OLG München, Urteil vom 15.11.2010 - 17 U 3842/10
Fundstelle
openJur 2012, 112104
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Teilurteil des Landgerichts München I vom 24.06.2010 wie folgt abgeändert:

1.

Die Ziffer IV. wird aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

„Die Verurteilung gemäß den Anträgen Ziffer I. bis III. erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung der vom Kläger am 17.11.2004 gezeichneten Beteiligung an der Film und Entertainment V. Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennwert von 60.000,-- € mit der Kommanditisten-Nummer ...68 an die Beklagte zu 1).

2.

Die Ziffer V. wird aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

„Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“

3.

Die Ziffer VI. wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

„Die Beklagte zu 1) trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten.

II. Die Beklagte zu 1) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte zu 1) Ansprüche aufgrund einer Beteiligung an einem Fonds geltend.

Der Kläger war seit dem Jahre 2001 bei der Beklagten zu 1) Kunde. Der geschäftliche Kontakt bezog sich am Anfang auf das Unternehmen des Klägers, später wurde die Beklagte zu 1) auch in Privatangelegenheiten seine Hausbank. Für seine Betreuung stand ein Mitarbeiter der Beklagten zu 1) zur Verfügung.

Der Kläger beteiligte sich mit Zeichnungsschein vom 17.11.2004 (Anlage K1) an der Film und Entertainment V. Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (nachfolgend V. 4 genannt) in Höhe von 60.000,-- € zuzüglich Agio in Höhe von 3.000,-- €. Die Einlage wurde über einen obligatorischen Kredit in Höhe von 27.300,-- € durch die Beklagte zu 2) finanziert. Das restliche Eigenkapital und das Agio zahlte der Kläger ein.

Den Gesprächen und der Beteiligung lag der Prospekt der V. 4 (Anlage zum Schriftsatz vom 15.10.2010, dort Anlage BB 1) zugrunde.

Der Senat nimmt auf die genannten Anlagen und gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 24.06.2010.

Das Landgericht hat die Beklagte zu 1) antragsgemäß verurteilt. Es hat in seiner Entscheidung offen gelassen, ob zwischen den Parteien ein Beratungs- oder ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen ist. Die Beklagte zu 1) habe die erforderliche Plausibilitätsprüfung des Fondsprospektes nicht ordnungsgemäß durchgeführt und den Kläger nicht korrekt aufgeklärt. Der Prospekt weise erhebliche Mängel auf, die im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung durch die Beklagte zu 1) zu erkennen gewesen wären.

Die Beklagte zu 1) verfolgt mit ihrem Rechtsmittel ihr ursprüngliches Klageziel fort, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 24.06.2010, Az.: 27 O 8898/08, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 1) beruft sich unter anderem auf einen sogenannten Vermögensanlage-Bogen mit einer „Einverständniserklärung“, der von der Klagepartei unterschrieben wurde und der folgenden Inhalt hat (Bl. 515/516 d.A.):

„Einverständniserklärung: (...)

Der Bank können im Zusammenhang mit der Abwicklung von Wertpapiergeschäften Geldzahlungen oder geldwerte Vorteile (z.B. Vermittlungsprovisionen wie Vertriebs- und Vertriebsfolgeprovision) durch Dritte gewährt werden“.

Zum Sachvortrag verweist der Senat ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien im Berufungsrechtszug.

II.

Die gemäß §§ 511, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung der Beklagten zu 1) ist nur in geringem Umfang begründet. Das erstinstanzliche Urteil war insoweit abzuändern, als die Zug um Zug-Verurteilung nicht gegen Abgabe eines Angebots auf Übertragung der Beteiligung, sondern gegen deren Übertragung auszusprechen war und die Feststellung, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Annahme des Angebots auf Übertragung in Verzug befindet, aufzuheben war.

1.

Das Landgericht ist im Ergebnis mit Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1) den zwischen den Parteien zustande gekommenen Vertrag schuldhaft verletzt hat. Zur Überzeugung des Senats liegt in dem vorliegenden Fall ein Beratungsvertrag vor, den die Beklagte zu 1) in zweifacher Hinsicht verletzt hat.

a)

Ein Beratungsvertrag kommt danach bereits dann zustande, wenn ein Anlageinteressent an die andere Partei herantritt, um sich über die Anlage seines Vermögens beraten zu lassen. Das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrags kommt stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs zustande (BGHZ 100, 117, 122; NJW 2004, 1868, 1869). Dabei ist es für den Abschluss des Beratungsvertrags ohne Bedeutung, ob der Kunde von sich aus die Dienste und die Erfahrung des anderen in Anspruch nehmen wollte oder ob die Initiative von der Bank ausging. Auch die Vereinbarung eines Entgelts ist nicht erforderlich (BGHZ 123, 126, 128).

Der Kläger war seit dem Jahr 2001 bei der Beklagten zu 1) Kunde. Der geschäftliche Kontakt bezog sich am Anfang auf das Unternehmen des Klägers, später wurde die Beklagte zu 1) auch in Privatangelegenheiten seine Hausbank. Für seine Betreuung stand ein Mitarbeiter der Beklagten zu 1) zur Verfügung.

Auf Grund dieses Umstandes kannte der Mitarbeiter der Beklagten zu 1) die persönlichen und finanziellen Angelegenheiten des Klägers, als er ihm den Fonds vorstellte. Es ist somit davon auszugehen, dass der Mitarbeiter die Anlage unter Berücksichtigung der relevanten Umstände ausgesucht und es insoweit übernommen hat, den Kunden zu beraten. Der Kläger ließ sich in den Gespräche hierauf ein. Der Kunde einer Bank, der mit dieser eine Geschäftsbeziehung unterhält, kann ferner davon ausgehen, dass ihm ein Fonds nicht nur vermittelt wird, sondern er unter Berücksichtigung seiner finanziellen Situation eine fundierte Beratung erhält.

Die Beklagte zu 1) hat daher nicht nur eine Anlage vermittelt, sondern den Kläger unter Berücksichtigung seiner besonderen persönlichen Verhältnisse beraten. Hierdurch kam ein Anlageberatungsvertrag zustande.

b)

Diesen Anlageberatungsvertrag hat die Beklagte zu 1) in zweifacher Hinsicht verletzt.

aa)

Die Beklagte zu 1) hat die ihr zustehenden Rückvergütungen und deren Höhe nicht offenbart.

(1)

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07 - entschieden, dass eine Bank bei dem Vertrieb von Medienfonds verpflichtet ist, Rückvergütungen offen zu legen. Hierbei geht es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für die Kunden geschaffen wird, da in Folge der versteckten Zahlungen ein Interessenskonflikt besteht. Deshalb ist es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen und deren Höhe aufzuklären. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Bank Aktien- oder Medienfonds vertreibt. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in beiden Fällen gleich. Der Kunde muss in die Lage versetzt werden, entscheiden zu können, ob ihm die Anlage gerade auch deshalb empfohlen wird, weil die beratende Bank eine bestimmte Rückvergütung erhält. Dieser Pflicht ist die Beklagte zu 1) nicht nachgekommen.

Soweit die Beklagte zu 1) sich nunmehr auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.05.2009 - XI ZR 586/07 - und u. a. auf die Ausführungen von Nobbe beruft, vermag der Senat dieser Argumentation nicht zu folgen. Aus dem Prospekt der V. 4 ergibt sich nicht, in welcher Größenordnung die Bank eine Rückvergütung erhält. Sie hat unstreitig einen Betrag von über 8% der Einlage erhalten, der über das Agio (5 %) hinaus geht. Ein Anleger kann daher nicht erkennen, ob die Bank ihn objektiv berät oder ihre eigenen Interessen an einer möglichst hohen Rückvergütung in den Vordergrund stellt.

Der Bundesgerichtshof hat mir Urteil vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07 - über folgenden Sachverhalt entschieden (BGH a.a.O. Rz 2, 3):

„Dem Kläger wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten in einem Beratungsgespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, empfohlen, sich an dem von der C. Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: C.) herausgegebenen Medienfonds C. Fonds Nr. (im Folgenden: Fonds) zu beteiligen. Aufgrund dieser Empfehlung beteiligte sich der Kläger am 22. Mai 2001 mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 50.000 € nebst 5% Agio an dem Fonds. Nachdem dieser in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, veräußerte der Kläger seinen Fondsanteil für 11.350 €.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von 41.500 € nebst Zinsen in Anspruch. Zur Begründung hat er u .a. unter Berufung auf das Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) vorgetragen, der Mitarbeiter der Beklagten habe ihn anlässlich des Beratungsgesprächs nicht darüber aufgeklärt, dass das Agio, das nach dem Prospekt an die C. zu zahlen war, aufgrund einer Vermittlungsvereinbarung in voller Höhe als Rückvergütung an die Beklagte zurückgeflossen sei und zusätzlich noch weitere Provisionen an die Beklagte gezahlt worden seien.“

Der Bundesgerichthof führte zu der rechtlichen Beurteilung wörtlich folgendes aus (BGH a.a.O. Rz 13):

„Aufgrund des Beratungsvertrags war die Beklagte verpflichtet, den Kläger darüber aufzuklären, dass sie von der C. für die Vermittlung der Fondsanteile das Agio in voller Höhe bekam. Für die Berater der Beklagten bestand danach ein ganz erheblicher Anreiz, Anlegern gerade eine Fondsbeteiligung der C. zu empfehlen. Darüber und den damit verbundenen Interessenkonflikt musste die Beklagte den Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs informieren, um ihn in die Lage zu versetzen, das Umsatzinteresse der Beklagten einschätzen und beurteilen zu können, ob die Beklagte und ihr Berater die Fondsbeteiligung nur deshalb empfahlen, weil sie selbst daran verdienten (vgl. Senatsurteil BGHZ 170, 226, 234 f. Tz. 23). Das gilt vorliegend umso mehr, als der Interessenkonflikt noch dadurch gesteigert wurde, dass die Beklagte für die Übernahme einer Platzierungsgarantie eine Vergütung von weiteren 3% des Kommanditkapitals erhielt und für ihre Gebietsfilialen, die die für sie festgelegten Platzierungsquoten zu 100% erfüllten, von der C. eine zusätzliche Vermittlungsgebühr von 100.000 € gezahlt wurde. Durch dieses gesteigerte Anreizsystem bestand eine erhöhte Gefahr, dass die im Kundeninteresse zu erfolgende anleger- und objektgerechte Beratung nicht oder nur unzureichend vorgenommen wurde.“

Nach dem Zeichnungsschein der V. 4 war die Beteiligungssumme „zuzüglich Agio“ auf das Konto der „Fondsgesellschaft“ zu überweisen. (vgl. Anlage Zeichnungsschein zu dem Prospekt V. 4).

Demnach erhielt die Beklagte zu 1) jeweils über 8 % der Beteiligungssumme von der Fondsgesellschaft oder über Dritte, also nicht nur einen Betrag in Höhe des Agios, ohne dass der Kunde hiervon Kenntnis hatte. Auch in der oben zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs wurde das Agio an die Fondsgesellschaft bezahlt und die beklagte Bank erhielt u. a. hieraus ihre Provision.

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass der Bundesgerichthof diese Rechtsprechung durch das Urteil vom 27.10.2009 - XI ZR 338/08 aufgegeben oder geändert hätte. Er hat vielmehr durch die Bezugnahme auf seine früheren Entscheidungen diese noch einmal bekräftigt.

Die Ausführungen in dem Prospekt der V. 4 stellen insoweit keine ordnungsgemäße Aufklärung dar.

Der Prospekt V. 4 weist auf Seite 63 unter der Nummer 03 für die Eigenkapitalbeschaffung 4,9 % aus. Auf Seite 64 wird diese Ziffer wie folgt erläutert:

„Zu 03:

Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V. Beratung für Banken AG abgeschlossen. Die Vergütung wird in Höhe von 4,9 % des Beteiligungskapitals fällig. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V. Beratung für Banken AG das Agio ...“

Das Agio wird bereits auf Seite 63 des Prospekts der V. 4 wie folgt erklärt:

„Ein Agio von 5 % auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche...fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, V. Beratung für Banken AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen.“

Die Beklagte zu 1) war und ist aber zu keinem Zeitpunkt die V. Beratung für Banken AG, die im Prospekt als Begünstigte aufgeführt ist. Der Anleger konnte dem Prospekt daher nicht entnehmen, dass die Bank von Dritten Zahlungen von über 8 % bezogen auf die Beteiligungssumme erhält. Diese Beträge sind hinter dem Rücken des Kunden an die Bank geflossen. Dies gilt selbst dann, wenn im Einzelfall, ein Kunde Kenntnis davon hatte, dass die Bank das Agio erhalten sollte. Die Bank hat über 8 % der Beteiligungssumme an Rückvergütungen erhalten, also deutlich mehr als das Agio.

Soweit in dem Eigenkapitalvermittlungsvertrag (Prospekt V. 4 Seite 91) die V. Beratung für Banken AG berechtigt war, Dritte als Vertriebspartner einzusetzen, kann der Kunde nicht erkennen, dass und in welcher Höhe an die Bank, die für ihn als Beraterin tätig wurde, Zahlungen fließen sollen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 27.10.2009 - XI ZR 338/08 Rz. 31) müssen - so wörtlich der Bundesgerichtshof -

„... die an die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) gezahlten Beträge für die Eigenkapitalbeschaffung... im Fondsprospekt dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausgewiesen werden.“.

Die genannte „Beklagte zu 1)“ war in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall eine Bank, mit der der Kunde einen Beratungsvertrag geschlossen hatte.

In dem Prospekt der V. 4 ist aber nicht erkennbar, dass an die Beklagte zu 1) Zahlungen erbracht werden. Deren „Höhe“ ist daher auch nicht angegeben.

Soweit die Beklagte zu 1) sich nunmehr in der Berufungsinstanz ergänzend auf einen sogenannten Vermögensanlage-Bogen beruft (s. Bl. 532 d. A.), ändert dies an der rechtlichen Beurteilung nichts. Nach seinem Wortlaut betrifft er bereits keine Fondsbeteiligungen, sonder nur die Abwicklung von Wertpapiergeschäften.

Zur Überzeugung des Senats erfüllt die Beklagte zu 1) hierdurch aber auch nicht die Anforderungen, die aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an sie gestellt werden. In dem Vermögensanlage-Bogen ist nur eine allgemeine Erklärung enthalten, dass der Bank Vermittlungsprovisionen gewährt werden „können“.

Der Kunde kann aber einen Interessenkonflikt nur dann tatsächlich beurteilen, wenn die Bank ihn im konkreten Einzelfall darüber informiert, dass sie tatsächlich eine Rückvergütung in einer bestimmten Höhe erhält. Nur dann wird der Anleger in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob die Bank ihm den Fonds empfiehlt, weil sie tatsächlich seine Interessen wahrt, oder die Höhe der ihr gewährten Rückvergütung die Empfehlung beeinflusst.

(2)

Die Beklagte zu 1) hat auch schuldhaft gehandelt.

(a)

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07 - über einen Fall entschieden, der ebenfalls bereits in der Vergangenheit lag (Beratung im Mai 2001). Auch zu diesem Zeitpunkt war die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch nicht bekannt. Eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht durch den Bundesgerichtshof wäre daher aus Rechtsgründen unterblieben, wenn die Frage der Kenntnis von der neuen Rechtsprechung eine Auswirkung auf die Entscheidung gehabt hätte. Demnach ergibt sich bereits aus diesem Beschluss, dass der Bundesgerichtshof von einem Verschulden der beratenden Bank auch dann ausgeht, wenn diese Rechtsprechung vor dem 20.01.2009 noch nicht bekannt war.

Zur Überzeugung des Senats ergibt sich ein Verschulden der Beklagten zu 1) auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den Beschlüssen vom 19.02.2009 - III ZR 154/08, III ZR 167/08 und III ZR 168/08. In diesen Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof nochmals klargestellt, dass die Geschäftstätigkeit und der Gegenstand eines Unternehmens schon für sich genommen die Verpflichtung beinhalten, im Rechtsverkehr die erforderliche Sorgfalt anzuwenden.

Die in Amtshaftungssachen entwickelte Kollegialgerichtsrichtlinie, nach der ein Verschulden des Beamten in der Regel zu verneinen ist, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat, kann auf Unternehmen nicht übertragen werden (vgl. BGH, B. v. 19.02.2009 - III ZR 154/08).

Während der hoheitlich handelnde Beamte die Dienstpflicht hat, die in Frage stehenden gesetzlichen Bestimmungen, auch wenn sie ihm unklar erscheinen, oder sich eine Anwendungspraxis noch nicht herausgebildet hat, auf den ihm vorliegenden Fall anzuwenden, geht es hier um eine freie unternehmerische Betätigung der Beklagten zu 1), für die sie selbst die Verantwortung zu übernehmen hat. Dies schließt auch die Pflicht ein, sich selbst darüber klar zu werden, ob eine bestimmte Verhaltensweise und die damit verbundene Restrisikobetrachtung die Gefahr in sich birgt, einer Haftung ausgesetzt zu sein.

Zur Überzeugung des Senats hat die Beklagte zu 1) zumindest fahrlässig gehandelt (zum Verschuldensgrad vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.05.2009 - XI ZR 586/07). Sie hat im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs nicht dafür Sorge getragen, dass bei ihr vorhandenes Wissen den Mitarbeitern, die für die betreffenden Geschäftsvorgänge zuständig waren, zur Verfügung stand (vgl. BGH Urteil vom 12.05.2009 - XI ZR 586/07- Rz. 14).

Es mag sein, dass die Rechtsabteilung der Beklagten zu 1) die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu den Pflichten bei der Anlagevermittlung und Anlageberatung verfolgt hat. Dies geschah jedoch nicht mit der erforderlichen Sorgfalt, da die Rechtsabteilung bei sorgfältiger Auswertung der einschlägigen Literatur und der Rechtsprechung zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, dass eine Aufklärungspflicht besteht.

Die Beklagte zu 1) kann sich daher auch nicht auf einen unentschuldbaren Rechtsirrtum berufen. Den gleichwohl möglichen Entlastungsbeweis hierfür (vgl. dazu ebenfalls BGH vom 12.05.2009 - XI ZR 586/07) hat sie nicht erbracht. Ihr Vorbringen, ihre Rechtsabteilung habe die Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofs stets sorgfältig verfolgt und durch organisatorische Hinweise an die Fachabteilungen für eine Beachtung und Umsetzung der danach bestehenden Pflichten gesorgt, ist daher unbehelflich. Bei sorgfältiger Lektüre und Prüfung der höchstrichterlichen Rechtsprechung war es ohne weiteres erkennbar, dass die Rückvergütungen bei einem Anlageberatungsvertrag zu offenbaren sind.

Bei einer zweifelhaften Rechtsfrage handelt bereits fahrlässig, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens ernsthaft in Betracht ziehen muss. Das Risiko, das sich daraus ergibt, dass eine Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, darf er nicht dem Gläubiger zuschieben (BGH NJW 1972, 1045).

Schon das Reichsgericht hat im Jahr 1904 entschieden, dass es Treu und Glauben widerspricht, wenn ein Bankier als Kommissionär seinem Kunden einen Teil der Bonifikation verschweigt, die er kassiert (RG, Urteil vom 10.12.1904, 334/04 I, JW 1905, 118). Auch für die Steuerberaterhaftung ist seit langem anerkannt, dass ein Steuerberater eine schwerwiegende Pflichtverletzung begeht, wenn er bei der Erteilung einer Anlageempfehlung seinem Mandanten nicht offenbart, dass er für das Zustandekommen der Beteiligung eine Provision erhalten wird, weil eine derartige Provisionsvereinbarung regelmäßig die Gefahr einer nicht mehr unvoreingenommenen Beratung begründet (BGH, Urteil vom 26.09.1990 - IV ZR 147/89 - bei juris Rn. 23).

Dies gilt insbesondere angesichts der vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.05.2009 (XI ZR 586/07) angesprochenen Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissionsgeschäft, den Eigenhandel für andere und das Vermittlungsgeschäft der Wertpapierdienstleistungsunternehmen vom (ursprünglich) 26.Mai 1997 (Bundesanzeiger Nr. 98 vom 03.Juni 1997), vom 9. Mai 2000 (Bundesanzeiger Nr. 131 vom 15. Juli 2000, S. 13 792), diese ersetzt durch die Fassung vom 23. August 2001, die in ihrem Teil B Nr. 1.2 jeweils wie folgt lautete:

„Vereinbart das Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit anderen eingeschalteten Unternehmen die teilweise Rückzahlung von dem Kunden als Aufwendungsersatz in Rechnung gestellten fremden Kosten an sich ("Kick-back-Vereinbarungen"), so hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden hierüber aufzuklären.“

Zwar begründete diese Richtlinie keine unmittelbare zivilrechtliche Verpflichtung der Beklagten zu 1) zur Aufklärung, schon gar nicht im Bereich des davon überhaupt nicht erfassten „grauen Kapitalmarkts“. Gleichwohl handelt eine Bank, die gegen aufsichtliche Richtlinien handelt, immer in der Gefahr, dass diese Richtlinien - dann naturgemäß erst nachträglich - von den Zivilgerichten auch zur Begründung entsprechender zivilrechtlicher Verpflichtungen - bei gleicher Interessenlage auch über den eigentlichen Anwendungsbereich hinaus - genutzt werden. „Unvermeidbar“ war ein etwaiger Rechtsirrtum der Beklagten zu 1) deshalb keinesfalls.

Soweit die Beklagte meint, die Vorhersehbarkeit der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs statuierten Pflicht, Rückvergütungen offen zu legen, sei bei Wertpapieren anders zu beurteilen als bei nicht wertpapiermäßig verbrieften Kapitalanlagen, wie im vorliegenden Fall, weil es für letztere kein § 31 WpHG vergleichbares Interessenkollisionsverbot gebe, ergibt sich daraus jedenfalls kein unvermeidbarer Rechtsirrtum. Der Bundesgerichtshof hat in dem Beschluss vom 20.01.2009 - Az.: XI ZR 510/07 - ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es bei der Verpflichtung, den Kunden über Rückvergütungen aufzuklären - und zwar unabhängig von deren Höhe -, keinen Unterschied macht, ob der Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibt.

Schon ab Veröffentlichung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2000 (XI ZR 349/99) über die Pflicht der Bank, den Kunden über von ihr an einen Vermögensverwalter ausbezahlte Rückvergütungen zu unterrichten, spätestens aber mit Erscheinen des Aufsatzes von Schirp/Mosgo, "Aufklärungspflichten bei internen Provisionsvereinbarungen" (BKR 2002, 354, insbes. 359 ff) musste die Rechtsabteilung der Beklagten zu 1) ernsthaft mit einer derartigen Offenlegungspflicht rechnen.

In der Literatur wurden insoweit unterschiedliche Auffassungen veröffentlicht. So wurde bereits damals vertreten, dass Anlageberater im Gegensatz zu Anlagevermittlern uneingeschränkt zur Aufklärung, über Höhe und Herkunft von Provisionsversprechen verpflichtet sind (etwa Schirp/Mosgo, aaO.). Andere waren der Auffassung, auf Innenprovisionen müsse nie hingewiesen werden (etwa Loritz, WM 2000, 1831 ff). Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte entschieden, Anlageberater müssten zumindest dann über interne versteckte Provisionen aufklären, wenn dadurch im Zusammenhang mit anderen Umständen besondere Gefahren für den Anleger verbunden sind (OLG Stuttgart VuR 1996, 333 [336]).

Die Beklagte zu 1) musste daher erkennen, dass zumindest die Möglichkeit bestand, dass höchstrichterlich eine Pflicht zur Aufklärung über Rückvergütungen angenommen wird. Hierauf deutete bereits das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2000 - XI ZR 349/99 - hin, wonach eine Bank ihre Kunden darüber aufklären muss, wenn sie mit dem Vermögensverwalter des Kunden eine Vereinbarung über die Beteiligung des Verwalters an ihren Provisionen und Depotgebühren geschlossen hat.

Soweit die Beklagte zu 1) auf Entscheidungen verschiedener Gerichte verweist, die eine Pflicht zur Offenbarung von Innenprovisionen erst ab einer Höhe von 15 % angenommen haben, und meint, ihr könne eine Rechtsansicht nicht vorgeworfen werden, die von mehreren Kollegialgerichten geteilt wurde, greift dies nicht durch. Insbesondere kann sie sich nicht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.02.2004 -III ZR 359/02- berufen, in der - obiter dictum - eine Hinweispflicht eines Anlagevermittlers jedenfalls ab einer Höhe der Innenprovision von 15 % angenommen wurde. Zum einen bezieht sich diese Entscheidung nicht auf Medienfonds, zum anderen betraf die Entscheidung lediglich einen Anlagevermittlungs-, nicht jedoch, wie hier, einen Anlageberatungsvertrag.

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr mit Beschluss vom 29.06.2010 - XI ZR 308/09 - ausdrücklich klargestellt, dass bereits ab dem Jahr 1990 von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen ist, wenn über Rückvergütungen nicht aufgeklärt wurde.

In dem streitgegenständlichen Verfahren hatte die Beklagte zu 1) positive Kenntnis davon, dass sie Rückvergütungen bekommt. Sie hat nach ihrem eigenen Sachvortrag sogar die Möglichkeit gesehen, dass dies rechtlich problematisch sein könnte. Sie hat dem Kunden den sogenannten Vermögensanlage-Bogen mit der darin enthaltenen „Einverständniserklärung“ vorgelegt. Dennoch unterließ sie es, im Rahmen einer pflichtgemäßen Organisation darauf hinzuwirken, dass ihre Mitarbeiter den Anleger ordnungsgemäß über Rückvergütungen aufklärten. In dem Vermögensanlage-Bogen heißt es nur:

„Einverständniserklärung: (...)

Der Bank können im Zusammenhang mit der Abwicklung von Wertpapiergeschäften Geldzahlungen oder geldwerte Vorteile (z.B. Vermittlungsprovisionen wie Vertriebs- und Vertriebsfolgeprovision) durch Dritte gewährt werden“.

Demnach war der Bank dem Grunde nach bewusst, dass die Gewährung von Rückvergütungen problematisch und sie zur Aufklärung verpflichtet ist. Dennoch hat sie ihren Mitarbeitern ein Formular zur Verfügung gestellt, in dem die Anleger über die aktuelle Höhe der Rückvergütung im Unklaren gelassen werden. Der Einwand, die Formulierung bezöge sich nur auf Wertpapiergeschäfte, ist durch die eigene Argumentation der Beklagten zu 1) widerlegt. Nach ihrer Ansicht soll der Anleger durch den Vermögensanlage-Bogen im vorliegenden Verfahren ordnungsgemäß aufgeklärt worden sein. Die Beklagte räumt somit ein, dass sie bereits zum damaligen Zeitpunkt erkannte, dass eine Aufklärung über Rückvergütungen in allen Fällen erforderlich ist. Sie hat lediglich eine unzureichende Formulierung gewählt, um der von ihr erkannten rechtlichen Pflicht nachzukommen.

(b)

In dem streitgegenständlichen Verfahren sind darüber hinaus die besonderen Umstände zu berücksichtigen, auf Grund derer der Senat davon ausgeht, dass der persönliche Berater fahrlässig handelte, als er die Rückvergütung nicht offenbarte.

Der Mitarbeiter der Beklagten zu 1) wusste, dass der Anleger ihm und der Bank ein besonderes Vertrauen entgegenbringt, da er es übernommen hat, ihn bei seiner Vermögensanlage im Rahmen eines Beratungsvertrages umfassend zu betreuen. Dem persönlichen Berater lagen die Prospekte vor, aus denen sich ein Agio in Höhe von 5 % ergibt. Der Anleger musste dies zusätzlich zu seiner Zeichnungssumme bezahlen. Die Beklagte zu 1) erhielt eine Rückvergütung von über 8 %.

Auch ein Mitarbeiter, der nicht über eine juristische Ausbildung verfügt, muss bei dieser Sachlage erkennen, dass der Kunde einen Aufklärungsbedarf über die Höhe der Rückvergütung hat. Die Empfehlung eines Fonds im Rahmen eines Beratungsvertrages erweckt bei dem Kunden den Anschein, dass dieser nach sorgfältiger Prüfung ausgesucht wurde, da er für die Vermögenssituation des Anlegers am besten geeignet ist. Die Interessen der Bank, eine möglichst hohe Rückvergütung zu bekommen, können dem widersprechen.

Der persönliche Berater kannte beide Interessen, die des Kunden und die der Bank. Dennoch hat er es unterlassen, den Anleger über die Höhe der Rückvergütung aufzuklären, obwohl sich im Prospekt zu der tatsächlich an die Beklagte zu 1) bezahlten Rückvergütung weder dem Grunde noch der Höhe nach konkreten Anhaltspunkte finden. Er hat damit fahrlässig in Kauf genommen, dass der Kunde falsche Vorstellungen über die Neutralität der Beratung bekommt.

Ein Mitarbeiter, der die Interessen seine Kunden beachtet, kann zur Überzeugung des Senats erkennen, dass die Höhe der Rückvergütung für diesen wichtig ist. Er vernachlässigt seine Pflicht als unabhängiger individueller Anlageberater, der besonders differenziert und fundiert beraten muss (so bereits BGH NJW 1982, 1095, 1096). Er ist zur vollständigen Information über die tatsächlichen Umstände verpflichtet (BGH NJW-RR 1993, 1114; 2000, 998). Hierzu gehört in dem streitgegenständlichen Verfahren auch die Rückvergütungshöhe, da der persönliche Berater davon ausgehen muss, dass sie für die Anlageentscheidung des Kunden erheblich sein kann und hierdurch Rückschlüsse auf die Qualität ihrer Beratung möglich sind.

Ein entschuldigter Rechtsirrtum liegt insoweit nicht vor. Der Interessengegensatz im Rahmen des Beratungsvertrages war erkennbar. Der Mitarbeiter kannte alle Tatsachen, insbesondere die Pflicht, den Kunden objektiv zu beraten und er wusste von den Rückvergütungen. Der Kläger brachte ihm ein besonderes Vertrauen entgegen, dass er objektiv und nicht abhängig von der Höhe der der Beklagten zu 1) von dritter Seite zustehenden Rückvergütung beraten wird. Der Mitarbeiter konnte unschwer erkennen, dass durch die Formulierung 5 % Agio bei dem Kunden im konkreten Fall allenfalls der Eindruck erweckt werden könnte, dies sei die Vergütung der Beklagten zu 1). Zur Überzeugung des Senats durfte daher auch eine juristisch nicht vorgebildete Person vor diesen Umständen nicht die Augen verschließen und die Höhe der tatsächlichen Rückvergütung im Beratungsgespräch verschweigen.

Der Umstand, dass ein Berater persönlich davon ausging, insoweit keine Aufklärung zu schulden, ändert daran nichts. Er kannte die Tatsachen und durfte vor ihnen nicht die Augen verschließen.

bb)

78Die Beklagte zu 1) hat ferner ihre Pflicht, als Anlageberaterin (vgl. hierzu BGH NJW-RR 2000, 998), das Kapitalkonzept anhand der ihr zur Verfügung stehenden Prospekte auf Plausibilität zu prüfen, verletzt (BGH NJW-RR 2005, 1120, 1121). Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass diese Pflicht auch dann bestehen würde, wenn zwischen den Parteien nur ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen wäre (BGH NJW-RR 2000, 998).

79Eine solche Plausibilitätsprüfung kann nicht durch den Verweis auf einen positiven Prüfbericht einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ersetzt werden (BGH NJW-RR 2000, 998, 999). Lücken und Fehler des Prospekts erlangen mithin mittelbar für eine Haftung der Beklagten auch dann Bedeutung, wenn sie bei obliegenheitsgemäßer Prüfung der Schlüssigkeit und Plausibilität des Anlagenkonzepts erkennbar waren. Auf die Problematik (vgl. BGH Urteil vom 07.10.2008 - XI ZR 89/07) hat der Senat bei der Ladungsverfügung zur Berufungsverhandlung gem. § 139 ZPO hingewiesen (s. auch BGH, Urteil vom 27.10..2009 - XI ZR 337/08).

Insoweit ist es nicht entscheidungserheblich, ob der Prospekt dem Kläger tatsächlich übergeben wurde. Er war entsprechend dem Vertriebskonzept Arbeitsgrundlage für die Beratungsgespräche und somit ursächlich für die Anlageentscheidung (BGH Urteil vom 03.12.2007 - II ZR 21/06).

(1)

Die Prospekte sind mit der Überschrift „Garantiefonds“ versehen. Diese Bezeichnung ist objektiv unrichtig und erweckt beim Anleger falsche Vorstellungen über seine Beteiligung.

(a)

Eine Garantie enthält der Prospekt nicht. Es ist lediglich eine Schuldübernahme vorgesehen. Die Zahlungen sollen an die Fondsgesellschaft und nicht an den Anleger erfolgen.

Die Überschrift ist zur Überzeugung des Senats unrichtig. Sie erweckt bei einem Anleger an herausgehobener Stelle den Anschein, seine Einlage werde garantiert. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 17.02.2009 - XI ZR 184/08 - darf das tatsächliche Anlegerrisiko nicht verharmlosend und beschönigend dargestellt werden. Dies gilt auch, soweit Schlagwörter in Flyern oder in Überschriften verwendet werden.

Insoweit genügt es nicht, wenn der Anleger die Möglichkeit hat, im Prospekt die Details nachzulesen, um auf diese Weise festzustellen, dass die schlagwortartig erteilten Informationen unrichtig sind (BGH a.a.O.). Die abgedruckten Risikohinweise insbesondere auf Seite 93 des Prospekts V. 4 sind daher nicht geeignet, dem Anleger ein zutreffendes Bild von dem Fonds zu vermitteln.

Der Prospekt dient als Grundlage für die Beratungs- oder Vermittlungsgespräche. Das Wort „Garantiefonds“ ist in Großbuchstaben in der Mitte auf dem Deckblatt abgedruckt. Neben einem nicht aussagefähigen großen Bild gibt es noch zwei klein gedruckte Hinweise (oben und unten auf der Seite am Rand), dass es sich um einen Medienfonds handelt.

Das Wort enthält daher für den Anleger eine wichtige Information, die ihm sofort beim Betrachten ins Auge springt. Diese ist aber unzutreffend. Das Wort Garantie erweckt zur Überzeugung des Senats den Eindruck, dass ein bestimmtes Ereignis sicher eintreten wird. Es ist die stärkste Zusicherung, die man abgeben kann und vermittelt dem Anleger, dass kein Verlust seines eingezahlten Kapitals zu erwarten ist. Tatsächlich wird das gerade nicht garantiert.

Nach dem Anlageprospekt war die Schuldübernahme der Bank nämlich nicht als eine Garantie dahin zu verstehen, dass die Anleger in jedem Fall ihre Einlage zurückerhalten; vielmehr wurde durch die Schuldübernahme nur das Kommanditkapital insgesamt gesichert, mit dem jedoch vor Auszahlung an die Gesellschafter etwaige Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu decken waren, so dass bei dem Bestand entsprechend hoher Verbindlichkeiten nicht auszuschließen war, dass auch ein Totalverlust der Einlage der Kommanditisten eintreten konnte. Die Bezeichnung „Garantiefonds“ ist daher objektiv unrichtig und geeignet, bei den Anlegern falsche Vorstellungen hervorzurufen.

(b)

Bei einem „Garantiefonds“ besteht die Gefahr, dass das Finanzamt steuerliche Verluste nicht anerkennt, da keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen. Ein unternehmerisches Risiko könnte mit der Anlage nicht mehr verbunden sein. Der Anlageberater muss den Widerspruch zwischen der Überschrift auf dem Deckblatt und dem Inhalt der Prospekte erkennen.

Auf Seite 83 des Prospekts V. 4 wird zum Stichwort „Einkommensteuer, Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ lapidar festgestellt:

„Die Mitunternehmereigenschaft des Investors ist sichergestellt, wenn er sowohl Mitunternehmerinitiative entfalten kann, wie auch Mitunternehmerrisiko trägt. ... Mitunternehmerrisiko ist gegeben, wenn der Anleger am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven und dem Firmenwert der Gesellschaft beteiligt ist. Beide Kriterien können im vorliegenden Beteiligungsangebot als erfüllt angesehen werden.“

Durch diese Textpassagen wird beim Anleger der Eindruck erweckt, er erwerbe eine unternehmerische Beteiligung. Für den Anlagevermittler bzw. -berater muss sich aber bei der Plausibilitätsprüfung die Frage aufdrängen, ob dies tatsächlich zutreffend ist, wenn die Anlage als „Garantiefonds“ bezeichnet wird. Auch insoweit fehlt es daher an einem schlüssigen Anlagekonzept.

Der Prospekt setzt sich auch nicht mit der Frage auseinander, ob die „Absicherung“ durch eine Schuldübernahme steuerrechtliche Auswirkungen haben kann. Bei der Plausibilitätsprüfung ist zu berücksichtigen, dass auf Seite 83 rechte Spalte, 3. Absatz des Prospekts V. 4 lapidar festgestellt wird, der Anleger trage ein Mitunternehmerrisiko. Auch insoweit fehlt es an einer schlüssigen Darstellung der Anlage. Ein Anlagevermittler bzw. -berater muss sich mit der Frage befassen, welche Auswirkung die „Schuldübernahme“ in steuerrechtlicher Hinsicht hat. Ihm muss auffallen, dass sich der Prospekt damit nicht auseinander setzt und zu Lasten des Anlegers wesentliche Punkte unklar bleiben.

Im Rahmen der Plausibilitätsprüfung ist es nicht entscheidungserheblich, ob das Finanzamt im Endeffekt eine unternehmerische Beteiligung anerkennt. Nach dem Inhalt des Prospekts und den aufgezeigten Widersprüchen erscheinen die Ausführungen hierzu nicht schlüssig, so dass der Anleger über die Bedenken zu informieren ist.

Die allgemeinen Hinweise zu der Unsicherheit steuerlicher Veranlagungen entbinden die Beklagte zu 1) nicht davon, den Anleger über konkrete Risiken aufzuklären, die sich aus dem Prospekt ergeben. Die Beklagte kann sich insoweit auch nicht auf eine vorläufige Äußerung des Finanzamtes berufen. Es handelt sich gerade nicht um eine verbindliche und endgültige Entscheidung, die eine sichere Grundlage für die zukünftige steuerliche Behandlung des Fonds gewährleistet. Der Anleger ist darüber zu informieren, dass sich aus dem Prospekt Risiken hinsichtlich seiner zukünftigen steuerlichen Veranlagungen ergeben können, die ihre Grundlage in dem konkreten Fondskonzept haben.

(2)

Anhand der im Prospekt abgedruckten Regelungen über die sogenannte „Schuldübernahme“ ergibt eine Plausibilitätsprüfung, dass das Anlagekonzept insoweit fragwürdig und nicht schlüssig ist (vgl. hierzu BGH NJW-RR 2005, 1120).

Eine tragende Stütze des Anlagenkonzepts der Fonds V. war die Absicherung durch eine Schuldübernahme. Die schuldübernehmende Bank sollte bezüglich aller bei der Erst-Investition realisierten Filme der Fondsgesellschaft jeweils die Verpflichtungen des Lizenznehmers zur Erbringung der fest vereinbarten Schlusszahlungen in Höhe von mindestens 115 % des anteiligen Kommanditkapitals ohne Agio bezogen auf den Anteil der Produktionskosten am gesamten Kommanditkapital des Lizenzgebers übernehmen. (Seite 13 des Prospekts V. 4).

Dort wird u. a. auszugsweise ausgeführt:

Dies bedeutet, dass die Schlusszahlungen im vorgenannten Umfang anstelle des Lizenznehmers von der Bank an die Fondsgesellschaft zu leisten sind.

Diese „Schuldübernahmeverträge“ werden auf Seiten 90/91 des Prospekts V. 4 näher behandelt. Der wirtschaftliche Hintergrund dieser Schuldübernahme durch die beteiligte Bank wird hier allerdings nicht verdeutlicht, soweit dort als Voraussetzung nur die Bezahlung des Entgeltes durch den Lizenznehmer genannt wird.

Nach dieser Formulierung ist die Zahlung des Entgelts die wesentliche Voraussetzung für die Schuldübernahme durch die bezeichnete Bank. Demnach müsste diese sich bereit erklärt haben, die Verträge abzuschließen, ohne ihrerseits eine Sicherheit für die von ihr zu tragende Schlusszahlung zu erhalten.

Dies wird durch die Ausführungen auf Seite 95, 1. Absatz des Prospekts V. 4 noch einmal bekräftigt. Demnach kann die Schuldübernahme nur scheitern, wenn der Lizenznehmer das vereinbarte Schuldübernahmeentgelt nicht einzahlt oder keine Einigung bezüglich dessen genauer Höhe erzielt wird. Demnach ist bezüglich der Schlusszahlung durch die Bank niemand verpflichtet, eine Sicherheit zu stellen.

D.h.: Die Bank kann die Schuldübernahme nicht ablehnen, weil weder der Lizenznehmer noch die Fondsgesellschaft oder ein sonstiger Dritter bereit ist, eine Sicherheit zu stellen. Demnach vermittelt der Prospekt dem Anleger, dass eine seriöse Bank bereit ist, eine Verpflichtung über mehrere 100 Mio. EUR einzugehen, ohne auf irgendeine Form von Sicherheit zu bestehen.

Im Rahmen der Vertragsfreiheit kann eine Bank eine solche Verbindlichkeit begründen. Bei der Plausibilitätsprüfung ist zur Überzeugung des Senats aber zu berücksichtigen, dass ein derartiges Geschäftsgebaren so unwahrscheinlich ist, dass von einem schlüssigen Anlagekonzept nicht mehr gesprochen werden kann. Es drängt sich vielmehr die Frage auf, wie die schuldübernehmende Bank ihr Risiko absichert. Hierzu sagt der Prospekt nichts aus. Für den Senat ist kein nachvollziehbarer Grund zu erkennen, dass jemand eine Sicherheit in dieser Höhe bestellt, ohne hierzu verpflichtet zu sein.

Für einen Anlagevermittler bzw. -berater muss es sich daher aufdrängen, dass diese Regelung Lücken enthält, die die Beteiligten durch Vereinbarungen ergänzen, die nicht im Prospekt enthalten sind. Im Rahmen der erforderlichen Plausibilitätsprüfung ist es nicht entscheidungserheblich, ob und wenn ja welche Maßnahmen bei der Durchführung des Fonds tatsächlich getroffen wurden. Es bestehen Zweifel an der Schlüssigkeit des Konzepts im Prospekt, diese waren dem Anleger mitzuteilen, was nicht geschehen ist.

(3)

(a)

Im Prospekt der V. 4 wird auf Seite 6 wörtlich ausgeführt:

„Darüber hinaus ist die Bareinlage selbst ohne Berücksichtigung steuerlicher Effekte in Höhe von ca. 65 % abgesichert.“

Zur Überzeugung des Senats wird hierdurch der Eindruck erweckt, dass die Bareinlage tatsächlich zu 65 % abgesichert ist. Die Schuldübernahme sieht dagegen nur eine Schlusszahlung an den Fonds vor, nicht an den Anleger. Darüber hinaus ist das Wort „Bareinlage“ im Hinblick auf den Fonds V. 4 widersprüchlich. Die Einlage wurde zu 45,5 % fremdfinanziert. Durch die Formulierung wird bei dem Anleger der Eindruck erweckt, es gäbe eine besondere Absicherung seiner eigenfinanzierten Einlage in Höhe von 54,4 %. Dies ist aber nicht der Fall.

(b)

Auf Seite 5 des Prospekts V. 4 heißt es unter der Überschrift „die Eckdaten des Fonds“: „Absicherung von mindestens 115 % des Kommanditkapitals ohne Agio mittels Schuldübernahme durch die H. Bank AG (zu Bedingung und Umfang der übernommenen oder abgesicherten Zahlungen s. Kapitel 12 und 13)“.

Auf Seite 13 des Prospekts V. 4 heißt es unter der Überschrift Schuldübernahme durch die H.- Bank AG: „Die Bank wird bezüglich aller bei der Erst-Investition realisierten Filme der Fondsgesellschaft (nachfolgend auch Lizenzgeber) jeweils die Verpflichtungen des Lizenznehmers zur Erbringung der fest vereinbarten Schlusszahlung in Höhe von mindestens 115 % des anteiligen Kommanditkapitals ohne Agio bezogen auf den Anteil der Produktionskosten am gesamten Kommanditkapital des Lizenzgebers übernehmen...“

Auf Seite 90 des Prospekts V. 4 wird unter der Überschrift „Schuldübernahmeverträge“ ausgeführt: „... Schlusszahlungen - jedoch maximal in Höhe von 115 % bezogen auf den Anteil der Gesamtkosten des Projekts am gesamten Kommanditanteil...“

Auf Seite 93 des Prospekts V. 4 heißt es unter der Überschrift wirtschaftliche Risiken in dem 5. Absatz auszugsweise: „...die Schlusszahlungen sollen lediglich 115 % des Fondsvolumens ohne Agio absichern ...“.

Auf Seite 5 wird das geplante Fondsvolumen auf 5 Mio. EUR beziffert. Dies entspricht der Summe des Kommanditkapitals auf Seite 63 des Prospekts V. 4. Demnach bedeutet der Begriff Fondsvolumen: die gesamten Kosten bestehend aus Produktionskosten + Nebenkosten + Verwaltungskosten.

Zur Überzeugung des Senats sind die zitierten Ausführungen in dem Prospekt V. 4 in sich widersprüchlich und nicht schlüssig. Aus dem Prospekt ist nicht erkennbar, was nun tatsächlich durch die Schlusszahlung gesichert sein soll. Klar und eindeutig ist nur geregelt, dass die Schlusszahlung sich nicht auf das Agio bezieht. Die Begriffe „115 % des Kommanditkapitals“ auf Seite 5 des Prospekts V. 4 und „115 % des Fondsvolumens“ auf Seite 93 Prospekts V. 4 bedeuten zur Überzeugung des Senats, dass die Höhe der Schlusszahlung sich auf das gesamte Fondsvolumen erstrecken soll. Dies steht aber in Widerspruch zu den Ausführungen auf Seite 13 des Prospekts V. 4. Dort heißt es, dass sich die Schlusszahlung nur auf den „Anteil der Produktionskostenam gesamten Kommanditkapital“ bzw. „auf den Anteil der Gesamtkosten des Projektsam gesamten Kommanditanteil...“ erstreckt. Der Anteil der Produktionskosten bzw. der Anteil der Gesamtkosten eines Projekts am gesamten Kommanditanteil beträgt aber nur 87,2 % (Seite 63 des Prospekts V. 4).

Es bleibt somit tatsächlich offen, in welcher Höhe die Schlusszahlung erfolgen soll. Sind hiermit tatsächlich die Produktionskosten gemeint oder aber das gesamte Fondsvolumen. Für den Anleger ist dies von besonderer Bedeutung, da hierauf der gesamte Sicherungsmechanismus des Fonds beruht.

Die Bedeutung für den Anleger ergibt sich aus folgender Rechnung:

Geht man davon aus, dass die Schlusszahlung 115 % der Produktionskosten ausmachen soll, so ergibt sich folgende Rechnung:

Kommanditkapital € 5 Millionen (Seite 63 des Prospekts)

Produktionskosten € 4.360.000,- (Seite 63 des Prospekts)

Also

115 % von 4.360.000,- € = 5.014.000,- €

Nach den Ausführungen auf Seite 93 des Prospekts V. 4 dient die Schlusszahlung vorrangig zur Rückzahlung der Anteilsfinanzierung der Anleger und der damit im Zusammenhang stehenden Kosten der Bank.

Die Anteilsfinanzierung betrug 45,5 %.

Somit

45,5 % von 5 Millionen € = 2.275.000,- €

Nach dem obligatorischen Darlehensvertrag, der dem Prospekt V. 4 beigefügt ist, werden hierauf 7,475 % p. a. an Zinsen fällig. Diese sind zinslos gestundet und werden auf einem gesonderten Buchungskonto bei der Bank geführt. Dieses Buchungskonto ist am Laufzeitende, das mit dem Fondsende zusammenfällt, auszugleichen.

Nach den Ausführungen auf Seite 93 des Prospekts V. 4 sind daher die Zinsen Teil der Anteilsfinanzierung und müssen hinzugerechnet werden.

Die Laufzeit des Fonds und damit der Darlehensfinanzierung war auf 10 Jahre festgelegt (Seite 5 des Prospektes V. 4).

Somit

Zinsen für 10 Jahre auf 2.275.000,- € in Höhe von 7,475 % p. a. = 3.975.563,- €.

Tatsächlich wird somit im Rahmen der Schuldübernahme an die Fondsgesellschaft effektiv nur folgender Betrag gezahlt.

Betrag aus der Schuldübernahme     5.014.000,- €- 3.975.563,- €=1.038.437,- €Von dem Fondkapital haben die Anleger 2.725.000,- € aufgebracht (S. 63 des Prospektes V. 4). Nach Abzug der Darlehenskosten stehen im Hinblick auf die eigen finanzierte Einlage ein Betrag von 1.038.437,- € zur Verfügung. Dies sind ca. 38 % der von den Anlegern eigenfinanzierten Einlage.

Geht man hingegen davon aus, dass die Schlusszahlung 115 % des gesamten Kommanditkapitals ausmachen soll, so ergibt sich folgende Rechnung:

115 % von 5.000.000,- € = 5.750.000,- €

Zinsen für 10 Jahre auf 2.275.000,- € in Höhe von 7,475 % p. a. = 3.975.563,- €.

Maximaler Betrag aus der Schuldübernahme     5.750.000,- €- 3.975.563,- €=1.774.437,- €Von dem Fondskapital haben die Anleger 2.725.000,- € eigenfinanziert aufgebracht (S. 63 des Prospektes V. 4). Nach Abzug der Darlehenskosten steht im Hinblick auf die eigenfinanzierte Einlage ein Betrag von 1.774.437,- € zur Verfügung. Dies sind ca. 65 % der von den Anlegern eigenfinanzierten Einlage.

Ein Anlageberater oder -vermittler muss zur Überzeugung des Senats im Rahmen der Plausibilitätsprüfung erkennen, dass diese - für die Sicherung des Fonds wesentlichen Umstände - im Prospekt nicht eindeutig und klar erläutert sind, sondern Widersprüche bestehen, die der Aufklärung bedürfen.

(c)

Unabhängig von der Frage, ob sich die 115 % im Hinblick auf die Schuldübernahme auf die „Produktionskosten“ oder auf das „Fondsvolumen“ beziehen, müssen im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung dem Anlageberater oder -vermittler noch andere Punkte auffallen.

Der Prospekt V. 4 erweckt durch ständig wiederholende Formulierungen wie „115 % des Kommanditkapitals“ bei dem Anleger den Eindruck, als sei seine gesamte Einlage zu 115 % gesichert. Dies ist aber objektiv nicht der Fall. Auch auf Seite 93 des Prospekts V. 4, auf der für den Anleger die besonders wichtigen Risikohinweise enthalten sind, wird das Wort „Zinsen“ nicht erwähnt. Es wird verschleiernd von Rückzahlung der Anteilsfinanzierung und Kosten der Bank gesprochen und gleichzeitig wieder betont „115 % des Fondsvolumens“. Der Anleger erhält somit ein unklares Bild von der tatsächlichen Verwendung der Schlusszahlung und seiner vermeintlichen Absicherung.

Die Worte „115 % des Fondsvolumens“ bzw. „115 % des Kommanditanteils“, die im Prospekt an einer Vielzahl von Stellen wiederholt werden, suggerieren vielmehr, dass selbst im negativsten Fall die Fondsgesellschaft über einen Betrag verfügt, der die tatsächlich eingezahlten Beträge (eigen- und fremdfinanziert) um 15 % übersteigt. Tatsächlich ist dies aber nicht der Fall. Bei dem Anleger wird hierdurch die falsche Erwartung hervorgerufen, als würde selbst im negativsten Fall die Fondsgesellschaft einen Gewinn von 15 % der insgesamt eingezahlten Beträge verbuchen. Tatsächlich sind nur 65 % seiner Bareinlage durch die Zahlung an den Fonds gesichert.

Der Prospekt V. 4 spricht zwar auf Seite 6 von 65 %. Diese Zahl bezieht sich aber so wörtlich auf die Absicherung der „Bareinlage“. Eine derartige Absicherung ist im Fondskonzept überhaupt nicht enthalten. Hiervon könnte man nur sprechen, wenn die „65%“ unmittelbar durch die Bank an den Anleger bezahlt würden. Dies ist aber nicht der Fall. Darüber hinaus ist der versteckte Hinweis an dieser Stelle im Prospekt nicht für eine ordnungsgemäße Aufklärung geeignet, da das Gesamtbild maßgeblich ist (BGH Urteil vom 14.06.2007 - III ZR 125/06).

Die Schuldübernahme dient also nicht zur „Absicherung von 115 % des Kommanditanteils“ (Seite 5 des Prospekts V. 4), sondern in erster Linie der Absicherung der Anteilsfinanzierung inklusive Zinsen.

Für den Berater oder Vermittler, der eine ordnungsgemäße Plausibilitätsprüfung vornimmt, sind zur Überzeugung des Senats nicht nur die Widersprüche erkennbar, sondern auch der Umstand, dass selbst ein sorgfältiger Anleger bei einer ausführlichen Lektüre des Prospekts, diese verschleiernd dargestellten Umstände nicht erkennen kann und somit der Prospekt keine ordnungsgemäße Aufklärung über die Anlage enthält.

Die wirkliche Höhe der Zahlungen und die Auswirkungen für den Anleger werden erst deutlich, wenn Beispielsrechnungen erstellt werden (vgl. oben), aus denen sich ergibt, mit welchen Summen der Fonds im Rahmen der Schlusszahlungen rechnen kann. Von einem Anlageberater bzw. -vermittler muss erwarten werden, dass er im Rahmen der Plausibilitätsprüfung das Fondskonzept nachrechnet und die damit verbundenen Auswirkungen erkennt.

Es ist bedeutsam, wenn der Prospekt den Eindruck erweckt, die Schlusszahlung würde zu einem 15 % Überschuss bezogen auf das Fondsvolumen bei der Fondsgesellschaft führen. Dies entspricht einer Summe von 750.000,- EUR. Tatsächlich ist dies aber nicht der Fall, sondern es besteht ein Minus von 950.563,-- EUR (eigenfinanzierte Einlage 2.725.000,- EUR abzüglich Rest aus der Schlusszahlung 1.774.437,- EUR vgl. oben).

2.

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung sich dennoch für die Anlage entschieden hätte (BGH, Urteil vom 09.02.2006 - III ZR 20/05). Dem Anleger kommt die Vermutung zugute, dass er sich bei korrekter Aufklärung nicht beteiligt hätte (BGH Teilurteil vom 12.02.2009 - III ZR 119/08). Zur Überzeugung des Senats sind dabei auch die besonderen Umstände des Verfahrens zu berücksichtigen.

Die Beklagte zu 1) hat dem Anleger trotz bestehenden Beratungsvertrages verschwiegen, dass sie erhebliche Rückvergütungen bekommt. Für den Kunden sind diese Informationen von Bedeutung, um beurteilen zu können, ob die Bank ihre Beratungspflichten ordnungsgemäß erfüllt oder ihre eigenen finanziellen Interessen in den Vordergrund stellt. Dieses Vertrauensverhältnis ist grundlegend zerrüttet, wenn der Berater so wesentliche Punkte verschweigt. Der Anleger muss daraus den Schluss ziehen, dass die eigenen Interessen der Bank an der Rückvergütung maßgeblich sind und die Beratung insgesamt nicht primär seinen Interessen entspricht. Der Senat vermag bei dieser Sachlage keinen nachvollziehbaren Grund zu erkennen, warum ein Anleger in Kenntnis dieser Umstände der Empfehlung eines solchen Beraters folgen sollte.

Der sogenannte „Vermögensanlagebogen“ kann diese Vermutung nicht widerlegen. Er ist allenfalls ein weiteres Indiz dafür, dass durch das Vorgehen der Bank das Vertrauensverhältnis zu dem Kunden bezüglich der streitgegenständlichen Anlage nachhaltig gestört ist. Die Bank wusste demnach, dass sie Rückvergütungen zu offenbaren hatte und hat den Kunden dennoch nicht konkret aufgeklärt.

Auch wenn ein Kunde davon ausgeht, dass die Bank eine Provision erhält, muss er deren Größenordnung wissen, um beurteilen zu können, ob ihm der Fonds aus objektiven Gründen empfohlen wird, oder die Bank in erster Linie „gewinnorientiert“ berät.

Unterlässt die Bank diese Mitteilung, so ist das Vertrauensverhältnis bezüglich des konkreten Anlageprojekts nachhaltig gestört. Der Kunde muss davon ausgehen, dass die Bank die Information bewusst verschwiegen hat, um ihn zum Abschluss der Beteiligung zu bewegen. Das Verschweigen derartiger Informationen ist nur nachvollziehbar, wenn die Bank befürchtet, der Kunde werde den Abschluss nicht tätigen, wenn er die Höhe ihrer Rückvergütung erfährt. Zur Überzeugung des Senats gibt es daher keine Anhaltspunkte, dass der Anleger den Fonds dennoch gezeichnet hätte.

Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, weshalb der Aufklärungspflichtige, hier also die Beklagte, darlegen und beweisen muss, dass der Kläger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte (vgl. zuletzt BGH Urteil vom 12.05.2009, XI ZR 586/07). Die Beklagte zu 1) hat indes diese Kausalitätsvermutung nicht widerlegt.

Der benannte Zeuge S. war aus Rechtsgründen nicht zu vernehmen. Es mag sein, dass steuerliche Effekte für den Anleger wichtig waren. Über die inneren Gedankenvorgänge des Anlegers, wie er sich verhalten hätte, wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre, kann der Zeuge nichts bekunden. Diese Vorgänge liegen nicht in seinem Wahrnehmungsbereich. Wie der Senat oben ausgeführt hat, wäre die Beklagte zu 1) im Rahmen der Plausibilitätsprüfung verpflichtet gewesen, den Anleger darauf hinzuweisen, dass die steuerliche Absetzbarkeit fraglich ist. Nach ihrem eigenen Sachvortrag soll dieser Aspekt im Vordergrund gestanden haben. Der Senat vermag keinen Sachvortrag zu erkennen, aus welchen Gründen der Anleger trotz dieser Probleme des Fonds zeichnen sollte.

Es sind keine Anhaltspunkte zu erkennen, die eine Widerlegung der Vermutung rechtfertigen würden. Wie der Senat eingangs ausgeführt hat, ist der Prospekt in wesentlichen Punkten unklar und widersprüchlich. Ein Anleger der damit konfrontiert wird, müsste den Fonds zeichnen, obwohl er darauf hingewiesen wird, dass es gar keine Garantie gibt, die Darstellung der Zahlungsvorgänge und damit die Geschäftstätigkeiten des Fonds nicht nachvollziehbar sowie die steuerlichen Verlustzuweisungen ungewiss sind. Zur Überzeugung des Senats hätte daher ein Anleger keinen einleuchtenden Grund, diesen Fonds zu zeichnen, da er für eine Investition völlig ungeeignet ist.

3.

Gemäß § 280 i. V. m. § 249 BGB hat die Beklagte dem Kläger die Kosten für die Beteiligung Zug um Zug gegen Übertragung der Fondsanteile zu erstatten. Sie hat ferner die erlittenen Nachteile auszugleichen.

a)

Die Kläger hat Höhe und Umfang des Schadens nachvollziehbar dargestellt. Substantielle Einwendungen gegen die Berechnung des Schadens vermag der Senat nicht zu erkennen.

Einkommensteuerrechtlich gesehen handelt es sich bei der V. 4 um eine Publikums KG und damit um eine Mitunternehmerschaft im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, da die KG gewerblich tätig wurde. Mithin stehen - das ergibt ich aus § 16 EStG - alle Zu- und Abflüsse, die der Anleger von Beginn bis zur Beendigung der Gesellschafterstellung erfährt, im steuerlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit. Dies führt dazu, dass die dem Kläger in dieser Hinsicht zufließenden Schadensersatzleistungen als steuerpflichtige Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit anzusehen sind, mit der Folge, dass zuvor erzielte Steuervorteile wieder ausgeglichen werden müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 74, 114, BGH NJW 2006, 499).

Der Klagepartei ist selbst dann ein Schaden entstanden, wenn sie die Zeichnung wegen unzulänglicher Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag mit der H. Bank jederzeit widerrufen und rückabwickeln könne.

Ohne dass es auf die hier nicht entscheidungserhebliche Frage ankäme, ob die in den Darlehensverträgen verwendete Widerrufsbelehrung rechtlich zu beanstanden wäre - kann in der Nichtgeltendmachung von Ansprüchen gegen einen anderen Gesamtschuldner kein Verstoß gegen die dem Gläubiger grundsätzlich obliegende Schadensminderungspflicht im Sinne von § 254 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. BGB gesehen werden (Palandt/Heinrichs, BGB, 69. Aufl., § 254, Rn. 46).

b)

Die Ersatzpflicht der Beklagten zu 1) erstreckt sich gemäß § 249 Abs. 1 BGB auch auf Freistellung des Klägers von dessen Verbindlichkeiten aus dem bei der H .Bank aufgenommenen Darlehen. Der Kläger hat das Darlehen allein zum Zwecke der Beteiligung an dem Fonds V. 4 aufgenommen.

c)

Der Kläger kann auch verlangen, von sämtlichen zukünftigen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freigestellt zu werden, die mittelbar oder unmittelbar aus der Beteiligung resultieren (BGH Beschluss vom 30.06.2009 - XI ZR 266/08). Diese werden grundsätzlich von der Ersatzpflicht mit umfasst (Palandt a.a.O. § 249 Rn. 53). Die Feststellungsklage ist gemäß § 256 ZPO statthaft, da aus der Beteiligung noch weitere Schäden für den Kläger entstehen können, die derzeit noch nicht zu beziffern sind. Das Wort „Nachteile“ verdeutlicht, dass nur das negative Interesse zu ersetzen ist.

d)

Die Beklagte zu 1) kann dem Kläger kein Mitverschulden im Sinne des § 254 BGB zur Last legen Sie kann ihre Pflicht, den Kläger ordnungsgemäß zu beraten, nicht auf diesen abwälzen. Es ist ausschließlich ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass, soweit sie gegenüber Dritten Verpflichtungen übernommen hat, diese durch ihre eigenen Mitarbeiter erfüllt werden. Versäumnisse in der Organisation sowie im Verhalten des eigenen Mitarbeiters sind gemäß § 278 BGB ihr zuzurechnen und können nicht auf den Kunden verlagert werden.

Zur Überzeugung des Senats war der Kläger nicht verpflichtet, anhand des Prospektes die Angaben der Beklagten zu 1) zu überprüfen. Es handelte sich um juristisch schwer zu erkennende Zusammenhänge. Die Beklagte zu 1) hat als beratende Bank den Eindruck erweckt, den Kunden fachkundig und kompetent zu beraten. Es kann unter diesen Umständen dem Kläger nicht angelastet werden, wenn er die Ausführungen der Berater nicht an Hand des Prospektes überprüft hat.

Der Anleger ist nicht verpflichtet, die Interessen und die Pflichten der Beklagten zu 1) an deren Stelle zu erfüllen. Der Kläger musste auch nicht im Hinblick auf seine Kenntnisse und Möglichkeiten bei der Beklagten zu 1) nachfragen und sich insbesondere nicht nach der Höhe der Rückvergütung erkundigen (BGH Urteil vom 06.03.3008 - III ZR 298/05 Rz. 25 und vom 19.06.2008 - III ZR 159/07). Im Prospekt ist ein Agio von 5 % ausgewiesen, das zusätzlich zu bezahlen war. Für einen Anleger war es daher zur Überzeugung des Senats zumindest nicht ersichtlich, dass die Bank darüber hinaus noch Rückvergütungen bekommt.

Der Anleger ist im Rahmen des § 254 BGB auch nicht verpflichtet, ein Rücktrittsrecht geltend zu machen oder es klageweise durchzusetzen. Zur Überzeugung des Senats würde dies in dem Verfahren dazuführen, dass der Geschädigte mit den Risiken belastet wird, die der Schädiger zu tragen hat (vgl. zur Rolle des Gläubigers Palandt/Grüneberg aaO. § 421 Rn 1 „Paschastellung“). Ohne die unzureichende Beratung hätte der Kläger den Fonds und den Darlehensvertrag nicht gezeichnet. Er hat somit einen Anspruch gegen die Beklagte, so gestellt zu werden, als wären die Verträge nicht unterzeichnet worden

Der Kläger war daher im Verhältnis zur Beklagten zu 1) nicht verpflichtet, aufgrund einer Schadensminderungsverpflichtung im Sinne von § 254 BGB vorrangig die H. Bank in Anspruch zu nehmen. Es ist nämlich grundsätzlich Sache des Gläubigers selbst und steht daher in seinem eigenen Belieben, jeden Gesamtschuldner, auch wenn verschiedene Schuldgründe gegeben sein sollten, ganz oder teilweise in Anspruch zu nehmen (vgl. Palandt/Grüneberg, § 421, Rn. 12). Sinn und Zweck eines Gesamtschuldverhältnisses sind nämlich gerade nicht darauf ausgerichtet, den einzelnen Gesamtschuldner durch den Verweis auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme des jeweils anderen Gesamtschuldners zu entlasten, sondern den Gläubiger zu stärken (Palandt/Grüneberg, § 421, Rn. 1).

Die Beklagte zu 1) kann die Risiken, die mit der Frage des Widerrufs zusammenhängen, nicht auf den Kläger abwälzen. Die finanzierende Bank erkennt den Widerruf nicht an. Eine Rückabwicklung ist nicht erfolgt, der Anleger hält nach wie vor die Beteiligung und hat den Schaden. Das bloße Bestehen eines Rückabwicklungsanspruchs gegenüber einem Dritten beseitigt noch nicht diese für den Kläger nachteilige Vermögenslage, aus der sich der Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten zu 1) ergibt. Aus diesen Gründen entfällt auch der Schaden der Klägerin nicht.

4.

Soweit vorprozessuale Zinsen als Schadensersatz geltend gemacht werden, ist die Klage ebenfalls begründet. An die Darlegung entgangenen Gewinns im Sinne von § 252 BGB sind keine strengen Anforderungen zu stellen (BGH NJW 2002, 2553 ff.; OLG Schleswig OLGR 2008, 783). Der Anspruchsteller hat die Umstände darzulegen, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Einzelfalls die Wahrscheinlichkeit eines Gewinneintritts ergibt (BGH NJW 2002, 2553 ff.).

Nach dem Urteil des Bundesgerichthofs vom 02.12.1991 ist einem Anleger, der durch schuldhafte unrichtige Angaben bewogen wurde, einer Publikumsgesellschaft beizutreten, nicht nur seine Einlage, sondern auch der Schaden zu ersetzen, der sich typischerweise daraus ergibt, dass das Eigenkapital in solcher Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt worden wäre (BGH NJW 1992, 1223).

Der Senat schätzt den Schaden in Form des entgangenen Gewinns gemäß § 287 ZPO in Anlehnung an die Vorschrift des § 246 BGB auf 4 %. Die Vorschrift des § 287 ZPO soll es dem Gericht ermöglichen, in den Fällen eine Schätzung vorzunehmen, in denen auf Grund einer hypothetischen Schadensberechnung die Höhe nur schwer zu bestimmen ist, (Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 287 Rz. 1).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Anleger hat eine Beteiligung gezeichnet. Es ist somit davon auszugehen, dass er sein Kapital nicht für Konsumzwecke verwendet hätte. Die Frage, welche andere Anlageform er gewählt hätte, ist hypothetisch.

Sowohl festverzinsliche Anlagen als auch unternehmerische Beteiligungen haben eine höchst unterschiedliche Gewinnerwartung, die von den steuerlichen Gegebenheiten, dem jeweiligen Schuldner und der Laufzeit abhängen. Auch bei festverzinslichen Anlagen gibt es eine Vielzahl von Variablen, die einen ungewissen Einfluss auf den tatsächlichen Gewinn haben können. Auch hier kommen - zumindest im Ansatz - spekulative Elemente zum Zuge. Es ist gerichtsbekannt, dass nicht alle Banken den gleichen Zinssatz anbieten und die Laufzeit durch den Anleger bestimmt wird. Setzt er auf fallende Zinsen, wird er eine längere Laufzeit bevorzugen, setzt er auf steigende Zinsen, so wird eine frühere Fälligkeit gewählt.

Zur Überzeugung des Senats ist der entgangene Gewinn daher auf 4 % Zinsen zu schätzen. Der Gesetzgeber hat durch die Vorschrift des § 246 BGB zu erkennen gegeben, dass dies ein angemessener Wert für die Vorenthaltung eines Kapitals ist. Der Senat hält die Höhe unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auch in dem streitgegenständlichen Verfahrens für angemessen. Der Anleger hat einen Fonds gezeichnet, der eine erhebliche Rendite ausgewiesen hat. Gleichzeitig hat er versucht, einem gewissen Sicherungsbedürfnis Rechnung zu tragen, da der Fonds mit dem Wort „Garantiefonds“ überschrieben war. Im Sinne des § 287 ZPO ist daher davon auszugehen, dass der Anleger bei anderweitiger Nutzung seines Kapitals eine Rendite von 4 % erzielt hätte.

Die Einwendung der Beklagten zu 1), dem Kläger stünden weder Verzugszinsen nach § 286 BGB noch Zinsen aus § 291 BGB zu, da er die ihm obliegende Gegenleistung nicht ordnungsgemäß angeboten habe mangels Herbeiführung der Voraussetzungen der Beteiligungsübertragung, womit die Fälligkeit der Hauptleistung fehle, ist unbegründet.

Die vom Landgericht zugesprochenen Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit stehen dem Kläger nach § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Die Zinspflicht nach § 291 BGB ist eine materiellrechtliche Folge der Rechtshängigkeit (Palandt-Grüneberg BGB a.a.O. § 291 Rn 1) und setzt lediglich die Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des Leistungsbegehrens voraus (Palandt-Grüneberg § 291 Rn 5). Beide Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Nur in dem Fall, dass dem Anspruch die Einrede des nichterfüllten Vertrags oder ein vom Schuldner geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht entgegen steht, kann die Verzinsung nach § 291 BGB entfallen (BGH NJW 1971, 615; Palandt-Grüneberg § 291 Rn 5). Das gilt indessen nicht, wenn der Schuldner - wie vorliegend - Schadensersatz Zug um Zug gegen Vorteilsausgleichung zu leisten hat (BGH Urteil vom 21.10.2004 - III ZR 323/03; Palandt-Grüneberg a.a.O.).

Der Bundesgerichtshof hat dies in seinem zuletzt zitierten Urteil überzeugend folgendermaßen begründet (Rn 7):

„Im vorliegenden Fall geht es indessen nicht um die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts, d.h. um die Geltendmachung eines auf demselben rechtlichen Verhältnis beruhenden fälligen Gegenanspruchs durch die Beklagte. Vielmehr ist Grundlage des hier in Rede stehenden Zug-um-Zug-Vorbehaltes das dem allgemeinen Schadensersatzrecht innewohnende Prinzip der Vorteilsausgleichung, welches bewirkt, dass die Schadensersatzpflicht der Beklagten nur gegen Herausgabe der Vorteile erfüllt zu werden braucht, die mit dem schädigenden Ereignis in adäquatem Zusammenhang stehen. Der Schadensersatzanspruch ist von vornherein nur mit der Einschränkung begründet, dass gleichzeitig die Vorteile herausgegeben werden. Dazu bedarf es keines besonderen Antrags oder einer Einrede des Schuldners (BGHZ 27, 241, 248 f; Staudinger/Schiemann, BGB 13. Bearb. [1998] § 249 Rn. 143). Eben dieser Besonderheit des Schadensersatzanspruchs hatte die Klägerin mit ihrem Klageantrag Rechnung getragen. Ein Schadensersatzbegehren dieses Inhalts ist auch im Amtshaftungsrecht zulässig. Es verstößt nicht gegen die Besonderheit des Amtshaftungsanspruchs, die darin besteht, dass er - abweichend vom Grundsatz der Naturalrestitution - in der Regel auf Ersatz in Geld, allenfalls auf Wertersatz, jedoch nicht auf Wiedergutmachung durch eine dem Amt zuzurechnende Handlung geht (vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 2003 -III ZR 32/02=NVwZ 2003, 1285). Der Senat sieht keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass die Schadensersatzforderung der Klägerin mit diesem eingeschränkten Inhalt spätestens durch die Klageerhebung fällig geworden ist. Daher besteht keine innere Rechtfertigung dafür, die Beklagte, die der Klage mit sachlichen Einwendungen zu Anspruchsgrund und -höhe, nicht aber mit einem Zurückbehaltungsrecht, entgegengetreten ist, von der Pflicht zur Zahlung von Prozesszinsen zu befreien. Mit der Auferlegung der Prozesszinsen verwirklicht sich hier nämlich lediglich das allgemeine Risiko eines jeden Schuldners, dessen Verteidigungsvorbringen sich im Laufe eines jahrelangen Rechtsstreits als im Ergebnis nicht durchgreifend erweist. Ebensowenig sind sachliche Gründe dafür erkennbar, der Klägerin, die mit dem Angebot des Vorteilsausgleichs das ihrerseits Erforderliche getan hatte, die Nutzungsvorteile des ihr rechtmäßig zustehenden Schadensersatzbetrages in Form der Prozesszinsen vorzuenthalten. Dementsprechend hat der Senat in dem eine vergleichbare Fallgestaltung betreffenden Urteil vom 22. Mai 2003 (aaO) in Übereinstimmung mit der Vorinstanz den dortigen Klägern auf die ihnen Zug um Zug gegen die Übertragung des Grundstücks zuerkannte Hauptforderung auch die gesetzlichen Zinsen zugesprochen.“

Der Senat sieht keine rechtliche Veranlassung, davon beim vorliegenden Sachverhalt abzuweichen.

5.

Das erstinstanzliche Urteil war insoweit abzuändern, als die Verurteilung Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots gegenüber der Beklagten zu 1) auf Übertragung der Beteiligung ausgesprochen wurde, stattdessen hat die Zug um Zug-Verurteilung gegen Übertragung der gezeichneten Beteiligung zu erfolgen.

Der Kläger hat einen Anspruch im Rahmen der Schadenswiedergutmachung gemäß § 280 i. V. m. § 249 BGB, dass er so gestellt wird, als hätte er die Beteiligung nicht gezeichnet. Für die Rückübertragung der Beteiligung genügt aber die Abgabe eines Angebots nicht. Gemäß § 6 des Gesellschaftsvertrags sind eine Reihe von Maßnahmen nötig.

So muss z. B. gemäß § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags die Komplementärin ihre Zustimmung erteilen. Würde sie diese rechtswidrig verweigern, so hätte die Beklagte als außen stehende Person keine Möglichkeit, die Übertragung der Gesellschaftsanteile tatsächlich zu bewirken. Bis zur Übertragung der Gesellschaftsrechte hat nur der Kläger die Möglichkeit, seine Rechte als Gesellschafter wahrzunehmen. Die Besonderheit in dem Verfahren besteht gerade darin, dass - wie oben ausgeführt - allein die Abtretung der Treuhandstellung gesellschaftsrechtlich nicht ausreichend ist, wie sich aus den oben zitierten gesellschaftsrechtlichen Vorschriften ergibt.

Sollte die Fondsgesellschaft im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf eine eventuell anfallende Gewerbesteuer, die Zustimmung zur Übertragung der Gesellschaftsanteile von der Stellung einer Bürgschaft durch die Klagepartei abhängig macht, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Die Klagepartei hat einen titulierten Anspruch „von allen wirtschaftlichen Nachteilen“ freigestellt zu werden. Dazu gehört auch eine übernommene Bürgschaft. Der Senat bleibt insoweit bei seiner Auffassung, dass die Klagepartei verpflichtet ist, der Schädigerin im Rahmen der Zug um Zug-Verurteilung tatsächlich eine im Sinne des Gesellschaftsvertrages gesicherte Stellung zu verschaffen und die Beteiligung zu übertragen

Soweit seitens der Klagepartei geltend gemacht wird, gemäß § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages sei die Zustimmung der finanzierenden Bank zu einer Schuldübernahme erforderlich, vermag sich der Senat dieser Auffassung nicht anzuschließen. Der Gesellschaftsvertrag spricht nur von einer Übernahme der Teilfinanzierung. Hierfür genügt es, wenn die neue Gesellschafterin zusätzlich zu dem alten Gesellschafter die Verbindlichkeiten aus dem Darlehen übernimmt. Es kommt nicht darauf an, ob die finanzierende Bank den ausscheidenden Gesellschafter aus der Haftung entlässt.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.12.2009 - II ZR 15/08 ist für das Verfahren nicht einschlägig. Der Antrag der Klagepartei richtet sich nicht auf die Abgabe eines Angebots auf Abtretung der Rechte aus dem Treuhandvertrag, sondern auf die Abgabe eines Angebots auf Übertragung der Beteiligung.

Die rechtliche Problematik bedarf im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 06.07.2010 - XI ZB 40/09, Rz. 14) derzeit keiner abschließenden Entscheidung, weil etwaige Divergenzen im Wege der Auslegung zu bereinigen sind.

6.

Das erstinstanzliche Urteil war auch insoweit abzuändern, als festgestellt wurde, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung bzw. mit der Annahme der Übertragung in Verzug befindet, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. BGH, Beschluss vom 30.06.2009 - XI ZR 266/08).

Wie der Senat bereits oben ausgeführt hat, genügt die Abgabe des Angebots nicht, um die Zug-um-Zug-Voraussetzungen zu erfüllen. Auch dem Hilfsantrag war nicht stattzugeben. Die Beklagte befindet sich auch mit der Annahme der Übertragung nicht im Verzug. Der Kläger hat insoweit keinen substantiierten Sachvortrag gebracht, dass die gesellschaftsvertragsgemäßen Voraussetzungen für eine Übertragung bereits vorliegen.

Der Senat hat bei seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 28.11.2007 - Az.: III ZR 214/06) berücksichtigt, wonach Schwierigkeiten bei der Übertragung der Fondsanteile grundsätzlich in den Risikobereich der schadenersatzpflichtigen Beklagten fallen. Dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass der Kläger bereits gemäß § 242 BGB verpflichtet ist, die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine Übertragung der Fondsanteile zu schaffen. Erst wenn er alles von seiner Seite Erforderliche getan hat, kann ein Verzug der Gegenseite eintreten.

7.

Die erstinstanzliche Kostenentscheidung war abzuändern, da über die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Verhältnis zu der Beklagten zu 1) eine abschließende Entscheidung getroffen werden kann.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Im Hinblick auf das geringfügige Unterlegen des Klägers war eine Quotelung gemäß § 92 Abs. 2 ZPO nicht angezeigt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.