I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung der Beseitigung eines Baugerüsts. Er ist Eigentümer des landwirtschaftlichen Hofgrundstücks Fl.Nr. 14 Gemarkung …, auf dem an der südwestlichen Grenze im unmittelbaren Anschluss an landwirtschaftliche Gebäude ein circa 50 m² großes Teilstück der Ortsstraße Nr. 2 verläuft. Im Jahr 2004 stellte der Kläger an der südwestlichen Wand des Gebäudes ein Baugerüst auf, das in die Straße hineinragt. Mit Bescheid vom 22. August 2008 gab ihm die Beklagte auf, das Baugerüst zu beseitigen. Die Anordnung wurde für sofort vollziehbar erklärt. Ein dagegen durchgeführtes vorläufiges Rechtsschutzverfahren blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg (vgl. Beschluss des Senats vom 2. März 2009 Az. 8 CS 08.3449). Die Klage des Klägers gegen den Bescheid hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 14. Dezember 2009 abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Er macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
1. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils liegt nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Bescheid vom 22. August 2008 zu Recht abgewiesen hat. Die Anordnung der Beseitigung des Baugerüsts auf dem Grundstück Fl.Nr. 14 dürfte rechtmäßig sein und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht die Anordnung auf Art. 7 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 LStVG i.V.m. § 32 Abs. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 27 StVO gestützt. Die im Bescheid vom 22. August 2008 angeführten Bestimmungen der Art. 18 Abs. 1 und Art. 18a BayStrWG waren nicht einschlägig, weil diese Vorschriften nur für öffentlich-rechtlich gewidmete Straßen und Wege gelten (vgl. Art. 1, Art. 6 Abs. 1 BayStrWG; BayVGH 11.1.2005 NuR 2005, 463). Eine wirksame Widmung des Grundstücks Fl.Nr. 14 nach Art. 6 BayStrWG oder Art. 67 Abs. 3 und 4 BayStrWG liegt nach den – vom Kläger nicht angegriffenen – Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht vor. Einwände dagegen, dass eine Umdeutung nach Art. 47 BayVwVfG durch das Verwaltungsgericht nicht erforderlich gewesen wäre, weil die Regelung im Bescheid vom 22. August 2008 (Bescheidstenor) durch den Austausch der Rechtsgrundlagen nicht geändert wurde (vgl. BVerwG vom 19.8.1988 BVerwGE 80, 96; OVG SH vom 26.5.2009 NordÖR 2009, 467), und dass die Beklagte ihre Ermessenserwägungen nicht entsprechend ergänzt habe (§ 114 Satz 2 VwGO), hat der Kläger nicht erhoben (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
b) Nicht zweifelhaft ist auch die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Voraussetzungen für eine Beseitigungsanordnung auf dieser Grundlage erfüllt sind. Entgegen der Auffassung des Klägers ist weder fraglich, dass es sich bei der strittigen Fläche um eine tatsächlich öffentliche Verkehrsfläche handelt (aa) noch bestehen Bedenken im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Abwägung der Eigentumsbelange des Klägers (bb).
aa) Bei der strittigen Teilfläche des Grundstücks Fl.Nr. 14 liegt eine tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche vor.
Das Straßenverkehrsrecht geht nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofs aufgrund seiner sicherheitsrechtlichen Zwecksetzungen von einem umfassenderen Begriff der öffentlichen Verkehrsflächen als das Straßen- und Wegerecht aus. Zu ihnen zählen nicht nur öffentlich gewidmete Verkehrsflächen, sondern auch Flächen, auf denen der Verfügungsberechtigte die Benutzung durch jedermann tatsächlich zugelassen hat und dementsprechend die typischen Gefahren des Straßenverkehrs abzuwehren sind. Tatsächlich-öffentliche Verkehrsflächen im Sinne von § 1 StVG und § 1 StVO sind demnach alle Flächen, die der Allgemeinheit zu Verkehrszwecken offen stehen. Erforderlich ist lediglich, dass sie mit Zustimmung des Berechtigten ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse dem Gemeingebrauch überlassen wurden. Das ist anzunehmen, wenn eine ausdrückliche oder stillschweigende Freigabe durch den Berechtigten zur allgemeinen Verkehrsnutzung vorliegt, wobei es nicht auf den inneren Willen des Berechtigten, sondern auf die für die Verkehrsteilnehmer erkennbaren äußeren Umstände ankommt (BayVGH vom 16.5.2002 Az. 24 CS 02.43 <juris>; vom 17.2.2003 Az. 11 B 99.3439 <juris>; vom 11.1.2005 a.a.O.; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., RdNr. 14 zu § 1 StVO).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Teilfläche des Grundstücks Fl.Nr. 14 als tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche einzustufen ist. Nach den – von dem Kläger nicht angegriffenen – Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurde die Fläche vom Rechtsvorgänger des Klägers bereits seit den 1960er Jahren zur allgemeinen Verkehrsbenutzung freigegeben. Dass er oder sein Rechtsvorgänger die Freigabe für den öffentlichen Verkehr zu irgendeinem Zeitpunkt rückgängig gemacht hätten, hat der Kläger nicht vorgetragen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Die Straßenfläche hat ihre Eigenschaft als öffentliche Verkehrsfläche nicht dadurch verloren, dass der Kläger als Eigentümer auf ihr ein Baugerüst aufgestellt hat. Zwar ist der Eigentümer grundsätzlich nicht zur Duldung des tatsächlich-öffentlichen Verkehrs verpflichtet, wenn keine straßenrechtliche Widmung besteht. Dies berechtigt ihn jedoch nicht, den öffentlichen Verkehr, den er oder ein Rechtsvorgänger zugelassen oder geduldet haben, zu behindern oder zu unterbinden. Vielmehr muss er zur Durchsetzung seiner Rechte die von der Rechtsordnung vorgesehenen behördlichen und gerichtlichen Mittel ergreifen (BayVGH vom 29.9.1990 FSt 1990 Nr. 252; BayObLG vom 29.10.1993 BayVBl 1994, 220). Die Aufstellung des Baugerüsts durch den Kläger stellt sich als verbotene Eigenmacht im Sinn von § 858 BGB dar, die die Eigenschaft der tatsächlich-öffentlichen Straße nicht aufgehoben hat (BayVGH vom 11.1.2005 a.a.O.).
Ebenso wenig steht der Einstufung der Fläche als tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche entgegen, dass die Dachtraufe des landwirtschaftlichen Gebäudes in den Straßenraum hineinragt und dass unmittelbar an diese Fläche ein landwirtschaftliches Scheunengebäude grenzt, dessen Tore mit einer Flügelbreite von circa 1,6 m nur nach außen in den Straßenraum hinein geöffnet werden können und auch täglich geöffnet werden. Denn eine Straße verliert ihre Eigenschaft als öffentliche Verkehrsfläche weder durch sachliche noch durch zeitliche Einschränkungen (vgl. OLG Rostock vom 28.11.2003 SVR 2004, 234 <nur Leitsatz>; König in Hentschel/König/ Dauer a.a.O.).
Unerheblich ist auch der Einwand des Klägers, die Anlieger der Grundstücke Fl.Nrn. 17 und 18/2 müssten über die tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche nicht fahren, weil sie ihre Ziele auch über andere Wegeverbindungen erreichen könnten. Solange die tatsächliche Straßenfläche rechtlich besteht, kann sie von den Verkehrsteilnehmern auch benutzt werden (BayVGH vom 11.1.2005 a.a.O.).
Schließlich kann sich der Kläger auch nicht erfolgreich darauf berufen, die Beklagte habe abweichend von den Festsetzungen des Bebauungsplans eine Garage auf dem gegenüberliegenden Grundstück Fl.Nr. 18 zugelassen und die Fahrbahn in diesem Bereich uneben ausgeführt. Ob das (unter Ausübung verbotener Eigenmacht aufgestellte) Baugerüst weniger behindern würde, wenn die Garage nicht oder an anderer Stelle errichtet worden wäre und die Fahrbahn weniger uneben wäre, ist für seine Qualifizierung als Verkehrshindernis im Sinn von § 32 StVO ohne Belang. Es kommt insoweit allein auf den tatsächlichen Verlauf der Straße an. Denn nur unter dieser Voraussetzung ist gewährleistet, dass Gefahren für die Verkehrsteilnehmer durch eigenmächtig errichtete Hindernisse wirksam unterbunden werden können.
3. Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist die Beseitigungsanordnung nicht infolge einer fehlerhaften Abwägung seiner Belange ermessensfehlerhaft (vgl. Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO).
Nach der Rechtsprechung des Senat sind aufwändige Abwägungen mit Interessen Privater, die eine nach §§ 229, 230 Abs. 1, 859 Abs. 3 BGB unzulässige Selbsthilfe begehen, im Rahmen von Anordnungen nach Art. 7 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 LStVG i.V.m. § 32 Abs. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 27 StVO nicht angezeigt (BayVGH vom 17.8.2006 Az. 8 ZB 06.1282 <juris>). Denn bei der Sperrung einer tatsächlich-öffentlichen Straßenfläche durch den Grundeigentümer dürfte eine andere Entscheidung als die Beseitigung der Sperre wohl kaum in Betracht kommen (so auch VGH BW vom 22.10.1991 BWGZ 1994, 658; vom 28.9.1994 VGHBW-Ls 1994, Beilage 12). Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Eigentumsrechte des Klägers liegt darin schon deswegen nicht, weil es ihm – wie ausgeführt – offen steht, zur Durchsetzung seiner Belange in einem rechtlich geregelten Verfahren die ihm dafür zur Verfügung stehenden rechtlichen Schritte (z.B. Feststellungsklage) einzuleiten.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).