AG Kelheim, Beschluss vom 05.11.2010 - 1 F 228/10
Fundstelle
openJur 2012, 112172
  • Rkr:
Tenor

1. Das Endurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Kissingen vom 8.8.2003, Az. 2 F 369/02 wird in Ziff. 2 zum Versorgungsausgleich wie folgt abgeändert:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Versicherungsnummer … zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 35,5774 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung Bayern-Süd bezogen auf den 30. 06. 2002 übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bayern-Süd Versicherungsnummer … zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 0,9064 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto  bei der Deutschen Rentenversicherung Bund bezogen auf den 30. 06. 2002 übertragen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

1.

Die Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin wurde mit Endurteil des Amtsgerichts Bad Kissingen vom 08.08.2003, Az. 2 F 369/02 geschieden. Hierbei wurde der Versorgungsausgleich gemäß Ziff. 2 des Urteilstenors dahingehend durchgeführt, dass im Wege des Quasi-Splittings zu Lasten der Beamtenversorgung des Antragstellers bei dem Freistaat Bayern, vertreten durch die BFD Würzburg Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 1.399,01, bezogen auf den 3.6.2002, auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der LVA Niederbayern/Oberpfalz begründet wurden (Bl. 37 ff. d. Beiakten 2 F 369/02).

Mit Antrag vom 7.3.2010, eingegangen am 9.3. 2010, hat der Antragsteller die Abänderung wegen Verlustes seiner Beamtenversorgungsanwartschaften bei durchgeführter Nachversicherung beantragt. Mit Beschluss vom 14.4. 2010 hat das Amtsgericht Bad Kissingen sich für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren wegen des Antrags des Antragstellers vom Amts wegen an das Amtsgericht Kelheim verwiesen.

Es wurden im Abänderungsverfahren nach §§ 51 ff. VersAusglG Auskünfte nach dem ab 1.9.2009 geltenden Recht des Versorgungsausgleichs erstattet:

- für den Antragsteller aufgrund der Nachversicherung durch DRV Bund am 2.8.2010 (Bl. 26 ff. d.A.).

- für die Antragsgegnerin unter Zurücknahme der Auskunft an das AG Bad Kissingen vom 3.12.2002 durch die DRV Bayern Süd am 10.8. 2010 (Bl. 35 ff. d.A.).

In der mündlichen Verhandlung vom 6.10.2010 haben der Antragsteller und die Antragsgegnerin als geschiedene Ehegatten folgenden Vergleich geschlossen:

1. Die geschiedenen Ehegatten einigen sich auf eine Abänderung gegenüber den vorliegende Rentenauskünften dahingehend, dass entsprechend der übergebenen WinFam-Berechnung eine 2/3-Lösung vereinbart wird. Hieraus ergibt sich hinsichtlich des Versorgungsausgleiches zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Ausgleichswert von 35,5774 Entgeltpunkten. Im Übrigen wird auf die Protokollanlage Bezug genommen. Der Ausgleichswert bezieht sich auf Ende der Ehezeit 30.6.2002.

2. (Wirksamkeitsvereinbarung ab 1.11.2010)

3. (Kostenvereinbarung mit Kostenaufhebung)

4. (Widerrufsvereinbarung für Vergleich)

Ein Widerruf des Vergleichs, wie zu Ziff. 4 vereinbart, ist nicht erfolgt. Der Vergleich wurde durch die Verfahrensbevollmächtigten bestätigt. Damit ist er ab 1.11.2010 rechtswirksam geworden.

2.

a) Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Kelheim folgt nach Verweisung aus §§ 218, 225 f. FamFG. Der Abänderungsantrag ist wegen wesentlicher tatsächlicher Änderung nach § 225 Abs. 2, Abs. 3 hinsichtlich der Anrechte des Antragstellers nach der Ehezeit durch die Nachversicherung zulässig. Der Abänderungsantrag ist auch im Rahmen der Billigkeit nach § 226 Abs. 3 FamFG, § 27 VersAusglG begründet, wobei durch die Vereinbarung der Ehegatten hinsichtlich  der betroffenen Anrechte des Antragstellers auf den Vorschlag des Gerichts mit 2/3 ein nach den gesamten Umständen gerechtfertigte Abweichung des Ausgleichswerts von der Halbteilung gemäß § 27 S. 2 VersAusglG getroffen wurde, welche der Abänderung zugrunde zu legen war.

b) Nach § 1 VersAusglG sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten grundsätzlich jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen, wobei hinsichtlich der Anrechte des Antragstellers aber die Vereinbarung der 2/3-Teilung als angemessen der Abänderung zugrunde zu legen war.

c) Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Monats der Eheschließung und endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags (§ 3 Abs.1 VersAusglG).

Die Ehezeit begann am 01. 10. 1969.

Sie endete am 30. 06. 2002.

d) Die zwischen den geschiedenen abgeschlossene Vereinbarung zum Versorgungsausgleich  vom 6.10.2010 ist formell und materiell wirksam durch die Anwälte mit gerichtlicher Protokollierung zustande gekommen gemäß §§ 6 ff. VersAusglG i.V. mit § 127a BGB. Die Vereinbarung hält  einer Inhalts- und Ausübungskontrolle gemäß § 8 Abs. 1 VersAusglG stand. § 8 Abs. 2 VersAusglG wurde bei der Vereinbarung im Rahmen des Abänderungsverfahren beachtet.

3.

In der Ehezeit haben die geschiedenen Ehegatten nach dem ab 1.9.2009 geltenden Recht folgende Anrechte erworben:

Der Antragsteller:

gesetzliche Rentenversicherung

a) Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund hat der Antragsteller ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 53,3661 Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs.3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert bei Zugrundelegung der Halbteilung mit 26,6831 Entgeltpunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 145.341,19 Euro.

b) Nach der Vereinbarung der Ehegatten über den Ausgleichswert (=2/3   

23an Stelle von 1/2 für die Ehefrau) ist ein Ausgleichswert mit 35,5774 Entgeltpunkten zu bestimmen. Hierin liegt eine angemessene Abweichung von der Halbteilung gemäß § 27 S. 2 VersAusglG. Dies folgt aus den gesamten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der geschiedenen Ehegatten, wie sie der Vereinbarung zugrunde gelegt wurden; insbes. die Auswirkungen des persönlichen Fehlverhaltens des Antragstellers (vgl. strafrechtliche Verurteilung) mit der Folge des Verlustes der Beamtenanrechte mit Nachversicherung hinsichtlich der wirtschaftlichen Absicherung der Ehegatten für den Fall des Alters. Zu den wirtschaftlichen Verhältnissen ist auf die anschließende Bedarfskontrolle Bezug zu nehmen, wobei zusätzlich bei der Vereinbarung der geschiedenen Ehegatten auch berücksichtigt wurde der hohe private Krankenversicherungsbeitrag der Antragsgegnerin bei bestehender Erkrankung (ca. 690 €; vom Antragsteller selbst erwarteter priv. Krankenversicherungsbeitrag ca. 257 €).

c) Dies ergibt folgende Bedarfskontrolle:

aa) Antragsteller:

geminderte aktuelle Rente auf Grund Nachversicherung und Versorgungsausgleich altes Recht:

= Regelaltersrente ab 1.4.10 (netto) 293,39 €.

Summe der Entgeltpunkte: 66,0526 (DRV 2.8.2010)

VersAusgl Entgeltpunkte: - 35,5774

                                             +  0,9064

                                          



__

                                              31,3816 * akt.Rentenwert 6/10 27,2 € = 853,58 €

bb) Antragsgegnerin:

Summe der Entgeltpunkte: 5,8429 (DRV 10.8.10)

VersAusgl Entgeltpunkte: + 35,5774

                                             - 0,9064

                                    



__

                                           40,5139* akt.Rentenwert 6/10 27,2 = 1.101,98 €

Wird die Mehrbelastung bei der priv. Krankenversicherung berücksichtigt, ergibt sich ein "Überhang" zu Lasten der Antragsgegnerin von 248,40 €.

Die Antragsgegnerin:

gesetzliche Rentenversicherung

Bei der Deutschen Rentenversicherung Bayern-Süd hat die Antragsgegnerin ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 1,8127 Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs.3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 0,9064 Entgeltpunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 4.937,10 Euro.

Übersicht:

Antragsteller

Die Deutsche Rentenversicherung Bund, Kapitalwert korrigiert gemäß Vereinbarung:   193.787,89 Euro

Ausgleichswert (gemäß Vereinbarung): 35,5774 Entgeltpunkte

Antragsgegnerin

Die Deutsche Rentenversicherung Bayern-Süd, Kapitalwert: 4.937,10 Euro

Ausgleichswert:                       0,9064 Entgeltpunkte

Nach Kapitalwerten hat der Ausgleich zu Lasten des Antragstellers zu erfolgen.

Ausgleich:

Die einzelnen Anrechte:

Das Anrecht des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ist nach § 10 I VersAusglG durch interne Teilung mit einem Ausgleichswert von 35,5774 Entgeltpunkten zugunsten der Antragsgegnerin auszugleichen aufgrund der Abänderung entsprechend  der Vereinbarung der Ehegatten

Das Anrecht der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bayern-Süd ist nach § 10 I VersAusglG durch interne Teilung mit einem Ausgleichswert von 0,9064 Entgeltpunkten zugunsten des Antragstellers auszugleichen im Rahmen der Abänderung. Die Ehegatten haben nichts Abweichendes vereinbart.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG i.V. mit § 98 ZPO (vergleichsw. Kostenaufhebung).

Wirksamkeit der Entscheidung: §§ 224 Abs. 1,  226 Abs. 4 FamFG.

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