspartner hierfür verantwortlich war;

- falls ja, ob diese Verzögerung ungeplanten und zusätzlichen Arbeitsaufwand in der Stadtverwaltung und Mehrkosten in welcher Höhe verursachte;

- ob in der Stadtverwaltung ein Projektbeauftragter für den Internetauftritt der Antragsgegnerin bestellt war;

- falls ja, um wen (Name/dienstliche Position) es sich hierbei handelte;

- inwieweit es zutrifft, dass ursprünglich das für die Antragsgegnerin kostenlose staatliche Behördennetzwerk Bayern der Provider der Homepage sein sollte und zur Onlinestellung ein anderer Provider beauftragt werden musste;

- falls ja, was der Grund dafür war, um welchen Provider es sich handelt und welche Kosten dafür anfallen;

- falls ja, ob beabsichtigt ist, wieder zum Behördennetzwerk Bayern zu wechseln und welche Kosten anfallen würden.

Ein Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass die begehrte Auskunft für eine zeitnahe sachlich fundierte und kritische journalistische Darstellung und Kommentierung der Auftragsvergabe- und Ausgabenpolitik der Antragsgegnerin unerlässlich sei. Die Öffentlichkeit habe ein Interesse, zu erfahren, welche Auftragsvergabe- und Ausgabenpolitik seitens der Antragsgegnerin betrieben werde und ob das Verwaltungsverfahren dieser Auftragsvergabe ordnungsgemäß abgehalten worden sei. Es bestehe ein aktuelles öffentliches Interesse an der Diskussion zu diesem Thema. Der Antragsteller habe einen Auskunftsanspruch nach Art. 4 Bayerisches Pressegesetz (BayPrG). Der Antragsteller habe gegenüber der Antragsgegnerin durch E-Mails vom 4. November, 25. November 2010 und 10. Dezember 2010, dem Schreiben seiner Chefredaktion vom 14. Januar 2011 sowie dem Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 26. Januar 2011 ein auf einen bestimmten Sachverhalt bezogenes, hinreichend konkretes Auskunftsverlangen angebracht. Die Antragsgegnerin könne den Auskunftsgegenstand nicht im Hinblick auf die Zulässigkeit späterer Veröffentlichungen durch den Antragsteller eigenmächtig einschränken. Ein Auskunftsverweigerungsrecht der Antragsgegnerin bestehe nicht, da die Voraussetzungen der Ausnahmetatbestände des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG nicht vorlägen. Beamtenrechtliche oder sonstige gesetzliche Vorschriften, die eine Verschwiegenheitspflicht begründen könnten, lägen nicht vor. Reine Verfahrensvorschriften wie der von der Antragsgegnerin offensichtlich bemühte Art. 52 Abs. 2 der bayerischen Gemeindeordnung (BayGO) seien keine Geheimhaltungsvorschrift i.S.d. Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG. Die Antragsgegnerin dürfe die Auskunft auch nicht verweigern, weil durch diese ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse verletzt würde. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an einer Auskunftsverweigerung könne etwa vorliegen bei Vorgängen mit außenpolitischem Charakter oder bei Vorgängen, die sich erst in der Vorbereitungs- oder Planungsphase dessen befänden, was später Gegenstand eines Informationsanspruchs sein könne. Derartige Interessen seien weder erkennbar noch ansatzweise dargetan. Auch ein überwiegendes privates Interesse der Firma … werde nicht dargetan. Der presserechtlich zur Auskunft Verpflichtete könne sich auch nicht durch einen Hinweis auf seine angeblichen vertraglichen Verschwiegenheitspflichten gegenüber einem Dritten seiner Auskunftspflicht entziehen. Da sich der Auskunftsanspruch des Antragstellers unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergebe, hätten etwaige zwischen der Antragsgegnerin und ihrer Geschäftspartnerin vereinbarte Stillschweigeklauseln bereits aufgrund der Normenhierarchie keinerlei Einfluss auf den Auskunftsanspruch des Antragstellers. Vor allem überall dort, wo zur Wahrnehmung staatlicher Aufgaben öffentliche Mittel eingesetzt würden, von deren konkreter Verwendung Kenntnis zu erlangen ein öffentliches Interesse bestehe, sei ein Informationsbedürfnis der Presse und der Bevölkerung regelmäßig begründet. Nach verständiger Würdigung der widerstreitenden Interessen überwiege hier das Informationsbedürfnis der Presse und der Bevölkerung. Für eine Verschwiegenheitspflicht käme hier allein ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Firma … in Betracht. Ein solcher Eingriff setze jedoch eine hier weder erkennbare noch behauptete Erheblichkeit auf Seiten des drittbetroffenen Privaten voraus.

Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2011, bei Gericht eingegangen am gleichen Tage, beantragte die Antragsgegnerin,

den Antrag abzulehnen.

Der Antrag sei bereits wegen fehlender Dringlichkeit zurückzuweisen. Aus den Ausführungen des Antragstellers ergebe sich die vom Antragsteller behauptete Dringlichkeit nicht. Der Sachverhalt besitze keine besondere Aktualität. Es spiele keine Rolle, ob die Öffentlichkeit kurzfristig oder erst in einigen Monaten Informationen zu den vom Antragsteller gestellten Fragen erhalte. Die Antragsgegnerin müsse gemäß Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG die Auskunft zu den vom Antragsteller gestellten Fragen verweigern, da sie aufgrund beamtenrechtlicher und sonstiger gesetzlicher Vorschriften zur Verschwiegenheit verpflichtet sei. Im Hinblick auf die noch nicht abgeschlossene örtliche Rechnungsprüfung des Vorgangs „Internetauftritt“, der gemäß den zutreffenden Ausführungen der Rechtsaufsichtsbehörde des Landratsamts … insgesamt in nicht öffentlicher Sitzung zu behandeln sei, bestehe bis zum Abschluss der örtlichen Rechnungsprüfung und der endgültigen Behandlung im Stadtrat eine Verschwiegenheitspflicht zu den vom Antragsteller gestellten Fragen. Auch nach Abschluss der staatlichen Rechnungsprüfung und der Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat bestehe kein Auskunftsanspruch des Antragstellers zu Namen und Position der Mitarbeiter der Antragsgegnerin, die mit der Durchführung des Internetauftritts beauftragt worden seien, da hierdurch deren Persönlichkeitsrecht verletzt werden würde.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist überwiegend begründet. Ein Anordnungsgrund liegt vor und der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch in dem im Tenor bezeichneten Umfang glaubhaft gemacht.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei muss der Antragsteller eine Gefährdung eines eigenen Individualinteresses (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines Rechtes oder rechtlich geschützten Interesses (Anordnungsanspruch) geltend und die zur Begründung erforderlichen Tatsachen glaubhaft machen (§ 123 Abs. 2 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO).

1.

Ein Anordnungsgrund ist vorliegend gegeben. Dieser folgt aus dem von der Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG umfassten Interesse der Presse an einer tagesaktuellen Berichterstattung. Die Zeitung … hatte mit Bericht auf ihrer Homepage vom 13. Oktober 2010 über Vorgänge im Zusammenhang mit dem Internetauftritt der Antragsgegnerin berichtet. Dass in der Folge keine weiteren Berichte erfolgt sind, kann nicht zu Lasten des Antragstellers berücksichtigt werden, da dies allein darin begründet ist, dass die Antragsgegnerin die vom Antragsteller mehrfach erbetenen Auskünfte nicht erteilt hat. Im Übrigen ist es nicht Aufgabe des Gerichts, darüber zu befinden, ob ein tagesaktuelles Interesse an einer bestimmten Diskussion besteht. Der diesbezügliche Einschätzungsspielraum liegt aufgrund der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Pressefreiheit beim Antragsteller. Ob - wie die Antragsgegnerin vortragen lässt - es keine Rolle spielt, ob die Öffentlichkeit kurzfristig oder erst in einigen Monaten Informationen zu dem Internetauftritt der Antragsgegnerin erhält, hat das Gericht daher nicht zu entscheiden.

2.

Ein Anordnungsanspruch ergibt sich im tenorierten Umfang aus Art. 4 BayPrG. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG hat die Presse gegenüber Behörden ein Recht auf Auskunft. Dieser Anspruch besteht auch gegenüber Gemeinden. Das Auskunftsrecht kann nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayPrG nur durch Redakteure oder andere von ihnen genügend ausgewiesene Mitarbeiter von Zeitungen oder Zeitschriften ausgeübt werden. Dies ist beim Antragsteller unstreitig der Fall. Die Auskunft darf nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht. Die Formulierung ist als Einräumung eines Ermessensspielsraums zu verstehen. Über die genannten Verschwiegenheitspflichten hinaus ist ein Auskunftsverweigerungsrecht im Bayerischen Pressegesetz nicht vorgesehen. Unter die Regelung fallen sowohl Geheimhaltungsvorschriften als auch Regelungen, die private Geheimnisse stützen. Schutzwürdig ist insbesondere das Persönlichkeitsrecht. Hinsichtlich der im Einzelnen vom Antragsteller begehrten Auskünfte gilt dabei Folgendes:

Ein Auskunftsverweigerungsrecht der Antragsgegnerin ergibt sich bezüglich aller begehrten Auskünfte nicht aus Art. 52 Abs. 2 BayGO, der die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen regelt. Die Vorschriften der Gemeindeordnung, die nicht öffentliche Sitzungen vorsehen, sind nicht als Vorschriften anzusehen, die eine Verschwiegenheitspflicht nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG begründen können (BayVGH, B.v. 13.08.2004 Az.: 7 CE 04.1601). Bei Art. 52 Abs. 2 BayGO handelt es sich lediglich um eine Verfahrensvorschrift. Die Entscheidung des Gemeinderats, eine Angelegenheit in nicht öffentlicher Sitzung zu behandeln oder die in nicht öffentlicher Sitzung gefassten Beschlüsse der Öffentlichkeit nicht bekannt zu geben, ist nicht dafür maßgeblich, ob ein presserechtlicher Auskunftsanspruch besteht.

Soweit der Antragsteller eine Auskunft darüber begehrt, welche durch die Firma … zu erbringenden Leistungen der Auftrag zur Gestaltung des neuen Internetauftritts der Antragsgegnerin umfasst hat, nach welchem Verwaltungsverfahren dieser Auftrag vergeben wurde, an welchem Tag dieser Auftrag vergeben wurde, wie viele andere Bieter es gab, welches die ausschlaggebenden Kriterien für die Vergabe des Auftrags an die Firma … waren, binnen welchen Zeitraums die Firma … den Internetauftritt fertig stellen sollte und an welchem Tag die Abnahme des erstellten Internetauftritts stattfand, ergibt sich ein Auskunftsrecht des Antragstellers aus Art. 4 Abs. 1 BayPrG. Tatsachen, die ein Auskunftsverweigerungsrecht nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG begründen könnten, sind insoweit weder dargelegt noch ersichtlich. Durch die genannten Informationen kann weder ein öffentliches noch ein privates Interesse beeinträchtigt werden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, wie der aktuelle Rechnungsprüfungsvorgang durch Erteilung dieser Auskünfte negativ beeinflusst werden könnte.

Sofern der Antragsteller Auskunft darüber beantragt, ob das durch die Auftragsvergabe vorgegebene Leistungsverzeichnis am Tag der Abnahme vollständig erfüllt worden sei bzw. falls nein, welche Teile des Leistungsverzeichnisses am Tag der Abnahme noch nicht erstellt gewesen seien bzw. falls nein, ob Nachbesserungen nötig gewesen seien bzw. falls nein, wann diese Nachbesserungen erledigt worden seien, besteht kein Auskunftsanspruch. Insofern gehen die schutzwürdigen Interessen am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Firma … in Bezug auf die Geheimhaltung von Vertragsdurchführungsdetails dem Interesse des Antragstellers auf Auskunftserteilung vor. Im Vergleich zu öffentlichen genießen private Interessen gegenüber dem Auskunftsanspruch stärkeren Schutz. Bezüglich privater Interessen kommt es nicht darauf an, ob sie überwiegend, sondern nur darauf, ob sie schutzfähig sind. Ist das der Fall, gelten die privaten Interessen als vorrangig, so dass der Auskunftsanspruch entfällt. Insoweit bedarf es dann keiner Interessenabwägung mehr. Die Anerkennung eines privaten Interesses als schutzwürdig setzt allerdings ihrerseits eine Interessenabwägung voraus (BVerwGE 70, 310/315). Durch eine Erteilung der begehrten Auskünfte wäre es möglich, dass die Firma … öffentlich in einem schlechten Licht hinsichtlich ihrer Auftragsdurchführung dargestellt wird. Dies könnte die Neugewinnung von Kunden erheblich beeinträchtigen, da der geschäftliche Ruf der Firma insofern nachhaltig geschädigt werden könnte, was wiederum einen schweren Eingriff in deren Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen würde. Dies zu vermeiden ist ein schutzwürdiges privates Interesse. Demgegenüber erscheinen die genannten Fragen nicht von derart großem öffentlichen Interesse, als dass insofern ein Überwiegen des Interesses des Antragstellers an einer Auskunftserteilung angenommen werden könnte, da diese insbesondere auch keine haushaltsrechtlich relevanten Fragestellungen betreffen. Aus demselben Grund besteht auch kein Recht des Antragstellers auf Auskunft zu der Frage, inwieweit es zutrifft, dass Teile des Internetauftritts verzögert fertig gestellt worden seien und falls ja, welcher Vertragspartner hierfür verantwortlich war.

Sofern Auskunft darüber begehrt wird, was die Gründe für die Verzögerung des Starts des neuen Internetauftritts waren, war die Auskunftserteilung im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu beschränken. Ohne Kenntnis der Gründe für die Verzögerung des Starts des neuen Internetsauftritts kann das Gericht nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilen, ob dem Antragsteller ein Auskunftsanspruch nach Art. 4 BayPrG zusteht. Um dem Antragsteller angemessenen Rechtsschutz zu gewähren, ist die Antragsgegnerin daher insofern zu verpflichten, dem Antragsteller bei einer Verweigerung der Auskunft die Gründe mitzuteilen, die einer Auskunftserteilung entgegenstehen. Dadurch wird dem Antragsteller ermöglicht, in einem zweiten gerichtlichen Verfahren die Tragfähigkeit dieser Gründe überprüfen zu lassen (vgl. BayVGH, B.v. 13.08.2004 Az.: 7 CE 04.1601).

Sofern der Antragsteller Auskunft darüber begehrt, ob etwaige Verzögerungen des Internetauftritts ungeplanten und zusätzlichen Arbeitsaufwand in der Stadtverwaltung und Mehrkosten in welcher Höhe verursacht haben, besteht zumindest zum momentanen Zeitpunkt kein Auskunftsanspruch. Die Rechnungsprüfung für das Jahr 2010 ist nach Angaben der Antragsgegnerin noch nicht abgeschlossen und die diesbezüglichen Tatsachen bedürfen noch der Erörterung im Stadtrat. Diese Erörterungen könnten durch vorherige Berichterstattung in der Presse ungünstig beeinflusst werden, so dass insofern ein überwiegendes öffentliches Interesse der Antragsgegnerin vorliegt, das zum momentanen Zeitpunkt ein Auskunftsverweigerungsrecht begründet. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass das Auskunftsrecht insofern nicht auf Dauer, sondern nur bis zur abschließenden Sachbehandlung durch die Antragsgegnerin entfallen dürfte.

Soweit der Antragsteller Auskunft darüber beantragt, ob in der Stadtverwaltung ein Projektbeauftragter für den Internetauftritt der Antragsgegnerin bestellt war und falls ja, um wen (Name/dienstliche Position) es sich hierbei handelt, besteht ein Auskunftsanspruch. Durch die diesbezügliche Auskunftserteilung kann ein Persönlichkeitsrecht der entsprechenden Mitarbeiter nicht verletzt werden. Weder dargelegt noch ersichtlich ist, inwiefern es das Persönlichkeitsrecht der entsprechenden Mitarbeiter beeinträchtigen sollte, wenn deren Befassung mit dem Projekt Internetauftritt bekannt würde. Dies besonders vor dem Hintergrund, dass sich aus den zu erteilenden Auskünften nicht ergeben kann, wer etwaige Verzögerungen des Starts des Internetauftritts zu vertreten hätte.

Ferner besteht auch ein Auskunftsanspruch des Antragstellers, sofern dieser Auskunft darüber beantragt, inwieweit es zutrifft, dass ursprünglich das für die Antragsgegnerin kostenlose staatliche Behördennetzwerk Bayern der Provider der Homepage hätte sein sollen und zur Onlineerstellung ein anderer Provider hätte beauftragt werden müssen sowie falls ja, was der Grund dafür gewesen sei und um welchen Provider es sich handele sowie falls ja, ob beabsichtigt sei, wieder zum Behördennetzwerk Bayern zu wechseln. Der diesbezügliche Auskunftsanspruch war jedoch dahingehend zu beschränken, dass aufgrund der laufenden Rechnungsprüfung wiederum keine Auskünfte darüber erteilt werden müssen, welche Kosten für den Provider angefallen sind bzw. bei einem Wechsel zum Behördennetzwerk anfallen würden. Dem presserechtlichen Informationsanspruch ist insofern auch genügt, wenn die betreffenden Auskünfte nach Abschluss der aktuellen Rechnungsprüfung und endgültiger Behandlung im Stadtrat erteilt werden. Zu diesem zukünftigen Zeitpunkt dürfte dann allerdings unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Verwendung öffentlicher Mittel ein Auskunftsanspruch bestehen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG, wobei die Kammer den Auffangstreitwert zugrunde gelegt und im Hinblick auf die begehrte tatsächliche Vorwegnahme der Hauptsache keine Halbierung des Betrags vorgenommen hat.