Bayerischer VGH, Beschluss vom 28.04.2010 - 5 ZB 09.820
Fundstelle
openJur 2012, 107327
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 18.2.2009 wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1982 geborene Kläger hat als Geburtsnamen den von seiner deutschen Mutter geführten Namen A. erhalten. Neben seiner deutschen Staatsangehörigkeit ist der Kläger nach seinem Vater auch ägyptischer Staatsangehöriger. Er beantragte am 6.11.2006 die Änderung seines Familiennamens von A. in A.-E.P. mit der Begründung, der deutsche Name stehe der Verwirklichung seiner Rechte in Ägypten entgegen. Das ägyptische Recht lasse keine Namensführung nach der Mutter und auch keine Namensänderung zu. Im ägyptischen Pass des Klägers ist der nach dem Vater lautende Familienname in der Schreibweise E.B. eingetragen. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage mit Urteil vom 18.2.2009 für unbegründet erachtet und abgewiesen. Dort hatte der Kläger mit Hauptantrag die Verpflichtung der Beklagten zur Namensänderung in A.-E.P. und mit Hilfsantrag die Verpflichtung zur Namensänderung in A.-E.B. beantragt.

Der Kläger beantragt, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen, soweit das Verwaltungsgericht den vom ihm gestellten Hauptantrag abgewiesen hat. Die Beklagte tritt dem entgegen.

II.

1. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der sinngemäß geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass kein wichtiger Grund zur Änderung des Familiennamens im Sinne von § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (vom 5.1.1938, RGBl I S. 9, zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.12.2008, BGBl I, S. 2586, NamÄndG) vorliegt, der die begehrte Änderung des Familiennamens durch Bildung eines Doppelnamens aus den Familiennamen beider Eltern rechtfertigt. Die Einwände des Klägers begründen keine Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, denen in einem Berufungsverfahren nachgegangen werden müsste.

a) Der Gesetzgeber hat im zivilrechtlichen Namensrecht für Kinder die Bildung eines aus den Namen der Eltern zusammengesetzten Doppelnamens für den Regelfall ausgeschlossen (vgl. §§ 1616 ff. BGB). Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und verstößt, auch wenn das Doppelnamensverbot für einzelne Fallkonstellationen nicht greift, insbesondere nicht gegen das Persönlichkeitsrecht des Kindes (BVerfG, Urteil vom 30.1.2002 - 1 BvL 23/96 - BVerfGE 104, 373 ff.). Diese Gesetzeslage kann nicht ohne weiteres durch eine behördliche Namensänderung auf Grundlage der öffentlich-rechtlichen Vorschriften des NamÄndG korrigiert werden (BayVGH vom 20.7.2007, Az. 5 ZB 06.3225, in juris). Diese haben Ausnahmecharakter; sie dienen dazu, Unzuträglichkeiten im Einzelfall zu beseitigen, nicht aber dazu, die gesetzlichen Wertungen des zivilrechtlichen Namensrechts zu revidieren (vgl. BVerfG vom 17.9.2008 - 1 BvR 1173/08 - in juris). Ein wichtiger Grund im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG, um das grundsätzliche Verbot der Bildung von Doppelnamen im Falle des volljährigen Klägers zu durchbrechen, liegt auch bei einer Gesamtschau der vorgebrachten Umstände nicht vor, wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat.

aa. Ein wichtiger Grund für die Namensänderung in der beantragten Form des Doppelnamens liegt insbesondere nicht wegen der vom Kläger unterstrichenen Problematik seiner Mehrstaatigkeit und der in Ägypten zwingend und ohne Änderungsmöglichkeit vorgeschriebenen Namensführung ausschließlich nach dem Vater vor. Zwar kann die Beseitigung von Nachteilen, die durch eine "hinkende Namensführung" in Fällen von Mehrstaatigkeit eines Antragstellers auftreten können, ein wichtiger Grund zur Namensänderung im Sinne von § 3 Abs. 1 NamÄndG sein. Zur Lösung derartiger Fälle sieht die allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndVwV) unter ihrer Nr. 49 vor, dass die hinkende Namensführung in diesen Fällen dadurch beseitigt werden kann, dass der im Geltungsbereich des Gesetzes zu führende Familienname (hier also der deutsche Name A.) in den Familiennamen geändert wird, der nach dem Recht des anderen Staates zu führen ist (hier: E.P.). Mit dem beantragten Doppelnamen will der Kläger aber gerade nicht den Namen führen, der nach dem Recht des anderen Staates zu führen wäre. Denn hierzu hat er wiederholt vorgetragen, dass Ägypten die Namensführung jeweils ausschließlich nach dem Vater (ggf. noch mit Namensketten nach dem Vater und Großvätern) bestimmt. Zu diesem Vortrag passt auch der Eintrag des Familiennamens nach dem Vater im ägyptischen Pass des Klägers. Ein Doppelname mit deutschem Namensbestandteil ist dort gerade nicht eingetragen. Nach dem klägerischen Vortrag ist in Ägypten ein Doppelname bestehend aus väterlichem und mütterlichem Namen auch nicht üblich. Dem Kläger geht es mit seinem Anliegen ersichtlich darum, durch Namensänderung in einen Doppelnamen einerseits in Deutschland weiterhin unter seinem alten deutschen Namen auftreten zu können; in Ägypten erhofft er sich weniger Probleme dadurch, dass der Familienname seines Vaters in den deutschen Papieren zumindest in der Doppelnamensform mit auftaucht und der mütterliche Namensbestandteil nicht auffällt. Die hinkende Namensführung als solche wird damit indes nicht beseitigt und die vom Kläger in seinem Zulassungsantrag bemängelten "Brüche" und "Unaufrichtigkeiten" im Umgang mit beiden Rechtsordnungen weiter perpetuiert.

bb. Soweit der Kläger in seinem Zulassungsantrag weiter ausführt, dass ihm die Aufgabe seines bisherigen deutschen Namens nicht zuzumuten sei, weil ihn alle Freunde und Bekannte unter diesem Namen kennen würden und er bei Annahme des väterlichen islamisch klingenden Namens unter Terrorverdacht geraten könnte, kann ihm nicht gefolgt werden. Dass sich das soziale Umfeld bei Änderung eines Familiennamens auf die neue Situation einstellen muss, ist jeder Namensänderung immanent. Die vom Kläger vorgetragenen Ängste, Ziel von Terrorfahndern zu werden, sind völlig unsubstantiiert. Die Tatsache, dass der Familienname des Vaters fremdländischen Ursprungs ist und nicht deutsch klingt, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang, weil es in Deutschland mittlerweile durch Zuzug und Einbürgerung eine Vielzahl fremdländischer Namen gibt, die von deutschen Staatsangehörigen getragen werden. Die Freizügigkeit im europäischen Raum ist dadurch in keiner Weise eingeschränkt. Ein Rückschluss vom Namen auf die Staatsangehörigkeit ist nicht möglich.

Auch die vom Kläger angestrebte weitere Identifikation und Verbundenheit mit seiner Mutter kann nicht als Argument herangezogen werden. Die erstrebte Namensidentität mit der Mutter des (erwachsenen) Klägers ist kein wichtiger Grund, weil es im täglichen Leben eine Reihe von Gründen dafür gibt, warum volljährige Kinder nicht den gleichen Namen führen wie ihre Eltern oder ein Elternteil. Ein Auseinanderfallen kann sich insbesondere daraus ergeben, dass z. B., wie im Falle des Klägers, ein nicht ehelich geborenes Kind nur den Namen eines Elternteils führt, dass bei verheirateten Paaren ein einheitlicher Ehename fehlt, dass sich ein volljähriges Kind verheiratet und dabei seinen Namen ändert oder dass sich eine Namensänderung bei den Eltern eines volljährigen Kindes ergibt. Gerade auch im letzten Fall haben volljährige Kinder keinen Anspruch darauf, den geänderten Namen der Eltern zum Ausdruck ihrer Verbundenheit anzunehmen (vgl. BayVGH vom 21.1.1998, 5 B 97.193 in juris). Identität und Verbundenheit ist somit im Erwachsenenalter nicht namensabhängig und rechtfertigt nicht die Führung eines vom Gesetzgeber nicht gewollten Doppelnamens.

cc. Auch aus der vom Kläger wiederholt zitierten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 14.10.2008 (Az. C-353/06) kann der Kläger für sich nichts ableiten. Mit dieser Entscheidung hat sich das Verwaltungsgericht (auf S. 10 der Entscheidung) hinreichend und zutreffend auseinander gesetzt. Es geht eben vorliegend gerade nicht darum, dass der Kläger hier einen bereits in einem anderen Mitgliedsstaat rechtmäßig erworbenen und eingetragenen Doppelnamen führen will, denn Ägypten (kein Mitgliedsstaat!) kennt nach seinem eigenen Vortrag gerade keine Namensführung nach der Mutter und hat auch keinen dementsprechenden Namen in den klägerischen Pass eingetragen. Es geht vorliegend vielmehr darum, dass der Kläger erstmals einen nach deutschem Recht bei Kindern grundsätzlich unerwünschten Doppelnamen erlangen will.

dd. Das Verwaltungsgericht hat sich auch zutreffend mit der dargelegten seelischen Belastung unter Würdigung des vom Kläger eingeholten Sachverständigengutachtens auseinander gesetzt. Die hiergegen in der Begründung des Zulassungsantrages geltend gemachten Einwände bleiben pauschal und setzen sich nicht hinreichend inhaltlich mit der Bewertung des Verwaltungsgerichts auseinander. Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Identifikations- und Persönlichkeitsbildung, die mit der Namensfunktion verbunden sei, beruft und den Wunsch betont, den familiären Bezug zu beiden Elternteilen herzustellen, bleibt es dabei, dass das deutsche Recht die Herstellung dieses Bezuges grundsätzlich nicht durch Doppelnamensführung von Kindern erlaubt.

b) Eine Verletzung von Menschenrechten, wie sie der Kläger vorträgt, ist ebenfalls nicht zu erkennen. Menschenrechte berechtigen jedenfalls nicht zu einer Namensänderung (vgl. BayVGH vom 20.7.2007 a.a.O. zu Art. 8 EMRK) zu einem beliebigen, vom jeweiligen Antragsteller erstrebten Wunschnamen. Es ist nicht ersichtlich, wie Menschenrechte dadurch verletzt sein sollen, dass der Kläger einen Doppelnamen erstrebt, der vom ägyptischen Staat, dem der Kläger angehört, nicht vergeben wird, weil dort Namen nicht nach der Mutter anerkannt werden, und den der deutsche Staat, dem der Kläger auch angehört, nicht vergeben will, weil er bei Kindern Doppelnamen nach den Namen beider Eltern grundsätzlich zu verhindern trachtet.

Das Verwaltungsgericht hat daher zusammengefasst zu Recht festgestellt, dass kein wichtiger Grund im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG gerade für den beantragten Doppelnamen anzuerkennen ist.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).