Bayerischer VGH, Urteil vom 27.05.2010 - 11 BV 10.67
Fundstelle
openJur 2012, 108152
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger berechtigt ist, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen.

Dem Kläger wurde die Fahrerlaubnis durch Urteil des Amtsgerichts K…, Zweigstelle F…, vom 1. April 1998 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr entzogen, da er am 5. Februar 1998 ein Kraftfahrzeug geführt hatte, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses (BAK von 1,70 ‰) fahruntüchtig war. Für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis wurde eine Sperrfrist von zehn Monaten festgesetzt.

Einen Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen 1, 2 und 3 vom 7. Dezember 1998 nahm der Kläger am 14. Oktober 1999 zurück, nachdem ein medizinisch-psychologisches Gutachten vom 6. April 1999 zu der abschließenden Stellungnahme gekommen war, es sei derzeit nicht hinreichend sicher auszuschließen, dass der Kläger erneut ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde.

Einen weiteren Antrag des Klägers auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis vom 14. Dezember 1999 lehnte das Landratsamt M… mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 ab, weil nach einem medizinisch-psychologischen Gutachten vom 1. März 2000 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei, dass der Kläger auch künftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde.

Am 24. Februar 2005 teilte die Polizeidirektion W… dem Landratsamt mit, dass der Kläger bei einer Verkehrskontrolle erklärt habe, einen tschechischen Führerschein zu besitzen. In dem am 26. November 2004 ausgestellten und für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis 30. November 2014 gültigen tschechischen Führerschein ist unter Nr. 8 als Wohnsitz des Klägers "B…, S… R… N…" angegeben (B… ist ein Ortsteil der Gemeinde B…).

Am 20. Februar 2006 wurde dem Kläger ein neuer tschechischer Führerschein für die Klassen B und C ausgestellt, in dem als Wohnsitz "B…, S… R… N…" eingetragen ist.

Der Kläger war ab dem 3. August 2006 in L…, Q…weg …, wohnhaft. Am 10. September 2008 teilte die Polizeiinspektion F… dem Landratsamt O… mit, dass sich der Kläger bei einer Verkehrskontrolle am 6. September 2008 mit einem tschechischen Führerschein ausgewiesen hatte.

Mit Schreiben vom 10. November 2008 wies das Landratsamt O… den Kläger darauf hin, dass ihn der tschechische Führerschein nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtige, aber die Möglichkeit bestehe, einen Anerkennungsantrag nach § 28 Abs. 5 FeV zu stellen. Der Kläger wurde aufgefordert, den Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks bis spätestens 24. November 2008 beim Landratsamt vorzulegen.

Gegen dieses Schreiben wandte sich der Kläger am 14. November 2008 mit einem als Widerspruch bezeichneten Schreiben.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2008 forderte das Landratsamt den Kläger auf, seinen Führerschein spätestens zehn Tage nach Zustellung dieses Bescheids vorzulegen (Ziff. 1 des Bescheids), erklärte diese Anordnung für sofort vollziehbar (Ziff. 3 des Bescheids) und drohte dem Kläger ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € an, falls die in Ziffer 1 festgesetzte Pflicht nicht rechtzeitig erfüllt werde (Ziff. 2 des Bescheids). Der Kläger sei vom 15. Mai 2002 bis 3. August 2006 mit seiner Hauptwohnung in B… und seit dem 3. August 2006 in L… gemeldet. Nebenwohnungen seien von 2004 bis 2006 L… und B… gewesen. Der Kläger sei daher nicht berechtigt, mit seiner tschechischen Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug im Inland zu führen.

Mit weiterem Bescheid vom 30. Dezember 2008 wurde dem Kläger zur Durchsetzung des Bescheids vom 9. Dezember 2008 unter Fristsetzung bis zum 21. Januar 2009 die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht.

Gegen den Bescheid vom 9. Dezember 2008 legte der Kläger mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2008, gegen den Bescheid vom 30. Dezember 2008 mit Schriftsatz vom 9. Januar 2009 Widerspruch ein.

Der Kläger hat dem Landratsamt den tschechischen Führerschein vorgelegt, das darin einen Sperrvermerk für Deutschland eingetragen hat.

Die Widersprüche des Klägers wurden mit Bescheid der Regierung von S… vom 25. Mai 2009 als unbegründet zurückgewiesen.

Am 22. Juni 2009 hat der Kläger Klage gegen die Bescheide des Beklagten vom 9. Dezember 2008 und vom 30. Dezember 2008 erhoben, mit der er zuletzt beantragte,

"es wird festgestellt, dass der Beklagte (gemeint: der Kläger) aufgrund der ihm am 26.11.2004 erteilten Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klasse B durch die Tschechische Republik, nunmehr dokumentiert in der Urkunde vom 20.02.2006 Nr. EB …, Kraftfahrzeuge der Klasse B in Deutschland führen darf".

Zur Begründung führte der Kläger aus, entgegen der Ansicht, ein nicht zur Anerkennung verpflichtender Führerschein sei "per se" eine Urkunde, die kein Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen verbriefe, sei ein Verfahren nach § 46 FeV nötig, bevor die Vorlage des Führerscheins verlangt werden könne. Dieses Verfahren habe nicht stattgefunden. Ob er Fahrzeuge der Klasse B führen dürfe, sei ausschließlich danach zu bestimmen, ob der im Jahr 2004 ausgestellte Führerschein, der das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen allein der Klasse B verbriefe, Tatsachen belege, die zur Annahme eines der beiden Ausnahmentatbestände von der grundsätzlichen Pflicht zur Anerkennung von EU-Führerscheinen berechtige.

Der Beklagte trat der Klage entgegen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. Dezember 2010 abgewiesen. Die zulässige Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO sei nicht begründet, da der Kläger nicht berechtigt sei, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen. Die grundsätzliche Berechtigung des § 28 Abs. 1 FeV, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, gelte nach § 28 Abs. 4 FeV, der mit Gemeinschaftsrecht vereinbar sei, hier nicht. Zwar dürften gemäß § 28 Abs. 1 FeV Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz in Deutschland haben, grundsätzlich im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge führen. Der Kläger sei aber nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV nicht berechtigt, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen, da er seinen Wohnsitz zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe und ihm die Neuerteilung der Fahrerlaubnis im Inland bestandskräftig von einer Behörde versagt worden sei. Ausweislich der Eintragungen unter Nr. 8 der am 20. Februar 2006 und am 1. Dezember 2004 ausgestellten Führerscheine habe der Kläger zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis seinen Wohnsitz im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV im Inland gehabt. Der Antrag des Klägers auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis sei mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 abgelehnt worden, womit auch die Voraussetzung des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV erfüllt sei. Die Frage, ob die Nrn. 2 und 3 des § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV zwingend kumulativ erfüllt sein müssten, bedürfe daher keiner Klärung.

Nach § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV sei § 28 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 3 und 4 FeV nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Verkehrszentralregister eingetragen und nicht nach § 28 StVG getilgt seien. Jedenfalls die Ablehnung des Antrags auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis durch Bescheid vom 24. Oktober 2000 sei noch verwertbar, da diesbezüglich bereits § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StVG in der im Jahr 2000 geltenden Fassung eine zehnjährige Tilgungsfrist vorgesehen habe, die bislang - selbst unter Außerachtlassung der Hemmungsvorschrift des § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG a.F. - nicht abgelaufen sei.

§ 28 FeV sei auch anwendbar, da er nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoße. Dem stehe auch nicht der Einwand entgegen, dass es zwingend einer Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde bedürfe, um die sich aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV ergebende Rechtsfolge der Nichtanerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erteilten EU-Fahrerlaubnis herbeizuführen. Das Erfordernis einer Einzelfallentscheidung folge weder aus der Fahrerlaubnis-Verordnung selbst noch aus unmittelbar anwendbarem und dem nationalen Recht im Rahmen des Anwendungsvorrangs vorgehendem Gemeinschaftsrecht. § 28 Abs. 4 FeV gehe schon nach dem Wortlaut davon aus, dass die Berechtigung für Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, in den dort genannten Fällen nicht "gilt". Ferner könne die Behörde nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Daraus werde ersichtlich, dass die Fahrerlaubnis-Verordnung selbst nicht von dem Erfordernis eines konstitutiven Verwaltungsaktes ausgehe, sondern vielmehr nur die Möglichkeit eines die bereits kraft Gesetzes unmittelbar geltende Rechtsfolge feststellenden Verwaltungsakts vorsehe. Auch unmittelbar anwendbares und im Rahmen des Anwendungsvorrangs dem nationalen Recht vorgehendes Gemeinschaftsrecht zwinge zu keiner anderen Auslegung. Daraus folge insbesondere nicht, dass ein Einzelakt einer Behörde erforderlich und der Erlass einer Rechtsnorm nicht ausreichend sei. Insoweit wiederholte das Verwaltungsgericht die hierzu ergangene ständige Rechtsprechung des Senats (z.B. Beschluss vom 22.6.2009 Az. 11 CE 09.965).

Ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht lasse sich auch nicht daraus ableiten, dass die Rechtsfolge des § 28 Abs. 4 FeV zwingend eintrete und kein Raum für Ermessenserwägungen der Behörde bestehe. Bei dem den Mitgliedstaaten vom Europäischen Gerichtshof zugestandenen Recht, in ihrem Hoheitsgebiet die Anerkennung einer von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Fahrberechtigung unter den genannten Voraussetzungen abzulehnen, handle es sich um eine rechtliche Befugnis der Mitgliedstaaten zu einer entsprechenden Gestaltung ihres innerstaatlichen Rechts und nicht etwa um die Begründung eines Ermessenspielraums der Verwaltungsbehörden, da der Europäische Gerichtshof hier Regelungen einer Richtlinie ausgelegt habe, also eines Instruments des sekundären Gemeinschaftsrechts, das, wie Art. 249 EG-Vertrag zu entnehmen sei, gerade auf die Umsetzung durch die Mitgliedstaaten angelegt sei und sich an sie richte.

Ebenso sei es unerheblich, dass im Recht der Tschechischen Republik zu dem Zeitpunkt, als dem Kläger dort sein neuer Führerschein ausgestellt wurde, das in der Führerscheinrichtlinie aufgestellte Wohnsitzerfordernis noch nicht umgesetzt gewesen sei, sondern erst später in die tschechische Rechtsordnung eingefügt wurde, da es allein darauf ankomme, dass gegen das durch die Richtlinie selbst vorgegebene Wohnsitzerfordernis verstoßen wurde. Die Richtlinie 91/439/EWG habe ab dem Beitritt bis zur Umsetzung in nationales Recht in der Tschechischen Republik unmittelbar gegolten.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 8. Januar 2010 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Er beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 11. Dezember 2009 wird festgestellt, dass der Beklagte (gemeint: Der Kläger) aufgrund der ihm am 26. November 2004 erteilten Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klasse B durch die Tschechische Republik, nunmehr dokumentiert in der Urkunde vom 20. Februar 2006 Nr. EB …, Kraftfahrzeuge der Klasse B in Deutschland führen darf.

Zur Begründung führt er aus, aus der Rechtsansicht des zur Entscheidung berufenen Senats resultiere eine nicht hinzunehmende Ungleichbehandlung der betroffenen deutschen Staatsbürger mit einem Führerschein aus einem anderen EU-Mitgliedstaat dahingehend, dass allein die Wohnsitznahme in einem bestimmten Bundesland darüber entscheide, ob die betroffene Person wegen eines Verstoßes gegen § 21 StVG kriminalisiert werde oder nicht. Auch entstehe im Hinblick auf die von einem Verbraucher schon lange nicht mehr zu überschauende und auch nur ansatzweise zu verstehende Entscheidungsgeschichte des Europäischen Gerichtshofs und der deutschen Verwaltungsgerichte zweiter und erster Instanz mit unvereinbaren Entscheidungsinhalten eine Rechtsunsicherheit, die durch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Anwendung von § 28 Abs. 4 FeV sowohl in der alten Fassung als auch in der am dem 19. Januar 2009 geltenden neuen Fassung zu beseitigen sei. Diesem Ziel diene die Berufung. Ausdrücklich werde auf die Entscheidungsgründe des 16. Senats des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 12. Januar 2009 (Az. 16 E 1610/08 DAR 2009, 159 = Blutalkohol 46, 109) Bezug genommen. Komme man wie dieses OVG zu dem Ergebnis, dass § 28 Abs. 4 FeV auch in der korrigierten Fassung mit höherrangigem Europarecht kollidiere und daher nicht anwendbar sei, dann müsse ein förmliches Verfahren nach den §§ 46 ff. FeV durchgeführt werden, um dem Kläger das ihm verliehene Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland wirksam zu entziehen. Ein solches Verfahren habe nicht stattgefunden. Selbst das Bundesverwaltungsgericht habe in seinen Urteilen vom 11. Dezember 2008 (Az. 3 C 26.07 und 3 C 38.07) sehr vorsichtig offen gelassen, ob die "Geltung im Inland möglicherweise bereits nach § 28 Abs. 4 Fahrerlaubnis-Verordnung ausgeschlossen war". Eine Klarstellung durch das Bundesverwaltungsgericht sei bis heute nicht erfolgt. Habe es aber kein rechtstaatlichen Grundsätzen genügendes Verwaltungsverfahren zur Untersagung des Gebrauchs der Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland gegeben, so greife die grundsätzliche Pflicht zur Anerkennung der von einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis. Diese grundsätzliche Anerkennungspflicht kenne nur eng begrenzte Ausnahmen. Dass eine innerstaatliche normative Regelung wie in § 28 Abs. 4 FeV die Rechtswirkung einer ohne Zweifel außerhalb des Territoriums der Bundesrepublik Deutschland gültigen Fahrerlaubnis im Inland verhindere, ergebe sich keinesfalls zwingend. Fraglich sei außerdem, ob diese nur ausschnittsweise Umsetzung der dritten EU-Führerscheinrichtlinie überhaupt angewendet werden könne, da sie Art. 13 Absatz 2 der Richtlinie widerspreche, weil vor dem 13. Januar 2013 erteilte Fahrerlaubnisse betroffen seien.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der vom Kläger angeführten Rechtsprechung des OVG NRW verweist er auf die gegenteilige Spruchpraxis des erkennenden Senats (z.B. Beschlüsse vom 22.6.2009 Az. 11 CE 09.965 und vom 28.7.2009 Az. 11 CS 09.1579).

Fehl gehe der Hinweis des Klägers auf Art. 13 Absatz 2 der Richtlinie 2006/126/EG vom 20. Dezember 2006. Diesbezüglich sei nicht nur auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats hinzuweisen (Beschluss vom 10.11.2009 Az. 11 CS 09.2082), sondern auch darauf, dass die sogenannte "Dritte Führerscheinrichtlinie" auf den gegenständlichen Fall, dem eine Fahrerlaubniserteilung im Jahr 2004 zugrunde liege, nicht anwendbar sei.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Fahrerlaubnisakte für den Kläger verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Über die Berufung konnte im schriftlichen Verfahren entschieden werden, da sich die Beteiligten hiermit ausdrücklich schriftlich einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage auf Feststellung, dass er aufgrund der ihm am 26. November 2004 erteilten tschechischen Fahrerlaubnis berechtigt ist, Kraftfahrzeuge der Klasse B in Deutschland zu führen, zu Recht abgewiesen.

Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben - vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Sätzen 2 bis 4 - im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Beim Kläger liegen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Einschränkungen nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV vor. Insoweit kann zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen auf Seite 7 der Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden, die von der Berufung nicht in Frage gestellt worden sind. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nicht nur der Antrag des Klägers auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis bestandskräftig abgelehnt, sondern ihm auch die Fahrerlaubnis durch Strafurteil vom 1. April 1998 entzogen worden ist. Auch diese Fahrerlaubnisentziehung ist noch verwertbar, weil sie noch im Verkehrszentralregister eingetragen und nicht tilgungsreif ist. Dies folgt aus § 65 Absatz 9 Satz 1 StVG sowie § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG (vgl. im Einzelnen Beschluss des Senats vom 16.2.2009 Az. 11 CS 09.20 <juris>; BVerwG vom 9.6.2005 Az. 3 C 21/04 DVBl 2005, 1333).

36Der Kläger geht zu Unrecht davon aus, dass es zwingend einer Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde bedürfe, um die sich aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV ergebende Rechtsfolge der Nichtanerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erteilten EU-Fahrerlaubnis herbeizuführen. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (z.B. Beschlüsse vom 22.6.2009 Az. 11 CE 09.1089 und Az. 11 CE 09.965) nicht der Fall.

In der Fahrerlaubnis-Verordnung findet die genannte Auffassung des Klägers keine Stütze. § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV bestimmt, dass die sich aus § 28 Abs. 1 FeV ergebende Berechtigung unter den in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV genannten Voraussetzungen nicht "gilt". Bereits die Erfüllung eines oder - falls erforderlich - mehrerer der in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV aufgeführten Tatbestände steht deshalb dem Erwerb einer Fahrberechtigung im Inland entgegen, ohne dass es zur Herbeiführung dieser Rechtsfolge eines rechtsgestaltenden (und damit konstitutiv wirkenden) Verwaltungsakts bedarf.

§ 28 Abs. 4 Satz 2 FeV bestätigt diese rechtliche Gegebenheit zusätzlich. Wenn die zuständige Behörde nach dieser Vorschrift in den Fällen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV die fehlende Berechtigung einer Person, auf der Grundlage einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge im Bundesgebiet zu führen, zum Gegenstand eines feststellenden Verwaltungsakts machen kann, so gibt der Verordnungsgeber damit zu erkennen, dass diese Rechtsfolge unabhängig vom Erlass eines solchen Bescheids eintritt.

Einen Anspruch, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet trotz der Erfüllung der Tatbestände des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV Gebrauch machen zu dürfen, würde der Kläger deshalb nur dann besitzen, wenn im europäischen Gemeinschaftsrecht ein Rechtssatz bestünde, demzufolge Mitgliedstaaten nicht befugt sind, das ausnahmsweise Nichtbestehen einer aus dem Gemeinschaftsrecht resultierenden Rechtsposition (hier: der Befugnis, von einer EU-Fahrerlaubnis gemeinschaftsweit Gebrauch zu machen) durch eine nationale Rechtsnorm auszusprechen, die diese Rechtsfolge bereits als solche mit konstitutiver Wirkung herbeiführt, ohne dass zu diesem Zweck ein erst rechtsgestaltend wirkender administrativer Einzelakt erlassen werden muss. Gleiches würde gelten, falls im Recht der Bundesrepublik Deutschland ein derartiger Grundsatz bestünde, der seinem Rang nach (z.B. weil er verfassungsrechtlicher Natur ist) der in einer Rechtsverordnung getroffenen Regelung vorgeht. Im erstgenannten Fall wäre § 28 Abs. 4 FeV wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts unanwendbar (vgl. z.B. BVerfG vom 18.11.2008 Az. 1 BvL 4/08, Juris, RdNr. 12). Eine Kollision mit einem höherrangigem Grundsatz des nationalen Rechts würde die Nichtigkeit des betroffenen Teils des § 28 Abs. 4 FeV nach sich ziehen.

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die sogenannte "Dritte Führerscheinrichtlinie" (Richtlinie 2006/126/EG) im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, weil es hier um eine Fahrerlaubniserteilung im Jahre 2004 geht. Dies ergibt sich aus dem Erwägungsgrund 5 der genannten Richtlinie, wonach vor dem Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erteilte oder erworbene Fahrerlaubnisse unberührt bleiben sollten. Die genannte Richtlinie ist nach ihrem Art. 18 Satz 1 erst am 19. Januar 2007 in Kraft getreten. Die vom Kläger aufgeworfene Frage nach der Bedeutung des Art. 13 Absatz 2 der Richtlinie 2006/126/EG stellt sich deshalb hier nicht.

41Aus dem Umstand, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Ausnahmen vom Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von EU-Fahrerlaubnissen eng auszulegen sind, ergibt sich das vom Kläger behauptete Erfordernis, die Ungültigkeit einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis in Deutschland müsse durch rechtsgestaltend wirkenden Verwaltungsakt konstitutiv herbeigeführt werden, nicht. Das Gebot, Einschränkungen gemeinschaftsrechtlich verbürgter Rechte restriktiv zu handhaben, betrifft die materielle Reichweite derartiger Anspruchspositionen. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, auf welchem rechtstechnischen Weg ein Mitgliedstaat von der Befugnis Gebrauch machen darf, gemeinschaftsrechtlich zuerkannte Rechte unter bestimmten Voraussetzungen nicht zu gewähren. Erfolgt das durch eine unmittelbare Rechtswirkungen bewirkende Norm des Mitgliedstaates, die sich ihrem Inhalt nach - wie bei § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV der Fall - innerhalb des durch das Gemeinschaftsrecht vorgegebenen materiell-rechtlichen Rahmens hält, so erlaubt die bisher vorliegende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht die Annahme, dieser Mitgliedstaat handle gemeinschaftsrechtswidrig, wenn er die ausnahmsweise Ungültigkeit des gemeinschaftsrechtlichen "Regeltatbestands" (hier: der EU-weiten Gültigkeit von Fahrerlaubnissen) in einer das Entstehen einer Berechtigung bereits als solche verhindernden Norm statuiert, ohne dass zur Herbeiführung dieser Rechtsfolge noch ein konstitutiv wirkender administrativer Einzelakt ergehen muss.

Hierauf deuten vor allem die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 20. November 2008 (Rechtssache C-1/07, DAR 2009, 26) und vom 19. Februar 2009 (Rechtssache C-321/07, DAR 2009, 191) hin. Anders als das bei den beiden Urteilen des gleichen Gerichts vom 26. Juni 2008 (Rechtssache C-329/06 und C-343/06, ZfS 2008, 473; Rechtssache C-334/06 bis C-336/06, DAR 2008, 459) und bei dem Beschluss vom 3. Juli 2008 (Rechtssache C-225/07, Blutalkohol 2008, 383) der Fall war, lagen in Bezug auf die ausländischen EU-Fahrerlaubnisse, deren Gültigkeit in Deutschland Gegenstand der Urteile vom 20. November 2008 und vom 19. Februar 2009 war, keine Verwaltungsakte vor, durch die den Inhabern dieser Fahrerlaubnisse das Recht aberkannt worden war, von ihnen im Bundesgebiet Gebrauch zu machen. Vielmehr stellte sich in diesen beiden Verfahren die Frage, ob die ausländischen Fahrerlaubnisse, die die Angeklagten in den den Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegenden Strafverfahren innehatten, unmittelbar gemäß § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV (a.F.) in Deutschland ungültig sind, weil den Angeklagten beider Ausgangsverfahren die deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden war. Der Europäische Gerichtshof hat dies in beiden Fällen bejaht und bei der Beantwortung der Vorlagefragen jeweils festgehalten, dass Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG es "einem Mitgliedstaat" nicht verwehrt, in den konkret zu beurteilenden Sachverhaltsgestaltungen die Anerkennung einer in einem (nunmehrigen) EU-Mitgliedstaat erworbenen Fahrerlaubnis abzulehnen. Bedürfte es zu diesem Zweck eines durch den Aufnahmestaat zu erlassenden rechtsgestaltenden Verwaltungsakts, durch den die ausländische EU-Fahrerlaubnis mit konstitutiver Wirkung für ungültig erklärt wird, hätte sich nahezu unabweisbar aufgedrängt, dass der Europäischen Gerichtshof in den Urteilen vom 20. November 2008 (a.a.O.) und vom 19. Februar 2009 (a.a.O.) auf dieses Erfordernis hingewiesen hätte. Unter dieser Voraussetzung hätten die Angeklagten beider Ausgangsverfahren, denen gegenüber solche Hoheitsakte nicht erlassen worden waren, nicht - wie das nach der Bejahung der Vorlagefragen durch den Europäischen Gerichtshof zu erwarten war - wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt werden dürfen.

Wenn der Europäischen Gerichtshof in den Entscheidungen vom 3. Juli 2008 (a.a.O., RdNr. 41) und vom 20. November 2008 (a.a.O., RdNr. 36) - anders als in den übrigen genannten Urteilen des gleichen Gerichts - jeweils einmal von einer "Befugnis der zuständigen Behörden und der Gerichte eines Mitgliedstaates" sprach, unter bestimmten Voraussetzungen die Anerkennung der Gültigkeit einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis abzulehnen, so kann das vor diesem Hintergrund nur als Ausdruck der Tatsache verstanden werden, dass auch eine Norm, die den Eintritt dieser Rechtsfolge mit unmittelbarer Wirkung anordnet, dann des "nachgehenden" Vollzugs durch die Behörden und Gerichte des Aufnahmestaates bedarf, wenn der Inhaber einer solchen Fahrerlaubnis die kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge missachtet und er deswegen mit einer Sanktion belegt werden soll. Gleiches gilt, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale, bei deren Erfüllung die Ungültigkeitsfolge eintritt, bestreitet, und sich die öffentliche Verwaltung oder die Gerichte vor die Notwendigkeit gestellt sehen, darüber zu befinden, ob der Betroffene eine im Aufnahmestaat gültige Fahrerlaubnis besitzt oder nicht.

Wenn der Europäischen Gerichtshof es im Urteil vom 26. Juni 2008 (Az. C-329/06 und C-343/06, a.a.O.) unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig bezeichnet hat, dass der Aufnahmemitgliedstaat die Fahrberechtigung des Inhabers einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis während einer gewissen Zeit aussetzt, so lässt sich daraus ebenfalls nicht herleiten, dass bezüglich solcher Fahrerlaubnisse ausschließlich im Wege administrativer Einzelfallentscheidungen vorgegangen werden darf. Vielmehr sind die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs vor dem Hintergrund des Umstands zu würdigen, dass ihm eine dahingehende Vorlagefrage unterbreitet worden ist (vgl. Nr. 3 in der RdNr. 31 des letztgenannten Urteils vom 26.6.2008).

Ob die deutsche Verwaltung von Rechts wegen gehalten ist, den Inhaber einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, die im Bundesgebiet nicht gilt, auf diese rechtliche Gegebenheit hinzuweisen, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung. Sollte ein solches rechtliches Gebot bestehen, wäre ihm jedenfalls dadurch Genüge getan worden, dass der Beklagte den Kläger zunächst mit Schreiben vom 10. November 2008 und sodann in den Gründen des Bescheids vom 9. Dezember 2008 auf die Ungültigkeit seiner tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland, die dafür maßgeblichen Gründe und die bei einer Missachtung der Ungültigkeit zu gewärtigenden strafrechtlichen Folgen hingewiesen hat. Damit wurde eine beim Kläger gegebenenfalls bestehende Ungewissheit darüber beseitigt, welche Rechte sich für ihn aus seiner tschechischen Fahrerlaubnis ergeben. Dies eröffnete ihm die Möglichkeit, durch eine auf Feststellung der Gültigkeit der ausländischen EU-Fahrerlaubnis gerichtete Klage eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen, wie er dies auch getan hat.

46Der vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in mehreren Entscheidungen (Beschluss vom 12.1.2009 Az. 16 B 1610/08, DAR 2009, 159; Beschluss vom 5.2.2009 Az. 16 B 839/08; Urteil vom 8.5.2009 Az. 16 A 3373/07, VRS Bd. 116/09, 472) vertretenen Auffassung, § 28 Abs. 4 FeV sei nicht mit der Richtlinie 91/439/EWG vereinbar, folgt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung nicht.

Soweit das Oberverwaltungsgericht seinen Rechtsstandpunkt auf den Gesichtspunkt stützt, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie verpflichtet sind, von anderen Mitgliedstaaten erteilte Fahrerlaubnisse ohne jede Formalität anzuerkennen, wird auch im Beschluss vom 5. Februar 2009 (a.a.O., RdNrn. 16 bis 19) eingeräumt, dass der Europäischen Gerichtshof eine Ausnahme von dieser Verpflichtung u.a. dann anerkennt, wenn sich aus eigenen Verlautbarungen des ausstellenden Staates eine Missachtung des Wohnsitzerfordernisses ergibt.

Dass sich die Frage, ob eine ausländische EU-Fahrerlaubnis nicht anerkannt werden muss, nur nach einzelfallbezogener Prüfung beantworten lässt, führt nicht dazu, dass eine nationale Regelung, die - wie bei § 28 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV der Fall - die Ungültigkeit ausländischer Fahrerlaubnisse für das eigene Hoheitsgebiet in abstrakt-genereller Weise statuiert, deswegen gemeinschaftsrechtswidrig oder mit höherrangigem deutschen Recht unvereinbar wäre. § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV umschreibt in seien Nummern 2 und 3 die Voraussetzungen der Ungültigkeit derartiger Fahrerlaubnisse in Deutschland seit der durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 29) erfolgten Neufassung des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV in einer Weise, die exakt der Auslegung des Gemeinschaftsrechts entspricht, wie sie sich aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Juni 2008 (a.a.O.) ergibt. Besteht Streit darüber, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 FeV erfüllt sind, muss diese Frage zwar durch die zuständigen Entscheidungsträger in Verwaltung oder Rechtspflege beantwortet werden. Die Situation stellt sich insoweit jedoch nicht anders dar als in der unüberschaubaren Zahl sonstiger Fälle, in denen der Gesetzgeber den Eintritt einer Rechtsfolge unmittelbar von der Verwirklichung bestimmter Sachverhalte und nicht erst vom Ergehen eines konstitutiv wirkenden Verwaltungsakts abhängig macht. Aus den genannten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ergibt sich nicht, warum bezüglich § 28 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 2 und 3 FeV etwas anderes gelten soll.

Nicht gefolgt werden kann dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen auch insoweit, als es seine Auffassung, die Ungültigkeit einer unter Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis erteilten ausländischen EU-Fahrerlaubnis in Deutschland könne nur durch konstitutiv wirkende Verwaltungsakte herbeigeführt werden, mit der Erwägung begründet, der Inhaber einer solchen Berechtigung könnte seine Fahreignung mittlerweile (d.h. nach einer vorangegangenen Maßnahme im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG bzw. im Sinn von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV) unter Umständen wiedererlangt haben. Mit einer solchen Möglichkeit ist zwar gerade dann, wenn seit einer solchen Maßnahme bereits längere Zeit verstrichen ist, durchaus zu rechnen. Sowohl das deutsche als auch das Gemeinschaftsrecht gehen jedoch davon aus, dass einer Person, die die Fahreignung in der Vergangenheit verloren hat, diese Berechtigung nur dann neu erteilt werden darf, wenn der zuständige Träger der öffentlichen Gewalt die positive Gewissheit erlangt hat, dass der Betroffene wieder fahrgeeignet ist. Für das deutsche Fahrerlaubnisrecht folgt das daraus, dass nach § 20 Abs. 1 Satz 1 FeV bei der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht die Vorschriften für die Ersterteilung - und damit auch das Erfordernis des nachweislichen Besitzes der Fahreignung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG) - gelten. Auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts bestimmt nunmehr Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl L 403 vom 30.12.2006, S. 18), dass die Mitgliedstaaten bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis (und damit auch bei einer Neuerteilung) sorgfältig darauf zu achten haben, dass der Bewerber die Anforderungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie erfüllt. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/126/EG aber darf ein Führerschein nur solchen Bewerbern ausgestellt werden, die die sich aus den Anhängen II und III dieser Richtlinie ergebenden gesundheitlichen Anforderung erfüllen.

Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, eine Person, bezüglich der in Deutschland ein § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV unterfallendes Vorkommnis zu verzeichnen war und die danach unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis eine ausländische EU-Fahrerlaubnis erworben hat, dürfe solange im Besitz dieser Fahrerlaubnis bleiben, bis eine durchzuführende Überprüfung ihrer Fahreignung ergeben hat, dass sie nach wie vor fahrungeeignet ist, läuft auf die Umkehrung dieses Grundsatzes hinaus. Sie privilegiert zudem Personen, die sich eine Fahrerlaubnis in einem Land beschafft haben, das - wie bei der Tschechischen Republik der Fall - das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis noch während mehrerer Jahre nach dem Beitritt zur Europäischen Union nicht in das nationale Recht umgesetzt und es in seiner fahrerlaubnisrechtlichen Vollzugspraxis unbeachtet gelassen hat, in unbilliger Weise gegenüber Fahrerlaubnisbewerbern, die sich im Anschluss an ein Ereignis im Sinn von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV im Bundesgebiet um eine Neuerteilung dieser Berechtigung bemühen und die solange nicht motorisiert am Straßenverkehr teilnehmen dürfen, bis ihnen der positive Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung gelungen ist.

Auch aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2008 (BVerwGE 132, 315) ergibt sich nicht, dass die tschechische Fahrerlaubnis des Klägers in Deutschland nur dann ungültig ist, wenn ihm das Recht, von ihr im Bundesgebiet Gebrauch zu machen, durch einen Entziehungs- bzw. Aberkennungsbescheid förmlich abgesprochen wurde. Dieser Entscheidung lag die Sachverhaltsgestaltung zugrunde, dass gegenüber dem dortigen Kläger ein Aberkennungsbescheid ergangen war. Das Bundesverwaltungsgericht wies vor diesem Hintergrund im Urteil vom 11. Dezember 2008 (a.a.O., RdNr. 23) darauf hin, dass die Geltung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis des Klägers im Inland "möglicherweise bereits nach § 28 Abs. 4 FeV ausgeschlossen war", und stellte fest, dass die öffentliche Verwaltung hierdurch nicht gehindert wird, das Recht, von dieser Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen, (vorsorglich) förmlich abzuerkennen.

Das "Zugriffsrecht" des Aufnahmemitgliedstaates auf ausländische EU-Fahrerlaubnisse, von dem das Bundesverwaltungsgericht in der gleichen Entscheidung (a.a.O., RdNr. 31) spricht, kann im Übrigen keineswegs nur durch rechtsgestaltenden Verwaltungsakt, sondern auch in der Weise ausgeübt werden, dass ein Land eine Rechtsnorm erlässt, durch die bestimmten fremden Hoheitsakten mit unmittelbarer Wirkung Gültigkeit innerhalb des eigenen Territoriums abgesprochen wird.

Nach alledem ist die Berufung des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

 

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. der Empfehlung in Abschnitt II Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).