Bayerischer VGH, Beschluss vom 17.01.2011 - 14 ZB 10.1569
Fundstelle
openJur 2012, 112963
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 30.174,81 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind entweder schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise geltend gemacht oder liegen nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn bereits ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG vom 23.6.2000 NVwZ 2000, 1163/1164; BVerfG vom 3.3.2004 BVerfGE 110, 77/83; BVerfG vom 10.9.2009 NJW 2009, 3642). Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist (Posser/Wolff, Beck’scher Online Kommentar zur VwGO, RdNr. 73 zu § 124a m.w.N.). Die Richtigkeitszweifel müssen sich allerdings auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (BVerwG vom 10.3.2004 DVBl. 2004, 838/839). Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substanziell mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen (Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, RdNr. 63 zu § 124 a). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (vgl. Happ in Eyermann a.a.O., RdNr. 64 zu § 124 a m. w. N.). Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe hinreichend dargelegt werden (Posser/Wolff a.a.O., RdNr. 62 zu § 124a m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, mit welcher der Kläger einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen für das Studium an der Technischen Universität … in Höhe von 30.174,81 Euro geltend macht, zu recht abgewiesen. Zur Begründung nimmt der Verwaltungsgerichtshof zunächst auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf die Ausführungen der Klägerseite im Zulassungsverfahren weist der Senat jedoch auf folgendes hin:

a. Wesen und Eigenart des Beamtenrechts (Art. 33 Abs. 5 GG) entspricht es, dass der Gesetzgeber für die Regelung des Beamtenverhältnisses sowie für die Verteilung der Rechte und Pflichten allein zuständig und verantwortlich ist; der einzelne Beamte hat keine eigenen rechtlichen Möglichkeiten, auf die nähere Ausgestaltung seines Rechtsverhältnisses einzuwirken (BVerwG vom 26.11.1992 BVerwGE 91, 200). Das gilt ebenso zu Lasten wie zugunsten des Beamten. Somit ist die gesetzliche Regelung der Beamtenpflichten zwar gegebenenfalls einer Konkretisierung durch Verwaltungsakt oder innerdienstlicher Weisung des Dienstherrn zugänglich, aber in dem Sinne zwingend und abschließend, dass weder durch Vereinbarung noch durch einseitige Erklärung des Dienstherrn oder des Beamten die gesetzlichen Pflichten abbedungen, in ihrem Inhalt verändert oder gesetzlich nicht vorgesehene Pflichten begründet werden können (vgl. BVerwG vom 23.3.1977 BVerwGE 52, 183/189 zur Erstattung von Ausbildungskosten; BVerwG vom 7.3.1991 Buchholz 237.0 § 92 Nr. 2 = DVBl. 1991, 646 zur Wahl des Wohnsitzes). Das Beamtenverhältnis ist daher einer Gestaltung durch Vereinbarung nur insoweit zugänglich, als dafür eine gesetzliche Grundlage besteht. Das gilt nicht zuletzt für die Regelung der finanziellen Pflichten und Rechte, deren sich der Gesetzgeber selbst besonders eingehend und grundsätzlich abschließend angenommen hat. Die ausdrücklichen gesetzlichen Verbote des Verzichts auf die gesetzlich zustehende Besoldung und Versorgung einerseits und ihrer Erhöhung durch Zusicherungen, Vereinbarungen und Vergleiche andererseits (§ 2 Abs. 2, 3 BBesG, § 3 Abs. 2, 3 BeamtVG) sind besonders hervorgehobene Ausprägungen dieses Grundsatzes (BVerwG vom 26.11.1992 a.a.O.).

Vor diesem Hintergrund teilt der Senat die – vom Kläger nicht substantiiert i.S.v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in Frage gestellte – Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass neben den abschließenden Regelungen des Bundesbeamtenrechts, zu denen auch das Reisekosten- oder das Trennungsgeldrecht gehören, kein Raum ist für irgendwelche ergänzende, zudem privatrechtliche Ansprüche, wie etwa solche aus einem privatrechtlichen Auftragsverhältnis (§§ 662 ff. BGB). Ungeachtet dessen hält der Senat einen Auftrag des Inhalts, der Kläger solle sich weiterbilden, damit er zum Freistaat Bayern wechseln könne und damit aus dem Dienst der D… AG ausscheide, weil diese ihn nicht amtsangemessen beschäftigen könne (so der Vortrag des Antragsstellers), für abwegig. Das Studium diente dem Kläger, um diesem neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, und nicht der D… AG. Das gilt umso mehr, als dem Kläger unter Nr. 3 des Ausbildungsförderungsvertrages ausdrücklich eine Rückkehrgarantie zur D… AG gegeben wurde. Es liegt also in erster Linie an dem Kläger, ob er die ihm gebotene Chance zur beruflichen Neuorientierung nutzt und aus dem Dienst der D… AG ausscheidet oder eben nicht.

Dem entsprechend kann offen bleiben, ob der Ausbildungsförderungsvertrag wirksam und wie er gegebenenfalls rechtlich einzuordnen ist (da die Gewährung von Sonderurlaub, um den es sich vorliegend bei der Entbindung des Klägers von der Pflicht zur Dienstbereitschaft handeln könnte, regelmäßig durch einen begünstigenden und zugleich belastenden Verwaltungsakt erfolgt [BVerwG vom 26.6.1986 DÖD 1986, 245 = DÖV 1987, 292 = RiA 1986, 278; Battis, BBG, 3. Aufl. 2004, RdNr. 8 zu § 89] erscheint es denkbar, dass es sich hierbei um einen Verwaltungsakt ersetzenden öffentlich-rechtlichen Vertrag gemäß § 4 Abs. 3a PostPersRG i.V.m. §§ 54 ff. VwVfG handelt), denn den begehrten Aufwendungsersatz kann der Kläger nur erhalten, wenn er sich hierfür auf eine im Bundesbeamtenrecht wurzelnde Anspruchsgrundlage, deren Voraussetzungen gegeben sind, berufen kann. Dass das nicht der Fall ist, hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt; Einwände hat der Kläger hiergegen nicht erhoben.

b. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts folgen auch nicht daraus, dass dieses angeblich der „rechtswidrigen Versetzung des Klägers zu …“ keine Bedeutung beigemessen hat. Die Versetzung zu „…“ ist vorliegend schon deshalb irrelevant, weil der Kläger hiergegen nicht mit Rechtsbehelfen vorgegangen ist.

2. Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) wurde nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw. ist nicht gegeben.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Entscheidung der konkret entscheidungserheblichen Rechts- oder Tatsachenfragen mehr als durchschnittliche, also mehr als „normale“ Schwierigkeiten bereitet. Der konkret zu entscheidende Fall muss in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von normalen verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten deutlich abgehoben sein. Für das Vorliegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten genügt es dabei, wenn die Rechtssache überdurchschnittliche Schwierigkeiten aufweist (vgl. Posser/Wolff, a.a.O., RdNr. 46 zu § 124; siehe auch BayVGH vom 18.5.2010 Az. 14 ZB 09.1822).

Entsprechend obiger Ausführungen unter Ziffer 1 sind vorliegend keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten gegeben. Da der Sachverhalt geklärt ist, liegen auch keine besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten vor. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Ausbildungsförderungsvertrag nicht datiert ist, denn aus den vorliegenden Behördenakten ergibt sich jedenfalls, dass dieser ab dem Sommersemester 2005 Geltung beanspruchen sollte. Damit ist der zeitliche Rahmen hinreichend fixiert.

3. Soweit der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht wird, fehlt es an der den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung.

Zur Darlegung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist es erforderlich, dass der Rechtsmittelführer neben der Formulierung einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage sowie Ausführungen zu ihrer Entscheidungserheblichkeit für den Rechtsstreit und ihrer Bedeutsamkeit über den Einzelfall hinaus auch ihre Klärungsbedürftigkeit darlegt. Diesen Anforderungen ist der Kläger nicht nachgekommen. So formuliert er schon keine abstrakte Rechtsfrage, die grundsätzlich klärungsbedürftig erscheint. Auch legt er nicht ausreichend dar, warum der vorliegenden Fallkonstellation Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommen soll. Allein der Umstand, dass beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof drei weitere Verfahren mit dem gleichen Streitgegenstand anhängig sind, verleiht der Sache noch keine grundsätzliche Bedeutung. Das gilt umso mehr, als die Verwaltungsgerichte in Bayern bisher einheitlich Klagen auf Aufwendungsersatz (wie die Vorliegende) abgewiesen haben und folglich auch keine divergierende Rechtsprechung gegeben ist.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

5. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).