VG Ansbach, Beschluss vom 11.10.2010 - AN 10 S 10.01756
Fundstelle
openJur 2012, 110950
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 3.750 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Dem am … geborenen Antragsteller wurde am … 1999 die Fahrerlaubnis der Klasse B neu erteilt. Diese Fahrerlaubnis wurde dem Antragsteller mit Bescheid vom 25. Februar 2002, bestandskräftig seit 27. März 2002 entzogen, weil er ein angefordertes Fahreignungsgutachten nicht vorgelegt hatte.

Unter anderem mit Urteil vom 14. August 2003 wurde der Antragsteller in der Folgezeit wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt und ihm eine isolierte Sperre nach § 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB auferlegt.

Am … 2005 erwarb der Antragsteller in Tschechien eine Fahrerlaubnis der Klasse B, worüber ihm am … 2005 ein Führerschein ausgestellt wurde. Unter Ziffer 8 auf der Vorderseite dieses Führerscheins ist als Wohnsitz „…“ angegeben.

Nachdem die Fahrerlaubnisbehörde durch mehrere polizeiliche Anzeigen auf das Vorhandensein der tschechischen Fahrerlaubnis hingewiesen worden war, stellte sie weitere Ermittlungen zu den näheren Umständen an. In diesem Zusammenhang teilte der Antragsteller der Behörde ausweislich eines Aktenvermerks mit, dass ihm der tschechische Führerschein in … umgetauscht worden sei.

Mit Informationsschreiben vom 21. Januar 2010 teilte die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller mit, dass er nicht berechtigt sei, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen, da es sich bei dem aktuellen österreichischen Führerschein lediglich um ein Ersatzdokument für den im Inland nicht gültigen tschechischen Führerschein handele und nicht um eine neu erteilte Fahrerlaubnis. Zur Vermeidung eines kostenpflichtigen Bescheids werde gebeten, den österreichischen Führerschein zur Eintragung der fehlenden Fahrberechtigung innerhalb von sieben Tagen vorzulegen.

Ausweislich einer sich bei den Akten befindlichen Kopie wurde dem Antragsteller am 10. März 2010 eine österreichische Fahrerlaubnis der Klassen „B“ und „B+E“ erteilt. Auf der Rückseite ist in der Rubrik B in der Spalte 10 das Erteilungsdatum eingetragen „2005…“. In der Rubrik E unter Rubrik B ist in Spalte 10 als Erteilungsdatum eingetragen „2010…“.

Auf Anfrage der Fahrerlaubnisbehörde teilte dieser die Bundespolizeidirektion … mit Schreiben vom 8. Juni 2010 zu den nachgefragten aktuellen Führerscheindaten unter anderem mit,

„Klasse B seit …2005 (…) Klasse B+E seit …2010“

Ferner wurde mit E-Mail dieser österreichischen Behörde vom 10. Juni 2010 dargelegt, dass mit der Klasse „B+E“ nur der Anhänger E zum Zugfahrzeug B bezeichnet werde. Eine Klasse B alleine sei damit nicht gemeint. Der Antragsteller habe am … 2010 bei der Bundespolizeidirektion … einen Antrag auf Erteilung einer Lenkberechtigung für Anhänger zur Klasse B (= „B+E“) gestellt. Er habe eine theoretische Fahrprüfung am PC am … 2010 abgelegt und eine praktische Fahrprüfung am … 2010. Nach bestandener praktischer Fahrprüfung am …. … 2010 habe auch die Klasse „B+E“ als erteilt gegolten.

Am 4. August 2010 erließ die Antragsgegnerin folgenden Bescheid:

„1. Sie sind nicht berechtigt, von Ihrer am …2010 für die Klasse B, BE erteilten österreichischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen. Diese Fahrerlaubnis wurde nachweislich auf Grund einer tschechischen Fahrerlaubnis erteilt, die Sie nicht zum Führen eines Kraftfahrzeuges auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtigt.

2. Sie werden verpflichtet, Ihren österreichischen Führerschein unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach Zustellung dieser Entscheidung, bei uns vorzulegen, damit darin eingetragen werden kann, dass Sie in der Bundesrepublik Deutschland keine fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeuge führen dürfen.

Für den Fall der Nichtbefolgung innerhalb einer Woche nach Zustellung dieses Bescheides wird unmittelbarer Zwang, d.h. die Einziehung des Führerscheins angedroht und Anzeige nach § 75 Nr. 10 Fahrerlaubnis-Verordnung erstattet. Die Kosten für eine zwangsweise Einziehung des Führerscheins in Höhe von 150 EUR hätten Sie zu tragen.

3. Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 wird angeordnet.

4. Die Kosten des Verfahrens sind von Ihnen zu tragen.“

Der Bescheid wurde im Wesentlichen dahingehend begründet, dass mit dem umgeschriebenen bzw. erweiterten österreichischen Führerschein mit eingetragenem Wohnsitz in Österreich keine Fahrberechtigung in Deutschland bestehe, da dieser Führerschein ausschließlich auf der Grundlage des tschechischen Führerscheins, welcher in Deutschland keine Fahrberechtigung vermittelt habe, ausgestellt worden sei und damit lediglich eine in Deutschland nicht wirksame tschechische Fahrerlaubnis dokumentiere. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 7 Abs. 2 FeV sei ein ausländischer Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen, wenn die Fahrerlaubnis entzogen worden sei oder wenn Beschränkungen einzutragen seien. Die sofortige Vollziehung sei anzuordnen gewesen, da ein überwiegendes Interesse dafür bestehe, dass die Polizei bei Verkehrskontrollen nicht über die Gültigkeit eines Führerscheins getäuscht werden könne und das mögliche Sicherheitsrisiken für andere Verkehrsteilnehmer minimiert würden. Aus diesen Gründen könne die Wirksamkeit der Maßnahme auch nicht bis zu einer verwaltungsgerichtlichen Klärung der Rechtmäßigkeit des Bescheides zurückgestellt werden.

Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller am 24. August 2010 Anfechtungsklage erheben und ebenfalls beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 4. August 2010 anzuordnen (gemeint: wiederherzustellen).

Klage und Eilantrag wurden unter anderem dahingehend begründet, dass es zwar unstrittig sei, dass der ehedem vorhandene tschechische Führerschein mit Wohnsitzaufdruck … keine Verpflichtung für die Bundesrepublik Deutschland begründe, diesen anzuerkennen. Die fehlende Fahrberechtigung des Antragstellers sei jedoch spätestens zu dem Zeitpunkt wieder aufgelebt, als die Republik Österreich ihm eine Fahrerlaubnis der Klasse BE erteilt habe. Hier sei darauf abzustellen, dass ein ordnungsgemäßer Erteilungsakt eines EU-Mitgliedstaates vorliege. Grundlage der Anerkennungsverpflichtung des österreichischen Führerscheins des Antragstellers sei die Richtlinie 206/126/EG. Zwar spreche auch diese so genannte 3. Führerscheinrichtlinie von Umständen, bei deren Vorliegen eine Fahrerlaubnis nicht erteilt werden dürfe bzw. nicht anerkannt werden müsse. Diese lägen jedoch nicht vor. Insbesondere lasse sich das deutsche Verständnis über die Auslegung des Art. 11 Abs. 4 dieser Richtlinie durch keinen Auslegungsweg herleiten. Vielmehr müsse eine Auslegung der Richtlinie zu dem Ergebnis führen, dass der Richtliniengeber die Begrifflichkeit „Maßnahme des Entzugs“ auf eine etwaig bestehende Sperrfrist bezogen habe, was auch im Übrigen von einigen deutschen Obergerichten vertreten werde. Eine weitergehende Auslegung in Richtung auf eine Anwendbarkeit, bezogen auf den Zeitraum etwaiger Eintragungen im Verkehrszentralregister gehe in weiten Teilen zu den ehernen Grundsätzen der Freizügigkeit innerhalb Europas konträr. Es sei damit zu rechnen, dass es bezüglich § 28 Abs. 4 FeV in der derzeitigen Fassung zu einer ähnlichen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wie in der Rechtssache … komme, nämlich dahingehend, dass die deutsche Gesetzlage nicht europarechtskonform sei. Eine Verschärfung der Rechtsfolge (gemeint wohl: bei Art. 11 Satz 4 der Richtlinie 2006/126/EG) bei gleichem Wortlaut des Tatbestands bedeute nicht, dass diese Rechtsfolge unter erleichterten Voraussetzungen eintrete. Möge auch nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes insoweit nunmehr eine „gebundene“ Entscheidung angenommen werden, so bedeute dies nicht, dass die vom Europäischen Gerichtshof im Wege der Auslegung entwickelten tatbestandlichen Voraussetzungen nunmehr hätten geändert werden sollen. Auch der Hinweis (des BayVGH) auf die unter anderem mit der Neufassung verfolgte Zielsetzung, den so genannten Führerscheintourismus zu bekämpfen, gehe fehl; dieser Zielsetzung trage die neue Richtlinie durch die Einführung eines einheitlichen neuen Führerscheinmodells mit verstärkten Sicherheitsmerkmalen und der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, ein EU-Führerscheinnetz einzurichten und zu nutzen, Rechnung. Vor diesem Hintergrund erschließe sich die Bedeutung von Art. 11 Abs. 4 unter Abschnitt 1 der Richtlinie 2006/126/EG. Insbesondere lasse sich ein geändertes Verständnis der Vorschrift nicht aus dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof angeführten Erwägungsgrund Nr. 15 der Richtlinie 2006/126/EG herleiten. Denn dieser enthalte keinerlei Neuerung, sondern finde sich wortgleich in der Richtlinie 91/439/EWG als letzte der einleitenden Erwägungen des damaligen Richtliniengebers. Im Übrigen hätte der Richtliniengeber ein etwaiges Anliegen, eine Fortführung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu unterbinden, unschwer durch eine Neufassung auch des Tatbestands des Art. 11 Abs. 4 Unterabschnitt 2 der Richtlinie 2006/126/EG erreichen können. Die in diesem Punkt geübte Zurückhaltung des Richtliniengebers lasse es nicht als naheliegend erscheinen, dass im vermuteten Sinne Einfluss auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes habe genommen werden sollen.

Die Antragsgegnerin beantragt

Antragsablehnung

und führte unter anderem aus, dass auch die österreichische Fahrerlaubnis nicht anerkannt werden könne, da der Antragsteller diese österreichische Fahrerlaubnis lediglich im Wege eines Umtausches der tschechischen, nicht anerkennungsfähigen, Fahrerlaubnis erhalten habe. Eine derartige Fahrerlaubnis werde von den europarechtlichen Anerkennungspflichten gemäß der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Februar 2010 bzw. des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Januar 2010 nicht erfasst. Hieran ändere im vorliegenden Fall auch der Umstand, dass die österreichische Führerscheinbehörde die Fahrerlaubnisklasse B auf BE erweitert habe nichts, da es eine eigenständige Klasse E nicht gebe, sondern die Erweiterung um den Buchstaben E von der Berechtigung für die Klasse B abhängig sei, wie sich aus der Auskunft der österreichischen Fahrerlaubnisbehörde vom 10. Juni 2010 ergebe. Könne die Klasse B nicht anerkannt werden, so gelte dies somit zwangsläufig auch für die Klasse BE.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorgelegte Akte (2 Heftungen) der Antragsgegnerin und die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 4. August 2010 ist zulässig, jedoch unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes angeordnet worden ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs dagegen ganz oder teilweise wiederherstellen. Bei der Entscheidung sind die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung können auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs berücksichtigt werden. Bleibt dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen, da dann das von der Behörde geltend gemachte besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug regelmäßig überwiegt.

Im vorliegenden Fall spricht Überwiegendes dafür, dass die Klage in der Hauptsache erfolglos sein wird.

Der österreichische Führerschein vom …2010 vermittelt dem Antragsteller nicht die Berechtigung, Kraftfahrzeuge in Deutschland zu führen, da die Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 4 Satz 3 FeV vorliegen. Diese Rechtsanwendung verstößt nicht gegen europäisches Recht, auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, denn zur Anerkennung dieses österreichischen Führerscheins ist die Bundesrepublik Deutschland nur verpflichtet, wenn diese auf Grund einer eigenen Eignungsprüfung nachwiese, dass der Antragsteller wieder fahrgeeignet ist. Dieser Nachweis ist jedenfalls dann nicht erbracht, wenn ein - nach Entziehung in Deutschland erteilter - Führerschein lediglich ersetzt oder umgeschrieben wird und der umgeschriebene oder ersetzte Führerschein seinerseits wegen Verstoßes gegen das Wohnsitzprinzip nicht anzuerkennen ist, weil durch diesen Verstoß ebenfalls keine Gewähr für eine richtlinienkonforme Fahreignungsprüfung gegeben ist. Ist eine Fahrerlaubnis nicht anerkennungsfähig, so darf die Vorlage des sie verkörpernden ausländischen Führerscheins zur Eintragung eines Sperrvermerks in entsprechender Anwendung von § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 2 FeV angeordnet werden.

1. Zur Überzeugung des Gerichts liegen die Voraussetzungen für eine fehlende Anerkennungsfähigkeit des österreichischen Führerscheins des Antragstellers gemäß § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 FeV vor.

1.1 Der Antragsteller wurde mit Strafurteil vom 14. August 2003 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt und eine isolierte Sperre nach § 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB angeordnet. Auch eine isolierte Sperre ist jedoch als Maßnahme im Sinne von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV anzusehen, da sie den dort (u.a.) genannten Entzugsmaßnahmen nach dem Sinne der Regelung gleichartig ist.

Sämtlichen in der vorgenannten Vorschrift bezeichneten Maßnahmen (Entziehung, Versagung, Verzicht) ist es gemein, dass hiermit eine verfahrensgesicherte (bestandskräftige, rechtskräftige oder kraft eigenen Zugeständnisses) formalisierte Aussage über das Fehlen der Eignung getroffen wurde.

Dies ist jedoch auch bei der Anordnung einer so genannten „isolierten Sperre“ nach § 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB der Fall. So setzt etwa die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB (welche zweifellos eine Maßnahme im Sinne von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV darstellt) gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 a.E. StGB voraus, dass sich - aus der Begehung der abgeurteilten Straftat - ergeben hat, dass der Betroffene zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Zwingende Rechtsfolge einer derartigen Entziehung der Fahrerlaubnis ist dann gemäß § 69 a Abs. 1 Satz 1 StGB die Anordnung einer Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Kann einem Straftäter aber mangels Innehabens einer Fahrerlaubnis eine solche nicht mehr entzogen werden, sieht § 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB vor, dass trotzdem eine, dann „isolierte“, Sperre anzuordnen ist. Aus der Zusammenschau dieser Vorschriften ergibt sich aber denklogisch, dass auch die Anordnung einer isolierten Sperrfrist die Feststellung der Nichteignung als Voraustatbestand enthält.

Es ist deshalb gerechtfertigt, die Anordnung einer isolierten Sperre für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis im Sinne von § 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB als eine im Sinne von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV „entzugsähnliche Maßnahme“ anzusehen (vgl. zur möglichen Annahme einer „versagungsähnlichen Maßnahme“ für den Fall einer fiktiven Antragsrücknahme BayVGH a.a.O. RdNr. 27).

Zudem wurde dem Antragsteller mit seit 27. März 2002 bestandskräftigen Bescheid vom 25. Februar 2002 die Fahrerlaubnis (wegen Nichtvorlage eines Fahreignungsgutachtens) die Fahrerlaubnis entzogen.

1.2 Jede dieser Maßnahmen ist im Verkehrszentralregister einzutragen und ist auch tatsächlich eingetragen worden, vergleiche Blatt 242 und 238 der Verwaltungsakten.

Keine dieser Maßnahmen ist zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts gemäß § 29 StVG zu tilgen. Die oben genannte strafgerichtliche Entscheidung ist gemäß § 28 Abs. 3 Nr. 2 StVG in das Verkehrszentralregister einzutragen und unterliegt gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. Nr. 2 a StVG einer 10-jährigen (weil eine isolierte Sperre nach § 69 a Abs. 1 Satz 3 StVG mit ausgesprochen wurde) Tilgungsfrist ab dem Tag des ersten Urteils.

Die behördliche Entziehungsentscheidung unterliegt ebenfalls einer Tilgungsfrist von zehn Jahren (§ 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVG) ab Unanfechtbarkeit (§ 29 Abs. 4 Nr. 3 StVG) und würde somit - selbst bei Außerachtlassung des hinausgeschobenen Tilgungsbeginns gemäß § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG - erst etwa im März 2012 enden.

2. Der Verneinung der Anerkennungsfähigkeit gemäß § 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV (in der seit 19. Januar 2009 geltenden Fassung) stehen auch nicht europarechtliche Vorschriften entgegen, wie sie in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ihre Ausprägung erfahren haben.

2.1 Zur Anerkennung der streitgegenständlichen österreichischen Erlaubnis ist die Bundesrepublik Deutschland nur verpflichtet, wenn eine Fahrerlaubnis vorliegt, welche auf einer richtlinienkonformen Eignungsprüfung beruht (siehe BVerwG vom 29.1.2009 - Az.: 3 C 31/07 <juris>, insbesondere RdNr. 19; BayVGH vom 8.2.2010 - Az.: 11 CE 09.2405 <juris>, insbesondere RdNr. 24). Diese Aussage des Bundesverwaltungsgerichts steht mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Einklang. Im Urteil vom 19. Februar 2009 (DAR 2009, 191) hat dieses Gericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seinen in den Rechtssachen "Halbritter" (Beschluss vom 6.4.2006 NZV 2006, 498), Kremer (Beschluss vom 28.9.2006 DAR 2007, 77) sowie "Wiedemann" und "Zerche" (Urteile vom 26.6.2008, a.a.O.) ergangenen Entscheidungen jeweils die Fallgestaltung zugrunde lag, dass die mit der Entziehung der Fahrerlaubnis in einem Mitgliedstaat geahndete Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen durch die von einem anderen Mitgliedstaat bei der späteren Ausstellung eines Führerscheins durchgeführte Eignungsprüfung behoben wurde (EuGH vom 19.2.2009, a.a.O., S. 195, RdNr. 92). Wurde der Inhaber der in einem anderen Land als dem Aufnahmestaat ausgestellten Fahrerlaubnis nach der im Aufnahmestaat erfolgten Entziehung der Fahrerlaubnis demgegenüber keiner von den Behörden eines anderen EU-Mitgliedstaates angeordneten Überprüfung seiner Fahreignung unterzogen, ist nicht der Beweis dafür erbracht, dass diese Person entsprechend den sich aus der Richtlinie 91/439/EWG ergebenden Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist (EuGH vom 19.2.2009, ebenda, RdNr. 95).

Soweit auf diesen am … 2010 ausgestellten österreichischen Führerschein die Regelungen der Richtlinie 2006/126/EG anwendbar sind, ergibt sich insoweit keine andere Betrachtung, da Art. 7 der Richtlinie 2006/126/EG insoweit keine Abweichungen von Art. 7 der Richtlinie 91/439/EWG enthält.

2.2 Dieser Nachweis einer eignungsfeststellenden Überprüfung ist jedenfalls dann nicht erbracht, wenn der Führerschein einem anderen Führerschein lediglich in der Art eines Ersatzpapiers nachfolgt oder eine andere Fahrerlaubnis nur im Sinne von Art. 8 der Richtlinie 91/439/EWG bzw. Art. 11 der Richtlinie 2006/126/EG umschreibt (vgl. BVerwG a.a.O., BayVGH a.a.O., BayVGH vom 28.7.2009 - Az.: 11 CS 09.1122), denn derartige Erteilungen haben als Voraussetzung keine eigene Prüfung der Eignung, sondern setzen diese als bereits durch den „alten“ Führerschein nachgewiesen voraus. Dies ergibt sich auch daraus, dass Art. 8 Abs. 1 Halbsatz 2 der Richtlinie 91/439/EWG und Art. 11 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG die Mitgliedstaaten - nur- verpflichten, sich über die fortdauernde Gültigkeit bzw. über den Umfang der umzutauschenden Fahrerlaubnis zu vergewissern. Dies ist ein deutlich anderer Prüfungsumfang als bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis.

Hinsichtlich der Klasse B hat die österreichische Fahrerlaubnis die tschechische Fahrerlaubnis jedoch nur umgeschrieben, was sich unter anderem daraus ergibt, dass letztere mit dem Erteilungsdatum „2005-02-04“ in Spalte 10 (= „Erteilungsdatum der Lenkberechtigung je Klasse“) des österreichischen Führerscheins aufgeführt wurde.

Ferner ergibt sich die Tatsache einer bloßen Umschreibung der Klasse B aus dem Schreiben der Bundespolizeidirektion … vom 12. April 2010 (Blatt 336 der Behördenakte), welche im Zusammenhang mit dem österreichischen Führerschein des Antragstellers davon spricht, dass „bei Duplikatführerscheinen auf Lenkberechtigungen aus dem EWR-Bereich leider kein Code 70 im Führerscheinregister eingetragen“ wurde. Auch das Schreiben vom 8. Juni 2010 der Bundespolizeidirektion … an die Fahrererlaubnisbehörde führt bei der Aufzählung der maßgeblichen Führerscheindaten aus:

„Klasse B seit …2005 (…) Klasse B+E seit ….2010“.

3. Die österreichische Klasse „B+E“ hat der Antragsteller zwar ausweislich der Auskunft der österreichischen Behörden vom … 2010 auf Grund einer dortigen Eignungsprüfung erworben. Diese hat jedoch keine eigenständige, vom Bestehen einer Fahrerlaubnis der Klasse B unabhängige Berechtigung zur Folge. Mag die österreichische Klasse „B+E“ auch formal europarechtskonform erteilt worden sein, vermag sie aber wegen ihres Charakters als ergänzende Fahrerlaubnisklasse schon aus sich heraus keine Fahrberechtigung vermitteln, sofern die Grundklasse B nicht besteht bzw. nicht anerkennungsfähig ist.

4. Die von den österreichischen Behörden somit lediglich „umgeschriebene“ Fahrerlaubnis der Klasse B der tschechischen Behörden vom 4. Februar 2005 ist jedoch ihrerseits nicht anerkennungsfähig, denn insoweit ergibt sich aus dem sie dokumentierenden Führerschein vom 7. Februar 2005 (vgl. Blatt 248, 249 der Akten), dass diese gemäß den Vorgaben der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (vgl. insbesondere dessen Urteile vom 26.6.2006 in den Rechtssachen C-329/06 und C-343/06) unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip erteilt wurden. Dass unter diesen Voraussetzungen der tschechische Führerschein und die durch ihn dokumentierte tschechische Fahrerlaubnis nicht anerkennungsfähig waren, stellt auch der Antragsteller nicht in Frage.

5. Rechtsgrundlage für die angefochtene Anordnung der Vorlage des Führerscheins zwecks Eintragung eines Sperrvermerks ist § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 2 FeV in entsprechender Anwendung.

Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften auf den Fall einer nicht im Sinne des § 28 FeV anzuerkennenden Fahrerlaubnis ist deshalb zulässig und geboten, da der Regelungszweck dieser Vorschriften - Vermeidung eines falschen Anscheins der Berechtigung zum Führen eines Kraftfahrzeuges im Inland - nicht nur nach einer Entziehung bzw. Aberkennung des Rechts von einer ausländischer Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch machen zu dürfen, besteht, sondern gleichermaßen auch in den Fällen, in denen mangels Anerkennungsfähigkeit die ausländische Fahrerlaubnis von vorneherein nicht das Recht vermittelt, in Deutschland ein Kraftfahrzeug zu führen. Insbesondere gilt dies dann, wenn sich der Inhaber einer derartigen ausländischen Fahrerlaubnis „berühmt“, von dieser Fahrerlaubnis auch in Deutschland Gebrauch machen zu dürfen. Es ist auch kein schützenswertes Interesse oder ein sonstiger Grund ersichtlich dafür, zwischen den administrativen Folgen einer schon von Gesetzes wegen bestehenden Nichtanerkennungsfähigkeit und den Folgen einer durch Einzelakt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 StVG erfolgten Aberkennung einen Unterschied zu machen. In beiden Fällen ist ein entsprechender Vermerk unerlässlich für den effektiven Vollzug des Fahrerlaubnisrechts.

Die Behörde hat auch das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug formell ausreichend im Sinne von § 80 Abs. 3 VwGO begründet durch Darlegung eines überwiegenden öffentlichen Interesses daran, dass der Führerschein des Antragstellers im Interesse der Verkehrssicherheit schnellstmöglich nicht mehr die vermeintliche Fahrberechtigung im Inland vorspiegelt.

Entgegen dem Antragsvorbringen ist hier für die Nichtanerkennung der durch den österreichischen Führerschein verkörperten Fahrerlaubnis der Klasse B nicht eine - vermeintlich europarechtswidrige - Auslegung von Art. 11 Abs. 4 der 3. Führerscheinrichtlinie maßgeblich, sondern der bereits jeweils in Art. 7 der 2. und der 3. Führerscheinrichtlinie enthaltene Grundsatz, dass ausländische Fahrerlaubnisse „schon“ deshalb also noch unabhängig von der Prüfung von Inlandsmaßnahmen gegen einen Betroffenen, nicht anerkennungspflichtig sind, wenn ihnen keine richtlinienkonforme Eignungsprüfung zugrunde liegt.

Somit kommt es hier auf die weiteren Antragsausführungen zu Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EG nicht an.

Der Antrag ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Abschnitt II., Ziffer 1.5, 46.3 und 46.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 7/2004 in NVwZ 2004, 1327. Hierbei geht das Gericht davon aus, dass die Eintragung des Sperrvermerks in den österreichischen Führerschein des Antragstellers im Wesentlichen die gleiche Bedeutung hat, als würde ihm eine (deutsche) Fahrerlaubnis der Klasse B und BE entzogen.