Bayerischer VGH, Urteil vom 08.09.2010 - 1 N 07.3403
Fundstelle
openJur 2012, 110470
  • Rkr:
Tenor

I. Die Anträge werden abgelehnt.

II. Die Antragsteller tragen jeweils ein Drittel der Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller dürfen jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragsteller wenden sich gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. … „B…“ der Antragsgegnerin.

1. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan überplant die etwa 1,5 ha großen, bislang als Festplatz für unterschiedliche Veranstaltungen sowie als Parkplatz genutzten, östlich des Ortsrandes des Hauptortes der Antragsgegnerin im Außenbereich gelegenen Grundstücke Fl.Nrn. … und … Gemarkung W…. Eigentümer dieser Grundstücke ist der Beigeladene. Im Osten des Plangebiets ist auf dem Grundstück Fl.Nr. … eine in Nord-Süd-Richtung verlaufende Erschließungsstraße festgesetzt, die im Süden in die K… Straße (St …) mündet.

Die Antragsteller sind Eigentümer der am östlichen Ortsrand gelegenen Grundstücke mit den Flurnummern 365/6 (Antragsteller zu 1), 372/4 (Antragsteller zu 2) und 388/4 (Antragsteller zu 3). Ihre kürzeste Entfernung vom Plangebiet beträgt circa 30 m (Antragsteller zu 1) bzw. 80 m (Antragsteller zu 2, 3). Das Grundstück des Antragstellers zu 1 weist als kürzesten Abstand ca. 140 m zur Erschließungsstraße auf, die Grundstücke der Antragsteller zu 2 und 3 jeweils ca. 220 m.

Der Bebauungsplan setzt gemäß § 11 BauNVO ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Fremdenbeherbergung“ fest. Zulässig sind nach Nr. 1.1. der Satzung Betriebe des Beherbergungsgewerbes mit Gästezimmern ohne eigene Kochgelegenheit, Räume für die Durchführung von Tagungen, Seminaren und sonstigen Veranstaltungen, Speise- und Schankwirtschaften, Räume für das Personal der Betriebe sowie Wohnungen für den Betriebsleiter oder Betriebsinhaber in einem selbstständigen Wohngebäude. Auf dem Grundstück Fl.Nr. … ist mittels Baugrenzen ein Bauraum für einen winkelförmigen Baukörper mit einer Länge jeweils von 65 m in Nord-Süd-Richtung und in Ost-West-Richtung sowie einer Breite von 20 m ausgewiesen. Auf dem Grundstück Fl.Nr. … sind ein weiterer Bauraum für ein Betriebsleiterwohnhaus mit zwei Wohneinheiten sowie u. a. Flächen für 82 Stellplätze festgesetzt. Die Zahl der Vollgeschosse ist auf zwei, die Grundflächenzahl auf 0,3 begrenzt. Zum Schallschutz wird in Nr. 12.0 („Auswirkungen der Planung“) der Begründung vom 15. September 2005 durch Bezugnahme auf das schalltechnische Gutachten des Akustikbüros S… und B… vom Januar/März 2004 (i. F.: Gutachten 2004) ausgeführt, dass an allen Immissionsorten tags und nachts die Immissionsrichtwerte der TA Lärm und die Grenzwerte der 16. BImschV für Straßenverkehr eingehalten werden.

Parallel zum Bebauungsplanverfahren wurde der Flächennutzungsplan im Bereich der Grundstücke Fl.Nrn. … und … geändert. In der am 15. Dezember 2005 wirksam gewordenen 8. Änderung wurden die bis dahin als Gemeindebedarfsfläche mit der Zweckbestimmung „Festplatz“ ausgewiesenen Grundstücke als „Sondergebiet – Fremdenbeherbergung“ dargestellt.

Am 25. Juli 2005 schlossen die Antragsgegnerin und der Beigeladene als Vorhabenträger einen Durchführungsvertrag. In dem Vertrag verpflichtet sich der Beigeladene zur Errichtung eines Hotels mit Restaurant, von Veranstaltungs- und Tagungsräumen, einer Wellnessanlage und eines Biergartens auf den Grundstücken Fl.Nrn. … und … innerhalb von sieben Jahren nach dem Inkrafttreten des Bebauungsplans. Der Vertrag enthält auch die Übertragung des Grundeigentums des Beigeladenen an nicht näher bezeichneten Erschließungsflächen auf die Antragsgegnerin.

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss in seiner Sitzung am 24. November 2003 die Aufstellung des Bebauungsplans. Der Beschluss wurde am 12. Dezember 2003 ortsüblich bekannt gemacht. Die Antragsteller erhoben im Aufstellungsverfahren Einwendungen, die der Gemeinderat für unbegründet hielt. In der Sitzung vom 15. September 2005 beschloss er den Bebauungsplan mit redaktionellen Änderungen als Satzung. Die öffentliche Bekanntmachung des tags zuvor ausgefertigten Bebauungsplans erfolgte am 16. Dezember 2005.

Am 6. November 2009 legte das Akustikbüro S… und B… eine Stellungnahme zu den Einwänden der Antragsteller gegen das Gutachten 2004 vor. Am 9. November 2009 wurde Durchführungsvertrag zum Bebauungsplan notariell beurkundet. In der am selben Tag abgehaltenen Sitzung billigte der Gemeinderat den notariellen Vertrag, bekräftigte die Abwägung der Lärmschutzfragen unter Berücksichtigung der Stellungnahme vom 6. November 2009, beschloss den Bebauungsplan erneut als Satzung und beauftragte die Verwaltung, ihn rückwirkend in Kraft zu setzen. Die erneute Bekanntmachung – mit Rückwirkung auf den 16. Dezember 2005 – erfolgte am 11. November 2009.

Am 1. Februar 2001 hatte der Gemeinderat in einem vorangegangenen, gleichfalls das B… betreffenden Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans zu damaligen Einwänden der Antragsteller einen Beschluss gefasst, der u. a. folgende Aussagen enthält:

„Die Gemeinde beabsichtigt, auf der angesprochenen Fläche nur zeitlich begrenzte Veranstaltungen durchzuführen.“

„Eine weitere gewerbliche Nutzung darüber hinaus ist … nicht geplant.“

2. Mit ihrem am 17. Dezember 2007 (Montag) eingegangenen Normenkontrollanträgen machen die Antragsteller im Wesentlichen geltend: Ihre Antragsbefugnis ergebe sich aus einer fehlerhaften Abwägung der durch die Planung aufgeworfenen Lärmschutzfragen. Außerdem habe die Antragsgegnerin nicht berücksichtigt, dass die Antragsteller aufgrund des im vorangegangenen Flächennutzungsplanverfahrens gefassten Beschlusses darauf vertrauen hätten dürfen, dass auf dem B… keine weiteren Bauflächen für gewerbliche Nutzungen aufgewiesen würden. Der Bebauungsplan sei schon wegen Verstoßes gegen § 12 BauGB unwirksam, weil die Grundvoraussetzungen für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht gegeben seien. Außerdem verstoße er gegen Ziele des Landesentwicklungsprogramms Bayern 2003 und des Regionalplans Südostbayern. Der Bebauungsplan sei auch abwägungsfehlerhaft. Der Belang der Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile, die Belange des Orts- und Landschaftsbildes sowie die Grundsätze des Regionalplanes Südostbayern seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Die Antragsgegnerin habe sich nicht mit alternativen Standorten an verträglicheren Stellen im Gemeindegebiet befasst. Auch die von dem Vorhaben hervorgerufenen Geräuscheinwirkungen seien unzureichend berücksichtigt worden. Das von den Beigeladenen eingeholte Lärmgutachten sei fehlerhaft. Das Gutachten berücksichtigte zwar den Parkplatzlärm, nicht aber das Gästeverhalten südlich der Veranstaltungshalle im Freien und von dort auf dem Fußweg zum Parkplatz. Die Aufteilung der Parkplatzflächen für das Hotel und für den Veranstaltungssaal sei spekulativ. Die im Bebauungsplan festgesetzte öffentliche Verkehrsfläche, auf der bisher lediglich landwirtschaftlicher Verkehr stattgefunden habe, sei als Ein- und Ausfahrt zu dem Betriebsgrundstück einzustufen; die Fahrzeuggeräusche auf dieser Fläche hätten deshalb nach Nr. 7.4 Abs. 1 TA Lärm dem Anlagenlärm zugerechnet werden müssen.

Die Antragsteller beantragen (sinngemäß),

festzustellen, dass der erneut am 11. November 2009 bekannt gemachte vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. … „B…" unwirksam ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie ist der Auffassung, der Normenkontrollantrag sei unzulässig. Die Antragsteller, deren Grundstücke außerhalb des Plangebiets lägen, hätten die Möglichkeit einer Rechtsverletzung nicht substantiiert aufgezeigt, insbesondere nicht, inwieweit eine fehlerhafte Abwägung ihrer Lärmschutzbelange erfolgt sein könnte. Das im Bebauungsplanverfahren erstellte Lärmschutzgutachten komme zu dem Ergebnis, dass die maßgeblichen Lärmwerte deutlich unterschritten würden. Die Einwände gegen das Gutachten seien nicht berechtigt. Bei der Bewertung des vom Parkplatzverkehr ausgehenden Lärms sei berücksichtigt worden, dass die Besucher den Veranstaltungsraum vom Parkplatz aus aufsuchten. Auch die Bewertung des Zu- und Abfahrtverkehrs und des vom Biergartenbetrieb ausgehenden Lärms sei fehlerfrei erfolgt. Die Verkehrslärmemissionen der öffentlichen Verkehrsfläche seien zutreffend nach der 16. BImSchV beurteilt worden. Der Antrag sei auch unbegründet. Die Grundvoraussetzungen für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan lägen vor. Der Bebauungsplan widerspreche nicht dem Zersiedlungsverbot und verstoße nicht gegen die Zielvorgaben der Landesplanung.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag.

3. Der Senat hat am 17. November 2009 mündlich verhandelt. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung im Einverständnis mit den Beteiligten beschlossen, in das schriftliche Verfahren überzugehen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die Bebauungsplanakten Bezug genommen.

Gründe

1. Über die Normenkontrollanträge kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden, weil die Beteiligten am 17. November 2009 auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO). Der Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragsteller vom 13. Januar 2010 erfordert nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 104 Abs. 4 Satz 2 VwGO), da er zwar den bisherigen Vortrag zu den in der mündlichen Verhandlung erörterten Fragen vertieft und ergänzt, aber keinen für die Entscheidung erheblichen neuen Vortrag enthält.

2. Die Normenkontrollanträge haben keinen Erfolg. Sie sind unzulässig, weil den drei Antragstellern die Antragsbefugnis fehlt.

Nach § 47 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Antragsteller muss Tatsachen vortragen, die die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheinen lassen. Wer von den Regelungen eines Bebauungsplans als Grundeigentümer oder Inhaber eines anderen von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten vermögenswerten Rechts unmittelbar betroffen ist, muss darlegen, dass die Festsetzungen in unzulässiger Weise Inhalt und Schranken seines Rechts bestimmen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Wer einen Bebauungsplan als nicht unmittelbar betroffener Dritter („Plannachbar“) angreift, muss aufzeigen, dass seine aus dem Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) folgenden Rechte verletzt sein können (vgl. BVerwG vom 10.3.1998 NVwZ 1998, 732 f.). Letzteres setzt zunächst voraus, dass die Planung einen abwägungserheblichen Belang des Antragstellers berührt. Sind nur nicht abwägungserhebliche Interessen des Antragstellers betroffen, scheidet eine Verletzung des Rechts auf fehlerfreie Abwägung von vorneherein aus. Nicht abwägungserheblich sind vor allem rechtlich nicht geschützte Interessen (BVerwG vom 26.2.1999 NVwZ 2000, 197). Hierzu zählen u. a. Interessen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht (vgl. BVerwG vom 9.11.1979 BVerwGE 59, 87/102 f. = NJW 1980, 1061; vom 30.4.2004 NVwZ 2004, 1120). Berührt die Planung einen abwägungserheblichen Belang des Antragstellers, dann besteht abstrakt die Möglichkeit, dass die Gemeinde diesen Belang bei ihrer Abwägung nicht korrekt behandelt hat. Die bloße Bezeichnung eines eigenen Belangs und die Behauptung, es liege eine Rechtsverletzung vor, reichen für die Antragsbefugnis aber nicht aus (vgl. BVerwG vom 24.9.1998 BVerwGE 107, 215/218 = BayVBl 1999, 249/250). Vielmehr muss – in derselben Weise wie bei der Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO (BVerwG vom 16.3.2010 UPR 2010, 277) – hinreichend substantiiert dargelegt werden, dass der Belang bei der Abwägung möglicherweise fehlerhaft behandelt worden ist (BVerwG vom 5.4.1974 BVerwGE 45, 309/326; vom 26.2.1999 NVwZ 2000, 197; vom 13.11.2006 NVwZ 2007, 229).

Nach diesen Maßstäben ergibt sich eine Antragsbefugnis der Antragsteller weder aus der bei Umsetzung des Bebauungsplans zu erwartenden Lärmbelastung an ihren Anwesen (2.1) noch aus dem geltend gemachten schutzwürdigen Interesse am Fortbestand der gegebenen Situation (2.2).

2.1 Das Interesse der Antragsteller, als Anwohner vor planbedingt höheren Lärmimmissionen verschont zu bleiben, gehört zu den abwägungsrelevanten Belangen bei der Aufstellung des Bebauungsplans (2.1.1). Aus dem Vorbringen der Antragsteller ergibt sich aber nicht, dass dieses Interesse fehlerhaft abgewogen worden sein könnte (2.1.2).

2.1.1 Eine zusätzliche Lärmbelastung ist nicht erst dann abwägungserheblich, wenn die Gesamtbelastung die Grenze schädlicher Umwelteinwirkungen (§ 3 Abs. 1 BImschG) erreicht, sondern in der Regel auch unterhalb der Grenze. Nur wenn die zu erwartende Zusatzbelastung so gering ist, dass sie von vornherein vernachlässigt werden kann, muss sie nicht in die Abwägung eingestellt werden (OVG NW vom 25.1.2010 Az. 7 D 97/09.NE ‹juris› RdNr. 34; Nds. OVG vom 29.9.2009 (Az. 1 KN 314/07 ‹juris› RdNr. 66; vgl. BVerwG vom 20.8.1992 Az. 4 NB 3/92 ‹juris› RdNr. 16). Die Schwelle der Abwägungsrelevanz bei Erhöhungen von Verkehrs- oder sonstigem Lärm lässt sich nicht allein durch einen Vergleich von Lärmmesswerten bestimmen. So kann auch ein ermittelter Dauerschallpegel, der für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbar ist, zum Abwägungsmaterial gehören; andererseits sind Lärmerhöhungen oberhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle nicht stets als Abwägungsposten zu beachten. Es bedarf vielmehr einer wertenden Betrachtung der konkreten Verhältnisse unter Berücksichtigung der Vorbelastung und Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebiets (BVerwG vom 24.5.2007, BauR 2007, 2041; BayVGH vom 13.2.2007 Az. 8 N 06.2040 ‹juris› RdNr. 26).

Die Abwägungserheblichkeit des Interesses der Antragsteller, vor von der Anlage und dem ihr zurechenbaren Verkehr ausgehenden Lärm verschont zu bleiben, ist ungeachtet dessen zu bejahen, dass der Beurteilungspegel dieser Geräusche an ihren Anwesen unter den Richt- bzw. Grenzwerten der TA Lärm bzw. der 16. BImSchV liegen wird. Die Grenze einer nur geringfügigen, nicht abwägungserheblichen Geräuschzunahme wird nämlich schon deswegen überschritten, weil bisher im Plangebiet außer landwirtschaftlichem und dem im Rahmen der drei jährlichen Veranstaltungen anfallenden Verkehr kein Zu- und Abfahrtsverkehr oder sonstiger Veranstaltungslärm zu verzeichnen war. Durch die zusätzlichen Fahrzeugbewegungen auf der neu konzipierten Erschließungsstraße wird die Lärmbelastung um mehr als 3 d(BA) zunehmen. Da dieser Wert, der in etwa einer Verdoppelung der Verkehrsmenge entspricht, die Wahrnehmbarkeitsschwelle einer Geräuschzunahme markiert, liegt jedenfalls eine abwägungsrelevante Lärmzunahme vor.

2.1.2 Allerdings vermag keiner der Antragsteller darzulegen, dass seine Belange im Hinblick auf den prognostizierten Verkehrs- und Veranstaltungslärm fehlerhaft abgewogen worden sein könnten.

Die Antragsgegnerin hat die zu erwartenden Lärmbelastungen mit Hilfe des maßgeblichen schalltechnischen Gutachtens des Akustikbüros S… und B… vom Januar/März 2004 in nicht zu beanstandender Art und Weise ermittelt und damit für ihre Abwägung eine zutreffende Basis gewonnen. Das Gutachten wurde ausweislich Nr. 12.9 der Begründung vom 15. September 2005 zum Bebauungsplan zum Gegenstand der Abwägung gemacht. Nach diesem Gutachten können an den Anwesen der Antragsteller, die den vom Gutachter betrachteten Immissionsorten IO 1, 4 und 5 entsprechen, die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für ein allgemeines Wohngebiet (55/40 dB(A)) bzw. ein Dorf- oder Mischgebiet (60/45 dB(A)) tags wie nachts ebenso eingehalten werden wie die entsprechenden Grenzwerte der 16. BImSchV (59/49 dB(A) bzw. 64/54 dB(A) für den von der öffentlichen Erschließungsstraße ausgehenden Verkehrslärm. Diese Beurteilung wird durch das im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens „B…“ erstellte schalltechnische Gutachten des Akustikbüros S… und B… vom Januar/Februar 2006 bestätigt. Für den dort betrachteten IO 6 (Wohngrundstück im allgemeinen Wohngebiet), der etwas näher am geplanten Beherbergungsbetrieb liegt als das Grundstück des Antragstellers zu 1, werden für die von dem Hotelbetrieb, der Veranstaltungshalle, dem Restaurant und dem Biergarten sowie den Parkplätzen herrührenden Schallimmissionen Beurteilungspegel errechnet, die unterhalb der – den Richtwerten der TA Lärm entsprechenden – Orientierungswerten der DIN 18005 liegen (vgl. S. 15, 16 des Gutachtens).

Die Antragsteller stellen in ihrem letzten Schriftsatz vom 13. Januar 2010 die rechnerische Richtigkeit des Gutachtens 2004 und damit insoweit auch die in der Gemeinderatssitzung vom 9. November 2009 wiederholte Abwägung nicht mehr in Frage, nachdem der Gutachter mit ergänzender Stellungnahme vom 6. November 2009 in der Antragsbegründung vom 1. Dezember 2008 erhobene Einwände behandelt und – auch nach Überzeugung des Senats – ausgeräumt hat. Die Einwände betrafen die lärmtechnische Erfassung des Verhaltens der Gäste im Freien nach Verlassen einer Veranstaltung, die Aufteilung der von den Hotelgästen einerseits und von den Besuchern des Veranstaltungssaals andererseits genutzten Parkflächen sowie die Anwendbarkeit von Nr. 7.4 Absatz 2 bis 4 TA Lärm auf den von der Erschließungsstraße ausgehenden Verkehrslärm.

Der noch verbleibende Einwand der Antragsteller, die im Gutachten 2004 (2. 21) genannten vier, in der Baugenehmigung festzuschreibenden Bedingungen hätten bereits im Bebauungsplan festgesetzt werden müssen, andernfalls sie als ungesicherte Annahmen außer Betracht zu bleiben hätten, vermag die Antragsbefugnis nicht zu begründen. Mit diesem Einwand wird kein möglicher Abwägungsfehler aufgezeigt, weil von vornherein auszuschließen ist, dass die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen sein könnte, die durch die Planung aufgeworfenen Lärmschutzfragen vollumfänglich und abschließend im Bebauungsplan zu lösen. Sie hat das der abschließenden Abwägung zu Grunde gelegte Gutachten 2004 sowie die hierzu verfasste Stellungnahme vom 6. November 2009 geprüft und dabei in vorausschauender Betrachtung die abschließende immissionsschutzrechtliche Bewältigung teilweise dem Genehmigungsverfahren überlassen (vgl. BVerwG vom 16.3.2010 UPR 2010, 277). Dies ist nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin durfte sich auf der Ebene des Bebauungsplans insoweit nur „überschlägig“ mit den Lärmauswirkungen auf die benachbarte Wohnbebauung befassen und weitere Maßnahmen der Baugenehmigung vorbehalten. Die dem Baugenehmigungsverfahren überlassenen, in erster Linie Art und Weise der Nutzung der Gebäude betreffenden Fragen (wie die Festlegung von Rauminnenpegeln für Musikdarbietungen und Außenpegeln für zusätzliche Lärmquellen) können dort ohne Weiteres sachgerecht beantwortet werden. Das gilt entgegen der Auffassung der Antragsteller auch für die Annahme im Gutachten 2004, es würden weder Diskothekenbetrieb noch äußerst lärmintensive Veranstaltungen – genannt werden: Technoparties, Rockkonzerte – stattfinden. Auch eine solche Beschränkung der zulässigen Nutzung kann Gegenstand einer Nebenbestimmung zur Baugenehmigung sein. Gegen den Einwand einer unzulässigen Verlagerung der Konfliktlösung spricht im Übrigen auch, dass es sich bei den in die Baugenehmigung aufzunehmenden Maßgaben in erster Linie nicht um bauliche oder sonstige technische Vorkehrungen handelt, die auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB im Bebauungsplan festgesetzt werden könnten.

Die Annahme, dass bei der Behandlung der Lärmschutzfragen schon die Möglichkeit eines Abwägungsfehlers auszuschließen ist, wird im Übrigen dadurch bestätigt, dass die Grundstücke der Antragsteller nicht unmittelbar an das Plangebiet grenzen, sondern in einigem Abstand westlich davon liegen und durch die im Bebauungsplan vorgesehene Gebäudeanordnung von Parkplatz- und sonstigem Zu- und Abgangslärm der Besucher zumindest zu einem erheblichen Teil abgeschirmt werden. Dies gilt für den Antragsteller zu 1 insbesondere im Hinblick auf die auf dem Grundstück Fl.Nr. … vorgesehenen etwa 80 Stellplätze und den nördlichen Teil der Erschließungsstraße, während die Antragsteller zu 2 und 3 durch die vorgesehene Anordnung der Baulichkeiten vor dem Stellplatzlärm auf dem Grundstück Fl.Nr. … und dem Lärm des südlichen Teils der Erschließungsstraße geschützt werden. Die Planung trägt im Übrigen der im Vergleich mit den im Dorfgebiet gelegenen Anwesen der Antragsteller zu 2 und 3 höheren Schutzwürdigkeit des im allgemeinen Wohngebiet gelegenen Anwesens des Antragstellers zu 1 dadurch Rechnung, dass der für mehr als 80 Stellplätze konzipierte größte Parkbereich im nordöstlichen Teil des Plangebiets situiert ist. Der Biergartenbetrieb findet im von den beiden festgesetzten Gebäuden gebildeten (annähernd) rechten Winkel auf der von allen drei Antragstellern abgewendeten Seite statt.

2.2 Das Interesse der Antragsteller daran, dass die Antragsgegnerin an ihrer mit Gemeinderatsbeschluss vom 1. Februar 2001 bekundeten ablehnenden Haltung gegenüber einer Überplanung der streitgegenständlichen Flächen zur weitergehenden gewerblichen Nutzung festhält, war unter den vorliegenden Umständen nicht abwägungserheblich (2.2.1). Selbst wenn man dies anders beurteilen wollte, ergäben sich jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass dieses Interesse fehlerhaft abgewogen worden sein könnte (2.2.2).

2.2.1 Nach Auffassung des Senats war das von den Antragstellern geltend gemachte „Fortbestehensinteresse“ nicht abwägungserheblich.

Das Interesse von Eigentümern am Ortsrand gelegener Grundstücke, dass es im angrenzenden Außenbereich zu keinen (weiteren) bauplanungsrechtlich erheblichen Veränderungen kommt, ist für sich allein in aller Regel nicht abwägungserheblich. Vielmehr muss am Ortsrand grundsätzlich mit Veränderungen im angrenzenden Außenbereich gerechnet werden (BayVGH vom 14.12.2009 Az. 1 N 09.1654 ‹juris› RdNr. 25). Besondere Umstände, die in diesem Fall zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind nicht gegeben.

Die Antragsteller weisen selbst zu Recht darauf hin, dass keine außergewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten vorliegen, derentwegen ihr Interesse an der Beibehaltung der derzeitigen Situation ausnahmsweise als abwägungserheblicher Belang schutzwürdig sein könnte. Ihrer Auffassung, sie hätten aufgrund des in einem früheren Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans gefassten Gemeinderatsbeschlusses vom 1. Februar 2001 in abwägungserheblicher Weise darauf vertrauen dürfen, dass im fraglichen Bereich während eines Zeitraumes von zehn bis fünfzehn Jahren keine weitere gewerbliche Nutzung zugelassen werde, folgt der Senat nicht.

Zwar hat die Antragsgegnerin im genannten Gemeinderatsbeschluss bekundet, das B… nur für zeitlich begrenzte Veranstaltungen, insbesondere die drei traditionellen Feste bzw. Märkte, nutzen zu wollen, und darüber hinaus keine weitere gewerbliche Nutzung zu planen. Dieser Beschluss gibt jedoch nur den damaligen Stand der Planungsüberlegungen wieder. Seien Funktion bestand vorrangig darin, den Einwand auszuräumen, die in jenem Verfahren geplante Darstellung einer Gemeindebedarfsfläche sei nicht im rechtlichen Sinn erforderlich (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB), weil sie nur die Vorstufe für eine Darstellung bzw. Festsetzung sei, die die tatsächlich schon damals geplante gewerbliche Nutzung ermöglichen solle. Eine darüber hinausgehende Beurteilung im Sinn der von den Antragstellern geltend gemachten Begründung einer Vertrauensposition kommt dem Beschluss nicht zu. Gegen eine solche Bewertung spricht nicht nur, dass es bei von einem Kollegialorgan wie dem Gemeinderat zu treffenden Planungsentscheidungen – selbst bei unveränderter Zusammensetzung des Gremiums – keine Gewähr dafür gibt, dass es bei einer einmal eingeschlagenen Linie verbleibt. Die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde würde auch in einer dem Grundsatz, dass es keinen Anspruch auf Bauleitplanung und damit auch keinen Anspruch auf deren Unterlassung gibt (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB), tendenziell zuwider laufenden Weise eingeschränkt, wenn allein schon einer solchen auf eine bestimmte Planungssituation bezogenen Bekundung eine abwägungserhebliche Bedeutung für eine zukünftige Planung zugemessen würde. Schließlich ist auch nicht zu ersehen, dass die Antragsteller im Vertrauen auf den Beschluss vom 1. Februar 2001 (Vermögens-)Dispositionen getroffen hätten, die durch das Abrücken von dem Beschluss beeinträchtigt würden.

2.2.2 Jedenfalls ist nicht zu erkennen, dass ein – unterstelltes – abwägungserhebliches „Fortbestehensinteresse“ fehlerhaft abgewogen worden sein könnte. Die Antragsgegnerin hat für die Ausweisung des Sondergebiets „Fremdenbeherbergung“ ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan auch im Interesse der Allgemeinheit liegende Gründe – in erster Linie die Verbesserung der gemeindlichen Tourismusinfrastruktur – ins Feld geführt. Die Antragsteller machen nicht geltend, dass ihrem – allenfalls gerade die Schwelle der Abwägungserheblichkeit erreichenden – privaten Interesse am unveränderten Fortbestand der gegebenen Verhältnisse mehr Gewicht zukommen könnte als den in der Begründung genannten Belangen. Jedenfalls aus diesem Grund ist die Möglichkeit eines die Antragsteller berührenden Abwägungsfehlers somit auch hinsichtlich des „Fortbestehensinteresses“ auszuschließen.

3. Die Antragsteller haben – nach § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO je zu einem Drittel – die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen sind (§ 154 Abs. 1 VwGO). Dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, entspricht schon deswegen der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), weil er keinen Antrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe, derentwegen die Revision zuzulassen wäre, liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Beschluss

Der Streitwert wird auf 22.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, 7 sowie § 39 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327).