LAG München, Urteil vom 20.12.2010 - 8 Sa 297/10
Fundstelle
openJur 2012, 112725
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 20.01.2010 - 36 Ca 17298/08 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz und um die Verpflichtung der Beklagten, einem Aufhebungsvertrag zuzustimmen.

Die Beklagte betreibt ein Versicherungsunternehmen. Ihr Vertrieb ist (heute) in 15 Regionaldirektionen gegliedert. Dort wird jeweils zwischen dem Zielgruppenvertrieb und der Bestandsorganisation unterschieden. Daneben beschäftigt sich der sog. Agenturvertrieb vor allem mit der Bestandsbetreuung und der Betreuung von Arbeitnehmerkunden.

Im Zielgruppenvertrieb arbeitet die Beklagte mit der E.-versicherung (E.), dem Deutschen F.-verband (F.) und dem Bund der G. (G.) zusammen.

Die Zusammenarbeit mit dem G. gestaltet sich derart, dass sog. Beauftragte, die auch als Vorwerber bezeichnet werden und sowohl als Angestellte wie auch als selbständige Mitarbeiter in vertraglicher Beziehung zur Beklagten stehen, im Wege der Kaltakquise auf der Grundlage öffentlich zugänglicher Adresslisten von Umsatzsteuerzahlern Neumitglieder für den G. werben und mit diesen ggf. auch einen Beratungstermin für ein umfassendes Beratungsgespräch durch einen Mitarbeiter der Beklagten vereinbaren.

Die von den Beauftragten generierten Beratungstermine werden in einen bei der Beklagten bestehenden Terminpool gegeben und durch den Leiter der Regionaldirektion auf die sog. Berater, wie den Kläger, verteilt. Diese Berater, die sowohl angestellte Mitarbeiter der Beklagten als auch selbständige Handelsvertreter sind, versuchen in einem oder mehreren Beratungsterminen die Produkte der Beklagten zu verkaufen. Kommt es zu einem Geschäftsabschluss, wird die für die Dauer von zwei Jahren erzielte Provision im Verhältnis 70:30 zwischen Berater und Beauftragtem aufgeteilt.

Der am 02.12.1948 geborene Kläger ist seit dem 01.10.1970 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin (HM V. AG; im Folgenden: HM) als Mitarbeiter im Außendienst beschäftigt. Der ursprünglich abgeschlossene Vertrag wurde mehrfach geändert (vgl. Anlagenkonvolut K23, Bl. 271 ff. d.A.). Unter dem 19.08.2002 wurde festgehalten, dass der Kläger der neu geschaffenen Filialdirektion B-Stadt S (G 129) unterstehe, sein Einsatzgebiet nach dem Interessenausgleich zur Neuordnung der Geschäftsstellen- und Niederlassungsstruktur der HMS aber weiterhin das ehemalige Gebiet dieser Filialdirektion sein werde und er nicht verpflichtet sei, Termine außerhalb dieses ehemaligen Geschäftsgebiets wahrzunehmen. Die bisher vermittelten und derzeit betreuten Verträge würden ihm wie bisher zugeschlüsselt. Ein Bezirks- oder Kundenschutz entstehe dadurch nicht (vgl. Anlagenkonvolut K23, hier: Bl. 276 d.A.). Ob unter dem 30.01.2007 eine Änderung vereinbart wurde (vgl. Anlagenkonvolut K23, Bl. 271 f. d.A.), ist (zuletzt) streitig.

Seit 1982 ist der Kläger im sog. Zugangsweg Bund der Steuerzahler (G.) tätig. Die feste Vergütung des Klägers umfasst zuletzt (Stand 2009) ein Grundgehalt in Höhe von € x.xxx,xx brutto, eine Sozialzulage in Höhe von € 46,00 brutto, einen Organisationszuschuss in Höhe von € xxx,xx brutto und eine Reisekostenpauschale in Höhe von € xxx,xx brutto. Die Grundvergütung und die Reisepauschale sind sollkostenpflichtig und werden mit der erfolgsabhängigen Vergütung verrechnet. Die erfolgsabgängige Vergütung ist arbeitsvertraglich mit € xx,xx brutto pro erreichter Umsatzeinheit bestimmt und wird neben den sog. Bestandsboni als variabler Vergütungsbestandteil gezahlt. Die Kosten, die zur Erarbeitung der Provision anfallen, sind vom Kläger zu tragen. In den vergangenen Jahren überstieg der variable Vergütungsanteil des Klägers seine festen Bezüge um ein Vielfaches; die Einzelheiten sind streitig.

Die HM schloss am 28.03.2002 mit dem Gesamtbetriebsrat eine „Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich zur Neuordnung der Geschäftsstellen- und Niederlassungsstruktur der Stammorganisation sowie zur Neuordnung der Bereichsverwaltungen“ (Anlage K11; Bl. 73 ff. d.A.).

Im Jahr 2005 entschied die HM unter dem Projektnamen „Strategie HMS & F.“, die Vertriebsstrukturen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit am Markt zu ändern. Mit Schreiben vom 01.11.2005 (Anlage K14; Bl. 118 ff. d.A.) teilte sie den angestellten Mitarbeitern des Innen- und Außendienstes der Stammorganisation und der F. folgende Schwerpunkte der strategischen Neuausrichtung mit:

„Die HMS-S und die F. werden in einer Vertriebsdirektion HMZ (HM-Zielgruppenvertrieb) zusammengeführt. … Dieser Schritt ermöglicht uns die Bildung von noch leistungsfähigeren Regionaldirektionen durch Zusammenfassung der heute bestehenden Geschäftsstellen. Dadurch wird die Zahl der Standorte von derzeit 29 auf 10 reduziert. …Unser Ziel besteht darin, beide Vertriebsorganisationen personell auszubauen, verbunden mit einer Betonung des Unternehmertums. Dementsprechend wollen wir die Anzahl der Angestellten weiter reduzieren. Wir gehen zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass wir von bisher ca. 1400 Angestellten in den beiden Vertriebsorganisationen im Zielmodell mit ca. 500 Angestellten agieren werden. …“

Tatsächlich wurde die Anzahl der zuvor 50 Geschäftsstellen und 8 Niederlassungen auf 39 Regionaldirektionen sowie 4 Niederlassungen reduziert. Das Gebiet der Regionaldirektion B-Stadt wurde vergrößert (vgl. Anlage B5; Bl. 616 d.A.).

Im Zuge der beabsichtigten Neustrukturierung schlossen die HM und der Gesamtbetriebsrat im Jahr 2006 eine „Interimsvereinbarung“ (vgl. Anlage B4; Bl. 611 ff. d.A.), nach der die Geltung der C.-Schutzvereinbarung vom 19.12.1997 einschließlich der damit in Bezug genommenen Sozialpläne vom 30.11.1984 für den Innendienst sowie vom 10.04.1990 für den Außendienst (vgl. Anlage K19; Bl. 172 ff. d.A.) für ein weiteres Jahr bis zum 31.12.2008 verlängert wurde. Diese Verlängerung sollte nur dann wirksam werden, wenn die Anlage 1 zur Interimsbetriebsvereinbarung, die Rahmenbetriebsvereinbarung „Strategie HMS & F.“ vom 22.11.2006 (vgl. Anlage K18; Bl. 130 ff. d.A.) in Kraft trete.

Die Rahmenbetriebsvereinbarung umfasste als Anlagen folgende Vereinbarungen (vgl. Bl.133 ff. d.A):

1. Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich zur Neuordnung der Vertriebsorganisationen HMS und F.

2. Nachtrag Nr. 4 zur Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich zur Neuordnung der Geschäftsstellen- und Niederlassungsstruktur der Stammorganisation sowie zur Neuordnung der Bereichsverwaltung vom 16.4.2002

3. Betriebsvereinbarung zur Anwendung Sozialpläne

4. Nachtrag zur Betriebsvereinbarung zum “Betrieblichen Vorruhestand“ vom 15.6.1998/18.6.1998

5. Vereinbarung über die Anwendung des tariflichen Altersteilzeitabkommens

6. Betriebsvereinbarung über sozialpolitische Maßnahmen „Mobilitätspaket“

7. Betriebsvereinbarung über sozialpolitisch Maßnahmen „Sofortaktion“

8. Betriebsvereinbarung über Neuzusammensetzung örtlicher Betriebsräte

Nach der Anlage 7 der Rahmenbetriebsvereinbarung (vgl. Bl. 160 ff. d.A.), also der Betriebsvereinbarung zur Vereinbarung sozialpolitischer Maßnahmen „Sofortaktion“ sollten Mitarbeiter, die im Zeitraum vom 01.12.2006 bis 31.03.2007 gegen Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, eine sog. „Entscheidungsprämie“ zusätzlich zu der Abfindung gemäß Sozialplan erhalten. Die Betriebsvereinbarung enthält folgende Regelungen:

1. Zielsetzung

Durch die zeitlich befristete (nach derzeitigen Planungen: Zeitraum 1.12.2006 – 31.3.2007) „Sofortaktion“ soll Planungssicherheit sowohl für die betroffenen Mitarbeiter/-innen als auch die Gesellschaft geschaffen werden, indem Mitarbeitern/-innen, die bereit sind, die HM gegen Zahlung einer Abfindung zu verlassen oder in ein Vertragsverhältnis als selbständiger Vermittler zu wechseln, durch die Zahlung einer zusätzlichen Entscheidungsprämie neben der Abfindung gem. Sozialplan ein Anreiz für eine schnelle Entscheidung und Annahme des Angebotes geboten wird.

Ferner soll Mitarbeitern/-innen, die sich in „rentennahen“ Jahrgängen befinden und die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, im Rahmen der Sofortaktion die Versetzung in den Vorruhestand angeboten werden.

Mitarbeitern/-innen, die zu einem Wechsel an einen anderen Standort (HM oder C.-Konzern) bereit sind, soll im Rahmen der Sofortaktion ein Wechsel zu den Konditionen des zwischen HM und GBR vereinbarten „Mobilitätspaketes“ angeboten werden.

Im Rahmen der Sofortaktion können einvernehmlich bereits Standorte zeitnah geschlossen werden, wenn die jeweiligen personellen Betroffenheiten gelöst sind.

Die Vereinbarung gilt für den Innen- und Außendienst.

2. Höhe der „Entscheidungsprämie“ in Ergänzung zu der Abfindung gem. Sozialplan

Die Abfindung gem. Sozialplan erhöht sich im Rahmen der „Sofortaktion“ wie folgt:

- um 50 % bei einer Entscheidung und Annahme des Angebotes innerhalb von zwei Monaten (nach derzeitigem Planungstand Beginn der Sofortaktion 1.12.2006, Annahme es Angebots somit bis zum 31.1.2007 erforderlich).

- um 30 % bei einer Entscheidung und Annahme des Angebotes innerhalb von vier Monaten (nach derzeitigem Planungstand Beginn der Sofortaktion 1.12.2006, Annahme des Angebote somit bis zum 31.3.2007 erforderlich).

Bei einem sofortigen Ausscheiden gegen Zahlung einer Abfindung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist erhält der/die Mitarbeiterin(in) zusätzlich die Bezüge (ohne Reisekosten und sonstigen Aufwandsersatz), die bis zum Kündigungstermin zu zahlen wären.

3. Abwicklung der Sofortaktion/Entscheidungsvorbehalt der Gesellschaft.

Die im Rahmen der Sofortaktion“ umzusetzenden Vorgänge werden im Regelfall auf dem Schriftwege abgewickelt. Die SPK wird über jeden einzelnen Vorgang kurzfristig in Kenntnis gesetzt. Hiervon unberührt hat jeder Mitarbeitarbeiter/-in das Recht auf ein Einzelgespräch in der Sozialplankommission bzw. kann im Einzelfall auf Wunsch einer Seite die Sozialplankommission eingeschaltet werden.

Der GBR wird die Umsetzung der Sofortaktion aktiv unterstützen.

Bei der Entscheidungsfindung über die Anwendung der vorstehenden Maßnahmen wird die Gesellschaft im Sinne des in den Sozialplänen beschriebenen Grundkonsenses mit dem GBR die Interessenlage der Betroffenen in der Vordergrund stellen, behält sich allerdings eine endgültige Zustimmung im jeweiligen Einzelfall vor.

Der Sozialplan Außendienst vom 10.04.1990 (vgl. Anlage K19; Bl. 172 ff. d.A.) enthält auszugsweise folgende Regelungen:

„8. Ausscheiden gegen Abfindung

1.1 Ist im Einzelfall die Veränderung infolge einer der angesprochenen Maßnahmen mit besonderen Härten für Außendienst-Angestellte verbunden und erscheint eine Fortsetzung des Anstellungsvertrages unter den veränderten Bedingungen nicht zumutbar, kann die Sozialplankommission auf Antrag des Außendienst-Angestellten die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entsprechend den Ziffern 8.2 oder 9. beschließen. Diese Regelungen gelten insbesondere für ältere Außendienst-Angestellte. Die Entscheidung der Sozialplankommission ist der Unternehmensleitung, dem GBR und dem zuständigen Betriebsrat unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Eventuelle Einsprüche gegen diese Entscheidung sind ebenfalls unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 14 Tagen nach Zugang der Erklärung, geltend zu machen, sofern vorgetragen werden soll, dass der Vorrang der Erhaltung des Beschäftigungsverhältnisses nicht sachgemäß berücksichtigt wurde. Die Sozialplankommission hat dann unverzüglich über diesen Einspruch zu entscheiden. Kann ein Einvernehmen mit den Beteiligten nicht herbeigeführt werden, entscheidet die Einigungsstelle verbindlich.

1.2 Kommt es im allseitigen Einvernehmen zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses, erhalten die Außendienst-Angestellten eine Abfindung. Die Höhe der Abfindung wird nach folgender Formel berechnet:(Alter x Betriebszugehörigkeit : 50 = Anzahl der abzufindenden Monatsbezüge, aufgerundet auf volle Monate. Als Monatsbezug wird das durchschnittliche Monatseinkommen von 12 Monaten, die wie der Vergleichszeitraum gemäß Ziffer 7.2.1. ermittelt werden, ohne Vergütungen, …“

Der Sozialplan für Innendienst-Mitarbeiter sieht vor, dass diese auf eigenen Wunsch jederzeit gegen Abfindung durch Aufhebungsvertrag aus dem Unternehmen ausscheiden können.

Mit Schreiben vom 01.12.2006 wandten sich der Vorstand und der Gesamtbetriebsrat der Beklagten an alle Innendienst- und Außendienst-Angestellten der HMS und der F.. Gleichzeitig wurde ein Fragebogen (Anlage K9; Bl. 66 f. d.A.) übermittelt. In dem Schreiben wurde folgendes ausgeführt:

„Projekt „Strategie HMS und F.“

Sofortaktion: Besondere Fristen für erhöhte Abfindungszahlungen

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

wie Sie bereits früheren Ankündigungen entnehmen konnten, wird die HM AG (HM) die Vertriebsorganisationen HMS und F. neu organisieren. In diesem Zusammenhang werden das S-Geschäft der jetzigen HMS und die F. zusammengefasst. Innerhalb der HMS wird es bundesweit künftig eine Niederlassung für das Zielgruppengeschäft (HMS-Z) und 15 Regionaldirektionen geben. Das B-Geschäft der heutigen HMS wird innerhalb der HMS den Agenturvertrieb mit insgesamt 4 Niederlassungen und 40 Regionaldirektionen im gesamten Bundesgebiet bilden.

Um eine sozialverträgliche Umsetzung der neuen Struktur sicherzustellen, haben sich der Vorstand und der Gesamtbetriebsrat auf ein umfangreiches Maßnahmenpaket geeinigt. Das Projekt „Strategie HMS/F.“ wurde ferner unter den Schutz der bestehenden Sozialpläne gestellt, deren Inhalte speziell für diese Maßnahme zum Teil erweitert worden sind.“

Der Kläger gab unter dem 09.12.2006 im Fragebogen an, dass er im Rahmen der Sofortaktion gegen Zahlung einer erhöhten Abfindung aus dem Angestelltenverhältnis ausscheiden wolle. Dies lehnte die HM mit Schreiben vom 10.01.2007 (Bl. 68 d.A.) ab.

Die Zahl der Beauftragten in der Region B-Stadt, die für den Kläger und andere Berater die Beratungstermine beschafften, nahm in den Jahren 2003 bis 2009 ab, wobei der Umfang des Rückgangs zwischen den Parteien streitig ist.

Der Kläger erhielt in den Jahren seit 2002 folgende Anzahl an Terminen zugeteilt:

2002: 197 Termine

2005: 175 Termine

2006: 155 Termine

2007: 103 Termine

2008: 175 Termine

Mit seiner am 31.12.2008 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Klage, die der HM am 21.01.2009 zugestellt wurde, forderte der Kläger die Zahlung von Schadensersatz wegen entgangener Vergütung für die Jahre 2006, 2007 und 2008 (Klageantrag 1 und (Hilfs-) Antrag 2), die Feststellung der Pflicht zum Ersatz künftiger Nachteile, insbesondere für 2009 und für 2005 (Antrag 3) und höchst hilfsweise die Zahlung einer Abfindung gegen Abschluss eines Aufhebungsvertrages (Antrag 4).

Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, die HM sei ihm zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihre, sich aus den §§ 242, 315 BGB ergebende arbeitsvertragliche Pflicht, ihm eine nach Quantität und Qualität ausreichende Anzahl von Beratungsterminen zur Verfügung zu stellen, verletzt habe. So seien ihm in den Jahren 2002 bis 2004 noch ca. 5 bis 9 Termine pro Woche zugewiesen worden, und seit 2005 weniger, so dass er in der Regel nur noch 1 bis 3 Termine pro Woche erhalte. Der Rückgang an Beratungsterminen sei im Wesentlichen im Rückgang der Zahl der Beauftragten und in der Minderung ihrer Qualifikation begründet, den die Beklagte durch ihre fehlerhaften Umstrukturierungen seit 2005 und ihre schlechte betriebliche Organisation zu verantworten habe. Zur Entwicklung der Zahl der Beauftragten hat sich der Kläger auf die Anlage K5 (vgl. Bl. 53 d.A.) bezogen.

Die HM habe die Zahl der Beauftragten zumindest fahrlässig reduziert, indem sie diese 2006/2007 zwecks Personalabbaus in den Ruhestand geschickt oder abgefunden habe, ohne zu bedenken, dass es ihr an Personal zur Beratungsterminvereinbarung fehlen werde. Sie habe durch ihre öffentliche Ankündigung im Jahr 2005, dass das bisherige Zugangswegesystem völlig abgebaut werde, dazu beigetragen, dass etliche Beauftragte freiwillig gegangen seien. Auch habe die HM gezielt Angestellte abgebaut, die sich in den letzten 25 Jahren gegenüber freien Mitarbeitern als erfolgreicher und beständiger erwiesen hätten. Noch Anfang des Jahres 2006 habe die HM Herrn L. untersagt, den Aderlass bei Beauftragten durch Neueinstellungen zu ersetzen. Die schließlich neueingestellten Beauftragten seien von der HM mangelhaft geschult worden, so dass sie Termine mit Kunden vereinbart hätten, die Kleinstbetriebe unterhielten und am Vertragsabschluss weder interessiert noch hierzu finanziell in der Lage gewesen seien. Des Weiteren bestünden Probleme in der betrieblichen Organisation. So komme es vor, dass bereits ein Berater beim Kunden vor Ort gewesen sei oder diesen telefonisch kontaktiert habe. Zudem hätten sich Abschlusschancen dadurch vermindert, dass die HM eine telefonische Nachkontrolle von Beratungsterminen veranlasst habe und Kunden deshalb das Vertrauen in die Beratung verloren hätten. Der Kläger habe keine Möglichkeit, mit Bestandskunden weitere Verträge zu schließen, da alle von ihm vermittelten Bestände auf die Agenturen geschlüsselt und seinem Zugriff damit weitestgehend entzogen worden seien.

Hinzu käme, dass sich das Gebiet, in dem der Kläger Termine wahrzunehmen habe, erheblich vergrößert habe. Dies bedeute für ihn weitere Fahrwege und höhere Reisekosten.

Es treffe nicht zu, dass die Marktentwicklung für die schlechten Umsätze ursächlich gewesen sei. Der Marktführer Allianz habe seit 2007 beachtliche Zuwächse im Lebensversicherungsbereich erzielt. Nur die C.-Gruppe, zu der HM gehört habe, habe ab 2004 deutliche und ab 2006 gewaltige Einbußen erlitten, die ausweislich einer Veröffentlichung in der Zeitschrift „Capital“ vom Juli 2009 hausgemacht seien.

Im Jahre 2008 habe er die Nettoeinheiten nur deshalb steigern können, weil ihm die erfahrenen Beauftragten Z. und O. ausgezeichnete Termine geliefert hätten und er zusätzlich Termine aus den Landkreisen Mühldorf, Altötting, Traunstein, Landshut und Bad Tölz übernommen habe.

Aufgrund dieser Umstände habe er Umsatzeinbußen von bis zu 50 % erlitten. Er habe seit 1999 folgende Bruttoeinkommen erzielt:

Gesamtbrutto 1999: € xxx.xxx,xx

Gesamtbrutto 2000: € xxx.xxx,xx

Gesamtbrutto 2001: € xxx.xxx,xx

Gesamtbrutto 2002: € xxx.xxx,xx

Gesamtbrutto 2003: € xxx.xxx,xx

Gesamtbrutto 2004: € xxx.xxx,xx

Gesamtbrutto 2005: € xxx.xxx,xx

Gesamtbrutto 2006:.€ xxx.xxx,xx

Gesamtbrutto 2007: € xxx.xxx,xx

Gesamtbrutto 2008: € xxx.xxx,xx.

Es liege damit eine grundlegende Störung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung und so ein Eingriff in den kündigungsrechtlich geschützten Kernbereich des Arbeitsverhältnisses vor.

Die Höhe des mit Klageantrag 1 geltend gemachten Schadensersatzanspruchs hat der Kläger auf der Grundlage des (von ihm behaupteten) durchschnittlichen Einkommens in den Jahren 2003, 2004, und 2005 ermittelt. Die Forderung gemäß Antrag 2 hat er „nach den Vorgaben des Sozialplans“ berechnet. Wegen der Einzelheiten wird auf Seite 15 ff. der Klageschrift (Bl. 15 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat weiter geltend gemacht, dass sich seine Einkommenssituation auch im Jahre 2009 nicht verbessert habe, so dass er der Feststellung bedürfe, dass die HM bzw. nun die Beklagte ihm auch zum Ersatz weiterer Nachteile verpflichtet sei. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass ihm für das Jahr 2005 ein Schaden entstanden sei.

Hilfsweise hat der Kläger den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung verlangt.

Dazu hat er ausgeführt, die Differenzierung zwischen Innendienst- und Außendienst-Mitarbeitern durch die Aufstellung zweier unterschiedlicher Sozialpläne verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, gegen Art. 3 GG, gegen § 75 BetrVG und gegen § 7 AGG.

Denn im Innendienst arbeiteten deutlich mehr Frauen als Männer, wie sich aus der „Telefonliste G88129“ (Anlage K6a; Bl. 62 d.A.) ergebe. Dagegen seien im Außendienst mehr Männer als Frauen tätig. Die Beschäftigten im Innendienst seien deutlich jünger und verdienten geringere Gehälter. Werde nun der Innendienst bei der Auflösung seiner Arbeitsverhältnisse bevorzugt behandelt, bedeute dies eine unzulässige mittelbare Diskriminierung der Beschäftigten des Außendienstes wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und ihres Einkommens. Diese mittelbare Diskriminierung sei durch sachliche Erwägungen nicht gerechtfertigt.

Darüber hinaus stelle das Ablehnungsschreiben vom 10.01.2007 einen Verstoß gegen Art. 3 GG und § 7 AGG dar. Ein der Arbeitgeberin zustehender Ermessensspielraum sei gar nicht ausgeübt worden. Es sei Ziel der HM bzw. der Beklagten, ihn in die Eigenkündigung zu treiben.

Die Berechnung der Abfindung durch den Kläger ist seinen Ausführungen in der Klageschrift, Seite 23 ff. (Bl. 23 ff. d.A.), zu entnehmen; hierauf wird Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, € xxx.xxx,xx nebst 5 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. Hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, € xxx.xxx,xx nebst 5 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger alle durch die Umstrukturierung entstehenden künftigen Nachteile zu ersetzen hat, insbesondere zukünftige Schadensersatzansprüche für 2009 und später bzw. auch schon für das Jahr 2005 gemäß obigen Anträgen 1. bzw. 2.,

4. höchsthilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, € xxx.xxx,xx nebst 5 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit Zug zum Zug gegen Abschluss eines Aufhebungsvertrages gemäß Punkt 8. des Sozialplanes vom 10.04.1990 zu zahlen.

Die HM hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die HM hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.

Ein Anspruch auf Schadenersatz sei nicht gegeben. Die HM sei aus keinem Rechtsgrund verpflichtet, dem Kläger Beratungstermine bereit zu stellen. Eine individualrechtliche Vereinbarung liege nicht vor. Die Anwendung der Grundsätze der betrieblichen Übung scheitere am Fehlen einer gleichartigen, wiederholten Praktizierung eines bestimmten Verhaltens. Die Anzahl der Termine habe in der Vergangenheit stets geschwankt. Aus der Fürsorgepflicht lasse sich auch keine bestimmte Mindestanzahl von Terminen ableiten. Die Grundsätze des billigen Ermessens seien nicht verletzt, weil eine Änderung der Arbeitsbedingungen durch die HM nicht veranlasst worden sei. Die HM habe zudem weder angekündigt, den Zugangsweg G. zu schließen noch den angestellten Außendienst vollständig abzuschaffen. Das Projekt „Strategie HMS und F.“ habe die Arbeitsbedingungen des Klägers grundsätzlich nicht geändert.

Im Übrigen fehle es an einem Verschulden der HM. Sie habe aktiv versucht, die Zahl der Beauftragten und damit der Beratungstermine zu erhöhen. Sie habe auch in den Jahren 2006, 2007 und 2008 Beauftragte eingestellt. Zudem sei dem Kläger kein zurechenbarer Schaden entstanden. Für den Umsatzeinbruch seien außerbetriebliche Umstände ursächlich, wie die Änderung der Steuergesetzte zum 01.01.2005, die sich beim Kläger, der vornehmlich Lebensversicherungspolicen vermittelt habe, besonders ausgewirkt hätten. Schließlich sei die Relation zwischen Anzahl der Beauftragten, Beratungsterminen und generierten Einheiten zu bestreiten. Die Zahl der Beauftragten sei zwischen 2004 und 2005 nahezu konstant geblieben; trotzdem sei das Einkommen des Klägers 2005 dramatisch eingebrochen. Gleiches belege ein Vergleich der Zahl der Beauftragten, der Beratungstermine und der generierten Einheiten über die Jahre 2005 bis 2008, wie ihn die Tabelle auf Seite 31 ihres Schriftsatzes vom 15.05.2009 (Bl. 587 d.A.) enthalte .

Die HM hat ferner darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht auf die von den Beauftragten vereinbarten Termine angewiesen gewesen sei. Er sei weder rechtlich noch faktisch daran gehindert gewesen, selbst Beratungstermine sowohl mit Neukunden als auch mit Bestandskunden zu vereinbaren.

Mit Urteil vom 20.01.2010 hat das Arbeitsgericht München die Klage vollumfänglich abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger die erhobenen Ansprüche aus keinem Rechtsgrund zustünden. So ergebe sich ein Anspruch auf Schadensersatz nicht aus § 280 BGB i.V.m. §§ 315, 242 BGB. Denn die HM habe keine arbeitsvertragliche Pflicht verletzt. Eine ausdrückliche Vereinbarung über die Anzahl der von der Arbeitgeberin zu beschäftigenden Beauftragten oder die Zahl der dem Kläger zur Verfügung zu stellenden Beratungstermine oder deren Qualität gebe es nicht. Eine solche arbeitsvertragliche Pflicht folge auch nicht aus betrieblicher Übung. Der Kläger habe schon nicht vorgetragen, dass die HM in der Vergangenheit – mindestens 3 Jahre – eine bestimmte Anzahl von Beauftragten angestellt habe und dass ihm durch deren Anstellung eine konstante Zahl von Beratungsterminen vermittelt worden sei. Aufgrund der Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung habe die HM für den Kläger erkennbar keine Bindung für die Zukunft in Bezug auf die Vergütung und ihre Voraussetzungen eingehen wollen. Es sei zudem zweifelhaft, ob es sich bei der Beschäftigung einer bestimmten Anzahl von Beauftragten um eine Leistung oder Vergünstigung im Sinne der Grundsätze der betrieblichen Übung handle, weil dem Kläger durch die Vorhaltung nichts gewährt werde.

Ein Schadensersatzanspruch sei auch nicht nach den Grundsätzen billigen Ermessens begründet. Die Grundsätze billigen Ermessens könnten nur angewandt werden, wenn eine Weisung des Arbeitgebers vorliege. Eine solche stehe hier aber nicht im Streit. Die vom Kläger behaupteten Veränderungen im Vertragsverhältnis seien vielmehr tatsächlicher Art, vom Zuschnitt des Gebiets der Regionaldirektion B-Stadt abgesehen. Der Kläger behaupte vielmehr, die HM habe die tatsächlichen Bedingungen, unter denen er die arbeitsvertraglich geschuldete Vertriebstätigkeit erbringen müsse, in unzumutbarer Weise geändert.

Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum geschützten Kernbereich des Arbeitsverhältnisses berufen. Diese Rechtsgrundsätze würden dann Anwendung finden, wenn dem Arbeitgeber vertraglich das Recht zur einseitigen Änderung von Vertragsbedingungen eingeräumt worden sei; derartiges trage der Kläger selbst nicht vor.

Die HM habe schließlich nicht ihre arbeitgeberseitige Pflicht zur Fürsorge aus § 242 BGB verletzt. Zwar sei dem Kläger darin zu folgen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien darauf basiere, dass dem Kläger Beratungstermine zugeführt würden; dies folge bereits aus der betrieblichen Organisation, in der sog. Beauftragte und sog. Berater unterschieden würden, die bei Geschäftsabschlüssen die Provision untereinander aufteilten. Hieraus ließen sich allerdings keine konkreten justiziablen Pflichten der Arbeitgeberin ableiten. Es sei bereits fraglich, welche konkreten Pflichten die HM verletzt haben solle. Die Pflichtverletzung könne nicht in der Anstellung einer bestimmten Anzahl von Beauftragten bestehen, da deren Zahl allein nicht eine bestimmte Anzahl von Beratungsterminen bedinge. Beauftragte könnten je nach Qualifikation und Marktbedingungen mehr oder weniger Beratungstermine einwerben. Dies zeige sich beispielhaft an den vom Kläger als besonders befähigt eingeschätzten Beauftragten Herrn Z. und Herrn O..

Es sei auch zweifelhaft, eine Pflicht der Arbeitgeberin zur Vermittlung einer bestimmten Anzahl von Beratungsterminen anzunehmen. Denn der Kläger hebe selbst hervor, dass die Qualität dieser Termine eine entscheidende Rolle spiele. Quantität sei nicht Qualität, um die es dem Kläger jedoch gehe. Es sei auch schwierig, bestimmte Qualitätsanforderungen an die Beratungstermine zu formulieren. Habe die Arbeitgeberin aber keinen oder nur einen mäßigen Einfluss auf den Erfolg eines Beratungstermins, könne ihr eine Pflicht, für eine bestimmte Qualität, also eine bestimmte Abschlusswahrscheinlichkeit, zu sorgen, nicht auferlegt werden.

Hinsichtlich der angeblichen Pflichtverletzungen durch angebliche Äußerungen über die Entwicklung des Außendienstes und die telefonische Nachkontrolle schließe sich die Kammer den Entscheidungsgründen der 25. Kammer im Urteil zum Geschäftszeichen 25 Ca 17217/08 an.

Die Arbeitgeberin hätte etwaige Pflichtverletzungen auch nicht zu vertreten. Der Kläger übersehe insofern, dass für die HM grundsätzlich ein weiter unternehmerischer Gestaltungsspielraum bestehe, innerhalb dessen sie ihre Unternehmensstrategie bestimmen könne. So stehe auch die Entscheidung, ob sei sinnvoll sei, Beauftragte lediglich als freie Mitarbeiter zu beschäftigen, letztlich der Arbeitgeberin zu.

Darüber hinaus fehle es an Anhaltspunkten dafür, dass die HM etwaige Fehlentwicklungen im Zusammenhang mit den Umstrukturierungen der Jahre 2005 bis 2007 bedingt vorsätzlich oder fahrlässig in Kauf genommen habe. Denn auch die HM könne keinen Gewinn erzielen, wenn der Kläger und ihre Mitarbeiter nicht am Markt erfolgreich seien. Der Annahme, die HM habe sich selbst Schaden zufügen wollen, könne die Kammer nicht näher treten. Eine etwaige schlechte Unternehmensführung begründe nicht den rechtlichen Vorwurf fahrlässigen oder gar vorsätzlichen Handelns.

Schließlich fehle es an einer Kausalität zwischen behaupteten Pflichtverletzungen und Schaden. Nach dem Artikel in der Zeitschrift „Capital“, auf den der Kläger sich bezogen habe, lägen die Wettbewerbsnachteile der Beklagten auch darin begründet, dass sie im Geschäft mit Lebensversicherungen bei den Kapitalanlagerenditen weit hinter der Konkurrenz liege und aufgrund mangelnder Integration der IT-Systeme der verschiedenen Gesellschaften der C.-Gruppe Neuerungen verspätet auf den Markt kämen. Deshalb könne nicht der Schluss gezogen werden, der Umsatzrückgang finde seine Ursache in der geringeren Anzahl angeblich unqualifizierter Beauftragter und der geringeren Anzahl der von ihnen vereinbarten Beratungstermine. Im Übrigen bestehe die vom Kläger behauptete Korrelation zwischen Beauftragten, Beratungsterminen und Umsätzen nicht. Schließlich sei die Schadensberechnung zweifelhaft, weil die angeblichen Vertragsverletzungen der Beklagten seit 2004 stattgefunden haben sollen, so dass für die Schadensberechnung auf die Jahre vor 2004 hätte zurückgegriffen werden müssen. Der Kläger habe die bestrittenen Einkommenszahlen zudem nicht unter Beweis gestellt.

Auch der hilfsweise erhobene Anspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung sei unbegründet.

Der fragliche Sozialplan sehe in Ziffer 8.1. vor, dass entweder die sog. Sozialplankommission auf Antrag des Außendienst-Angestellten die Auflösung des Arbeitsverhältnisses beschließe oder dass es gemäß Ziffer 8.2. „im allseitigen Einvernehmen“ zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses komme. Beides sei hier nicht gegeben.

Auf den für den Innendienst geltenden Sozialplan könne sich der Kläger nicht stützen, da er diesem nicht angehöre.

Er könne sich auch nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen. Es bestünden bereits Bedenken gegen die klägerische Bewertung, dass der Wunsch der HM, den Kläger im Arbeitsverhältnis zu behalten, eine Benachteiligung darstelle. Jedenfalls finde der Gleichbehandlungsgrundsatz keine Anwendung. Für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gelte der Grundsatz der Vertragsfreiheit, da er das Gegenstück zum Arbeitsvertrag sei. Der Arbeitgeber sei dabei nicht an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden, sondern habe nur spezialgesetzliche Diskriminierungsverbote zu beachten.

Schließlich könne sich der Kläger nicht auf § 75 BetrVG i.V.m. § 7 AGG stützen. Er sei nicht aufgrund seines Alters oder seines Geschlechts diskriminiert worden, indem sich die HM gegen seine Entlassung entschieden habe. Nachdem sich der Kläger selbst als einen der erfolgreichsten Vermittler der HM bundesweit ansehe, liege es auf der Hand, dass sie sich nicht vom Kläger habe trennen wollen. Damit aber hätten für ihre Entscheidung die Merkmale „Alter“ und „Geschlecht“ keine Rolle gespielt.

Wegen weiterer Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien sowie der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichts wird auf die angefochtene Entscheidung (Bl. 1332 ff. d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses, den Klägervertretern am 12.03.2010 zugestellte Endurteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 01.04.2010, die am selben Tage beim Landesarbeitsgericht München einging und am 04.06.2010 innerhalb der bis zum 14.06.2010 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet wurde. Mit dem Rechtsmittel verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Die Anträge wurden mit Schriftsatz vom 23.08.2010 (Bl. 1586 ff. d.A.) und im Termin modifiziert.

Nach Ansicht des Klägers liest sich das erstinstanzliche Urteil geradezu als Leitfaden für Arbeitgeber, wie in den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses unter Umgehung des vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Kündigungsschutzes eingegriffen werden könne. Schon deshalb könne es keinen Bestand haben. Das Arbeitsgericht habe die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Kernbereich des Arbeitsverhältnisses verkannt; es hätte zumindest eine analoge Anwendung dieser Rechtsprechung erwägen müssen. Ohne tragfähige Begründung habe es eine Vielzahl weiter vorgetragener Anspruchsgrundlagen verneint.

Unter teilweiser Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vortrags behauptet der Kläger, die Arbeitsverträge der HM seien nicht ausgefüllte Rahmenverträge. Der Kläger habe, wie seine Kollegen, einen ganz einfachen, reinen Werbervertrag, in dem fast gar nichts geregelt sei. Unzutreffend habe das Arbeitsgericht angenommen, HM sei völlig frei (gewesen), die Anzahl der Beauftragten zu ändern. Wäre die Kernbereichsrechtsprechung nicht einschlägig, könnte sie völlig frei das Einkommen und die Arbeitsleistung des Klägers diktieren, indem sie an der „Schraube“ Beauftragte/Termine drehe. Nicht auszuschließen sei, dass sie den Kläger in die Eigenkündigung treiben möchte, um sich eine hohe Abfindung zu ersparen. Der Kläger habe im Jahre 2008 nur 54 % seines ursprünglichen Einkommens verdient (Referenzzeitraum: 2003 – 2005). Die Beklagte könne sich auch nicht auf die rückläufige Marktentwicklung berufen.

Im Einzelnen macht der Kläger geltend, dass das Arbeitsgericht nicht auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eingegangen und so rechtsfehlerhaft zum Ergebnis gekommen sei, die Beklagte habe keine Vertragsänderung vorgenommen. Das faktische Fehlen schriftlicher Regelungen bedeute nicht, dass es keine vertraglichen Regelungen gebe. Denn aus betrieblicher Übung ergebe sich, dass die Schwelle der notwendigen Anzahl der Beauftragten nicht unterschritten werden dürfe. Eine absolute Anzahl an Beauftragten habe der Kläger nicht gefordert. Die betriebliche Übung bestehe darin, dass die Beauftragten seit Jahrzehnten Termine generiert und diese an den Kläger (und die anderen Berater) weiter gegeben hätten. Schon in der Veränderung des zu bearbeitenden Gebietes liege eine vertragliche Änderung. Auch das Entgelt gehöre zur betrieblichen Übung. Zwar sei es selbstverständlich, dass das provisionsabhängige Einkommen stets schwankend sei. Deshalb habe das BAG in ständiger Rechtssprechung die 15- bis-20-%-Grenze angenommen. Hier habe sich das provisionsabhängige Einkommen aber um 50 % reduziert, weshalb mangels Änderungskündigung ein unzulässiger Eingriff in den Kernbereich vorliege. Der Kläger habe einen Anspruch darauf, ein bestimmtes Entgeltniveau – sozusagen als Bestandsschutz – zu erhalten. Durch die grundlegende Störung des Gleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung werde der Kündigungsschutz umgangen.

Das Arbeitsgericht habe auch übersehen, dass die Verletzung des Kernbereichs nicht nur bei Vertragsänderungen, sondern auch bei Umorganisationen oder durch Weisungsrecht erfolgen könne.

Auch habe das Arbeitsgericht die unzutreffende Auffassung vertreten, Provisionen seien nur Vergütungschancen. Rechtsfehlerhaft habe es übersehen, dass eine Analogie bzw. die Anwendung des Rechtsgedankens der Kernbereichstheorie im vorliegenden Fall geboten gewesen wäre.

Das Arbeitsgericht habe auch die weiteren Anspruchsgrundlagen zu Unrecht verneint. Ein Rechtsanspruch des Klägers ergebe sich auch aus § 280 i.V.m. §§ 315, 242 BGB. Es habe übersehen, dass die Beklagte die Pflicht aus betrieblicher Übung verletzt habe, in erheblichem Umfang Vorwerber zu beschäftigen und den Beratern, darunter dem Kläger, in erheblichem Umfang Termine zur Verfügung zu stellen. Das Arbeitsgericht habe den Umfang der Änderungen nicht erfasst.

HM bzw. die Beklagte habe auch die Grundsätze des billigen Ermessens gemäß § 315 BGB verletzt, indem nur mehr eine äußerst geringe Zahl an Beauftragten im Vergleich zum Jahre 2003 beschäftigt werde. Soweit das Arbeitsgericht Art. 12 GG zu Gunsten der Beklagten berücksichtigt habe, übersehe es die Rechtsprechung des BAG zur Kerntheorie und zu Art. 14 GG, auf welchen sich der Kläger berufen könne.

Auch bei der Behandlung der Fürsorgepflicht seien dem Arbeitsgericht entscheidungserhebliche Fehler unterlaufen. Diese Pflicht zwinge die Beklagte dazu, auf ein angemessenes Verhältnis von Beauftragten und Beratern zu achten. Tatsächlich sei der Unterbau der in der Vergangenheit erfolgreichen Beauftragten aber zu 90 % weggebrochen, was die Berater, wie den Kläger, völlig ausgetrocknet habe.

Nicht nachvollziehbar sei auch die Feststellung des Arbeitsgerichts, die Beklagte habe zu keiner Zeit die vom Kläger angebotene Leistung nicht angenommen. Der vorliegende Fall stelle geradezu einen klassischen Fall des Annahmeverzugs dar. Die Beklagte sei zur Vorleistung verpflichtet, denn ihr obliege die Zuweisung von Arbeit. Der Kläger warte jeden Freitag die Verteilung der Termine ab. Eine andere Möglichkeit, an Beratungstermine zu kommen, habe er nicht, da im System „Zugangsweg G.“ aus den bereits genannten Gründen eine eigene Neukundenakquise nicht vorgesehen sei. Er habe seine Arbeitskraft also am rechten Ort in rechter Weise angeboten, aber keine Termine zur Bearbeitung erhalten und sei somit zur Untätigkeit gezwungen gewesen.

Das Arbeitsgericht habe es auch unterlassen, die Voraussetzungen einer Teilunmöglichkeit näher zu beleuchten. Es sei in keinster Weise darauf eingegangen, wer das Betriebsrisiko trage.

Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht auch sonstige Anspruchsgrundlagen verneint. Es habe insbesondere § 138 BGB und Art. 12 GG übersehen. Der Kläger habe zur Sittenwidrigkeit vorgetragen, dass HM bzw. die Beklagte ihm „das Wasser abgrabe“, wie sich aus der Entwicklung der Provisionseinkommen ergebe. Darüber hinaus habe das Arbeitsgericht Feststellungen zur Gleichbehandlung unterlassen. Wenn andere Außendienst-Mitarbeiter gegen Abfindung ausscheiden durften, dies dem Kläger aber verwehrt wurde, müsse er zumindest eine Ausgleichszahlung für seine Gehaltseinbußen erhalten.

Zu rügen seien auch weitere Mängel des Urteils: Das Arbeitsgericht habe nicht nur den „immanenten“ Rückgang der Beauftragten in B-Stadt übersehen, sondern auch die Anwerbung neuer Beauftragter in ganz Oberbayern, was zu erheblich verlängerten Wegstrecken des Klägers geführt habe. Das Arbeitsgericht habe auch nicht ohne Beweisaufnahme annehmen dürfen, das Projekt „HMS und F.“ habe keine vergütungsrechtlichen Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis des Klägers gehabt. Dasselbe gelte für die Annahme, die Änderungen des Steuerrechts zum 01.01.2005 seien unerheblich gewesen. Zu Unrecht nicht gewürdigt habe das Arbeitsgericht bei der Frage der Diskriminierung die vorgelegte Telefonliste. Die Zweifel des Arbeitsgerichts an der Kausalität seien nicht berechtigt. Der Kläger habe rund 10.000 Einheiten pro Jahr produziert; er habe durchschnittlich nur 170 bis 200 Termine pro Jahr erhalten.

Der Adresszufluss habe sich in den Jahren „2004 bis 2009“ wie folgt dargestellt:

2005: 175 Termine

2006: 123 Termine

2007: 125 Termine

2008: 190 Termine

Diese Termine seien allerdings um „Alibitermine“ zu bereinigen. Dann ergebe sich folgende Situation:

2005: 120 Termine

2006: 110 Termine

2007: 102 Termine

2008: 142 Termine

Die Bereinigung ergebe sich durch den Abzug der Termine, die von den Beauftragten W. & K.-M. generiert wurden. Der Kläger habe sämtliche Termine dieser Beauftragten nach erfolglosen Besuchen zurückgegeben. Zu beachten sei, dass für die Kausalität Rückgang Beauftragte - Rückgang Termine - Rückgang Einkommen nicht die individuelle Terminverteilung maßgeblich sei, sondern der „Angang“ an qualitativ hochwertigen Terminen. Im Jahre 2002 hätten für die Berater im Raum B-Stadt noch 3.410 Termine pro Jahr zur Verfügung gestanden. Diese hätten wie folgt reduziert:

Jahr  BeauftragteTermine p.A.2004   38    3.428 2005   26    3.228 2006   23    2.643 2007   12    1.800 2008   11    1.387 Die Kausalität für den vorgetragenen Schaden würde sich auch aus dem Umstand ergeben, dass der Abschluss eines Provision einbringenden Vertrages völlig unabhängig von der Marktsituation oder von der Rendite sei. Es spiele keine Rolle, ob Konkurrenten im Markt eine geringfügig bessere Rendite anbieten würden. Denn das eigentliche Produkt, das durch den Kläger an den Mann gebracht werde, sei eine Rundumbetreuung und die Beratung eines Unternehmens, die so von der Konkurrenz nicht angeboten würden. Diese spezielle und sehr zeitaufwendige Form der Beratung sei schon immer die Voraussetzung für die überdurchschnittlichen Umsätze und das überdurchschnittliche Einkommen des Klägers gewesen. Ohne gründliche Vorarbeit der Beauftragten seien solche Ergebnisse aber nicht möglich. Nur eine Vielzahl von Terminen sichere dem Kläger und den anderen Beratern die dringend notwendige „Bugwelle“ an Beratungsterminen. Dass der Kläger das Verkaufen verlernt habe, könne ausgeschlossen werden. Kausal sei vielmehr, dass die Vorbereitung der Termine durch die Beauftragten mittlerweile mangelhaft sei. Zum einen habe ihre Zahl abgenommen, zum anderen würden sie schlechter geschult, weil die Führungskräfte selbst nicht wüssten, wie das Geschäft überhaupt noch funktioniere. Schließlich folge die Kausalität noch aus der Aufstellung des Klägers gemäß Anlage BK3 (vgl. Bl. 1451 ff. d.A.).

Zu den bereits erstinstanzlich vorgetragenen Pflichtverstößen der HM komme noch eine größere Pflichtverletzung hinzu, die erst während des Berufungsverfahrens bekannt geworden sei. Die Beklagte mache dem Kläger vorsätzlich Konkurrenz. Sie setze im Gebiet der Regionaldirektion B-Stadt Agenturangestellte ein, die dieselben Kunden wie der Kläger bearbeiteten. Sog. Juniorsalespartner würden auf die dem Zugangsweg G. zustehende Kundenklientel angesetzt. Sie führten bei Firmen aller Art eine Kaltakquise durch. Der Kläger habe beim Besuch des Kunden Herrn N. feststellen müssen, dass bereits ein anderer Mitarbeiter der Beklagten einen Termin mit diesem Kunden vereinbaren wollte. Es habe sich dabei um den Mitarbeiter Herrn B. gehandelt, der mit Visitenkarten der Beklagten ausgestattet worden sei, nach denen er im Unternehmensservice tätig sei. Die Beklagte mache somit dem Kläger Konkurrenz und reduziere die von ihm zu bearbeitenden Termine. Der Beklagten entgehe ein Großteil des Geschäftes, weil den Mitarbeitern der Agenturen nicht das Fachwissen zur Verfügung stehe, über das der Kläger verfüge. Sie könnten nur stümperhaft versuchen, irgendwelche Verträge zu verkaufen, ohne umfangreich beraten zu können. Die Beklagte schädige sich selbst, nur damit der Kläger kein Geschäft mehr machen und keine Provisionen mehr verdienen könne.

Außerdem habe die Beklagte das Zugangswegesystem G. eigenmächtig gestört. Die Beklagte habe das vertragliche Einsatzgebiet des Klägers massiv beschnitten, ohne den Kläger hierüber zu informieren. Darin liege eine weitere, neu bekannt gewordene Pflichtverletzung. In einem Gespräch am 13.04.2010 habe der neue Filialdirektor, Herr G., dem Kläger eine Aufstellung sämtlicher Gebiete/Zellen der Regionaldirektion gezeigt. In dieser Auflistung seien die einzelnen Zellen durch farbliche Kennzeichnung dem Zugangsweg G. oder den Call-Centern des G. zugeordnet gewesen. Nach der Aufstellung habe die Beklagte etwa 70% bis 80 % des Stadtgebiets B-Stadt sowie beispielsweise auch das gesamte Stadtgebiet Augsburg und den gesamten Landkreis Augsburg exklusiv an den G. abgetreten und somit für die Bearbeitung durch die Beauftragten und damit die Berater wie den Kläger gesperrt. Der G. setzte nunmehr in Absprache mit der Geschäftsleitung der Beklagten selbst Call-Center zur Mitgliederwerbung ein, statt – wie bisher – mit der Beklagten zusammenzuarbeiten. In 70 % bis 80 % des genannten Stadtgebiets dürften deshalb absprachegemäß keine Beauftragten der Beklagten mehr eingesetzt werden. Eine Herausgabe von Kopien sei von Herrn G. verweigert worden, was zu einer Umkehr der Beweislast führe. Selbst wenn ein Beauftragter verbotener Weise in diesem Gebiet tätig werden würde, könnte er keine Termine generieren, da das Gebiet von den Call-Centern des G. bereits „abgegrast“ sei.

Die Beklagte habe also in erheblichem Umfang die bisherige betriebliche Übung geändert. Der Kläger sei wie seine Kollegen systematisch in die Randbezirke und in die umliegenden Landkreise abgedrängt worden, die nicht mehr zu seinem Arbeitsgebiet gehörten. Schon allein wegen dieser pflichtwidrigen Veränderung des gelebten Vertrages seien die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche in vollem Umfang zuzusprechen. Es komme gar nicht mehr darauf an, ob die Reduzierung der Beauftragten eine Pflichtverletzung gewesen sei, die kausal zu einem Schaden geführt habe. Allein die Halbierung des Gebietes und damit die Halbierung der möglichen Geschäftskontakte stelle eine gravierende Pflichtverletzung dar, wegen der der Kläger eindeutig weniger Termine erhalte. Es sei dem Kläger erst jetzt klargeworden, warum die Beauftragen in B-Stadt so massiv abgebaut worden seien. Denn wegen der weitestgehenden Sperrung des Stadtgebiets seien sie nicht mehr benötigt worden. Die Reduzierung der Termine sei ausnahmslos von der Beklagten selbst verursacht.

Nachdem dem Kläger Schadensersatzansprüche zustünden, sei auch der Feststellungsantrag auf künftige Schäden begründet, insbesondere, da das Einkommen des Klägers auch in den Jahren 2009 und 2010 weiter geschrumpft sei.

Hilfsweise werde geltend gemacht, dass der Kläger auch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages verlangen könne. Das Arbeitsgericht habe insoweit aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts abgeschrieben ohne zu erkennen, dass es auf den streitgegenständlichen Fall nicht passe. Die gesamte Problematik, dass ein Eingriff in den Kernbereich vorliege und der Kläger trickreich aus Kostengründen in die Eigenkündigung getrieben werden solle, sei vom Arbeitsgericht völlig übersehen worden. Es habe auch fehlerhaft nicht erkannt, dass Anhaltspunkte für eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes gegeben seien. Dies sei nicht nachvollziehbar, weil die Telefonliste gemäß Anlage K6a (Bl. 62 d.A.) zeige, dass im Innendienst ausschließlich Frauen beschäftigt würden, die zudem jünger seien und deutlich weniger verdienten als der Kläger und die anderen Berater im Außendienst.

Im Termin ließ der Kläger erläutern, dass in der Berufungsbegründung eine vorsätzliche Pflichtverletzung geltend gemacht werde, weil die Beklagte vorsätzlich in ein bislang funktionierendes Vertriebssystem eingegriffen habe. Es sei ihr auch der Vorwurf der Fahrlässigkeit zu machen, weil sie unbedacht die Beschäftigtengruppe der Beauftragten abgebaut habe, ohne sich Gedanken über die Folgen für den Kläger und seine Kollegen zu machen. Im Übrigen werde die Berufung auf neue Tatsachen gestützt, die ein vorsätzliches Fehlverhalten darstellten.

Der Kläger behauptete im Termin weiter, dass (1.) die Zusammenlegung der Filiale B-Stadt mit den Filialen Augsburg, Rosenheim, Weilheim und Ingolstadt im Jahre 2002, (2.) die Erklärung des Vorstands der Beklagten, Herrn L., im letzten Quartal 2004, das G.-Geschäft einzustellen, was zu einer ersten Reduzierung von Beauftragten geführt habe, (3.) das Anschreiben zur Sofortaktion „Abbau der Angestellten“ im Dezember 2006, die zur zweiten Reduzierung der Beauftragten geführt habe, (4.) die Umstrukturierung zum 01.01.2007 in Gestalt der Gründung der HMS-Z, der Zusammenlegung des Zugangswegs G. mit F. und der Vergrößerung des Filialbetriebs, (5.) die zögerliche Neueinstellung von Vorwerbern und zusätzlich (6.) die Vereinbarung der Beklagten mit dem G. – kumulativ - dafür ursächlich seien, dass der Kläger nur noch eine geringere Provision erwirtschaften könne. Der erste massive Schritt zum Absturz des Systems sei im letzten Quartal 2004 in Gestalt der Aussage des Herrn L. getan worden. Die Ursache würde in dem Geschehnis aus dem Jahr 2004 liegen, die durch die folgenden Ereignisse noch verstärkt worden sei.

Die betriebliche Übung, von der der Kläger ausgehe, habe den Inhalt, dass der Kläger ausschließlich im dualen System des Zugangswegs G. als Berater beschäftigt werde und er ausschließlich Termine zu bearbeiten habe, die zuvor von Beauftragten generiert worden seien. Gegen die betriebliche Übung sei verstoßen worden, indem weniger Vorwerber mit schlechterer Qualität bzw. zu geänderten Verträgen eingesetzt und diese nicht mehr als Angestellte beschäftigt worden seien. Auf eine Eigenkündigung des Klägers könne die Beklagte hoffen, weil er aufgrund seiner Fachkunde bei der Fa. XY als freier Mitarbeiter tätig werden könne, und dort in etwa dasselbe verdienen würde, aber weniger Kosten tragen müsse. Die Vereinbarung vom 19.08.2002 (Bl. 276 d.A.) zeige, dass er überobligatorisch Termine außerhalb Münchens wahrnehme und die Beklagte verpflichtet sei, ihm die höheren Kosten zu erstatten. Die höheren Reisekosten seien eine Ursache für den geringeren Verdienst des Klägers, aber nicht allein oder unmittelbar verantwortlich für die gesamte Einbuße, die hier als Schadensersatz geltend gemacht werde. Für eine gleichmäßig hohe Vergütung sei eine Bugwelle von Terminen nötig, ferner eine hinreichende Qualität der Termine und außerdem eine möglichst geringe Reisezeit. Dies gelte alles vor dem Hintergrund, dass mehrere Besuche vor Geschäftsabschluss nötig und üblich seien.

Ein Anspruch aus Annahmeverzug ergebe sich daraus, dass jeden Freitag die Termine verteilt würden, es heute aber weniger, zumindest weniger qualitativ ausreichende Termine gebe. Er arbeite aber – früher wie heute – täglich 12 Stunden. Er halte jedenfalls 12 Stunden seine Arbeitskraft bereit, befinde sich aber viel mehr im Büro als früher. Auch in früherer Zeit habe er sich im Büro befunden, aber seltener. Nach wie vor sei er über 90 % im G.-Geschäft tätig. Das System trage sich auch nur, wenn alle daran Beteiligten sich darauf konzentrieren würden. Denn nur über ihre 30-prozentige Beteiligung könnten die Beauftragten hinreichend finanziert werden. Umgekehrt sei er als Berater zur Gewährleistung einer wirtschaftlich sinnvollen Tätigkeit auf die Beauftragten angewiesen.

Den Entwurf eines Änderungsvertrages vom 30.01.2007 habe er ungeachtet seiner schriftsätzlichen Ausführungen nicht unterzeichnet.

Der Kläger beantragt zuletzt,

1. die Beklagte zu verurteilen, € xxx.xxx,xx brutto nebst 5 % Zinsen hieraus seit 21.01.2009 zu zahlen,

2. hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, € xxx.xxx,xx brutto nebst 5 % Zinsen hieraus seit 21.01.2009 zu zahlen,

3. es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger alle durch folgende Maßnahmen

1. Zusammenlegung der Filiale B-Stadt mit den Filialen Augsburg, Rosenheim, Weilheim und Ingolstadt im Jahre 2002

2. die Erklärung des Vorstandes der Beklagten L. im letzten Quartal 2004, dass das G.-Geschäft eingestellt werde (1. Reduzierung von Vorwerbern),

3. Anschreiben zur Sofortaktion „Abbau der Angestellten“ im Dezember 2006 (2. Reduzierung der Vorwerber)

4. Umstrukturierung zum 01.01.2007 (Gründung der HMS-Z), Zusammenlegung G. mit F. und Vergrößerung des Filialgebiets

entstehende künftige Nachteile zu ersetzen hat, insbesondere zukünftige Schadensersatzansprüche für 2009 und Schadensersatzansprüche, die bereits im Jahr 2005 ihren Ursprung haben,

4. höchst hilfsweise: die Beklagte wird verurteilt, das in der Klage liegende Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Rechtskraft des Urteils zu den Konditionen gemäß Punkt 8. des Sozialplans vom 10.04.1990 anzunehmen, insbesondere mit einer Abfindung in Höhe von € xxx.xxx,xx.

Die Beklagte beantragt

die Zurückweisung der Berufung in vollem Umfang

und erklärt, sie sehe in der Modifikation des Antrags 3 eine Klageänderung, der nicht zugestimmt werde und die auch nicht für sachdienlich gehalten werde.

Die Beklagte hält das Urteil des Arbeitsgerichts für zutreffend. Der Kläger begründe nach wie vor nicht ausreichend, woraus sich eine rechtliche Verpflichtung der Beklagten ergeben solle, ihre Organisationsstruktur mit Beauftragten in einer bestimmten Art und Weise auszugestalten, worin angesichts zahlreicher, von ihr nicht zu beeinflussender Entwicklungen eine Verletzungshandlung bestehen solle und warum diese ursächlich für den Vergütungsrückgang des Klägers sein solle. Organisationsfragen, wie die eines bestimmten Vertriebssystems, seien grundsätzlich einer betrieblichen Übung nicht zugänglich. Auch habe sie ein vitales Interesse daran, ihren Außendienst-Mitarbeitern und damit auch dem Kläger ein optimales Arbeitsumfeld bereit zu stellen und zu erhalten.

Das Projekt „Strategie HMS und F.“ habe für den Kläger keine unmittelbaren Auswirkungen gehabt. Seine arbeitsvertraglichen Grundlagen hätten sich nicht geändert. Durch die Vergrößerung der Regionaldirektion habe er die Möglichkeit erhalten, Terminangebote in einem größeren Gebiet anzunehmen. Eine entsprechende Verpflichtung habe es jedoch nicht gegeben.

Der Kläger nehme eine unzulässige Verknüpfung seiner Vergütungsentwicklung mit betrieblichen Ereignissen vor. Die Beklagte sei für den Rückgang der Beauftragten der Regionaldirektion B-Stadt nicht verantwortlich, sondern habe erhebliche Anstrengungen unternommen, um dieser Entwicklung entgegen zu wirken. Der Kläger sei weder rechtlich noch faktisch daran gehindert, selbst Beratungstermine sowohl mit Neukunden als auch mit Bestandskunden zu vereinbaren und diese bei Bedarf nachzuversichern.

Die geltend gemachten Ansprüche würden unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen. Auch der neue Sachvortrag des Klägers zu einer angeblich bewusst geschaffenen Konkurrenzsituation könne sie nicht begründen. Ein Nebeneinander von Zielgruppenvertrieb und Agenturvertrieb gebe es seit geraumer Zeit; dies sei keineswegs eine neue Entwicklung. Es handle sich um unterschiedliche Vertriebswege mit regelmäßig verschiedenen Zielgruppen. Die Juniorsalespartner würden keine Termine aus dem Pool der Beauftragten erhalten, sondern müssten selbst Termine akquirieren. Der Kläger beziehe sich auch nur auf einen singulären Vorfall beim Kunden N., der bedauerlich sei. Die vorgekommene Dopplung von Terminen sei darauf zurückzuführen, dass Herr B. vor seinem Wechsel in die Agenturtätigkeit zum 01.01.2009 fünf Jahre lang im Zielgruppenvertrieb tätig gewesen sei. Die Visitenkarte, auf die der Kläger hinweise, habe er offenbar in Eigenregie gedruckt.

Auch der Sachvortrag des Klägers zur Verkleinerung seines Einsatzgebietes treffe nicht zu. Es sei allerdings richtig, dass der G. seine eigenen Bemühungen um neue Mitglieder seit etwa dem Jahre 2008 intensiviert habe. Mitte des Jahres 2009 habe der Landesverband Bayern des G. ein Call-Center mit der Werbung von Mitgliedern beauftragt. Diese werde jedoch nach Abstimmung mit der Beklagten vorwiegend in solchen Gebieten betrieben, die von der Beklagten mangels entsprechender Kapazitäten nicht durch eigene Beauftragte besetzt werden könnten. Die Beklagte könne dieses Vorgehen des G. nicht unterbinden. Durch die Abstimmung zwischen dem G. und der Beklagten würden Konkurrenzsituationen zwischen Mitarbeitern des G. und Beauftragten der Beklagten verhindert. Finde sich wieder ein Beauftragter der Beklagten, so würde der G. in Abstimmung mit ihr seine Aktivitäten auf verbleibende Vakanzen verlagern. Ziel der Beklagten sei es, die Beauftragtenstruktur langfristig wieder so auszubauen, dass die eigene Vertriebstätigkeit des G. überflüssig werde.

Eine Verschlechterung, die ihre Ursache im Jahr 2002 habe, sei mit den von ihr vorgelegten Zahlen unvereinbar. Es verbleibe dabei, dass die Änderung des Steuerrechts maßgeblich auf die Einkommensentwicklung eingewirkt habe. Die klägerseits angenommene betriebliche Übung bestehe nicht. Die in einer derartigen betrieblichen Übung liegende Beschränkung der Erwerbsmöglichkeit könne schon deshalb nicht vereinbart gewesen sein, weil der Kläger darüber hinaus auch Eigengeschäft mit 100-prozentiger Verprovisionierung, also ohne Beteiligung eines Beauftragten, generiert habe. Sollte eine Verpflichtung zum Vorhalten von Beauftragten angenommen werden, sei der Vortrag des Klägers gleichwohl nicht schlüssig, da eine Veränderung der Relation Beauftragter/Berater nicht dargelegt sei.

Der angebliche hohe Kostendruck des Klägers sei veränderbar, etwa indem er auf ein Leasingfahrzeug der BMW-7er-Klasse verzichten würde. Zu wiederholen sei, dass die Beklagte die besten Vermittler, zu denen sich der Kläger zähle, aus wirtschaftlichem Interesse nicht gehen lassen wollte und wolle.

Zum Vertrag vom 19.08.2002 (Bl. 276 d.A.) erklärt die Beklagte, es sei nicht auszuschließen, dass sich die vertragliche Situation später wieder geändert habe. Im Übrigen verbleibe es dabei, dass er nur die Verpflichtung des Klägers beschränke, nicht aber seine Möglichkeit, außerhalb des Gebiets der Regionaldirektion tätig zu werden, was er auch umfänglich getan habe. Soweit der Kläger auf erhöhte Reisekosten hinweise, sei zu beachten, dass es nicht um die Reisekosten insgesamt gehen könne. Ein substantiierter Vortrag des Klägers hierzu fehle.

Die Beklagte erklärt weiter, sie könne nicht nachvollziehen, wie sie die Qualität der Termine steuern und wie ihr insoweit ein schuldhafter Vorwurf gemacht werden könne. Die Tätigkeit im Büro gehöre zum Tätigkeitsbild eines Vertriebsmitarbeiters.

Die Zuweisung des Klägers zum G.-Vertriebsweg vor geraumer Zeit könne nur bedeuten, dass dem Kläger die Chance eingeräumt worden sei, über von Beauftragten generierte Termine Geschäft zu machen. Eine Beschränkung hinsichtlich der Zielgruppe, die er zum Verkauf der Produkte der Beklagten habe ansprechen dürfen, sei damit nicht verbunden gewesen. In räumlicher Hinsicht sei er nur auf das Gebiet der Regionaldirektion beschränkt gewesen, in dem er aber einschränkungslos tätig werden dürfe, selbst wenn sein persönlicher Arbeitsbereich räumlich enger gefasst worden sein sollte. Von einem derartigen, vom Gebiet der Regionaldirektion abweichenden Arbeitsbereich gehe sie trotz des Vertrages vom 19.08.2002 aber nicht aus. Wenn der Kläger erkläre, er sei weiter zu 90 % im G.-Geschäft tätig, dürfte dies seine Behauptung widerlegen, es gebe zu wenige Termine.

Soweit der Kläger im Termin bestritten habe, den Vertragstext vom 30.01.2007 gegengezeichnet zu haben, sei sein Vortrag verspätet.

Mit Beschluss vom 29.09.2010 wurde dem Kläger nachgelassen, zum neuen Sachvortrag im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 21.09.2010 schriftsätzlich zu erwidern, und zwar bis zum 27.10.2010. Der Kläger äußerte sich mit Schriftsatz vom 27.10.2010, der am selben Tage per Fax am Landesarbeitsgericht München einging. Er wiederholte im Wesentlichen seine Rechtsauffassung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm alle zur erfolgreichen Tätigkeit im Außendienst notwendigen Mittel und Arbeitsgrundlagen, namentlich den Zugangsweg zu den Kunden, zur Verfügung zu stellen. Dies sei über 34 Jahre verantwortungsvoll erfolgt, woraus sich die mehrfach erläuterte betriebliche Übung ergebe. Sein im Jahre 2009 erzieltes Einkommen beruhe zu über 40 % auf einem großen Abschluss bei einer Landshuter Unternehmung. Auf dieses Geschäft seien € 53.619,00 entfallen. Es habe ersichtlich nichts mit den sog. Alltagsgeschäften zu tun, aus denen der Kläger regelmäßig seine Umsätze generiert habe.

Mit weiteren Schriftsatz vom 28.10.2010, am selben Tage per Fax beim Landesarbeitsgericht eingegangen, machte der Kläger geltend, dass seine offensichtliche Diskriminierung anhalte, da er eine Einladung zu einem Workshop nicht erhalten habe.

Die Kammer trat am 10.11.2010 zur abschließenden Beratung zusammen.

Ergänzend wird wegen des Sachvortrags zweiter Instanz auf die Schriftsätze des Klägers vom 02.06.2010 und vom 23.08.2010, die Schriftsätze der Beklagten vom 12.08.2010 und vom 21.09.2010 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 29.09.2010 Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

Das Rechtsmittel des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 b) ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 11 Abs. 4, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO).

Die Begründung ist auch hinsichtlich der auf Schadensersatz gerichteten Anträge (noch) ausreichend erfolgt, weil der Kläger sie bereits auf Grund neuer Tatsachen als begründet erachtet hat (§ 520 Abs. 3 Nr. 4 ZPO). Dass weite Teile der Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO nicht genügen, weil sie nur den erstinstanzlichen Vortrag ohne Auseinandersetzung mit dem Ersturteil wiederholen oder als unreflektierte Übernahmen aus Parallelverfahren erscheinen, was an der Titulierung des Klägers als „Parallelkläger A.“ (vgl. Seite 37 der Berufungsbegründung; Blatt 1442 d.A.) deutlich wird, bleibt daher ohne Folgen.

II.

Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Klage wurde vom Arbeitsgericht zu Recht in vollem Umfang abgewiesen.

A.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, soweit der Kläger die Zahlung eines Ersatzes für in den Jahren 2006, 2007 und 2008 entgangene Vergütung fordert (Klageanträge 1 und 2). Denn es fehlt – wie das Arbeitsgericht zu Recht angenommen hat - an einer Anspruchsgrundlage für die erhobene Forderung. Auf die Einzelheiten der Berechnung ihrer Höhe kommt es nicht an.

1. Die mit den Zahlungsanträgen verfolgten Ansprüche ergeben sich nicht aus §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1, 252 BGB. Es fehlt bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, die § 280 Abs. 1 BGB voraussetzt.

1.1 Nach § 280 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger Ersatz des Schadens verlangen, der durch die Verletzung einer Pflicht aus dem Schuldverhältnis seitens des Schuldners entstanden ist. Der Begriff der Pflichtverletzung ist hierbei weit zu verstehen, erfasst werden Verstöße gegen Leistungs-, Nebenleistungs- und Verhaltenspflichten.

1.2 Der Kläger geht – dass ist der eruierbare Kern seiner umfänglichen Ausführungen – zunächst von einer Verpflichtung der Beklagten aus, ihn ausschließlich „im dualen System des Zugangswegs G. als Berater“, der ausschließlich von Beauftragten/Vorwerbern generierte Termine mit potentiellen Kunden bearbeitet, zu beschäftigen und/oder für eine Quantität und Qualität dieser Kundentermine zu sorgen, die zu einer - nicht näher definierten oder erkennbaren - „Bugwelle“ von Terminen im Gebiet der früheren Filialdirektion B-Stadt führt, die mit einer gewissen - nicht näher beschriebenen - Wahrscheinlichkeit zu Geschäftsabschlüssen führen – woraus sich die Obliegenheit ergibt, genügend hinreichend qualifizierte und motivierte Vorwerber/Beauftragte einzusetzen (hierzu 1.2.1).Ferner sieht er (zweitinstanzlich) eine Pflicht der Beklagten, ihn (als Berater der Regionaldirektion B-Stadt) vor Konkurrenz aus dem eigenen Hause, namentlich durch Agenturmitarbeiter zu bewahren (dazu 1.2.2); er geht zudem von einer Verpflichtung aus, die bisherige Zusammenarbeit mit dem G. vollständig oder doch weitergehend als derzeit (nach der Beauftragung von Call-Centern zur Mitgliederwerbung durch den G.) der Fall, aufrecht zu erhalten bzw. wieder aufzunehmen (dazu 1.2.3). Schließlich sieht er weitere Pflichtverletzungen, so in der Durchführung telefonischer Nachkontrolle und in Äußerungen zur Entwicklung der Vertriebsstruktur (1.2.4).Dem vermag das Berufungsgericht nicht, auch nicht in Teilen, zu folgen.

1.2.1 Eine Pflicht der HM oder der Beklagten zu einem ausschließlichen Einsatz des Klägers im „Zugangssystem G.“, zur Bereitstellung konkreter Termine oder zum Vorhalten einer auf ihre Gewinnung zielenden betrieblichen Organisation besteht nicht.

1.2.1.1 Eine ausdrückliche, schriftliche oder nur mündliche Abrede dieses Inhalts wird auch vom Kläger nicht behauptet; im Gegenteil betont er allgemein – unter nicht nachvollziehbarer Bewertung des Arbeitsvertrages als bloßen Rahmenvertrag – den nur knappen Umfang und den lediglich allgemeinen Inhalt der arbeitsvertraglichen Regelungen.

1.2.1.2 Entgegen seiner Auffassung fehlt es auch an einer konkludenten Vertragsänderung, einer sog. betrieblichen Übung. Es ist zwar richtig, dass ein wiederholtes und gleichförmiges Verhalten des Arbeitgebers als Angebot einer Vertragsänderung zu verstehen sein kann (§§ 133, 157 BGB), das nach Annahme durch den Arbeitnehmer unter Berücksichtigung des § 151 BGB zu einem vertraglichen Anspruch des Arbeitnehmers führt. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BAG (vgl. Urteil vom 31.07.2007 – 3 AZR 189/06, AP Nr. 79 zu § 242 BGB – betriebliche Übung). Bei der Prüfung im Einzelfall ist ein objektiver Beurteilungsmaßstab und nicht etwa die subjektive Bewertung durch den einzelnen Arbeitnehmer zugrunde zu legen. Es ist auch zu beachten, dass ein Bindungswille des Arbeitgebers bei Gegenständen, die die Organisation des Betriebs oder das Direktionsrecht des Arbeitgebers betreffen, nur ausnahmsweise anzunehmen sein wird (vgl. BAG vom 21.01.1997 – 1 AZR 572/96, AP Nr. 64 zu § 77 BetrVG 1972). Zu beachten ist ferner, dass bei Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung eine betriebliche Übung, die die Erfolgsabhängigkeit an zusätzliche, vertraglich nicht vereinbarte Vorleistungspflichten des Arbeitgebers knüpft, nur ausnahmsweise in Betracht kommen kann Vorliegend fehlt es an einem derartigen Verhalten der Arbeitgeberin. Der Kläger konnte bereits nicht annehmen, künftig nur im „Zugangssystem G.“ eingesetzt zu werden. Dies gilt schon deshalb, weil die Fortsetzung dieses Systems stets auch von einem entsprechenden Willen des G. abhängig war und ist. Dass dieser sich auch nur für eine überschaubare Frist derart gebunden hätte, ist aber ebenso wenig erkennbar wie ein maßgeblicher Einfluss der Beklagten auf seine Willensbildung. Zu diesem Aspekt hinzu tritt das Interesse der Arbeitgeberin, ihrer Vertriebsstrategie nach der Marktlage verändern und den Einsatz ihrer angestellten Vertriebsmitarbeiter im Wege der Weisung entsprechend umgestalten zu können. Dieses Interesse war dem Kläger als – unstreitig geschäftsgewandtem - Vertriebsmitarbeiter auch erkennbar; es entspricht nicht nur der typischen Interessenlage, sondern es kam auch dadurch zum Ausdruck, dass die zahlreichen schriftlichen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien immer nur allgemein auf eine sog. Werbertätigkeit abstellten. Letzteres hat der Kläger selbst stets hervorgehoben, etwa wenn er – inhaltlich nicht nachvollziehbar – die rechtliche Beziehung als bloßen Rahmenvertrag würdigte. Der Kläger durfte auch nicht davon ausgehen, die Beklagte wollte ihm für die Dauer seines Einsatzes im „Zugangssystem G.“ quantitativ und/oder qualitativ ausreichende Termine garantieren. Denn es ist schon nach seinem eigenen Vortrag nicht ersichtlich, dass es über einen längeren Zeitraum eine bestimmte Zahl von Beauftragten oder von ihnen generierter Termine gegeben hätte, so dass ein angestellter Berater in der Situation des Klägers hätte annehmen können, die Beklagte wollte sich zur künftigen Aufrechterhaltung dieses status quo verpflichten. Der Kläger übersieht bei seiner Argumentation ferner, dass – auch konkludente – Angebote zum Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages die einzugehende Verpflichtung so beschreiben müssen, dass ihr Inhalt bestimmt oder – zumindest – durch Auslegung eindeutig bestimmbar ist, es ihm aber nicht gelingt, einen solchen hinreichend klaren Inhalt darzustellen. Dies gilt hinsichtlich der angeblich geschuldeten Quantität ebenso wie für die vermeintlich zu wahrende Qualität der Termine, ferner auch für die zwischen den beiden Parametern bestehende Wechselwirkung. Die ebenso umfangreichen wie inhaltlich schwankenden Betrachtungen des Klägers hierzu lassen letztlich nur einen Maßstab erkennen: eine Terminslage, die stets, unter allen Umständen, bei überschaubarem (Reise- und Zeit-)Aufwand ein von ihm als angemessen empfundenes variables Entgelt gewährleistet, das allenfalls in einem Bereich von maximal 20 % schwanken dürfe. Dieser letztlich ausschließlich von der subjektiven Einschätzung des Klägers abhängige Maßstab kann nicht Gegenstand einer wirksamen rechtlichen Verpflichtung sein. Im Übrigen: Selbst wenn die Vergütungserwartung des Klägers für die Arbeitgeberin betragsmäßig einzuschätzen (gewesen) wäre, liegt es außerhalb des praktisch Denkbaren, dass sie ein diese Erwartung aufnehmendes Vertragsangebot konkludent unterbreitet hätte; dies folgt schon aus der ausdrücklichen Vereinbarung einer (teilweise) variablen Vergütung, die den Arbeitnehmer (auch) am wirtschaftlichen Risiko der geschäftlichen Entwicklung teilnehmen lässt. Schließlich gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger das Verhalten der Beklagten – abweichend von der Regel – so verstehen durfte, dass diese sich hinsichtlich der Organisation ihres Vertriebes vertraglich binden wollte.

1831.1.1.3 Eine im Rahmen des § 280 Abs. 1 BGB beachtliche Pflicht folgt auch nicht aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB. Zwar ergibt sich hieraus die Pflicht des Arbeitgebers, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, was man als „Fürsorgepflicht“ bezeichnen mag; sie umfasst aber nicht die Pflicht der Beklagten oder ihrer Rechtsvorgängerin, den Kläger ausschließlich im „Zugangsweg G.“ zu beschäftigen und ihm eine bestimmte Zahl qualitativ ausreichender Termine zuzuweisen oder auch nur eine hierzu geeignete Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Rücksichtnahmepflichten nach § 241 Abs. 1 BGB bestehen regelmäßig nur im Rahmen der von den Parteien getroffenen vertraglichen Vereinbarungen und als Nebenpflichten zu den beiderseitigen Hauptleistungspflichten. Die äußere Grenze der Rücksichtnahmepflichten bildet der allgemeine Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, bei der Rücksicht auf den Arbeitnehmer die eigenen schutzwerten Interessen zu vernachlässigen. Der Grad der Verpflichtung zur Rücksichtnahme ergibt sich aus einer Interessenabwägung; entscheidend ist, ob das Schutzinteresse des Arbeitnehmers das Eigeninteresse des Arbeitgebers überwiegt, d.h.: aus Sicht eines verständigen Dritten angemessen erscheint (vgl. BAG, Urteil vom 10.07.1991- 5 AZR 383/90, BB 1992, 211).Im Rahmen der Abwägung ist zugunsten der Arbeitgeberin ihre Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Frage zu berücksichtigen, mit welchen Vertriebsstrukturen sie am Markt erfolgreich sein möchte und wie sie dementsprechend den Betriebsablauf gestaltet. Die – ersichtlich abweichende – Auffassung des Klägers zu dieser Frage ist ebenso ohne Bedeutung wie die Einschätzung des Gerichts oder dritter Personen. Das Interesse des Klägers an Organisationsstrukturen, die ihm persönlich oder einem Kreis von Mitarbeitern, dem er angehört, optimale Vergütungschancen eröffnen, ist daher jedenfalls insoweit nicht geschützt, als die Unternehmerfreiheit beeinträchtigt wäre. Unbehelflich ist daher die Erwägung des Klägers, die Arbeitgeberin hätte Vorwerber/Beauftragte nicht abbauen und auf einen Vertrieb setzen dürfen, der vor allem von freien Mitarbeitern getragen wird. Soweit der Kläger eine – wie ausgeführt, letztlich nur nach seinen Verdienstvorstellungen zu bemessende – Qualität und Quantität von Terminen gewährleistet sehen möchte, übersieht er, dass sich die ausdrücklich als variabel vereinbarte Hauptleistungspflicht der Beklagten nicht über die Regelung der Nebenpflichten in § 241 Abs. 2 BGB ganz oder doch weit überwiegend zum Festgehalt umgestalten lässt.

1.2.1.4 Unzutreffend geht der Kläger auch davon aus, eine Pflichtverletzung ergebe sich aus dem Gedanken eines geschützten Kernbereichs des Arbeitsverhältnisses. Die vom Kläger zitierte Rechtsprechung knüpft daran an, dass dem Arbeitgeber kraft vertraglicher Vereinbarung die einseitige Veränderung der Hauptleistungspflicht oder die einseitige Durchführung struktureller und organisatorischer Maßnahmen möglich ist (BAG, Urteil vom 28.05.1997 - 5 AZR 125/96, BAGE 86, 61; Urteil vom 21.04.1993 - 7 AZR 297/92, NZA 1994, 476); dies ist aber vorliegend nicht der Fall, insbesondere auch nicht hinsichtlich der Änderung oder Abschaffung von „Zugangswegen“. Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung sind ebenso wenig gegeben wie die Möglichkeit, auf den Grundgedanken der herangezogenen Rechtsprechung zurückzugreifen. Die Anwendung der vom BAG entwickelten Rechtssätze käme nur in Betracht, wenn die ausschließliche Beschäftigung des Klägers im „Zugangsweg G.“ vertraglich vereinbart, aber gleichzeitig der Arbeitgeberin das Recht eingeräumt worden wäre, diese grundsätzlich bindende Abrede einseitig zu lösen oder diesen „Zugangsweg“ nicht unerheblich einseitig umzugestalten. Derartige Vereinbarungen liegen hier aber nicht vor.

1.2.1.5 Auch die klägerischen Hinweise auf die §§ 315, 242 BGB und die Verpflichtung der Beklagten, nach billigem Ermessen zu handeln, führen nicht weiter. So muss der Arbeitgeber nach § 106 Satz 1 GewO bei Ausübung seines Weisungsrechts zwar nach billigem Ermessen handeln; der klägerische Hinweis ist aber unbehelflich, weil allenfalls in Ausnahmefällen bei Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes eine Ermessensreduzierung auf Null in Betracht kommt, die zu einer konkreten Handlungspflicht des Arbeitgebers führt (vgl. BAG, Urteil vom 11.10.1995 – 5 AZR 1009/94, NZA-RR 96, 313; Urteil vom 17.12.1997 – 5 AZR 332/96, BAGE 87, 311). Da die Beklagte nicht zum öffentlichen Dienst gehört, kommt eine Ermessensreduzierung auf Null nicht in Betracht. Auch ein nicht die Weisungsbefugnis betreffendes, einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ist nicht erkennbar; auch der Kläger trägt hierzu nichts vor. Damit scheidet eine unmittelbare Anwendung des § 315 BGB aus. Soweit der Kläger diese Norm oder ihren Grundgedanken auf das faktische Handeln des Arbeitgebers im Arbeitsverhältnis beziehen möchte, kann in diesem Argument nicht mehr gesehen werden als die Wiederholung des Hinweises auf die vertragliche Rücksichtnahmepflichten gemäß §§ 241 Abs. 2, 242 BGB.

1.2.2 Es besteht auch keine Pflicht der Beklagten, den Kläger vor Konkurrenz durch andere Vermittler zu bewahren, wie er annimmt. Die Vereinbarung eines Gebiets- oder Kundenschutzes ist nicht ersichtlich, auch nicht aus den Darlegungen des Klägers. Im Gegenteil enthält der vom Kläger (zuletzt) für maßgeblich gehaltene Vertrag vom 19.08.2002 die Klausel, dass ein Bezirks- oder Kundenschutz nicht entstehe. Ergänzend sei festgehalten, dass eine Verletzung einer etwa bestehenden Pflicht dieser Art nur durch die einmalige Überschneidung einer Kundenbearbeitung durch den Kläger und durch Herrn B. erfolgt wäre. Dass und ggf. in welcher Höhe dieser einmalige Vorfall für eine Verdienstminderung des Klägers ursächlich geworden wäre, kann nach seinen Ausführungen nicht nachvollzogen werden. Wenn der Kläger in (ungebräuchlicher) bildhafter Sprache rügt, die Beklagte „grabe ihm das Wasser ab“, und darin einen Verstoß gegen § 138 BGB, Art. 12 GG sieht, führt dies schon deshalb nicht weiter, weil die Rechtsfolge des § 138 BGB die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts (und nicht die Verpflichtung zum Schadensersatz) ist.

1.2.3 Unzutreffend ist auch die Auffassung des Klägers, die Beklagte dürfe dem G. keine Gebiete zur Mitgliederwerbung über Call-Center „überlassen“. Wie dargestellt, besteht keine Pflicht der Beklagten, den Kläger im „Zugangsweg G.“ einzusetzen. Erst recht besteht gegenüber den Beschäftigten keine Pflicht, dieses Vertriebssystem ganz oder teilweise aufrecht zu erhalten. Im Übrigen: Auch die Halbierung des zur Verfügung stehenden Vertriebsgebiets würde allein nicht dazu führen, dass eine (auch wirtschaftlich) sinnvolle Arbeit des Klägers nicht mehr möglich wäre. Denn es käme entscheidend auf das Zahlenverhältnis von potentiellen Kunden und eingesetzten Vertriebsmitarbeitern an.

1.2.4 Die Arbeitgeberin hat auch nicht durch andere Handlungen eine Pflichtverletzung begangen. Dies gilt sowohl für die telefonische Kontrolle der Beratungstermine als auch die Äußerungen über die Entwicklung des Außendienstes. Vorschriften, die Derartiges verbieten würden, sind nicht ersichtlich.

2. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht, wie der Kläger meint, aus (Teil-)Unmöglichkeit. Zwar behält der Schuldner nach § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB den Anspruch auf die volle Gegenleistung, wenn der Gläubiger die Unmöglichkeit der Leistung (§ 275 Abs. 1 bis Abs. 3 BGB) allein oder weit überwiegend zu vertreten hat. Die dem Kläger obliegende Arbeitsleistung war und ist aber weder ganz noch teilweise unmöglich geworden. Die arbeitsvertraglich vereinbarte „Werber“-Tätigkeit ist vielmehr in vollem Umfang durchführbar, wie sich schon aus der klägerischen Einlassung ergibt, wonach er nach wie vor 12 Stunden täglich arbeite. Sein Hinweis, er sei jetzt aber mehr im Büro als früher, ist unbehelflich, weil sich die Tätigkeit des Vertriebsmitarbeiters zwar typischer Weise auch, aber nicht ausschließlich im Außendienst abspielt.

3. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aufgrund Annahmeverzugs aus dem Arbeitsvertrag i.V.m. §§ 615 Satz 1, 293 ff. BGB. Hiernach kommt der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistung in Annahmeverzug, wenn er die ihm (nach Maßgabe der §§ 294 bis 296 BGB) angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt. Dies kommt hier bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nach eigenem Vortrag nach wie vor 12 Stunden pro Tag Arbeit leistet. Soweit der Kläger davon ausgeht, die Arbeitgeberin schulde die Bereitstellung qualitativ und quantitativ ausreichender Termine als Mitwirkungshandlung im Sinne von § 296 Satz 1 BGB, bleibt festzuhalten, dass die Vorschrift nur das tatsächliche oder wörtliche Angebot nach § 294 bzw. § 295 BGB entbehrlich macht, nicht jedoch das von § 293 BGB vorgesetzte Merkmal der fehlenden Annahme der Leistung. Im Übrigen geht die klägerische Einschätzung fehl, dass diese Bereitstellung eine Mitwirkungshandlung darstelle. Denn unter Mitwirkungshandlungen sind diejenigen Maßnahmen zu verstehen, die der Gläubiger vornehmen muss, damit der Schuldner seine Leistung erbringen kann. Dass die vom Kläger geforderte Bereitstellung von Terminen nicht dazu zählt, ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Kläger während der gesamten Arbeitszeit dem Arbeitsvertrag gemäße Leistungen erbringt.

4. Da auch andere Anspruchsgrundlagen für das klägerische Begehren nicht ersichtlich sind, ergibt sich, dass das Arbeitsgericht die Klage insoweit zu Recht abgewiesen hat.

B.

Auch der – nach § 264 Nr. 2 ZPO ohne Weiteres zulässig modifizierte - Feststellungsantrag hat keinen Erfolg. Er ist unbegründet.Für den Anspruch, dessen Feststellung der Kläger begehrt, fehlt es an einer rechtlichen Grundlage. Dies ergibt sich aus den Ausführungen unter A.; hierauf wird Bezug genommen.

Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Kläger die Schadensersatzverpflichtung in diesem Antrag auf einen aus vier Elementen bestehenden Sachverhalt zurückführt, zu seiner Begründung aber vorträgt, dass (erst) die Kumulation von sechs Geschehensabläufen den angeblichen Schaden verursacht hat; schon dies führt zur fehlenden Schlüssigkeit seiner Begründung.

C.

Schließlich kann der Kläger von der Beklagten auch nicht verlangen, einem Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zuzustimmen.

1. Eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten folgt nicht aus dem Sozialplan Außendienst vom 10.04.1990 (Anlage K19; Bl. 172 ff. d.A.), der aufgrund der Nr. 3 der Interimsbetriebsvereinbarung zwischen der HM und ihrem Gesamtbetriebsrat (Anlage B4; Bl. 611 f. d.A.) bis 31.12.2008 in Kraft war. Zwar enthält er in seiner Nr. 8 Regelungen zum „Ausscheiden gegen Abfindung“; sie tragen den vom Kläger erhobenen Anspruch aber nicht.

1.1 Nach Nr. 8.1., Unterabs. 1 ist die Auflösung des Arbeitsverhältnisses von der Sozialplankommission zu beschließen, wenn der Außendienst-Angestellte dies beantragt hat. Ein solcher Beschluss fehlt jedoch; seine Existenz wird vom Kläger selbst nicht behauptet. Der klägerische Wunsch nach einer Beendigung vermag den vorgesehenen Beschluss nicht zu ersetzen; er ist vielmehr – ausweislich des Antragserfordernisses – eine bloße Voraussetzung für eine derartige Entscheidung der Kommission.

1.2 Auch Nr. 8.2 des genannten Sozialplans hilft dem Kläger nicht. Denn die Norm regelt nicht, parallel zu Nr. 8.1., die Voraussetzungen für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses; sie setzt vielmehr voraus, dass das in Nr. 8.1. vorgesehene Verfahren der Sozialplankommission und ggf. der Einigungsstelle zum Ergebnis geführt hat, dass das Arbeitsverhältnis aufgelöst werde, und regelt – daran anschließend – die Modalitäten der Beendigung in Form der Gewährung einer Abfindung und ihrer Bemessung. Selbst wenn aber die Norm – mit dem Arbeitsgericht – dahin zu verstehen wäre, dass jede vertragliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses hinreichende Bedingung für einen Abfindungsanspruch ist, so bleibt es doch dabei, dass Nr. 8.2. nicht dazu geeignet ist, den Widerstand der Arbeitgeberin gegen eine vertragliche Beendigung zu überwinden. Die Regelung setzt vielmehr ein Einvernehmen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, also auch einen darauf gerichteten Willen der Arbeitgeberin, voraus; daran fehlt es hier aber.

2. Ein Anspruch des Klägers auf Abgabe der begehrten Willenserklärung ergibt sich auch nicht aus dem – ebenfalls bis 31.12.2008 geltenden – Sozialplan für den Innendienst vom 30.11.1984. Der Kläger behauptet selbst nicht, als Außendienstmitarbeiter vom persönlichen Geltungsbereich dieses Sozialplans erfasst zu sein.

3. Die Beklagte muss dem klägerischen Vertragsangebot auch nicht aus Gründen der Gleichbehandlung zustimmen.

3.1 Ein Anspruch des Klägers auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages ergibt sich nicht aus § 7 Abs. 1 AGG, denn seinen Tatbestandsvoraussetzungen ist nicht genügt. Ob ein entsprechender Erfüllungsanspruch aus dieser Norm wegen § 15 Abs. 6 AGG oder wegen Unvereinbarkeit mit der durch Art. 2, 12 GG gewährleisteten Vertragsfreiheit ausgeschlossen ist, bedarf daher keiner Erörterung (vgl. zum Streitstand: BAG, Urteil vom 25.02.2010 – 6 AZR 911/08, DB 2010, 960 – 963, Rn. 16).§ 7 Abs. 1 AGG setzt eine Benachteiligung im Sinne der Legaldefinitionen des § 3 AGG voraus. Entgegen klägerischer Ansicht liegt aber weder eine unmittelbare Benachteiligung (§ 3 Abs. 1 AGG) noch eine mittelbare Benachteiligung (§ 3 Abs. 2 AGG) in dem Umstand, dass ihm das einvernehmliche Ausscheiden verweigert wurde und wird.

2013.1.1 Nach § 3 Abs. 1 AGG liegt die Benachteiligung in der – durch ein verbotenes Merkmal motivierten – „weniger günstigen Behandlung“ gegenüber einer Vergleichsperson. Sie kann in einem Tun oder Unterlassen bestehen, und sie kann durch faktische Maßnahmen oder rechtsgeschäftliche Handlungen erfolgen. Stets nötig ist aber eine objektiv zu beurteilende Zurücksetzung; die lediglich unterschiedliche Behandlung ist unzureichend (Wendelin-Schröder/Stein, § 3 AGG, Rn. 4 f.).Auch § 3 Abs. 2 AGG erfordert einen Vergleich, der zwischen Vergleichsgruppen vorzunehmen ist. Auch hier ist das Element der Zurücksetzung wesentlich; wie die Formulierung „benachteiligen können“ klar stellt, es ist jedoch der Nachweis einer tatsächlichen Beeinträchtigung nicht erforderlich (Wendelin-Schröder/Stein, a.a.O., Rn. 14 ff., insb. Rn. 25).Ein Verbleib des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis stellt sich aber aus objektiver Sicht nicht als Zurücksetzung des geschützten Beschäftigten bzw. der geschützten Gruppe gegenüber den Mitarbeitern dar, die ihr Arbeitsverhältnis, wenn auch gegen Zahlung einer – ggf. attraktiven – Abfindung, aufgeben und künftig auf andere Erwerbsmöglichkeiten angewiesen sind. Der Arbeitgeber ist daher im Regelfall nicht gehalten, im Rahmen eines Personalabbaus Aufhebungsverträge gegen Zahlung einer Abfindung abzuschließen. Dies gilt unter dem Gesichtspunkt des Verbots der Altersdiskriminierung (vgl. BAG, Urteil vom 25.02.2010 – 6 AZR 911/08, DB 2010, 960 – 963, Rn. 33; BAG, Urteil vom 17.12.2009 – 6 AZR 242/09, NZA 2010, 273 – 277, Rn. 31), aber ebenso unter dem Aspekt des Verbots der Diskriminierung nach dem Geschlecht. Wegen der gebotenen objektiven Betrachtung ist die Erhaltung des Arbeitsplatzes auch dann als positiv oder zumindest als neutral zu bewerten, wenn es einem Arbeitnehmer nach seiner subjektiven Auffassung aus wirtschaftlichen oder persönlichen Gründen vorzugswürdig erscheint, mit einer Abfindung das Unternehmen zu verlassen.

3.1.2 Nach diesen Grundsätzen ist hier eine Benachteiligung durch die fehlende Zustimmung zur einvernehmlichen Beendigung seitens der Beklagten nicht gegeben. Auch eine Ausnahme von der genannten Regel greift nicht ein. Dies gilt trotz der vom Kläger behaupteten Gehaltseinbußen. Auch wenn diese als wahr unterstellt werden, verbleibt es – objektiv – dabei, dass ihm ein finanziell attraktiver Arbeitsplatz mit – allgemeinkundig – überdurchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten erhalten bleibt. Dass der Kläger dieser Auffassung – subjektiv – nicht zu folgen vermag, ist, wie dargestellt, rechtlich unerheblich.

3.2 Der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz führt ebenfalls nicht zu der vom Kläger angenommenen Pflicht, da er bereits nicht anwendbar ist.Die Anwendung dieses Grundsatzes, der ungeachtet seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt wird, knüpft an eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers an. Er gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbstgesetzten Regelung gleich zu behandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Nicht anwendbar ist der Grundsatz jedoch, wenn Leistungen oder Vergünstigungen individuell vereinbart werden. Insoweit genießt die Vertragsfreiheit Vorrang vor dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 25.02.2010 – 6 AZR 911/08, DB 2010, 960 – 963, Rn. 43 ff.; Urteil vom 17.12.2009 – 6 AZR 242/09, NZA 2010, 273, Rn. 29), der sich das Berufungsgericht anschließt. Danach findet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz keine Anwendung, wenn ein Arbeitgeber mit Arbeitnehmern individuelle Vereinbarungen über die Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses unter Zahlung von Abfindungen trifft, und zwar auch dann nicht, wenn die Abfindungen dem Grunde und der Höhe nach in einer Betriebsvereinbarung festgelegt sind. Hat sich der Arbeitgeber vorbehalten, in jedem Einzelfall über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu entscheiden, fehlt es bereits an einer verteilenden Entscheidung von seiner Seite nach einer von ihm selbst aufgestellten Regel (BAG, Urteil vom 25.02.2010, a.a.O., Rn. 46).Da die HM sich vorliegend eine solche Einzelfallentscheidung vorbehalten hat, wie sich aus dem letzten Satz der Nr. 3 der Betriebsvereinbarung zur Vereinbarung sozialpolitischer Maßnahmen „Sofortaktion“ entnehmen lässt, trägt der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz das klägerische Begehren nicht..

3.3 Soweit der Kläger auf Art. 3 GG und § 75 BetrVG hinweist, bleibt festzuhalten, dass die Vorschriften weder unmittelbar als Anspruchsgrundlage im Arbeitsverhältnis in Betracht kommen noch dass sie inhaltlich einen Schutz bezwecken, der über den der Regelungen des AGG und des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes hinaus gehen würde .

3.3 Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht erkennbar.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Im Einzelnen gilt die nachfolgende Rechtsmittelbelehrung.

        Dyszak                  Schärtl                  Müller