Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 16.12.2010 - Vf. 6-VII-10
Fundstelle
openJur 2012, 112277
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Gründe

I.

1. Gegenstand der Popularklage ist Art. 13 e des Gesetzes über den Schutz der Natur, die Pflege der Landschaft und die Erholung in der freien Natur (Bayerisches Naturschutzgesetz – BayNatSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Dezember 2005 (GVBl 2006 S. 2, BayRS 791-1-UG), geändert durch Gesetz vom 25. Februar 2010 (GVBl S. 66).

a) Die angegriffene Bestimmung und die damit im Zusammenhang stehenden Regelungen des Bayerischen Naturschutzgesetzes haben folgenden Inhalt:

III a. Abschnitt Schutz des Europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“, gesetzlicher Schutz von Biotopen, Biotopverbund

Art. 13 b Auswahl; besonderer Schutz der Gebiete

Art. 13 c Schutzvorschriften

Art. 13 d Gesetzlich geschützte Biotope

(2) 1 Für eine Maßnahme kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen der jeweiligen Standorteigenschaften für wild lebende Tiere und Pflanzen ausgeglichen werden können oder wenn die Maßnahme aus überwiegenden Gründen des Gemeinwohls notwendig ist. …

Art. 13 e Schutz der Lebensstätten

(1) Es ist verboten, in der freien Natur

1. Hecken, lebende Zäune, Feldgehölze oder -gebüsche zu roden, abzuschneiden, zu fällen oder auf sonstige Weise zu beeinträchtigen,

2. Hecken, lebende Zäune, Feldgehölze oder -gebüsche in der Zeit vom 1. März bis 30. September zurückzuschneiden oder auf den Stock zu setzen,

3. die Bodendecke auf Wiesen, Feldrainen, Hochrainen, ungenutztem Gelände, an Hecken oder Hängen abzubrennen,

4. Rohr- und Schilfbestände in der Zeit vom 1. März bis 30. September zu mähen,

5. Höhlen, ökologisch oder geomorphologisch bedeutsame Dolinen, Toteislöcher, aufgelassene, künstliche unterirdische Hohlräume, Trockenmauern oder Lesesteinwälle sowie Tümpel und Kleingewässer zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen.

(2) 1 Die Verbote nach Abs. 1 gelten nicht für die ordnungsgemäße Nutzung im Zeitraum vom 1. Oktober bis 28. Februar, die den Bestand erhält. 2 Das Verbot nach Abs. 1 Nr. 4 gilt nicht in künstlichen, zum Zweck der Fischereiwirtschaft angelegten geschlossenen Gewässern.

(3) Art. 13 d Abs. 2 und Art. 6 a Abs. 5 geltend entsprechend.

Art. 13 f Biotopverbund; Arten- und Biotopschutzprogramm

VIII. Abschnitt Ordnungswidrigkeiten

Art. 52 Ordnungswidrigkeiten

(2) Mit Geldbuße bis zu fünfundzwanzigtausend Euro kann belegt werden, wer

2. den Vorschriften des Art. 13 e Abs. 1 zuwiderhandelt,

(3) Mit Geldbuße bis zu zehntausend Euro kann belegt werden, wer in den Fällen des Abs. 2 Nrn. 1, 2, 4 bis 8, 9 Buchst. a fahrlässig handelt.

Der Abschnitt III a mit der Überschrift „Schutz von Gebieten nach der Richtlinie 92/43/EWG; gesetzlicher Schutz von Biotopen“ wurde durch Gesetz vom 10. Juli 1998 (GVBl S. 403) in das Bayerische Naturschutzgesetz eingefügt. Er enthielt zunächst nur die Art. 13 b bis 13 e. Art. 13 e BayNatSchG hatte bereits die Überschrift „Schutz der Lebensstätten“; er bestand aus den Absätzen 1 und 2 der heutigen Fassung. Durch das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Naturschutzgesetzes und anderer Vorschriften vom 26. Juli 2005 (GVBl S. 274) erhielt der Abschnitt III a seine jetzige Überschrift und es wurden Art. 13 e Abs. 3 und Art. 13 f eingefügt.

b) Mit Wirkung vom 1. März 2010 wurde das bis dahin geltende Bundesnaturschutzgesetz vom 25. März 2002 (BGBl I S. 1193), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2008 (BGBl I S. 2986), durch die Neufassung vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2542) ersetzt. Diese Neufassung enthält folgende Regelung:

§ 39 Allgemeiner Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen

(5) 1 Es ist verboten,

1. die Bodendecke auf Wiesen, Feldrainen, Hochrainen und ungenutzten Grundflächen sowie an Hecken und Hängen abzubrennen oder nicht land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich genutzte Flächen so zu behandeln, dass die Tier- und Pflanzenwelt erheblich beeinträchtigt wird,

2. Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden oder auf den Stock zu setzen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen,

3. Röhrichte in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September zurückzuschneiden; außerhalb dieser Zeiten dürfen Röhrichte nur in Abschnitten zurückgeschnitten werden,

4. ...

2 Die Verbote des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 gelten nicht für …

2. Am 17. November 2009 verurteilte das Amtsgericht Nürnberg den Antragsteller wegen fahrlässigen und wegen vorsätzlichen Fällens von Feldgehölzen in der freien Natur gemäß Art. 52 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, Art. 13 e Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG zu Geldbußen von insgesamt 2.500 €. Dem lag zugrunde, dass der Antragsteller am 25. und 29. August 2008 auf einer ihm gehörenden Fläche von ca. 2.500 qm verschiedene 22 bis 28 Jahre alte Bäume gefällt hatte. Diese Bäume hatten sich durch natürliche Sukzession auf Brachland angesiedelt. Das Oberlandesgericht Bamberg verwarf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers mit Beschluss vom 12. April 2010 als unbegründet. Gegen die beiden Entscheidungen legte der Antragsteller Verfassungsbeschwerde ein, die unter dem Aktenzeichen Vf. 52-VI-10 anhängig ist.

II.

Mit der Popularklage rügt der Antragsteller einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) in seiner Ausprägung als Bestimmtheitsgebot. Unter der Überschrift des Abschnitts III a des Bayerischen Naturschutzgesetzes könne der Normadressat nur erkennen, dass sich die Tatbestände der von diesem Abschnitt umfassten Normen auf Biotope und/oder Biotopverbünde bezögen. Handlungen in Bezug auf „Lebensstätten“, die keine Biotope seien und sich nicht in einem Biotopverbund befänden, seien zwangsläufig nicht erfasst und damit auch nicht sanktionsbewehrt. Es sei mit den Denkgesetzen juristischer Logik und Methodenlehre nicht vereinbar, Lebensstätten in der Natur, die keine Biotope seien, unter den gesetzlichen Schutz von Biotopen zu stellen. Normen müssten so formuliert sein, dass die davon Betroffenen sie zumindest ansatzweise und eigenständig beurteilen und ihr Verhalten danach einrichten könnten.

Weiter rügt der Antragsteller eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 BV. Er habe auf einer ihm gehörenden landwirtschaftlich genutzten Fläche wild gewachsene Bäumchen gerodet. Damit habe er von seinem Eigentumsrecht Gebrauch gemacht und einen Eingriff vorgenommen, der nach Art. 6 BayNatSchG als landwirtschaftliche Bodennutzung privilegiert sei. Dieses Recht könne durch Art. 13 e BayNatSchG nicht eingeschränkt werden, da diese Vorschrift kein EU-Recht umsetze und ihr mithin die Rechtsgrundlage fehle.

III.

1. Der Bayerische Landtag hält die Popularklage für unbegründet.

2. Nach Auffassung der Bayerischen Staatsregierung ist die Popularklage ebenfalls unbegründet.

a) Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV liege nicht vor.

aa) Die Gesetzgebungskompetenz des Freistaates Bayern für den zum 1. September 1998 in Kraft getretenen Art. 13 e BayNatSchG habe sich aus Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 GG in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung ergeben. Die Bestimmung stehe nicht in Widerspruch zu den damals geltenden Rahmenvorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1998 (BGBl I S. 2994). Nach § 20 b Abs. 2 BNatSchG in der damaligen Fassung hätten die Länder die Möglichkeit gehabt, weitere Vorschriften zur Verwirklichung des Arten- und Biotopschutzes, insbesondere über den Schutz von Biotopen wild lebender Tier- und Pflanzenarten, zu erlassen. Bei den in Art. 13 e BayNatSchG aufgeführten Lebensstätten handle es sich um Biotope im Sinn der bundesrechtlichen Rahmenvorschrift.

Seit Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2542) am 1. März 2010 finde allerdings Art. 13 e BayNatSchG teilweise keine Anwendung mehr. Im Rahmen der Föderalismusreform habe der Bund durch Art. 74 Abs. 1 Nr. 29 GG die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege erhalten. Mit § 39 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 BNatSchG habe der Bund eine Regelung getroffen, die inhaltlich in Teilen Art. 13 e BayNatSchG entspreche. Es sei deshalb davon auszugehen, dass wegen des Vorrangs des Bundesrechts gegenüber dem Landesrecht Art. 13 e Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 BayNatSchG nicht mehr anwendbar seien. Art. 13 e Abs. 1 Nrn. 1 und 5 BayNatSchG seien hiervon nicht betroffen. Da nach § 39 Abs. 7 BNatSchG weitergehende Schutzvorschriften unberührt blieben, bestehe insoweit nach wie vor eine Gesetzgebungskompetenz der Länder. Diese Kompetenz ergebe sich auch aus § 29 BNatSchG. Eine Anpassung des Landesrechts an das Bundesrecht sei in Vorbereitung.

bb) Art. 13 e BayNatSchG verstoße nicht gegen das Bestimmtheitsgebot.

Die Aufnahme des Art. 13 e BayNatSchG in den Abschnitt III a des Gesetzes sei folgerichtig, da es sich bei den dort genannten Lebensstätten um Biotope handle. Selbst wenn man der Argumentation des Antragstellers folge, dass die in Art. 13 e BayNatSchG aufgeführten Lebensräume nicht als Biotope anzusehen seien, würde dies die Bestimmtheit der Norm nicht infrage stellen. Überschriften von Abschnitten und sonstigen Untergliederungen eines Gesetzes dienten der Orientierung und hätten daher reine Ordnungsfunktion.

b) Auch die Eigentumsgarantie des Art. 103 Abs. 1 BV sei nicht verletzt.

Art. 13 e BayNatSchG überschreite nicht die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Grundrechts. Die durch diese Bestimmung geschützten Flächen seien infolge von geänderter Landbewirtschaftung, starker Bautätigkeit und Verdichtung von Verkehrswegenetzen erheblich zurückgegangen. Der Verlust solcher Landschaftselemente sei maßgeblich für den fortschreitenden Artenverlust verantwortlich. Daher stelle ihr Schutz einen legitimen gesetzgeberischen Zweck dar. Dieser Schutz sei geeignet, erforderlich und auch verhältnismäßig. Die Grundstückseigentümer würden lediglich an einer Nutzungsintensivierung gehindert.

IV.

Die Popularklage ist nur teilweise zulässig.

Unzulässig ist sie, soweit der Erlass des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2542), das am 1. März 2010 in Kraft getreten ist, dazu geführt hat, dass das Bayerische Naturschutzgesetz (teilweise) unwirksam geworden ist.

Mit der Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes hat der Bundesgesetzgeber von seiner konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis für den Naturschutz und die Landschaftspflege nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 29 GG Gebrauch gemacht (vgl. BR-Drs. 278/09 S. 1, 211), die mit Wirkung zum 1. September 2006 (vgl. Gesetz vom 28.8. 2006, BGBl I S. 2034, sog. Föderalismusreform) die früher gemäß Art. 75 GG a. F. bestehende Rahmenkompetenz abgelöst hat. Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder nach Art. 72 Abs. 1 GG die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch macht.

Der Erlass des neuen Bundesnaturschutzgesetzes hat daher zur Folge, dass landesrechtliche Normen, die denselben Sachbereich regeln, wegen der Sperrwirkung des (konkurrierenden) Bundesrechts und des damit verbundenen Wegfalls der Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers unzulässig und nichtig werden (vgl. LT-Drs. 16/5872 S. 1 f., 22; Berghoff/Steg, NuR 2010, 17/18; Louis, NuR 2010, 77/78; Engel/Ketterer, VBlBW 2010, 293/294; Oeter in v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, RdNr. 87 zu Art. 72; Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, RdNr. 11 zu Art. 72). Allerdings haben die Länder gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GG die Möglichkeit, für den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes) Regelungen zu treffen, die von dem erlassenen Bundesrecht abweichen.

1. § 39 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1, 2 und 3 BNatSchG regeln dieselbe Materie wie Art. 13 e Abs. 1 Nrn. 3, 2 und 4 BayNatSchG. Dass die Gesetzgebungskompetenz des Freistaates Bayern für diese Bereiche weggefallen ist, ist daher offensichtlich. Art. 13 e BayNatSchG, der zum Zeitpunkt seines Erlasses den kompetenzrechtlichen Vorgaben (Art. 75 GG a. F.) entsprach, ist somit durch ein später verabschiedetes Bundesgesetz jedenfalls teilweise nachträglich unwirksam geworden. Insoweit kann die Norm auch kein zulässiger Prüfungsgegenstand einer Popularklage mehr sein. Die Frage, ob und inwieweit ein Landesgesetz mit später erlassenem Bundesrecht vereinbar ist, haben die Fachgerichte im Einzelfall in eigener Zuständigkeit zu beurteilen (BVerfG vom 6.10.1959 = BVerfGE 10, 124/128; BVerwG vom 16.5.2000 = NVwZ 2000, 1179; BayVGH vom 11.1.1994 = BayVBl 1995, 116).

Eine verfassungsgerichtliche Überprüfung des Art. 13 e Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 BayNatSchG im Hinblick auf die Rechtslage vor Erlass des neuen Bundesnaturschutzgesetzes kommt ebenfalls nicht in Betracht. Der Verfassungsgerichtshof hat bei seiner Prüfung grundsätzlich den Rechtszustand im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Außer Kraft getretene Rechtsvorschriften unterliegen der verfassungsgerichtlichen Kontrolle nur dann, wenn noch ein objektives Interesse an der Feststellung besteht, ob sie mit der Bayerischen Verfassung vereinbar waren (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 28.11.2007 = VerfGH 60, 184/ 211; VerfGH vom 25.6.2010). Hierfür sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, zumal sich die Verurteilung des Antragstellers im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht auf eine der genannten Nummern, sondern auf Art. 13 e Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG stützt.

2. Soweit sich die Popularklage gegen Art. 13 e Abs. 1 Nrn. 1 und 5 BayNatSchG richtet, lässt sich die Frage nach einer Sperrwirkung des Bundesnaturschutzgesetzes nicht gleichermaßen eindeutig beantworten. Erforderlich wäre hierfür vielmehr eine detaillierte Prüfung bundesrechtlicher Normen und Zusammenhänge (vgl. LT-Drs. 16/5872 S. 25; Egner in Egner/Fuchs, Naturschutz- und Wasserrecht 2009, S. 110 RdNr. 5; Berghoff/Steg, NuR 2010, 17/18 f.; Louis, NuR 2010, 77; Engel/Ketterer, VBlBW 2010, 293). Dies kann jedoch nicht Aufgabe eines Landesverfassungsgerichts sein. Es wird daher im Hinblick auf Art. 13 e Abs. 1 Nrn. 1 und 5, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 BayNatSchG zugunsten des Antragstellers vom (Weiter-)Bestehen einer Rechtsvorschrift des bayerischen Landesrechts ausgegangen, die jedermann mit der Popularklage gemäß Art. 98 Satz 4 BV, Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG angreifen kann (vgl. VerfGH vom 27.5.1998 = VerfGH 51, 74/81). Die einzelnen Teilregelungen des Art. 13 e Abs. 1 BayNatSchG haben klar voneinander abgegrenzte Inhalte, sodass die Nichtigkeit einzelner Teile nicht zur Nichtigkeit der gesamten Vorschrift führt.

Der Antragsteller hat in ausreichend substanziierter Weise ein Grundrecht der Bayerischen Verfassung (Art. 103 Abs. 1 BV) als verletzt bezeichnet und die Gründe dargelegt, aus denen er die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Norm ableitet (Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG). Da eine zulässige Grundrechtsrüge vorliegt, prüft der Verfassungsgerichtshof die angegriffene Vorschrift anhand aller einschlägigen Normen der Bayerischen Verfassung, auch soweit diese keine Grundrechte verbürgen oder nicht als verletzt bezeichnet sind (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 8.1.2002 = VerfGH 55, 1/6; VerfGH vom 18.4.2002 = VerfGH 55, 57/60; VerfGH vom 20.6.2008 = VerfGH 61, 130/133).

V.

Soweit von der Zulässigkeit der Popularklage ausgegangen wird, ist diese unbegründet.

1. Art. 13 e Abs. 1 Nrn. 1 und 5, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 BayNatSchG verstoßen nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV).

a) Eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips aufgrund einer Unvereinbarkeit der genannten Vorschriften mit höherrangigem Europäischem Gemeinschafts- bzw. Unionsrecht kann nicht festgestellt werden.

Prüfungsmaßstab im Popularklageverfahren ist allein die Bayerische Verfassung. Nach seiner ständigen Rechtsprechung kann der Verfassungsgerichtshof die Frage, ob der bayerische Gesetzgeber das höherrangige Bundesrecht verletzt hat, nur am Maßstab des Rechtsstaatsprinzips der Bayerischen Verfassung überprüfen. Dieses erstreckt seine Schutzwirkung nicht in den Bereich des Bundesrechts mit der Folge, dass jeder formelle oder inhaltliche Verstoß einer landesrechtlichen Vorschrift gegen Bundesrecht zugleich als Verletzung des Rechtsstaatsprinzips der Bayerischen Verfassung anzusehen wäre. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV ist vielmehr erst dann verletzt, wenn der Widerspruch des bayerischen Landesrechts zum Bundesrecht offen zutage tritt und darüber hinaus auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender, besonders krasser Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (VerfGH vom 11.11.1997 = VerfGH 50, 226/266; VerfGH vom 30.6.1998 = VerfGH 51, 94/99 f.; VerfGH vom 4.6.2003 = VerfGH 56, 99/107; VerfGH vom 15.11.2006 = VerfGH 59, 219/224; VerfGH 61, 130/138). Der Verfassungsgerichtshof hat bisher offengelassen, ob diese Grundsätze auch bezüglich des Europäischen Gemeinschafts- bzw. Unionsrechts anzuwenden sind, ob also über Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV europarechtliche Vorschriften mittelbar in einem Popularklageverfahren Bedeutung erlangen können (VerfGH vom 15.5.1997 = VerfGH 50, 76/ 98 f.; VerfGH 50, 226/266; 61, 130/139). Diese Frage braucht auch im vorliegenden Verfahren nicht abschließend entschieden zu werden. Denn ein Verstoß gegen Europäisches Recht ist hier nicht ersichtlich.

Das Vorbringen des Antragstellers kann in diesem Zusammenhang nur dahin verstanden werden, dem Freistaat Bayern fehle die Kompetenz, naturschutzrechtliche Regelungen zu treffen, ohne hierzu durch Europäisches Recht ermächtigt zu sein.

Einer der Kernpunkte des Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Naturschutzgesetzes und des Bayerischen Wassergesetzes vom 10. Juli 1998, durch das die angegriffenen Normen in das Bayerische Naturschutzgesetz eingefügt wurden, war die Umsetzung der Richtlinie 92/43/EWG („Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie“ – FFH-Richtlinie; vgl. LT-Drs. 13/10535 S. 14). Der Regelungsgehalt des Art. 13 e Abs. 1 Nrn. 1 und 5, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 BayNatSchG wird jedoch in dieser Richtlinie nicht angesprochen; die genannten Bestimmungen des Landesrechts bezwecken vielmehr allgemein den Schutz von Lebensstätten auch und gerade außerhalb der Gebiete im Sinn des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie.

Gleichwohl kann von einem Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht keine Rede sein. Die FFH-Richtlinie stützt sich auf Art. 130 r des zum Zeitpunkt ihres Erlasses geltenden Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV), wonach die Umweltpolitik der Gemeinschaft u. a. zur Erhaltung und zum Schutz der Umwelt sowie zur Verbesserung ihrer Qualität beiträgt. Ein Tätigwerden des Rates in diesem Bereich gemäß Art. 130 s EWGV hindert die Mitgliedstaaten nach Art. 130 t EWGV (vgl. nunmehr Art. 193 Satz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV) nicht, verstärkte Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen. Der nationale Gesetzgeber war somit befugt, auf dem Gebiet des Naturschutzes Regelungen zu treffen, die außerhalb des Regelungsgehalts Europäischen Rechts liegen und weiter gehen als dieses.

b) Das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot ist nicht verletzt.

Der Bestimmtheitsgrundsatz verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Normen müssen so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen können und die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Vorschriften durch die Verwaltung zu kontrollieren. Gleichwohl darf das Gebot der Bestimmtheit nicht übersteigert werden, weil die Normen sonst allzu starr und kasuistisch würden und der Vielgestaltigkeit des Lebens oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten. Der Normgeber ist nicht verpflichtet, jeden Tatbestand mit exakt erfassbaren Merkmalen bis ins Letzte zu umschreiben. Er wird allerdings durch das Rechtsstaatsprinzip verpflichtet, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 30.9.2004 = VerfGH 57, 113/127).

aa) Nach diesen Vorgaben ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Art. 13 e Abs. 1 Nrn. 1 und 5 BayNatSchG mit den Satzteilen „oder auf sonstige Weise zu beeinträchtigen“ bzw. „oder erheblich zu beeinträchtigen“ unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten.

Aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich kein Verbot für den Normgeber, unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden. Erfordernisse der Verwaltungspraxis können diese Form der Gesetzgebung sogar als notwendig erscheinen lassen. Gegen die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe bestehen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund gefestigter Rechtsprechung, eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Vorschrift gewinnen lässt (VerfGH vom 28.1.2003 = VerfGH 56, 1/9; VerfGH 57, 113/127). Dies ist hier der Fall.

Aus dem Normzusammenhang ergibt sich, dass mit dem Begriff „auf sonstige Weise zu beeinträchtigen“ in Art. 13 e Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG solche Verhaltensweisen verboten werden sollen, die weder ein Roden, Abschneiden oder Fällen darstellen, das geschützte Rechtsgut, die aufgeführten Lebensstätten für Tiere und Pflanzen, aber in gleicher Weise durch Unbrauchbarmachung oder massive Beschädigung beeinträchtigen. Beispielhaft genannt werden in der Fachliteratur insoweit das Abbrennen, das Verdichten des Wurzelbereichs oder die Ablagerung von Abfällen (vgl. Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, RdNr. 4 zu Art. 13 e BayNatSchG). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, im Popularklageverfahren unbestimmte Rechtsbegriffe einfachrechtlich verbindlich auszulegen. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten genügt die Feststellung, dass sich der fragliche Begriff nach der Zielsetzung des Gesetzes und dem sachlichen Zusammenhang der Vorschriften mit hinreichender Bestimmtheit auslegen und anwenden lässt (VerfGH vom 2.7.1997 = VerfGH 50, 129/137). Ebenso verhält es sich mit dem Begriff „erheblich zu beeinträchtigen“ in Art. 13 e Abs. 1 Nr. 5 BayNatSchG, bei dem etwa an das Verunreinigen eines Tümpels zu denken wäre (vgl. Fischer-Hüftle, a. a. O., RdNr. 9 zu Art. 13 e BayNatSchG). Weitere Begriffe, wie etwa der eines Feldgehölzes in Art. 13 e Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG, sind durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt (vgl. BayObLG vom 5.1.1983 = NuR 1985, 289).

bb) Auch die Einordnung der angegriffenen Regelungen in den Abschnitt III a des Bayerischen Naturschutzgesetzes lässt einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV nicht erkennen.

Das in elf Abschnitte gegliederte Bayerische Naturschutzgesetz befasst sich – im Anschluss an die Allgemeinen Vorschriften (Abschnitt I) und die Bestimmungen zur Landschaftsplanung und Landschaftspflege (Abschnitt II) – im Abschnitt III mit der förmlichen Unterschutzstellung von Flächen (Art. 7 Naturschutzgebiete, Art. 8 Nationalparke, Art. 10 Landschaftsschutzgebiete, Art. 11 Naturparke) und von einzelnen Bestandteilen der Natur (Art. 9 Naturdenkmäler, Art. 12 Landschaftsbestandteile und Grünbestände) durch Rechtsverordnung. Der folgende, hier maßgebliche Abschnitt III a enthält demgegenüber neben Vorschriften zur Umsetzung von Europäischem Recht auch Regelungen zum Schutz allgemein umschriebener Lebensstätten von Pflanzen und Tieren, die nicht durch untergesetzliche spezielle Rechtsnormen als besonders schutzwürdig ausgewiesen sind. Dass Art. 13 e BayNatSchG diesem Abschnitt zugeordnet wurde, entspricht der inneren Systematik des Gesetzes, zumal der Regelungsgehalt der in den weiteren Abschnitten enthaltenen Normen keinen näheren Bezug zu der in Art. 13 e BayNatSchG geregelten Materie erkennen lässt.

cc) Eine Missachtung der rechtsstaatlichen Anforderungen an die Klarheit von Normen ergibt sich auch nicht aus dem Inhalt der Überschrift des Abschnitts III a, die „Schutz des Europäischen ökologischen Netzes ‚Natura 2000‘, gesetzlicher Schutz von Biotopen, Biotopverbund“ lautet.

Art. 13 d und 13 e BayNatSchG differenzieren zwischen dem Schutz ökologisch besonders wertvoller Biotope einerseits und dem Schutz bestimmter weiterer Lebensräume andererseits. Aus der Verwendung des Begriffs „besonders wertvolle Biotope“ in Art. 13 d Abs. 1 BayNatSchG ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass das Gesetz von einem umfassenden und wissenschaftlich üblichen Biotopbegriff ausgeht, der allgemein Lebensstätten von Tieren und Pflanzen umfasst. Die Verwendung des Begriffs „gesetzlicher Schutz von Biotopen“ in der Überschrift des Abschnitts III a deckt daher den Inhalt sowohl des Art. 13 d als auch des Art. 13 e BayNatSchG ab.

Selbst wenn indes der Begriff des Biotops umgangssprachlich auf eine besonders wertvolle Lebensstätte reduziert wird, verliert Art. 13 e BayNatSchG nicht wegen des Fehlens des Begriffs „Lebensstätten“ in der Überschrift des einschlägigen Abschnitts seine erforderliche Bestimmtheit. Überschriften von Abschnitten eines Gesetzes dienen der Orientierung des Gesetzesanwenders. Sie fassen den Inhalt des Abschnitts notwendigerweise zusammen. Sie leiten weiter zu den Überschriften der einzelnen Normen eines Gesetzes, die deren konkreten Inhalt umschreiben. Die so erzeugte Übersichtlichkeit würde leiden, wenn es die Bestimmtheit von Normen erfordern würde, die Überschriften sämtlicher Einzelnormen eines Gesetzesabschnitts in die Überschrift des Abschnitts selbst aufzunehmen. Eine Ausnahme könnte allenfalls bei Gefahr der Irreführung der Anwender des Gesetzes oder bei Willkür in Betracht kommen. Beides ist hier nicht der Fall, da Art. 13 e BayNatSchG systematisch richtig eingeordnet und inhaltlich nicht überraschend ist. Vielmehr drängt es sich auf, dass bestimmte Verhaltensweisen aus Gründen des Naturschutzes verboten sind, auch wenn hiervon Lebensstätten von Tieren und Pflanzen betroffen sind, die umgangssprachlich nicht als Biotope angesehen werden.

2. Art. 104 Abs. 1 BV, wonach eine Handlung nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Handlung begangen wurde („nulla poena sine lege“), ist nicht verletzt.

Zwar richtet sich die Popularklage nicht ausdrücklich gegen Art. 52 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 BayNatSchG, wonach sowohl vorsätzliche als auch fahrlässige Zuwiderhandlungen gegen die Verbote des Art. 13 e Abs. 1 BayNatSchG bußgeldbewehrt sind. Der Antragsteller wendet sich jedoch sinngemäß auch gegen diese Sanktionsmöglichkeit.

Art. 104 Abs. 1 BV bezieht sich nicht nur auf Straftaten im eigentlichen Sinn, sondern auch auf Ordnungswidrigkeiten. Er enthält einen über das allgemeine rechtsstaatliche Gebot der genügenden Bestimmtheit von Rechtsnormen hinausgehenden strengen Gesetzesvorbehalt. Dieser verlangt, dass der Gesetzgeber selbst eindeutig die Voraussetzungen einer Bestrafung oder der Auferlegung einer Geldbuße festlegt und das nicht der Verwaltung oder der Rechtsprechung überlässt (VerfGH vom 22.11.1990 = VerfGH 43, 165/167; VerfGH vom 30.4.1991 = VerfGH 44, 41/55; VerfGH vom 12.10.1994 = VerfGH 47, 207/237; vgl. zum inhaltsgleichen Art. 103 Abs. 2 GG BVerfG vom 17.11.2009 = NJW 2010, 754). Beruht eine Bewehrung – wie hier – auf einem Blankettgesetz in Verbindung mit einer zu dessen Ausfüllung erlassenen Vorschrift, so müssen die Normen in ihrer Kombination den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 104 Abs. 1 BV genügen (VerfGH 44, 41/56 f.).

Dies ist hier der Fall. Art. 52 Abs. 2 Nr. 2 BayNatSchG bestimmt, dass mit Geldbuße bis zu 25.000 € belegt werden kann, wer den Vorschriften des Art. 13 e Abs. 1 BayNatSchG zuwiderhandelt. Nach Art. 52 Abs. 3 BayNatSchG sind fahrlässige Verstöße mit Geldbuße bis zu 10.000 € bedroht. Zu den durch die Blankettvorschrift in Bezug genommenen Vorschriften des Art. 13 e Abs. 1 gehören die Verbote in dessen Nrn. 1 und 5, die, wie bereits dargelegt, unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten. Auch Art. 104 Abs. 1 BV verbietet jedoch nicht grundsätzlich die Verwendung solcher Begriffe. Der Gesetzgeber wird hierdurch nicht verpflichtet, jeden Straf- oder Bußgeldtatbestand mit exakt fassbaren Merkmalen bis ins Letzte zu umschreiben. Gegen die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe bestehen hier keine Bedenken, da der Einzelne – wie oben ausgeführt (V. 1. b)) – die Möglichkeit hat, das Verbot bestimmter Verhaltensweisen zu erkennen und die staatliche Reaktion vorauszusehen (vgl. VerfGH 44, 41/56).

3. Art. 13 e Abs. 1 Nrn. 1 und 5, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 BayNatSchG verstoßen nicht gegen das Grundrecht auf Eigentum (Art. 103 Abs. 1 BV).

Eine verfassungswidrige Eigentumsbeschränkung liegt nicht vor, wenn der Gesetzgeber in Ausübung seiner Befugnis, die Eigentumsordnung im Dienst des Gemeinwohls festzulegen, den Inhalt des Eigentums allgemein verbindlich abgrenzt. Er darf dabei allerdings das Recht in seinem Wesensgehalt nicht antasten und den Eigentümern keine unzumutbaren, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht in Einklang stehenden Beschränkungen auferlegen; Einschränkungen müssen außerdem vom geregelten Sachbereich her geboten und in ihrer Ausgestaltung selbst sachgerecht sein (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 17.3.1986 = VerfGH 39, 36/38). Sie dürfen nicht weiter gehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient (VerfGH vom 10.2.1983 = VerfGH 36, 1/8; BVerfG vom 12.6.1979 = BVerfGE 52, 1/30).

Art. 13 e Abs. 1 Nrn. 1 und 5, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 BayNatSchG entsprechen diesen Grundsätzen; insbesondere ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

Die natürlichen Lebensgrundlagen gehören zu den herausragenden Gemeinschaftsgütern und stehen durch Art. 141 Abs. 1 BV unter besonderem verfassungsrechtlichem Schutz. Dieser Schutz umfasst ausdrücklich auch die heimischen Tier- und Pflanzenarten und ihre notwendigen Lebensräume. Die Artenvielfalt ist bedroht durch die Vernichtung natürlicher Lebensräume als Folge u. a. der Ausweisung von Baugebieten, der Anlage von Verkehrsflächen und der Intensivierung der Landwirtschaft. Angesichts der Wechselbeziehungen zwischen allen Arten von Pflanzen und Tieren im Naturhaushalt wäre es nicht ausreichend, den Naturschutz auf besonders wertvolle Arten oder besonders wertvolle Lebensräume zu beschränken. Die von Art. 13 e Abs. 1 Nrn. 1 und 5 BayNatSchG erfassten Lebensräume haben aus der Sicht des Naturschutzes einen Eigenwert und dienen zudem als Trittsteine zur Vernetzung der besonders schützenswerten Lebensräume.

Demgegenüber schränken Art. 13 e Abs. 1 Nrn. 1 und 5 BayNatSchG die Nutzbarkeit von Flächen nicht unverhältnismäßig ein, sondern verbieten im Wesentlichen nur die Intensivierung der Nutzung unter Zerstörung oder Beschränkung der Funktion der Flächen im Naturhaushalt. Zudem können nach Art. 13 e Abs. 3 i. V. m. Art. 13 d Abs. 2 BayNatSchG unbillige Härten durch die Möglichkeit von Ausnahmen bei ausgleichbaren Eingriffen vermieden werden.

VI.

Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).

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