Bayerischer VGH, Beschluss vom 29.04.2010 - 14 ZB 10.30043
Fundstelle
openJur 2012, 107454
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG führt nicht zur Zulassung der Berufung.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Berufungsentscheidung erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die im Interesse der Fortbildung des Rechts einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (vgl. BVerwG vom 24.10.2006 NVwZ 2007, 104 f. m.w.N.). Der Kläger führt aus, das angefochtene Urteil stelle darauf ab, er sei nicht aus Überzeugung zum Christentum übergetreten und begründe dies einerseits mit dem subjektiven Eindruck, den er in der mündlichen Verhandlung auf das Gericht gemacht habe, und andererseits damit, dass er sich, abgesehen von der Teilnahme am sonntäglichen Gottesdienst und der Beschäftigung mit seinen Internetseiten, „nicht aktiv in seiner Gemeinde betätigt habe“. Es werde u. a. bestritten, dass es möglich sei, die innere Überzeugung eines Menschen zu überprüfen. Die Frage, wie weit das Gericht die Ernsthaftigkeit einer inneren Einstellung überprüfen dürfe, sei für viele ehemalige Moslems, die zum Christentum übergetreten seien, von grundsätzlicher Bedeutung. Es bestehe deshalb ein Bedürfnis für eine obergerichtliche Entscheidung.

Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG oder die Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG wegen der religiösen Betätigung in Deutschland setzt u. a. voraus, dass sich die religiösen Betätigungen, Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen auf eine religiöse Überzeugung stützen (vgl. z. B. BVerwG vom 5.3.2009 NVwZ 2009, 1167). Inwieweit der Übertritt vom Islam zum Christentum und die religiösen Betätigungen auf einer wirklichen religiösen Überzeugung beruhen, lässt sich in einem Berufungsverfahren nicht allgemein, sondern nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilen. Dementsprechend konnte das Verwaltungsgericht aufgrund des Verhaltens und Vorbringens des Klägers nach sehr ausführlichen Erwägungen gerade nicht die notwendige Überzeugungsgewissheit gewinnen, dass dieser sich inzwischen ernsthaft dem Christentum zugewandt hat und die geltend gemachten christlichen Aktivitäten inhaltlich von einer identitätsprägenden Glaubensüberzeugung getragen werden. Die vom Kläger für grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage kann deshalb in einem Berufungsverfahren nicht beantwortet werden.

Soweit der Kläger mit Schreiben vom 22. März 2010 unter Bezugnahme auf einen Artikel im „Spiegel“ vom 8. März 2010 über Absichtsbekundungen der Bundesregierung wegen der Aufnahme iranischer Oppositioneller vortragen ließ, es handle sich bei ihm um einen „begründeten Einzelfall“ mit der Folge, dass er als iranischer Oppositioneller Abschiebungsschutz in Anspruch nehmen könne, hat er einen Zulassungsgrund im Sinn des § 78 Abs. 3 AsylVfG nicht dargelegt. Zudem ist das neue Vorbringen mit Schreiben vom 22. März 2010 nach Ablauf der Antrags- und Begründungsfrist des § 78 Abs. 4 AsylVfG und damit verspätet eingegangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.