Bayerischer VGH, Urteil vom 07.12.2010 - 14 N 08.2409
Fundstelle
openJur 2012, 112406
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung der Kostenentscheidung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht zuvor der Antragsgegner Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 39 "Grünzug am südöstlichen Ortsrand - Abschnitt I" des Antragsgegners. Der Bebauungsplan wurde am 17. September 2007 als Satzung beschlossen und am 27. September 2007 in Kraft gesetzt.

Der Geltungsbereich wird im Norden begrenzt durch das bestehende Wohnbaugebiet "Am Kesselberg" und den Gewerbebetrieb der Firma C., im Osten durch die Kreisstraße FÜ 19, im Süden durch Forstflächen und das Wohnbaugebiet Nr. 6a im südwestlichen Abschnitt sowie im Westen durch die bestehende Bebauung entlang der Pleikershofer Straße und unbebauter Flächen des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. 6.

Der Bebauungsplan setzt im Norden, Westen und Südwesten entlang der bestehenden Wohnbebauung private Grünflächen/Obstgärten, im übrigen Flächen für die Landwirtschaft - Grünlandnutzung sowie Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft fest. Nach den textlichen Festsetzungen sollen alle bis zum Satzungsbeschluss vorhandenen Gehölze, Nebenanlagen und Wegebefestigungen in den als private Gartenfläche/Obstgärten festgesetzten Flächen bestehen bleiben. Der naturnahe Gehölz- und der Obstbaumbestand ist zu erhalten und durch fachgerechte Pflegemaßnahmen zu entwickeln. Ausgefallene Obstbäume sind durch regionaltypische hochstämmige Obstbaumsorten zu ersetzen. Pro angefangene 200 m² ist ein hochstämmiger Obstbaum einer regionaltypischen Sorte zu pflanzen oder zu erhalten. Fremdländische Gehölze, Koniferen und rotlaubige Sorten sind zur Entwicklung eines harmonischen und ortstypischen Ortsrandes verboten. Bis zum Satzungsbeschluss vorhandene Einfriedungen erhalten Bestandsschutz. Bei Veränderungen oder Erneuerung sind sie um drei Meter von der Grenze zurück zu setzen und nach näherer Maßgabe einzupflanzen. Einfriedungen sind als grün Kunststoff ummantelter Maschendrahtzaun auszuführen. Gleiches gilt für neue Einfriedungen auf den Grundstücken mit den Flurnummern 568, 568/8 und 568/9. Ferner wurden Vorschriften im Hinblick auf Nebengebäude, Verkehrsflächen und Ausstattungsgegenstände in die textlichen Festsetzungen aufgenommen.

In der Begründung und dem Umweltbericht zum Bebauungsplan wird ausgeführt, mit der Aufstellung des Bebauungsplans werde das Ziel verfolgt, den bestehenden Grünzug am südöstlichen Ortsrand in seiner ortstypischen Prägung zu sichern. Mit der Planung würden darüber hinaus städtebauliche Fehlentwicklungen dargestellt, bewertet und Festsetzungen getroffen, die die Nutzungen für den Ortsrand und den Grünzug nachhaltig ordnen. Einerseits sollten die baurechtlichen Voraussetzungen für eine Freizeitnutzung, nämlich die Nutzung der aus der landwirtschaftlichen Nutzung genommenen Obstwiesen als Gärten, mit zu definierenden baulichen Nebenanlagen geschaffen werden und bereits errichtete Einfriedungen ungeachtet ihrer Rechtmäßigkeit bestehen bleiben können. Zum anderen müssten die auf den Grundstücken vorhandenen Kleinstrukturen des Landschaftsbildes wie Hecken, Raine, Gräben, Weiher, Einzelbäume etc. nachhaltig geschützt und erhalten sowie ein aufgelassener Obstbestand gesichert, aufgewertet und in das "Ökokontokataster" eingestellt werden. Dies sei allein durch den Flächennutzungsplan nicht gewährleistet. Ferner sollten durch die verbindliche Definition des südöstlichen Ortsrandes Grundstücksspekulationen beendet werden.

Im Flächennutzungsplan sind für diesen Bereich neben Feuchtflächen im östlichen Teil und einem Feldgehölz im Südosten Flächen für die Landwirtschaft/Grünland und Obstgärten zur Erhaltung eines wertvollen Teils der Kulturlandschaft durch Freihaltung von Bebauung dargestellt.

Der Antragsteller ist Eigentümer der Grundstücke mit den Flurnummern 573/3 und 573/4 der Gemarkung Cadolzburg. Auf dem zuerst genannten steht das Wohnhaus des Antragsstellers. Es fällt teilweise und das Grundstück Flurnummer 573/4 völlig unter die Festsetzung "private Grünflächen/Obstgärten".

Der Antragsteller erhob während des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplanes Einwendungen. Er wandte sich gegen die Festsetzung "private Grünflächen/ Obstgärten", so weit sie 7350 m² seiner Grundstücke Flurnummern 573/3 und 573/4 erfasst.

Im Normenkontrollverfahren macht er geltend, seine Grundstücke würden dauerhaft einer Bebauungsmöglichkeit entzogen. Ferner enthalte der Bebauungsplan erhebliche Nutzungsbeschränkungen und Auflagen für Obstgärten und private Grünflächen.

Die verfahrensgegenständliche Satzung werde fälschlich als Bebauungsplan bezeichnet. Es handle sich um einen reinen Grünordnungsplan gemäß Art. 3 Abs. 5 BayNatSchG. Zudem bestehe eine weitere Unklarheit bei der Bezeichnung der am 27. September 2007 bekannt gemachten Satzung. In den öffentlichen Bekanntmachungen enthalte die Bezeichnung des Bebauungsplans Nummer 39 "Grünzug am südöstlichen Ortsrand" den Zusatz "Abschnitt I", den die Ausfertigung des Bebauungsplans nicht aufweise.

Der Bebauungsplan sei nicht erforderlich im Sinn von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Darüber hinaus bedürfe es für Grünordnungspläne gemäß Art. 3 Abs. 5 Satz 1 BayNatSchG einer besonderen Planrechtfertigung. Die Bebauungsplanunterlagen, insbesondere die Begründung vom 23. April 2007, ließen nicht erkennen, warum ein derart großer Teil des Gemeindegebiets - etwa 75.000 m² - auf Dauer der Bebauung entzogen werden sollte und darüber hinaus den Grundstückseigentümern erhebliche Nutzungsbeschränkungen und Pflanzgebote zugemutet würden. Der Erlass eines Grünordnungsplans sei schon deshalb nicht städtebaulich erforderlich, weil es sich um Außenbereichsflächen im Sinn von § 35 BauGB handele, die im Flächennutzungsplan als Grünflächen dargestellt seien. Bereits jetzt würden Bauvorhaben in diesem Bereich regelmäßig öffentliche Belange beeinträchtigen. Die Begründung lasse nicht erkennen, warum die Eigentümer zusätzlich durch einen Grünordnungsplan belastet werden sollen, ebenso wenig, warum die gärtnerische Nutzung derart stark reglementiert werde. Der Bebauungsplan diene im Übrigen der Legitimation der Einzäunung von Grundstücken, die einige Eigentümer wünschten, und damit auch der von - teilweise bereits erfolgten - Eingriffen in Natur und Landschaft.

Der Bebauungsplan sei nicht ordnungsgemäß aus dem Flächennutzungsplan oder dem Landschaftsplan entwickelt worden. Es widerspreche den dortigen Darstellungen, wenn bauliche Anlagen, wie Einzäunungen und Gartenhäuschen, die sonst im Außenbereich nicht zulässig seien, zugelassen würden. Dies beeinträchtige die geordnete städtebauliche Entwicklung. Die Planung widerspreche offensichtlich dem durch den Flächennutzungsplan oder Landschaftsplan beabsichtigten städtebaulichen und landschaftsplanerischen Leitbild.

§ 2.2.5 der Satzung enthalte hinsichtlich der Einfriedungen unzulässige Festsetzungen. Danach sollen auf den Grundstücken Flurnummern 568, 568/8 und 568/9 neue Einfriedungen gestattet sein. Diese ließen sich jedoch nicht als Nebenanlagen im Sinn von § 14 BauNVO rechtfertigen, da hier kein Baugebiet im Sinne dieser Vorschrift festgesetzt worden sei. Es widerspreche dem Sinn von Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO, wenn durch örtliche Bauvorschriften über Einfriedungen bestehende, offensichtlich illegal errichtete Zäune ohne Rücksicht auf die Auswirkungen auf das Landschaftsbild erhalten bleiben dürften. Im übrigen sei ein Abwägungsausfall zum Nachteil von Grundstückseigentümern festzustellen, deren Grundstücke nicht bereits eingefriedet seien, und anders als die Eigentümer der Grundstücke mit den Flurnummern 568, 568/8 und 568/9 keine neuen Einfriedungen errichten dürften.

Der Bebauungsplan sei außerdem wegen Verstoßes gegen das Gebot gerechter Abwägung unwirksam. Ein Abwägungsfehler sei darin zu sehen, dass gegenüber dem Antragsteller, der in großem Umfang - etwa 7350 m² - mit der Festsetzung einer privaten Grünfläche belastet worden sei, andere Eigentümer willkürlich bevorzugt worden seien, indem deren Grundstücke nicht in den Planbereich einbezogen worden seien. Bestandteile des schon jetzt in der Natur vorhandenen Grünzugs seien insbesondere die Grundstücke mit den FlNrn. 570/4 und 570/3, die jedoch außerhalb der festgesetzten Grünflächen blieben. Willkürlich erscheine auch die geringfügige Inanspruchnahme des Grundstücks mit der FlNr. 573/16. Die Begründung hierfür, dass diese Flächen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 6 lägen und dies ein hinreichender Grund dafür sei, die betreffenden Grundstücke außerhalb der Grünordnungsplanung zu belassen, ändere daran nichts. Für diese Grundstücke seien Flächen für einen Kindergarten und den dazugehörigen Spielplatz ausgewiesen. Der Antragsgegner verfolge diese Planung jedoch nicht mehr weiter und habe deswegen bereits im Jahr 2001 den Beschluss gefasst, die Gemeinbedarfsfläche aufzugeben. Der Bebauungsplan Nr. 6 sei funktionslos geworden, weshalb diese Flächen nicht anders zu beurteilen seien als die Grundstücke des Antragstellers.

Eine gerechte Abwägung der privaten Belange erfordere grundsätzlich eine möglichst gleichmäßige Belastung. Das hätte dadurch erreicht werden können, dass das Grundstück Flurnummer 570/3 in den Grünordnungsplan einbezogen worden wäre, was ermöglicht hätte, die Westgrenze des Plangebiets unter Beibehaltung des Flächenumfangs des Grünzugs weiter nach Osten zu verschieben. Ein gerechter Ausgleich hätte ferner durch eine Umlegung bewerkstelligt werden können, was jedoch von vorneherein ausgeschlossen sei, weil die großen Grundstücke mit den Flurnummern 570/3 und 570/4 nicht in den Geltungsbereich des verfahrensgegenständlichen Bebauungsplans einbezogen worden seien. Im Ergebnis werde den Eigentümern dieser Grundstücke die Bebauung ihrer Flächen auf Kosten des Antragstellers ermöglicht. Die Ungleichbehandlung werde weder dadurch gerechtfertigt, dass Schadensersatzansprüche der Eigentümer der Grundstücke mit den Flurnummern 570/3 und 570/4 befürchtet werden müssten, weil die Plangewährleistungsfrist des in den Jahren 1977 und 1978 in Kraft getretenen Bebauungsplans Nr. 6 längst abgelaufen sei, noch durch eine unterschiedliche ökologische Wertigkeit gegenüber den Grundstücken des Antragstellers.

Der Antragsteller beantragt,

den Bebauungsplan Nr. 39 "Grünzug am südöstlichen Ortsrand - Abschnitt I" für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der zulässige Normenkontrollantrag sei unbegründet. Der verfahrensgegenständliche Bebauungsplan sei formell und materiell rechtmäßig.

Die Bezeichnung der Satzung als "Bebauungsplan" sei korrekt. Der Bebauungsplan sei gerade städtebaulich veranlasst. Im Übrigen könne auch ein Grünordnungsplan als Bebauungsplan erlassen werden. Soweit im Laufe des Verfahrens an manchen Stellen der Zusatz "Abschnitt I" zur Bezeichnung "Grünzug am südöstlichen Ortsrand" auftauche, sei dies unschädlich, denn allen Beteiligten sei stets bekannt gewesen, dass es sich um diesen einen verfahrensgegenständlichen Bebauungsplan handle.

Der Bebauungsplan sei erforderlich im Sinn von § 1 Abs. 3 BauGB. Diesem Erfordernis sei dann genügt, wenn die einzelnen Festsetzungen im Rahmen der Gesamtkonzeption vernünftigerweise geboten seien. Der Antragsgegner beabsichtige, den Geltungsbereich städtebaulich zu ordnen, wobei das Ziel verfolgt werde, den bestehenden Grünzug am südöstlichen Ortsrand in seiner ortstypischen Prägung zu sichern.

Der Bebauungsplan werde dem Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB gerecht. Abweichungen von den Darstellungen des Flächennutzungsplans seien unschädlich, wenn sie sich aus dem Übergang in eine stärker verdeutlichende Planstufe unter Beibehaltung der Grundkonzeption des Flächennutzungsplans rechtfertigten. Der Flächennutzungsplan stelle die Flächen als Grünland, Obstgärten und Biotope dar. Kleine Änderungen in Bezug auf Zäune und untergeordnete Nebenanlagen berührten das Grundkonzept des Flächennutzungsplans nicht. Im Übrigen wären die Abweichungen gemäß § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB unbeachtlich, da die städtebauliche Entwicklung nicht beeinträchtigt werde und Deckungsgleichheit hinsichtlich des räumlichen Bereichs der Pläne bestehe.

Der Bebauungsplan leide nicht an einem Abwägungsfehler. Zutreffend sei, dass einzelne Eigentümer nicht durch einen übermäßig hohen Anteil abzutretender Grundflächen belastet werden dürften, während andere davon verschont blieben. Seien Differenzierungen in den Belastungen jedoch sachlich gerechtfertigt, liege ein Abwägungsfehler nicht vor. Es fehle im Hinblick auf den Antragsteller bereits an einer Belastung in diesem Sinn. Durch die Überplanung sei dem Antragsteller keine rechtliche Position entzogen worden. Eine bauliche Nutzung seiner Grundstücke sei - soweit sie im Geltungsbereich des Bebauungsplans lägen - nie zulässig gewesen. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass auf eine Ausweitung des Geltungsbereichs nach Westen bis an die bebaute Teilfläche auf FlNr. 573/3 verzichtet worden sei, wodurch die Bebauung in zweiter Reihe noch möglich sei. Den Interessen der Grundstückseigentümer werde damit Rechnung getragen.

Die Grundstücke mit den Flurnummern 570/3 und 570/4 lägen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 6 aus dem Jahr 1976. An dieser Stelle sei eine Fläche für Gemeinbedarf ausgewiesen. Hierin liege der entscheidende Differenzierungsgrund zu den Grundstücken des Antragstellers. Im Hinblick auf den verfahrensgegenständlichen Bebauungsplan sei es nicht entscheidend, dass möglicherweise ein Zweifel an der Realisierung der festgesetzten Gemeinbedarfsflächen bestanden habe. Das Grundstück mit der FlNr. 573/16 werde vom Planumgriff erfasst. Der Verlauf der Grünfläche sei durch die örtlichen Verhältnisse vorgegeben.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich nicht beteiligt.

Nach der Anhängigkeit des Normenkontrollantrags hat der Antragsgegner ein ergänzendes Verfahren durchgeführt. Insbesondere die Festsetzungen bezüglich des Bestandsschutzes der Einfriedungen, des Baumbestandes - insoweit durch die Festsetzung zu erhaltender Einzelbäume und Obstbäume -, der Nebenanlagen und weiterer baulicher Nutzungsmöglichkeiten sollten näher erläutert bzw. verbessert werden. Das Hauptziel des Schutzes und des Erhalts des durchgängigen Grünzugs mit seinen orts- und regionaltypischen Grundstrukturen sollte bestehen bleiben. Hierzu nahm der Antragsteller auf einen bei den Aufstellungsvorgängen befindlichen Bestands- und Konfliktplan Bezug.

Der Antragsteller hält seinen Normenkontrollantrag gegen den geänderten Bebauungsplan aufrecht. Er wendet dagegen ein, dass weder dem Bebauungsplan, noch seiner Begründung oder dem Umweltbericht entnommen werden könne, warum gerade zwölf Obst- beziehungsweise Einzelbäume auf seinen Grundstücken erhaltenswert seien. Es sei nicht einzusehen, dass auf diese Weise seine Nutzungsmöglichkeiten im Vergleich zu denen anderer Grundstückseigentümer nochmals erheblich eingeschränkt würden.

Wegen der Einzelheiten wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten, insbesondere die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 7. Dezember 2010 verwiesen.

Gründe

Der zulässige Normenkontrollantrag hat in der Sache keinen Erfolg.

Die verfahrensgegenständliche Satzung ist ein Bebauungsplan im Sinn des § 8 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Er enthält rechtsverbindliche Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung des überplanten Bereichs. Unabhängig davon, dass er auch als sogenannter isolierter Grünordnungsplan gemäß Art. 3 Abs. 5 Sätze 1 und 2 BayNatSchG ohne Rücksicht auf die Bezeichnung hätte wirksam erlassen werden können, werden mit ihm städtebauliche Zielsetzungen verfolgt. Insbesondere für die Grundstücke des Antragstellers wird als zulässige Nutzung private Grünflächen in der Form von Obstgärten festgesetzt, die darüber hinaus in beschränktem Umfang sonstiger gärtnerischer und Freizeitnutzung dienen sollen. Ferner soll der südöstliche Ortsrand in seiner ortstypischen Prägung erhalten werden, wobei die Bewahrung eines bestimmten, vorhandenen Ortsbilds als städtebaulicher Belang inmitten steht.

Unschädlich ist darüber hinaus, dass der Bebauungsplan einmal als „Grünzug am südöstlichen Ortsrand“ bezeichnet wurde und schließlich in der am 22. Februar 2010 rückwirkend als Satzung beschlossenen Fassung, die Gegenstand dieses Normenkontrollverfahrens ist, den Zusatz „Abschnitt I“ erhalten hat, der bereits im Aufstellungsverfahren verschiedentlich gebraucht worden war. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dies zu Verwechslungen hätte führen können oder die im Aufstellungsverfahren, insbesondere bei der Auslegung des Planentwurfs wesentliche „Anstoßwirkung“ beeinträchtigt gewesen wäre.

Der Bebauungsplan ist erforderlich im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Erforderlich im Sinn dieser Vorschrift ist die Aufstellung eines Bebauungsplans dann, wenn die ihr zugrunde liegende Konzeption auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung zielt. Die Entscheidung über die Erforderlichkeit der Aufstellung von Bauleitplänen steht grundsätzlich in der planerischen Gestaltungsfreiheit der Gemeinde. Diese planerische Gestaltungsfreiheit ist an die Verpflichtung, auf eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung abzuzielen, gebunden. Dieser Bindung ist genügt, wenn überhaupt hinreichend gewichtige Allgemeinbelange für eine bestimmte Planung sprechen (Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB, BauNVO, 4. Aufl. 2005, RdNrn. 15, 27 zu § 1). Nicht erforderlich sind Bebauungspläne, die einer positiven städtebaulichen Planungskonzeption entbehren und mit denen Ziele verfolgt werden, für deren Verwirklichung die Bauleitplanung nicht bestimmt ist (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, RdNr. 33 zu § 1).

Mit dem Ziel der Erhaltung der überkommenen Ortsrandgestaltung in der nach Auffassung des Antragsgegners typischen Form von Streuobstwiesen einerseits und der Steuerung einer Entwicklung dieser Flächen hin zu einer Freizeitnutzung mit der Errichtung von Einfriedungen und anderen Einrichtungen, die im Interesse der Eigentümer und Nutzer nicht unterbunden werden soll, andererseits, liegt der Bauleitplanung eine nachvollziehbare Konzeption zugrunde, die aus städtebaulichen Gründen nicht zu beanstanden ist. Sie erschöpft sich nicht in der Freihaltung dieser Flächen von Bebauung. Mit ihr wird vielmehr für den Geltungsbereich des Bebauungsplans eine positive städtebauliche Planungskonzeption verfolgt. Im Hinblick darauf ist es unerheblich, wenn damit Einfriedungen, die bisher bauplanungsrechtlich unzulässig waren, nachträglich legitimiert werden.

Der Bebauungsplan verstößt nicht gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Der Flächennutzungsplan ist ein vorbereitender Bauleitplan. Er stellt die Nutzung des Gemeindegebiets nur in den Grundzügen dar. Die Entwicklung des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan bedeutet eine konzeptionelle Ableitung der Festsetzungen des Bebauungsplans aus den Darstellungen des Flächennutzungsplans. Damit ist eine gewisse Gestaltungsfreiheit der planenden Gemeinde verbunden. Ihr steht ein Spielraum zur weiteren Ausplanung mittels Bebauungsplan zu, soweit die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans nicht verlassen wird. Der Bebauungsplan kann von den Darstellungen des Flächennutzungsplans sowohl hinsichtlich Art und Maß der jeweils dargestellten Nutzung als auch im Hinblick auf die räumlichen Abgrenzungen in gewissen Grenzen abweichen. Der Bebauungsplan hat sich jedoch innerhalb der Grundkonzeption des Flächennutzungsplans zu bewegen. Dies ist dann der Fall, wenn sich Abweichungen aus dem Übergang in eine stärker verdeutlichende Planstufe rechtfertigen (Söfker a.a.O., RdNrn. 6 und 9 zu § 8).

So liegen die Dinge hier. Für den Bereich, hinsichtlich dessen der Antragsteller rügt, der Bebauungsplan widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplans, wenn bauliche Anlagen wie Einzäunungen und Gartenhäuschen, die sonst im Außenbereich nicht zulässig seien, zugelassen würden, sind im Flächennutzungsplan Flächen für die Landwirtschaft/Grünland und Obstgärten als Flächen zur Erhaltung eines wertvollen Teils der Kulturlandschaft durch Freihaltung von Bebauung dargestellt. Innerhalb dieser Grundentscheidung für eine offene Grünland- und Obstgartennutzung halten sich die Festsetzungen des Bebauungsplans auch insoweit, als nicht Landwirtschaft, sondern private Grünflächen und Obstgärten festgesetzt werden. Denn Sinn der Darstellungen im Flächennutzungsplan ist die Erhaltung der hier bestehenden wertvollen Kulturlandschaft. Nach der planerischen Konzeption des Antragsgegners soll dieses Ziel unter Berücksichtigung der privaten Belange der Eigentümer und sonstigen Nutzer der am Rande der Bebauung gelegenen Grundstücke an einer Garten- und Freizeitnutzung erreicht werden. Hinweise darauf, dass diese Zielsetzung mit den getroffenen Festsetzungen schlechterdings nicht erreicht werden kann, gibt es nicht.

Den Festsetzungen hinsichtlich der Einfriedungen und sonstigen Nebenanlagen steht nicht entgegen, dass im Geltungsbereich des Bebauungsplans keine „Hauptanlagen“ zulässig sind, zu denen § 14 BauNVO die dazu gehörenden Nebenanlagen rechtfertigen würde. Diese Vorschrift hat nicht die Wirkung, dass die Zulässigkeit von Einfriedungen, Gartenhäuschen und Geräteschuppen von der Zulässigkeit der in den §§ 2 bis 13 BauNVO genannten Anlagen abhängig wäre. Nach der Begründung des Bebauungsplans ist städtebauliches Ziel, die Erhaltung des typischen Ortsrandbildes unter Ermöglichung der freizeitgärtnerischen Nutzung. Davon, dass die bestehenden Einfriedungen ohne Rücksicht auf die Auswirkungen auf das Landschaftsbild sanktioniert werden sollen, kann mithin keine Rede sein. Die Festsetzungen selbst konnten gemäß § 9 Abs. 4 BauGB i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nrn. 1 und 5 BayBO im Bebauungsplan getroffen werden.

Der Bebauungsplan leidet schließlich an keinem Abwägungsfehler. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Gebot gerechter Abwägung des § 1 Abs. 7 BauGB dann verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet (Abwägungsausfall), wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss (Abwägungsdefizit) oder wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt und dadurch die Gewichtung verschiedener Belange in ihrem Verhältnis zueinander in einer Weise vorgenommen wird, durch die die objektive Gewichtigkeit eines dieser Belange völlig verfehlt wird (Abwägungsfehleinschätzung). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen dafür entscheidet, den einen zu bevorzugen und damit notwendig einen anderen zurück zu stellen (BVerwG vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 und vom 5.7.1994, BVerwGE 45, 309). Ein Abwägungsfehler in der Form der Abwägungsfehleinschätzung liegt auch dann vor, wenn die von der Planung berührten privaten Belange nicht ohne sachliche Rechtfertigung ungleich behandelt werden (BVerwG vom 19.4.2000 NVwZ-RR 2000, 532).

Eine derartige ungerechtfertigte Ungleichbehandlung privater Belange kann der Antragsteller nicht mit der Begründung geltend machen, die Eigentümer der Grundstücke mit den FlNrn. 570/3 und 570/4 der Gemarkung Cadolzburg, die sich von denen des Klägers hinsichtlich ihres tatsächlichen Zustandes nicht unterscheiden würden, würden dadurch ihm gegenüber bevorzugt, dass ihre Flächen nicht in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogen worden seien. Im Gegensatz zu seinen würde diesen Grundstücken nicht jegliche Möglichkeit der Bebauung entzogen.

Der Antragsgegner weist zum einen zu Recht darauf hin, dass dem Antragsteller keine Rechtsposition entzogen worden ist. Seine Grundstücke liegen nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten im Außenbereich und waren deshalb schon bisher nur im Rahmen des § 35 BauGB, d. h. bei realistischer Betrachtungsweise nicht bebaubar. Dem Kläger ist damit hinsichtlich eines Baurechts keine Belastung im Vergleich zu anderen Grundstückseigentümern zugemutet worden.

Die Belange des Klägers sind aber auch nicht gegenüber denen anderer Grundstückseigentümer, insbesondere derjenigen der Grundstücke FlNrn. 570/3 und 570/4 ohne rechtfertigenden Grund ungleich behandelt worden. Diese Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans des Antragsgegners Nr. 6. Auf dem Grundstück FlNr. 570/4 ist eine Gemeinbedarfsfläche für einen Kindergarten festgesetzt, auf dem Grundstück FlNr. 570/3 ein Kinderspielplatz. Im Gegensatz dazu haben sich die Grundstücke des Antragstellers - wie bereits ausgeführt - schon bisher im baulichen Außenbereich befunden.

Der Bebauungsplan Nr. 6 ist im Bereich der Grundstücke FlNrn. 570/3 und 570/4 nicht deshalb funktionslos und damit unwirksam geworden, weil der Antragsgegner inzwischen die Realisierung des Kindergartens nicht mehr verfolgt. Ein Bebauungsplan wird funktionslos und damit unwirksam, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse offenkundig so geändert haben, dass eine Verwirklichung seiner Festsetzungen auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen ist (Löhr in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009 RdNr. 7a zu § 9). Das ist nicht der Fall, wenn die Errichtung einer Einrichtung wie eines Kindergartens aufgegeben wird. Angesichts der tatsächlichen Verhältnisse auf den Grundstücken und in seiner Umgebung könnten Kindergarten und Kinderspielplatz jederzeit errichtet werden. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die Grundstücke im Vollzug des Bayerischen Gesetzes zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Kindergärten, anderen Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege für eine Kindertageseinrichtung benötigt werden. Der Bebauungsplan Nr. 6 ist auch hinsichtlich der Grundstücke FlNrn. 570/3 und 570/4 solange wirksam, als er nicht durch eine bauleitplanerische Entscheidung des Antragsgegners aufgehoben oder geändert wird.

Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung privater Belange ist auch nicht insoweit erkennbar, als vom Grundstück mit der FlNr. 573/16, das an die Grundstücke des Antragstellers im Südwesten angrenzt, ein nur verhältnismäßig kleiner Teil in den Geltungsbereich des verfahrensgegenständlichen Bebauungsplan einbezogen worden ist. Dies ergibt sich aus den tatsächlichen Verhältnissen und im Übrigen auch daraus, dass auf dem Grundstück des Antragstellers mit der FlNr. 573/3 die Möglichkeit einer Bebauung in zweiter Reihe nicht ausgeschlossen werden sollte. Es sind keine Gründe erkennbar, nach denen der Antragsgegner eine größere Teilfläche von FlNr. 573/16 in die private Grünfläche hätte einbeziehen sollen.

Als unterlegener Teil hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

 

Beschluss

Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und 7 GKG).