VG Augsburg, Urteil vom 08.06.2010 - Au 3 K 09.1846
Fundstelle
openJur 2012, 108949
  • Rkr:
Tenor

I. Der Bescheid des Landratsamtes … vom 1. November 2009 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, die Hortgebühren für den Sohn der Klägerin für die Zeit vom 1. September 2009 bis einschließlich 31. August 2010 zu übernehmen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Übernahme der Hortgebühren für ihren Sohn.

1. Die Klägerin hat einen im Jahr 1999 geborenen Sohn, der bei ihr lebt und im Schuljahr 2009/2010 die 4. Jahrgangsstufe der Grundschule besucht. Vom Vater des Kindes ist die Klägerin geschieden. Die Klägerin war seit mindestens September 2009 überwiegend arbeitslos, teilweise geringfügig beschäftigt. Vom 19. Januar 2010 bis zum 29. März 2010 nahm sie in Vollzeit an einer Qualifizierungsmaßnahme der Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung und Soziales im … (AfBS) teil.

Der Sohn der Klägerin besucht seit dem 1. Schuljahr einen Kinderhort in …. Die Kosten für diesen Kinderhort wurden vom 1. September 2006 bis zum 31. August 2009 ganz bzw. teilweise vom Beklagten übernommen. Mit Schreiben vom 7. Juli 2009 wurde die Klägerin vom Beklagten darüber informiert, dass nach Meinung des Beklagten die Notwendigkeit für die Unterbringung im Hort nicht mehr gegeben sei und eine Übernahme der Betreuungskosten ab dem 1. September 2009 nicht mehr in Frage käme.

Mit Bescheid vom 10. November 2009 wurde der Antrag der Klägerin auf weitere Übernahme der Hortgebühren abgelehnt.

2. Die Klägerin hat hiergegen Klage erhoben mit dem Antrag,

den Beklagten zu verpflichten, die Hortgebühren für den Sohn der Klägerin für die Zeit vom 1. September 2009 bis einschließlich 31. August 2010 zu übernehmen.

Außerdem wurde Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin …, …, beantragt. Zur Begründung wird vorgetragen, dass zwar ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz und die Übernahme der Kosten durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht gegeben sei. Die Verwaltungsbehörde habe jedoch bezüglich der Finanzierung des Hortplatzes eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Dieses Ermessen sei hier jedoch hinsichtlich der Übernahme der Kosten auf Null reduziert. Sowohl der Kinderarzt des Jungen als auch die Lehrer der Grundschule stimmten darüber überein, dass der Besuch des Hortes für die soziale Entwicklung des Kindes, also aus sozialpädagogischen Gründen notwendig sei. Durch die Beaufsichtigung im Hort hätten die schulischen und sozialen Auffälligkeiten des Kindes reduziert werden können. Die Lehrer hätten die positive Entwicklung des Jungen bestätigt und würden den weiteren Besuch der Einrichtung befürworten. Ferner sei die Betreuung des Kindes am Nachmittag ohne Hort nicht gesichert, da die Mutter arbeitsuchend sei und nach den Vorgaben der Agentur für Arbeit auch kurzfristig bzw. auch nachmittags für Eingliederungsmaßnahmen zur Verfügung stehen müsse. Sie arbeite aktiv daran, eine Arbeitsstelle zu finden und sei mit der Aufsicht und Betreuung ihres Sohnes überfordert und nicht in der Lage, nachmittags mit dem Jungen Hausaufgaben zu machen. Würde das Kind nachmittags zu Hause betreut, würde dies eine soziale und pädagogische Verschlechterung für den Jungen bedeuten, nach Aussage der Lehrer würden immense schulische Schwierigkeiten auftreten.

3. Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Übernahme der Hortgebühren. Für Kinder im schulpflichtigen Alter sei ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege vorzuhalten. Über die Hilfegewährung sei nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Nach Auffassung des Beklagten liege hier kein Hilfebedarf im Sinne der Vorschriften über die Kinder- und Jugendhilfe vor. Die Äußerung von Schule und Kinderarzt seien qualitativ nicht geeignet, einen Leistungsanspruch gegebenenfalls für eine Hilfe zur Erziehung in Gestalt der Erziehung in einer Tagesgruppe auszulösen. Beide Äußerungen blieben unbegründet bzw. träfen keinerlei Aussagen zur aktuellen, emotionalen, sozialen und schulischen Situation des Kindes bzw. der ärztlichen Diagnostik. Auch würden keinerlei erzieherische Defizite im Antrag der Klägerin genannt. Weiterhin bestehe auch insoweit kein Bedarf, als die Mutter die nachschulische Betreuung des Kindes zeitlich derzeit selbst leisten könne. Soweit sie vortrage, die nachmittägliche Betreuung ohne Hort sei durch die Mutter nicht gesichert, da sie als Arbeitsuchende dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen müsse, ändere dies an der Ermessensentscheidung nichts. Denn sollte die Klägerin kurzfristig eine längere Maßnahme oder einen Arbeitsplatz antreten können, werde der Beklagte die Betreuungsnotwendigkeit erneut prüfen und gegebenenfalls die Betreuung über das Angebot der "Mittagsbetreuung", die an der Schule des Kindes bis 16.00 Uhr angeboten werde, oder notfalls überbrückungsweise über Tagespflege sicherstellen. Dazu stehe der Beklagte auch in Kontakt mit dem für die Klägerin zuständigen Arbeitsvermittler.

Bedarfskriterien für die Vergabe von Hortplätzen bestünden im Zuständigkeitsbereich des Beklagten nicht. Anträge würden nach Maßgabe des Einzelfalles entschieden. Grundsätzlich würden dabei die Regelungen zur Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege für Kinder im Alter unter drei Jahren analog angewandt. Insbesondere die obere Altersgrenze stehe immer wieder zur Disposition.

4. Mit Beschluss vom 22. Februar 2010 wurde der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin …, …, beigeordnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die als Verpflichtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Klage führt auch in der Sache zum Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf Übernahme des Elternbeitrags für den Kinderhort ihres Sohnes durch den Beklagten und wird daher durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1. Die Klägerin hat aufgrund § 90 Abs. 3 des Sozialgesetzbuchs 8. Buch - Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) Anspruch auf Übernahme des gemäß § 90 Abs. 1 Satz1 Nr.3 SGB VIII festgesetzten Elternbeitrages für den Besuch des Kinderhorts durch ihren Sohn.

a) Für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen nach den §§ 22 - 24 SGB VIII können Teilnahmebeiträge oder Kostenbeiträge festgesetzt werden. Der vom Sohn der Klägerin besuchte Kinderhort stellt eine Tageseinrichtung im Sinne der § 22 Abs. 1 Satz 1, § 24 Abs. 2 SGB VIII dar. Der Träger des Horts erhebt für einen Besuch der Einrichtung von bis zu sechs Stunden 12 x im Jahr eine monatliche "Gebühr" ohne Spiel-, Material- und Feriengebühr in Höhe von 75,-- € von den Eltern.

b) Gemäß § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII soll der Teilnahme- bzw. Kostenbeitrag auf Antrag ganz oder teilweise vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden, wenn die Belastung den Eltern oder dem Kind "nicht zuzumuten" ist. Lebt das Kind - wie hier - nur bei einem Elternteil, so kommt es hinsichtlich der Zumutbarkeit für die Eltern auf diesen Elternteil an (§ 90 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 90 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII).

c) Ein Beitrag ist im Sinne dieser Vorschrift "nicht zuzumuten", wenn die nach den sozialhilferechtlichen Vorschriften der §§ 82 - 85, 87 und 88 des Sozialgesetzbuchs 12. Buch - Sozialhilfe (SGB XII) zumutbare Belastung überschritten ist. Gemäß § 85 Abs. 1 SGB XII ist danach die Zahlung nicht zu leisten, wenn das Einkommen des Betroffenen eine Grenze nicht übersteigt, die sich aus einem Grundbetrag in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes, den Kosten einer angemessenen Unterkunft sowie einem Familienzuschlag in Höhe von 70 % des Eckregelsatzes für jede unterhaltsberechtigte Person ergibt. Der Eckregelsatz beträgt gemäß § 28 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 98 der Ausführungsverordnung zum Sozialgesetzbuch (AVSG) 359,-- €. Da die Klägerin Kosten für eine Unterkunft nicht bezahlt, ergibt sich danach für sie eine Einkommensgrenze von 970,-- € (zweifacher Eckregelsatz + 70 % Eckregelsatz für ihren Sohn), die sie mit ihrem Einkommen, das aus Kindergeld in Höhe von 164,-- € und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in Höhe von 655,14 € besteht, noch unterschreitet. Im Übrigen ist die fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit der Klägerin zwischen den Beteiligten auch unstrittig.

d) Da der Kostenbeitrag der Klägerin daher wirtschaftlich nicht zuzumuten ist, "soll" der Träger der Jugendhilfe, hier der Beklagte, diesen übernehmen. Diese Sollvorschrift bewirkt eine Ermessensreduzierung auf Null im Regelfall, also immer dann, wenn Unzumutbarkeit vorliegt und keine atypische Sondersituation besteht. Für das Bestehen einer solchen Sondersituation wäre der Beklagte beweispflichtig (BayVGH vom 15.3.2006, 12 B 05.1219 zitiert nach juris). Entsprechendes ist jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, so dass sich aus dem Vorliegen der finanziellen Unzumutbarkeit die Rechtspflicht zur Kostenübernahme ergibt. Eine "erzieherische Erforderlichkeit" der Unterbringung des Kindes in der Tagesstätte ist darüber hinaus - anders als nach früherer Rechtslage - nicht mehr Voraussetzung für einen Anspruch auf Kostenübernahme (BVerwG vom 27.1.2000, 5 C 19/99; BayVGH vom 15.3.2006, a.a.O.).

e) Der Sohn der Klägerin besucht jedoch eine Einrichtung eines freien Trägers, nicht eine solche des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe. Eine Entscheidung des Letzteren über die Aufnahme des Kindes in den Hort hat daher nicht stattgefunden. Da der Träger der Jugendhilfe gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII lediglich verpflichtet ist, für Kinder im schulpflichtigen Alter ein "bedarfsgerechtes" Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen vorzuhalten, muss daher in diesem Fall festgestellt werden, ob der Sohn der Klägerin die Bedarfskriterien nach § 24 Abs. 2 SGB VIII erfüllt. In den gemäß § 90 Abs. 3, § 90 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 24 Abs. 2 SGB VIII bestimmten Fällen ist der Beklagte gerade nur zur Übernahme der Kosten für einen einem "bedarfsgerechten Angebot" entsprechenden Platz verpflichtet. Das Angebot in dieser Förderart ist also kraft Gesetzes beschränkt. Damit wäre es allerdings nicht vereinbar, wenn Personen, die aufgrund dieser Beschränkung einen Platz in einer Einrichtung des öffentlichen Trägers nicht erhalten würden, bei Inanspruchnahme eines Platzes bei einem freien Träger einen Kostenübernahmeanspruch gegen den öffentlichen Träger hätten. Daher muss auch hier überprüft werden, ob ein Bedarf im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB VIII besteht, ob also die Voraussetzungen für die Jugendhilfeleistung gegeben sind (zum Ganzen vgl. BayVGH vom 15.3.2006, a.a.O.).

f) Der Jugendhilfeträger ist also berechtigt, im Rahmen seiner Angebotsplanung Bedarfskriterien unter Beachtung der jugendhilferechtlichen Zielsetzungen bis § 22 Abs. 2 SGB VIII festzulegen. Dies hat der Beklagte hier nicht getan. Er hat vielmehr für seine Entscheidung über die Übernahme von Hortbeiträgen bisher auf § 24 Abs. 3 SGB VIII abgestellt, was allerdings insoweit nicht direkt sachgerecht erscheint, als Kinder im schulpflichtigen Alter einen völlig anderen Betreuungsbedarf haben, als Kinder unter drei Jahren. Nach der Rechtsprechung ist es für die Aufstellung von Bedarfskriterien zwar ausreichend, die vom Landesjugendamt aufgestellten bayerischen Empfehlungen zur pauschalierten Kostenbeteiligten nach § 90 SGB VIII in seiner Nr. 1.4 zu übernehmen (BayVGH vom 15.3.2006, a.a.O.). Jedoch sind auch Bedarfslagen zu berücksichtigen, die eine diesen anerkannten Bedarfslagen vergleichbare Betroffenheit begründen (VG Regensburg v. 24.1.2002 RO 8 K 01.246 zit. nach juris). Da in der Jugendhilfeplanung gemäß § 80 SGB VIII nicht nur die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit durch die Eltern zu berücksichtigen ist, sondern auch Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen, ist zudem erforderlich, dass Nr. 1.4.1 Buchst. b) erster Spiegelstrich dieser Empfehlungen berücksichtigt wird, sich die Inanspruchnahme eines Hortplatzes also auch unabhängig von der Erwerbstätigkeit der Eltern als bedarfsgerecht erweisen kann. Hier ist der Migrationshintergrund einer Familie nur beispielhaft aufgeführt. Denkbar sind jedoch auch andere Kriterien, z.B. die erforderliche Kontinuität in der Betreuungssituation oder ein Integrationsbedarf, der sich aus anderen als Migrationsgründen ergibt.

g) Hinzu kommt hier allerdings, dass nicht nur die Bedarfsplanung des öffentlichen Jugendhilfeträgers gemäß § 80 SGB VIII betroffen ist, sondern auch die Planung des örtlichen Bedarfs durch die Gemeinden gemäß Art. 7 des Bayerischen Gesetzes über die Bildung und Erziehung von Kindern in Kindertagesstätten (Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz - BayKiBiG), die u.a. Kinderhorte betrifft (Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BayKiBiG). Zwar hat der Beklagte gemäß Art. 6, 8 BayKiBiG i.V.m. § 80 SGB VIII die Planungsverantwortung für die Sicherstellung eines ausreichenden Betreuungsangebots; diese Bedarfsplanung wird aber durch die Bedarfsplanung der Gemeinden nach Art. 7 BayKiBiG ergänzt (Bauer/Hundmeyer, Kindertagesbetreuung in Bayern, 11.07 I zu Art. 7 BayKiBiG). Da die Gemeinden nach Art. 5 Abs. 1 BayKiBiG vorrangig mit dieser Aufgabe betraut sind, kann der Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit lediglich subsidiär tätig werden. Die Bedarfsplanung nach dem Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz weist der Planung nach § 80 SGB VIII für diesen Bereich nur noch nachrangige Bedeutung zu (Bauer/Hundmeyer, aaO. Nr 11.01 zu Art 1 BayKiBiG), da die Gemeinden den örtlichen Bedarf anerkennen und feststellen. Es kommt also maßgeblich auf die Bedarfskriterien der Gemeinden, die diese bei der Bedarfsfeststellung, also bei der Entscheidung, welche Plätze gemäß Art. 7 Abs. 1 BayKiBiG erforderlich sind, um den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Eltern gerecht zu werden, an. Für die Entscheidung, ob die Inanspruchnahme eines Hortplatzes bedarfsgerecht ist, ist die gemeindliche Bedarfsplanung heranzuziehen.

Nach den Ausführungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung besteht eine Bedarfsplanung der örtlich zuständigen Gemeinde mit entsprechenden Bedarfskriterien für Kinderhorte jedoch nicht. Auch die vom Beklagten vorgelegte "Jugendhilfeplanung im Landkreis … Kindertagesbetreuung " enthält keine Bedarfskriterien. Der Beklagte hat hier zwar den Bestand an Kinderhorten, Inanspruchnahmequoten und die zu erwartende Anzahl an Kindern in der jeweiligen Altersgruppe ermittelt. Eine Bewertung des Bestands im Hinblick auf einen anzuerkennenden Bedarf wurde aber nicht vorgenommen.

g) Treffen die Gemeinden keine Entscheidung über die Bedarfsnotwendigkeit von Plätzen in Kindertagesstätten, d.h. machen sie von der durch das Bayerische Kinderbildungs- und Erziehungsgesetz eingeräumten Möglichkeit, einen geltend gemachten örtlichen Bedarf zu bewerten, keinen Gebrauch, so erkennen sie einen tatsächlich geltend gemachten Bedarf - hier den nach einem Hortplatz für den Sohn der Klägerin - konkludent an (vgl. BayVGH vom 5.5.2008, 12 BV 07.2909, zit. nach juris).

Da der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hier nur subsidiär tätig wird, insbesondere auch hinsichtlich der Anerkennung der Bedarfsnotwendigkeit von Betreuungsplätzen (Art. 7 Abs. 3 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 BayKiBiG), könnte er auch eigene Bedarfskriterien - so er sie hätte - dem durch die Gemeinde konkludent anerkannten Bedarf nur insoweit gegenüber stellen, als er z.B. nach Art. 7 Abs. 3 BayKiBiG selbst tätig wurde. Ist dies wie hier nicht der Fall, und ist ein Hortplatz demnach bedarfsgerecht, weil einem konkludent anerkannten Bedarf entsprechend, so ist für die Frage, ob ein Betreuungsplatz bedarfsgerecht ist, die konkludente Anerkennung der Gemeinde maßgeblich. Solange die Gemeinden also keine Bedarfsbewertung nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und Erziehungsgesetz durchführen bzw. der Träger der öffentlichen Jugendhilfe dies subsidiär für die Einrichtungen nach Art. 7 Abs. 3 BayKiBiG tut, muss der öffentliche Träger der Jugendhilfe die Beiträge übernehmen, wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern nicht ausreicht. Ansonsten würde die weitere Voraussetzung der "erzieherischen Notwendigkeit", die gerade nicht mehr geprüft werden darf, gleichsam "über die Hintertür" entgegen dem Gesetzeszweck wieder eingeführt.

Da eine weitere Bedarfsbewertung hier fehlt, hat also die Klägerin Anspruch auf Übernahme des Kostenbeitrags für den Hortplatz ihres Sohnes der konkludent als bedarfsgerecht anerkannt ist.

Für die Zeit, in der sie ganztägig an einer Fortbildungsmaßnahme der Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung und Soziales im … (AfBS) teilnahm, also vom 19. Januar 2010 bis einschließlich 29. März 2010, hätte die Klägerin diesen Anspruch ohnehin bereits nach den Maßstäben des Beklagten selbst.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Beschluss

Der Gegenstandswert wird auf 900,-- € festgesetzt.

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