AG Garmisch-Partenkirchen, Schlussurteil vom 26.07.2010 - 1 F 265/09
Fundstelle
openJur 2012, 109559
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtstreits.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner kann eine Vollstreckung hinsichtlich der festgesetzten Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

4. Der Streitwert wird festgesetzt auf 8277 Euro.

Tatbestand

Die Klägerin, ein Kind der Beklagten, macht Anspruch auf Ausbildungsunterhalt geltend.

Die Klägerin ist das älteste Kind der Beklagten und am 02.03.1986 geboren. Die Eltern haben insgesamt neun Kinder, von denen ansonsten nur eines nicht mehr unterhaltsberechtigt ist.

Der Beklagte hat auf den Einwand fehlender Leistungsfähigkeit verzichtet.

Nach Auskunftsstufe und Auskunftserteilung der Beklagten zu 1 mit einem eigenem Einkommen unter dem Selbstbehalt wurde das Verfahren ihr gegenüber für erledigt erklärt.

Die Klägerin lebt seit 2004 nicht mehr im elterlichen Haushalt. Seit September 2005 hat sie einen eigenen Hausstand in Augsburg.

Die Klägerin begann im Wintersemester 2004/2005 ihr Studium am Leopold-Mozart-Zentrum der Universität Augsburg mit Hauptfach Gesang. Zunächst lag der Schwerpunkt des Studiums auf dem Studiengang "Gesang".

Zum Studium der Klägerin wird anhand einer Tabelle der Studienverlauf dargestellt:

SemesterGesang /KAEMP/Gesang MuPGesang BAWS 2004/20051 . Semester                SS 2005Urlaubssemester                WS 2005/20062. Semester                SS 20063. Semester                WS 2006/2007Urlaubssemester                SS 20074. SemesterAnrechnung als 1. Semester        WS 2007/2008        2. Semester        SS 2008        3. Semester        WS 2008/2009        4. Semester        SS 2009        5. Semester        WS 2009/20 10        6. Semester1 . SemesterDie Klägerin nahm im zweiten Semester ein Urlaubssemester. Hintergrund war eine psychotherapeutische Behandlung.

Im Wintersemester 2006/2007 erfolgte neuerlich ein Urlaubssemester. Hintergrund war, dass erst zum Sommersemester die entsprechenden Zwischenprüfungen angeboten wurden.

Im Sommersemester 2007 erfolgte eine Hospitation in allen Kursen im Hauptfach "elementare Musikpädagogik" . Deswegen erfolgte eine Anrechnung als erstes Semester.

Sie verfolgt seither den Diplom-Studiengang Hauptfach "elementare Musikpädagogik". Daneben studiert die Klägerin weiterhin im Zusatzfach "Gesang".

Die Klägerin hat neben dem Hauptfach "Elementare Musikpädagogik" im Wintersemester 2009/2010 ein weiteres Studium mit Zielrichtung Bachelor im Hauptfach Gesang aufgenommen.

Die Eltern sind mit der privaten Lebenssituation der Klägerin nicht einverstanden. Seit dem Jahr 2007 unterhalten die Klägerin und ihr um knapp 20  Jahre älterer  Patenonkel eine Liebesbeziehung.  Nachdem die Klägerin im Dezember 2008 ihre Liebesbeziehung gegenüber den Beklagten offen gelegt hatte, brach der Kontakt mit den Beklagten weitgehend ab.

Mit Schreiben vom 08.06.2009 teilte der Beklagte zu 2) für die Beklagten mit, dass sie keinen Unterhalt bezahlen werden. Die Klägerin könne zuhause wohnen und von Murnau nach Augsburg pendeln.

In einem Schreiben vom 08.06.2009 teilten die Beklagten folgendes mit.

"Aus diesem Grund halten wir es für das Beste, wenn S. (= die Klägerin )  ( zunächst einmal) zu Hause bei uns wohnt. Selbstverständlich werden wir dann für sämtliche, bei ihrem Studium und Lebensunterhalt anfallende Kosten aufkommen (Verpflegung, Kleidung, Fahrten, Lehrmittel, Taschengeld, sonstige Ausgaben, etc.). Vielleicht besteht so die Möglichkeit, S`s Leben und das Studium wieder etwas Schwung einzuhauchen...Selbstverständlich soll und darf S. später wieder auf eigenen Füßen stehen und wir werden ihr wie früher dabei helfen (Wohnung suchen, Probleme mit Vermietern klären, Möbel, etc.) S. braucht aber jetzt doch eine gewisse Zeit, um Kreise ihrer Familie die erforderliche Klarheit zu finden."

Die Beklagten wurden mit Schreiben vom 28.05.2009 aufgefordert, bis längstens 08.06.2009 Auskunft zu erteilen und das  Kindergeld an die Klägerin auszukehren.

Die Klägerin ist am 26.06.2009 zu ihrem Lebensgefährten in die nunmehr gemeinsame Wohnung gezogen. Die Klägerin ist täglich an der Hochschule, der Freund der Klägerin ist berufstätig. Die Klägerin und Herr K. teilen sich daher die Haushaltstätigkeit.

Die Klageseite behauptet insbesondere

dass die Beklagten sowohl  sowohl mit dem Gesangsstudium, wie auch mit dem auf Anraten der damaligen Gesangslehrerin erfolgten Fachrichtungswechsel zu Elementarer Musikpädagogik im Herbst 2007  einverstanden gewesen seien. Sie seien auch bereit gewesen, die Klägerin zu unterstützen.

Die Beklagten, insbesondere die Mutter der Klägerin, sei mit dem Wechsel einverstanden gewesen und habe dies sogar begrüßt. In einem Telefonat mit dem Zeugen K. habe die Mutter der Klägerin erklärt, dass sie über den Wechsel sehr glücklich sei, da sie auch glaube, dass dieses Studium ihrer Tochter besser liege.

Der Klägerin sei ein täglicher Fahrtweg von Murnau nach Augsburg von mehr als 3 Stunden nicht zuzumuten.

Die Beklagten würden verkennen, dass ihr eine so genannte Orientierungsphase zustehe.

Es bestehe eine Vereinbarung mit dem Lebensgefährten, wonach die Klägerin für die Mitbenutzung der Wohnung einen monatlich Pauschalbetrag in Höhe von EUR 300,00 zu zahlen habe. Die vom Freund der Klägerin gewährte Unterstützung diene einzig und allein dazu, der Klägerin ein besseres Auskommen zu ermöglichen. In keinem Fall sollen damit die unterhaltspflichtigen Eltern entlastet werden.

Die Klageseite beantragt:

1. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, beginnend mit dem Monat November 2009, monatlich im voraus zum 1. eines jeden Monats, an die Klägerin Unterhalt in Höhe von EUR 454,67 zu bezahlen.

2. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin rückständigen Unterhalt für die Zeit Mai 2009 bis einschließlich September 2009 in Höhe von 2.820,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz hieraus seit 02.10.2009 zu bezahlen.

3. Der Rechtsstreit wird hinsichtlich des Zahlungsantrages gegen die Beklagte zu 1) unter Verwahrung gegen die Kostenlast für erledigt erklärt.

4. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreites.

Die Beklagtenseite beantragt die Klage abzuweisen.

Die Beklagtenseite ist der Rechtsauffassung, dass der Unterhaltsanspruch entfällt, wenn nicht im zweiten, allenfalls dritten Semester der Fachrichtungswechsel erfolgt. Hier erfolgte der Fachwechsel nach dem sechsten, also im siebten Semester und damit deutlich nach der durch die Rechtssprechung zugestandenen Orientierungsphase.

Die Beklagten behaupten, sie  hätten seinerzeit gegenüber der Klägerin, als man über den angedachten Fachrichtungswechsel sprach, unmissverständlich mitgeteilt, dass man damit nicht einverstanden sei. Vielmehr sei mitgeteilt worden, dass man jederzeit bereit sei, den Ausbildungsunterhalt und auch sonstige Unterstützung für eine Fortführung des Studiums mit dem bisherigen Hauptfach an einem anderen Studienort zu leisten (beispielsweise in Paris oder aber auch an anderen Lehrstühlen in Deutschland). Auch sei angeboten worden, dass die Klägerin bei ihrem Großvater in Bremen wohnen und dort weiterstudieren könne. Ein Wechsel zum Hauptfach elementare Musikpädagogik sei jedoch abgelehnt worden

Nach Kenntnis der Beklagten unterstütze der Lebensgefährte der Klägerin diese regelmäßig und leistet gegenüber der Klägerin Unterhalt in voller Höhe. Auch insofern wird die Bedürftigkeit der Klägerin bestritten. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin dort mietfrei wohnt und es sich insofern um anrechnungsbedürftige unentgeltliche Leistungen Dritter handele.

Sie wohne mit einem Mann in eheähnlicher Gemeinschaft, welcher mit seinem beklagtenseits geschätzten Einkommen in Höhe von gesamt ca. Euro 5.000,00 netto als Mitglied des Rundfunkorchesters mitsamt den Nebeneinkünften aus dem musikalischen Gelegenheitsgeschäft die Klägerin unterhalten kann und auch tatsächlich unterhalte.

Die Beklagtenseite behauptet im Verfahren streitig

Insbesondere seien zwischen dem Zeugen K. und den Beklagten vor Weihnachten 2008 keine Telefonate geführt worden.

Telefonate hätten ausschließlich im Frühjahr 2009 stattgefunden, wobei das letzte Telefonat am 25.03.2009 geführt wurde.

Gegenstand der drei tatsächlich geführten Telefonate mit dem Zeugen K. sei jedes mal und ausschließlich der Umstand gewesen, dass der Zeuge K. als neuer Schwiegersohn in der Familie akzeptiert werden wollte, was die Beklagten aber abgelehnt hätten.

Bei den Telefonaten sei es zu keinem Zeitpunkt um die Ausbildungssituation der Klägerin betreffend ihres Wechsels hin zu EMP gegangen.

Es sei nicht über die Frage gesprochen worden, ob die Beklagte zu 1) mit dem Wechsel der Ausbildung hin zu EMP einverstanden sei oder nicht. Zu keinem Zeitpunkt habe die Beklagte zu 1) gesagt, dass der Klägerin die neue Ausbildungsrichtung näher liege.

Ein Einverständnis mit dem Fachrichtungswechsel sei dabei nicht erklärt worden.

Im Übrigen wird ergänzend verwiesen auf den Inhalt der Schriftsätze der Parteien einschließlich Anlagen, die gerichtlichen Hinweise und Beschlüsse, das Sitzungsprotokoll und den übrigen Akteninhalt. Das Gericht hat Beweis erhoben durch vier Zeugeneinvernahmen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet, weil der Klägerin keinen fortbestehender Ausbildungsunterhaltsanspruch gegen die Eltern, insbesondere den Beklagten zu 2, zusteht.

Zum angemessenen Unterhalt, den Eltern ihren Kindern gemäß §§ 1601, 1610 I BGB schulden, gehört zwar auch die Finanzierung einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf gemäß § 1610 II BGB. Die Klägerin hat unstreitig keine abgeschlossene Berufsausbildung.

Der Ausbildungsanspruch war zu versagen, weil die Klägerin nachhaltig während eines längeren Zeitraums ihre Ausbildungsobliegenheit verletzt und den Eltern deshalb weiterer Unterhalt nicht mehr zugemutet werden kann. Dabei waren alle Umstände des Falles, insbesondere der bisherige Ausbildungsgang zu würdigen.

Unter einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf i. S. des § 1610 II BGB ist eine Berufsausbildung zu verstehen, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält 1 . Geschuldet wird einerseits eine optimale begabungsbezogene Ausbildung im Rahmen der wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern 2 .

48Eltern und Kinder sind einander auch in diesem unterhaltsrechtlichen Sinne Beistand und Rücksicht schuldig (§ 1618a BGB).

Nach dem Gegenseitigkeitsprinzip   steht der Verpflichtung der Eltern, dem Kind eine angemessene Berufsausbildung zu ermöglichen (§ 1610 II BGB), andererseits die Ausbildungsobliegenheit des Kindes gegenüber. Dieses ist gehalten, alsbald eine Berufsausbildung zu beginnen oder fortzusetzen und sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden.

Gerichtlicherseits konnte trotz durchgeführter Beweisaufnahme nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass die Klägerin mit ihren Eltern Einvernehmen über den Ausbildungsfachwechsel herbeigeführt hat.

Im Mittelpunkt der Überlegung bei der Beurteilung der Frage, ob Eltern eine Verpflichtung zur Finanzierung einer Ausbildung haben, musste zunächst   vorrangig die konkrete Ausbildungsabsprache und Ausbildungsentscheidung der Familienmitglieder zugrundegelegt werden, wenn wie im vorliegenden Fall bezüglich der gewählte Ausbildung und dem individuellen Ausbildungsverlauf konkrete Ausbildungsschritte als  förderungswürdig angesehen worden sein sollen.

Vorrangig vor allgemeinen gesellschaftlichen Bewertungen zum Ausbildungswechsel wäre gewesen, wenn klägerseits der Nachweis hätte erbracht werden können, dass die Beklagten sowohl  sowohl mit dem Gesangsstudium, wie auch mit dem auf Anraten der damaligen Gesangslehrerin erfolgten Fachrichtungswechsel zu Elementarer Musikpädagogik im Herbst 2007  einverstanden gewesen seien. Die Klägerin hatte streitig behauptet, die Beklagten seien auch bereit gewesen, die Klägerin zu unterstützen.

Wenn auf  der Grundlage einer Absprache zwischen Kind und Eltern eine bestimmte zusätzliche Ausbildung als weiterer wichtiger Schritt zur Erlangung einer beruflichen Lebensgrundlage gesehen worden wäre und die Förderung dieser Ausbildung ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit unternommen worden wäre, erschienen die Ansätze der Rechtsprechung und Literatur zu Beurteilung von weiteren Ausbildungskosten ungeeignet.

Vielmehr entsteht bei nachgewiesenen individuellen Absprachen nach Rechtsauffassung des Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen ein Vertrauensschutzverhältnis und ein zusätzlicher Solidarpakt im Rahmen der familiären Verbundenheit, die einerseits zur zügigen und leistungsbereiten Umsetzung der erforderlichen Ausbildungsleistungen, andererseits zu entsprechender finanzieller Disposition und Unterhaltsleistung während der Ausbildungszeit verpflichtet.

55Weder das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen noch eine andere staatliche Instanz hat sich im Rahmen der Beurteilung über Sinn und Angemessenheit von weiteren Ausbildungsschritten an die Stelle der Mitglieder der konkreten Familie zu setzen und die konkrete individuelle Entscheidung, warum und aus welchen Gründen die konkrete zusätzliche Ausbildung angestrebt wurde, in irgendeiner Hinsicht zu bewerten.

Jede Form von generalisierten Betrachtungen hätte sich nach der Beurteilung des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen verboten, wenn eine Übereinkunft in der Familie in der Vergangenheit über diese Ausbildungsplanung zumindest in Grundzügen bestanden hätte.

Da innerhalb der Familie in der Vergangenheit keine diesbezügliche Grundentscheidung darüber getroffen wurde, welche weiteren Ausbildungsschritte des in  Ausbildung befindlichen Kindes und der die Ausbildung finanzierenden Eltern unternommen werden sollten, kommt eine vorrangige individuelle familieninterne Beurteilung nicht in Betracht.

Der Nachweis, dass eine individuelle Absprache der Klägerinnen mit ihren Eltern über die Akzeptanz des Wechsels des Ausbildungsziels während der Ausbildung stattgefunden hätte, konnte im Verfahren nicht erbracht werden.

Die Beweisaufnahme hat dazu unterschiedliche Aussagen des Lebensgefährten der Klägerin einerseits, der Mutter der Klägerin und zweier Geschwister andererseits ergeben. Im Rahmen der Beweiswürdigung konnte kein einheitliches und klares Beweisergebnis erzielt werden. Zweifellos war der Lebensgefährte auch wirtschaftlich am Ausgang des Verfahrens interessiert, weil er vorübergehend die wirtschaftliche Unterstützung der Klägerin weitestgehend alleine übernommen hat. Auf Beklagtenseite wurde die Mutter der Klägerin einvernommen, die vehement bestritten hat, dass über die Thematik telefonisch gesprochen wurde. Auch sie hat als Ehefrau des Beklagten zu 2 ein hohes eigenes wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens, weil Unterhaltslasten aus dem Einkommen des Ernährers ihrer Familie zu tragen wären. Sie konnte als Beklagte zu 1) des Verfahrens in diesem Stadium auch nur deswegen als Zeugin einvernommen werden, weil ihre mangelnde Leistungsfähigkeit unstreitig gestellt worden war und das Verfahren gegen sie in der Leistungsstufe nicht fortgesetzt wurde. Dies zeigt zugleich aber  auch ihre hohe eigene Betroffenheit vom Ausgang des Verfahrens. Bei den beiden einvernommenen Geschwistern der Klägerin fiel im Rahmen der Beweiswürdigung deutlich auf, dass in hohem Maße beinahe wortlautgleiche Wiederholungen der Zeugenaussagen der Mutter stattfanden, in einem Maße, bei dem aus den Erfahrungen vieljähriger Beweisaufnahmen sich dem Richter der Eindruck einer gemeinsamen Vorbereitung der Zeugenaussagen aufdrängt. Während dieser Zeugeneinvernahme war auch ein hohes Interesse jederzeit spürbar, keine Aussagen zu treffen, die die Eltern der Klägerin in schlechtem Lichte stehen lassen.

Somit waren bei allen vier einvernommenen Zeugen eigene Motivationen am Ausgang des Verfahrens deutlich spürbar, eigene fundamentale Interessen wirtschaftlicher Art bzw. Interessen der Außendarstellung der Familie jederzeit präsent.

Das Gericht konnte sich trotz intensiver Befassung und Befragung kein entscheidendes Bild davon machen, welche der Aussagen den tatsächlichen Ereignissen am ehesten entsprach. Keine der Zeugenaussagen konnte mit hinreichender Glaubwürdigkeit die Beweiswürdigung entscheidend beeinflussen.

Aus diesem Grund muss nach allgemeinen Beweislastregeln davon ausgegangen werden, dass die Klägerin den Nachweis nicht erbringen konnte, dass es eine konkrete, familienindividuelle Absprache über die geänderte Fortsetzung ihrer Ausbildung und eine diesbezügliche Übereinstimmung mit den Unterhaltsschuldnern gab.

Dies insbesondere auch deshalb, weil eine individuelle Absprache mit dem Vater der Klägerin, den Beklagten zu 2 auch nicht behauptet war.

Dieser weitere Ausbildungsschritt muss nach Beweislastregeln als nicht zwischen Tochter und Eltern, insbesondere dem Vater abgesprochen gelten. Über diese Ausbildungsmaßnahme bestand kein familieninternes  Einvernehmen.

Auch das elterliche Angebot vom 8.6.2009 von Naturalunterhalt führt zu keiner anderen Beurteilung der Frage, ob  eine einheitliche Entscheidung zu einem geänderten Ausbildungsziel familienintern erzielt wurde.

In einem Schreiben vom 08.06.2009 teilten die Beklagten folgendes mit.

"Aus diesem Grund halten wir es für das Beste, wenn S ( zunächst einmal) zu Hause bei uns wohnt. Selbstverständlich werden wir dann für sämtliche, bei ihrem Studium und Lebensunterhalt anfallende Kosten aufkommen (Verpflegung, Kleidung, Fahrten, Lehrmittel, Taschengeld, sonstige Ausgaben, etc.). Vielleicht besteht so die Möglichkeit, Ss Leben und das Studium wieder etwas Schwung einzuhauchen... .Selbstverständlich soll und darf S später wieder auf eigenen Füßen stehen und wir werden ihr wie früher dabei helfen (Wohnung suchen, Probleme mit Vermietern klären, Möbel, etc.) S braucht aber jetzt doch eine gewisse Zeit, um Kreise ihrer Familie die erforderliche Klarheit zu finden."

Unterhalt ist nach der gesetzlichen Regel des § 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren (= Regelfall).

Eltern haben nach § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB aber das Privileg, abweichend von diesem Regelfall Naturalunterhalt zu gewähren.

Das Bestimmungsrecht gilt auch gegenüber unverheirateten volljährigen Kindern, denn den Eltern muss auch nach Eintritt der Volljährigkeit eine gewisse  Möglichkeit zugestanden werden, ihren Einfluss auf die Lebensführung des Kindes auszuüben 3 .

Dies gibt ihnen das Recht, in gewisser Weise auch noch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes Einfluss auf dessen Lebensführung zu nehmen, soweit damit nicht die Menschenwürde des Kindes oder sein Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit in verletzender Weise tangiert wird 4 .

Im vorliegenden Fall kann nach dem Wortlaut des Angebotes zwar eindeutig eine Unterstützungshandlung angenommen werden, aber nicht gefolgert werden, dass die Entscheidung zum Studienwechsel auf zweifelsfreie Zustimmung der Eltern stößt.

Dem Familiengericht obliegt im Übrigen als Vorfrage die Prüfung, ob die Bestimmung wirksam ist 5 . Dabei hat aber im Rahmen einer Gesamtwürdigung das Gericht die Prüfung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen 6 .

74Eltern können, nachdem sie jahrelang den Auszug ihres Kindes hingenommen haben, nicht ohne besondere Begründung die Bestimmung treffen, dass das Kind Naturalunterhalt bekommt 7 . Eine Begründung erfolgte schriftlich und eindeutig in Ergänzung der Äußerungen im Rahmen der Zeugenaussagen.

Die Bestimmung gegenüber der volljährigen Klägerinsbesondere deshalb nicht bindend, weil sie die Menschenwürde und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in verletzender Weise tangiert hat 8 .  Zur Überzeugung des Gerichts stand hinter der Bestimmung das Hauptmotiv, die ungewollte Lebensgemeinschaft und Liebesbeziehung zu unterlaufen oder zu kontrollieren. Die Bindung an die Bestimmung entfällt, weil sie aus sachfremden Motiven oder zu sachfremden Zwecken erfolgte 9 .

Die Unterhaltsbestimmung stellt sich zur Überzeugung des Gerichts als unzulässige Disziplinierungsmaßnahme wegen eines elterlicherseits nicht gewünschten Liebesbeziehung dar.

Dies wird zum einen aus dem Wortlaut des Schreibens, ergänzend aber auch aus  den Äußerungen der Zeugen über die Gesprächsinhalte der Telefonate deutlich.

Hinter dem Angebot, das Studium zunächst vom Wohnort der Eltern in Murnau fortzusetzen stand ausdrücklich die Idee, "Ss Leben und dem Studium wieder etwas Schwung einzuhauchen".

Das Recht "auf eigenen Füßen zu stehen" sollte und durfte die Klägerin "selbstverständlich später wieder" haben. Es wurde ihr für die nächste Zeit zugleich konkludent abgesprochen.

Die Einschätzung, "S brauche aber jetzt doch eine gewisse Zeit, um Kreise ihrer Familie die erforderliche Klarheit zu finden", kann nicht anders verstanden werden, als Druckmittel, eine Liebesbeziehung zu beenden, die elterlicherseits nicht gern gesehen wurde..

Die Bestimmung ist offensichtlich unwirksam und die Unwirksamkeit nach den durchgeführten Ermittlungen  zweifelsfrei erkennbar.

Der Klägerin wäre  ein täglicher Fahrtweg von Murnau nach Augsburg und zurück von mehr als 3 Stunden nicht zuzumuten.

Da familieninterne Absprachen über eine gemeinsame Entscheidung zum Ausbildungszielwechsel nicht angenommen werden können, hat das Gericht auf die allgemeinen Kriterien zurückgreifen müssen, aus denen sich für den vorliegenden Einzelfall ergibt, dass eine Unterhaltsverpflichtung nicht mehr angenommen werden kann.

Zur Überzeugung des Gerichts fand der Ausbildungswechsel der Fachrichtung der Klägerin zu einem Zeitpunkt statt, zu dem man ihr eine Orientierungsphase nicht mehr zugestehen kann.

85Wie die einem jungen Menschen zuzugestehende Orientierungsphase zu bemessen ist, muss von Fall zu Fall beurteilt werden. Maßgebende Kriterien sind dabei Alter, Entwicklungsstand und die gesamten Lebensumstände der Klägerin.   Die Orientierungsphase dient gerade dazu, einem in der Frage der Berufswahl unsicheren jungen Menschen die Entscheidung für einen Beruf zu erleichtern. Jedem jungen Menschen ist grundsätzlich zuzubilligen, dass er sich über seine Fähigkeiten irrt oder falsche Vorstellungen über den gewählten Beruf hat. Dabei wird ein Ausbildungswechsel um so eher zu akzeptieren sein, je früher er stattfindet. Dies folgt aus dem Gedanken, dass die schutzwürdigen Belange des Unterhaltspflichtigen es gebieten, sich möglichst frühzeitig darauf einrichten zu können, wie lange die Unterhaltslast dauern wird. 10

Die hier etwa 2,5jährige  Dauer dieser Phase vom Wintersemester 2004 bis Sommersemester 2007 muss angesichts der gesamten Verhältnisse als unangemessen lang angesehen werden.

Da es zu den schützenswerten Belangen des Unterhaltspflichtigen gehört, sich in der eigenen Lebensplanung darauf einstellen zu können, wie lange die Unterhaltslast dauern wird, wird eine Unterhaltspflicht um so weniger in Betracht kommen, je älter der Ausbildungswillige ist. Dabei fällt auch ins Gewicht, dass vorliegend eine Anzahl von insgesamt neun Kindern, von denen noch sieben Kinder unterhaltsberechtigt sind bei den Interessen der Eltern zu berücksichtigen sind.

Diese aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folgenden Gesichtspunkte wirken sich nicht erst bei der Prüfung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für die Eltern aus, sondern beeinflussen bereits die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der eingeschlagene Ausbildungsweg noch Bestandteil der geschuldeten einheitlichen Vorbildung zu einem Beruf ist. 11

Je älter die Unterhaltsberechtigte  ist und je eigenständiger sie ihre Lebensverhältnisse gestaltet, desto mehr tritt an die Stelle der Elternverantwortung die Eigenverantwortung für seinen Berufs- und Lebensweg.

Während der ersten drei Semester steht der Klägerin  eine Orientierungsphase zu. Ein Studienwechsel während dieser Zeit hätte  den Unterhaltsanspruch nicht berührt. 12

Vorliegend fand der Wechsel zu einem Zeitpunkt statt, in dem ohne Abzug von Urlaubssemestern das sechste Semester erreicht gewesen wäre.

Das Gericht orientiert sich bei der Beurteilung der Dauer der Orientierungsphase auch in erster Linie am tatsächlichen Zeitablauf, nicht in erster Linie an der Phase, die immatrikulationsrechtlich anzunehmen ist. Dabei kommt der Frage der rechtlichen Anerkennung von Urlaubssemestern nicht die entscheidende Bedeutung zu, sondern ist in erster Linie auf den tatsächlichen Zeitablauf der Entscheidungsfindung abzustellen.

Dies deshalb, weil es um den Zeitraum geht, in dem ein junger Mensch seinen Neigungen prüft und sich in der Entscheidungsfindung befindet. Dies ist grundsätzlich auch eine berechtigte Erwartung an einen jungen Menschen in den Zeiten, die er sich als Urlaubssemester anrechnen lässt.

Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung von der  Klägerin gewonnenen Eindrucks ist das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei der Klägerin um eine Persönlichkeit handelt, bei der die Persönlichkeitsbildung abgeschlossen ist. Die Klägerin wirkte weder unreif und noch wenig gefestigt. Ihre Persönlichkeitsstruktur ähnelt dabei nicht mehr der eines Jugendlichen, sondern sie geht ihren Lebensweg  eigenständig als  Erwachsene auch gerade gegen elterlichen Widerstand.

Die Klägerin  vermittelte. den Eindruck, dass sie ihren Lebensalltag ohne  reifebedingte Schwierigkeiten gut bewältigen kann. Von daher ist der Klägerin  keine größere als die übliche Orientierungsphase bei der Selbst- und Berufsfindung zuzubilligen.

96Darüber hinaus ist nach der Rechtsauffassung des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen in analoger Anwendung des § 1579 Ziffer 2  BGB anzunehmen, dass auch kein weiterer Unterhaltsanspruch der Klägerin gegenüber ihren Eltern besteht, weil sie in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt.

Seit dem Jahr 2007 unterhalten die Klägerin und ihr um knapp 20  Jahre älterer  Patenonkel eine Liebesbeziehung.  Die Klägerin ist am 26.06.2009 zu ihrem Lebensgefährten in die nunmehr gemeinsame Wohnung gezogen.

Das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen befürwortet, dass eine Regelungslücke des Gesetzgebers angenommen werden muss, die durch analoge Anwendung des §§ 1579 Ziffer 2 BGB geschlossen werden muss, sodass in entsprechender Anwendung des § 1579 Ziffer 2 BGB die Tatsache, dass die Betroffene in einer Lebensgemeinschaft lebt gemeinsam mit einem sie tatsächlich unterhaltenden  Lebenspartner, der Ausbildungsunterhaltsanspruch gegen die Eltern zurücktritt.

Nach seinem Wortlaut bezieht sich die Vorschrift des § 1579 BGB auf eheliche Unterhaltsansprüche und ist gesetzessystematisch nicht unmittelbar auf Verwandtenunterhalt anzuwenden.

In Kenntnis der Tatsache, dass § 1611 BGB eine grundsätzlich eng gefasste Ausnahmevorschrift für die grundsätzliche Unterhaltsverpflichtung von Eltern gegenüber ihrem Kind darstellt, sticht jedoch unterhaltsrechtlich die Parallele des Ausbildungsunterhaltsanspruches volljährigen Kinder gegenüber ihren Eltern im Vergleich zum Unterhaltsanspruch geschiedener Eheleute gegen den früheren Ehegatten ins Auge, weil beide tatbestandlich begrenzt  bzw. nachrangig sind durch die (erneute) Eheschließung des Unterhaltsberechtigten.

Wären die Klägerin und ihr Lebensgefährte verheiratet so würde der Lebensgefährte als  Ehegatte des Unterhaltsberechtigten für den Unterhalt nach §§ 1360, 1361 haften (Familien- und Trennungsunterhalt) grds. vor dessen Verwandten. Die Unterhaltspflicht der Eltern wäre durch die Heirat abgelöst. 13

Die gesetzliche Folge der Ablösung bzw. Vorrangigkeit von Solidarverhältnissen wird sowohl im nachehelichen Bereich als auch im Verwandtenunterhalt gesehen, wenn eine Eheschließung erfolgt.

Unterschiedlich ist die gesetzliche Folge, wenn sich allerdings vor oder anstatt einer Eheschließung  sich ein Zusammenleben zweier Lebensgefährten so verfestigt hat, dass zwischen ihnen ein fester sozialer und wirtschaftlicher Zusammenschluss iSe. "ehegleichen ökonomischen Solidarität" 14 besteht, sie mithin gemeinsam wirtschaften ("sozio-ökonomische Lebensgemeinschaft"). 15

Im nachehelichen Bereich hat zunächst die Rechtsprechung, später auch der Gesetzgeber durch § 1579 BGB einen vorgezogenen Übergang der solidarischen Bindungen angenommen.

Das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007 (BGBl I S 3189) sieht in§ 1579  Nr 2 als eigenständigen neuen Härtegrund vor, dass " der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt ". Damit soll der Bedeutung des dauerhaften Zusammenlebens des Unterhaltsberechtigten mit einem neuen Partner Rechnung getragen werden. 16

Auch wenn das Absehen von einer Eheschließung vom Verpflichteten hinzunehmen ist, ist seine Inanspruchnahme unzumutbar und die Anwendung von Nr. 2 gerechtfertigt, wenn der Berechtigte und sein neuer Partner eine Unterhaltsgemeinschaft eingegangen sind und der Berechtigte in dieser sein Auskommen findet.

Sofern also zwischen Unterhaltsberechtigten und einem Lebensgefährten eine so enge Beziehung angenommen werden kann, dass sie als verfestigte Lebensgemeinschaft nach außen in Erscheinung tritt und zu beurteilen ist, entfällt aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung eine Unterhaltsverpflichtung eines geschiedenen Ehegatten, hinsichtlich der Unterhaltsverpflichtung von Kindeseltern besteht keine ausdrückliche parallele gesetzliche Regelung obgleich eine identische Interessenlage zugrundeliegt, insbesondere die Beurteilung, falls von einer Eheschließung des Unterhaltsberechtigten deshalb abgesehen wird, um Unterhaltsansprüche gegenüber den zuvor Unterhaltsverpflichteten aufrechtzuerhalten.

Diese Parallelität der Wertungsgesichtspunkte lässt es  für das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen für geboten erachten, die Wertung des § 1579 Ziffer 2 BGB auch gegenüber Unterhaltsverpflichtungen aus Verwandtschaft Volljähriger  heranzuziehen.

Eine andere Beurteilung würde zu einer mit den gesetzlichen Anordnungen nicht in Einklang zu bringenden Wertungswiderspruch führen. Dabei ist zu Grunde gelegt, dass in den Unterhaltsverpflichtungen grundsätzlich Solidaritätsverhältnisse zum Ausdruck kommen, durch die das gegenseitige Einstehen geregelt ist.

Eine enge Auslegung des §§ 1611 BGB für Volljährige ohne die Möglichkeit einer analogen erweiterten Anwendung des §§ 1579 Ziffer 2 BGB würde zu dem nicht hinnehmbaren Ergebnis führen, dass beispielsweise ein Enkel oder Urenkel für den vollen Lebensbedarf seiner unterhaltsberechtigten Großmutter oder Urgroßmutter aufkommen müsste, selbst wenn diese im Beispielsfall die Großmutter oder Urgroßmutter persönlich nicht kennen gelernt hätten und diese über viele Jahrzehnte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft mit einem leistungsfähigen Lebenspartner gelebt hat, ohne diesen zu heiraten.

Es besteht ein rechtliches Bedürfnis bei Parallelität der Interessenlage war das 1579 Ziffer 2 BGB auch gegenüber volljährigen Abkömmlingen in Anwendung zu bringen.

Indizien für eine feste soziale Bindung sind der  gemeinsamer Haushalt, zuvor bereits das gemeinsame Verbringen der Wochenenden und von Urlauben. Auch in der Zeit vor dem Zusammenzug und ohne  gemeinsamen Haushalt bei Beibehaltung getrennter Wohnungen aus Ausbildungsgründen 17 sowie einem einverständlich unterbliebenen Zusammenleben 18 war nach dem äußeren Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit ein Grund zur Anwendung der Härteklausel gegeben. 19

Entscheidend für die Unzumutbarkeit der fortdauernden uneingeschränkten Unterhaltsbelastung ist, dass die Klägerin und ihr Lebensgefährte ihre Lebensverhältnisse so aufeinander abgestellt haben, dass sie wechselseitig füreinander einstehen, indem sie sich gegenseitig Hilfe und Unterstützung gewähren. 20

Ein solcher Zusammenschluss liegt vor, weil sich die Partner die Führung des Haushalts und die Finanzierung entsprechend ihren Einkommensverhältnissen, teilen. 21 Es besteht eine Vereinbarung mit dem Lebensgefährten, wonach die Klägerin für die Mitbenutzung der Wohnung einen monatlich Pauschalbetrag in Höhe von EUR 300,00 zu zahlen habe. Die vom Freund der Klägerin gewährte Unterstützung dient einzig und allein dazu, der Klägerin ein besseres Auskommen zu ermöglichen.  Eine bestimmte Mindestdauer des Zusammenlebens 22 hat das Gericht nicht vorausgesetzt, weil äußere Gründe (Ausbildungsort/ Ort der beruflichen Tätigkeit) dagegen sprachen. Es gab sachliche Gründe, die unabhängig vom Bestand der Beziehung gegen ein Zusammenziehen sprachen.

Auch wenn die Antragstellerin vorträgt, dass sie im Sommer 2009 aufgrund der Wohnungskündigung ihrer Augsburger Wohnung zu ihrem Lebensgefährten gezogen sei, war unstreitig, dass bereits ein wesentlich früheren Zeitpunkt eine gemeinsame Lebensführung und starke innere Bindung  bestanden hat.

Selbst ohne einen gemeinsamen Haushalt und bei Beibehaltung getrennter Wohnungen 23 sowie einem einverständlich unterbliebenen Zusammenleben 24 bestand nach deren Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit ein Grund zur Anwendung der Härteklausel bestehen 25 . Nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin besteht die Liebesbeziehung zu ihrem Lebensgefährten ab Frühjahr 2007, zu diesem Zeitpunkt hätten sich bei dem ihre Gefühle füreinander zugestanden. Sie berichtete vom gemeinsamen Sommerurlaub in Italien.

Die dafür feste soziale Bindung der Klägerin mit ihrem Lebensgefährten ist dabei gegeben. Es besteht eine verfestigte  sozioökonomischen Gemeinschaft. Von einer sozioökonomischen, auf Dauer angelegten Gemeinschaft muss ausgegangen werden, weil der  Partner der   Klägerin wirtschaftlich in der Lage ist, diese zu unterhalten, wobei es unerheblich ist, ob die Partner akzeptable Gründe haben, von einer Eheschließung abzusehen. 26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO . Es ist von einem vollständigen Obsiegen der Klägerin auszugehen.

Das Urteil war für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung zu erklären als Urteil in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, weil nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als eintausendfünfhundert Euro ermöglicht.

In dem vorliegenden Fall des § 708 Nr. 11 hatte das Gericht auszusprechen, daß der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.   

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