FG München, Urteil vom 16.03.2010 - 6 K 241/07
Fundstelle
openJur 2012, 107261
  • Rkr:
Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Klägerin in Deutschland unbeschränkt körperschaftsteuer- bzw. gewerbesteuerpflichtig ist.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine, ..., spanische S L (S.L.) mit Sitz in ... /Spanien. Das Unternehmen war in Spanien im Handelsregister eingetragen. Für die Streitjahre (2000 bis 2002) wurden in Deutschland keine Steuererklärungen abgegeben.

Die beiden Gesellschafter der Klägerin X. zu 10 % und Y. zu 90 %) sind in Deutschland ansässig. Y. war in den Streitjahren auch alleinige Geschäftsführerin der Klägerin.

Eine Fahndungsprüfung bei einer NN GmbH, an der X. zu 50 % beteiligt ist, kam zum Ergebnis, die Klägerin habe in Deutschland den Ort der Geschäftsleitung:

Der Wohnsitz der Geschäftsführerin liege in Deutschland.

Der laufende Geschäftsbetrieb sei von Deutschland aus verwaltet worden.

In Spanien habe es weder Personal noch Geschäftsräume gegeben.

Die Klägerin habe in Spanien weder über ein Telefon, ein Fax oder eine Computeranlage verfügt.

Die Umsätze seien zu ca. 40 % in Deutschland erfolgt.

Die Internetseite der Klägerin sei von Deutschland aus betreut worden.

In den Räumlichkeiten der NN GmbH in Deutschland seien leere Briefvordrucke der Klägerin gefunden worden.

Sie sei daher nach § 1 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) i.V.m. § 10 Abgabenordnung (AO) unbeschränkt steuerpflichtig. Wegen der Einzelheiten wird auf den steuerlichen Ermittlungsbericht vom ... Bezug genommen.

Am ... ergingen durch das beklagte Finanzamt (FA) entsprechende Steuerbescheide, die von einer unbeschränkten Steuerpflicht der Klägerin ausgehen. Ebenso wurde die Klägerin zur Gewerbesteuer (und auch zur abgetrennten Umsatzsteuer, vgl. Verfahren ...) veranlagt. Adressiert waren diese Bescheide an die frühere Adresse der NN GmbH in Deutschland.

Festgesetzt wurde u.a. im Einzelnen Folgendes:

...

Feststellungsbescheide ergingen u.a. für den körperschaftsteuerlichen bzw. den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag auf den 31.12.2001 bzw. den 31.12.2002.

Ein gerichtlicher Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (6 V ..., dazu verbunden 6 V ...) während des Einspruchsverfahrens wurde mit Beschluss vom ... vom Finanzgericht München abgelehnt. Ernstliche Zweifel an der Rechtsauffassung des FA hatte das Gericht nicht.

Mit der Einspruchsentscheidung vom ... wurden die Einsprüche vom ... als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Klage vom ...:

Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung liege nicht im Inland.

Nach den Regeln der Beweislast müsse das FA beweisen, dass der Ort der Geschäftsleitung im Inland liege. Ein "Negativbeweis" dahingehend, dass der Ort der Geschäftsleitung nicht in Spanien liege, reiche nicht aus.

Die Argumentation im Aussetzungsbeschluss sei zum einen in sich widersprüchlich, zum anderen beruhe sie auf bloßen Behauptungen, die den gesamten nicht bestrittenen Sachvortrag ignoriere.

Es sei festzuhalten, dass der Senat die "präsenten" Beweismittel - soweit er sie überhaupt gewürdigt habe - in unzutreffender Weise gewürdigt habe.

Auf die bereits im Aussetzungsverfahren vorgetragenen Argumente, die für den Ort der Geschäftsleitung in Spanien sprächen, sei bisher überhaupt nicht eingegangen worden.

Die Steuerbescheide vom seien unzutreffend adressiert gewesen und damit auch nicht wirksam bekanntgegeben worden. Die eingelegten Einsprüche dienten dazu, den durch die unwirksamen Steuerbescheide erzeugten, Rechtschein zu vernichten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom ... (samt Anlagen) Bezug genommen.

Die deutsche Staatsanwaltschaft begehrte im Verfahren gegen NN GmbH (vgl. 6 K ...) Rechtshilfe durch die Schweiz. Mit der Eintretungsverfügung vom ... gewährte die Staatsanwaltschaft des Kantons NN Rechtshilfe durch Sicherstellung von Unterlagen in der Schweiz. Die sichergestellten Unterlagen gelangten aufgrund von Rechtsmitteln einer Firma AB indes nicht alsbald in den Besitz der Steuerfahndung.

Während des Klageverfahrens erging am ... die Schlussverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons NN bezüglich des Verfahrens gegen die NN GmbH. Die Staatsanwaltschaft verfügte die Herausgabe von Unterlagen an die deutsche Staatsanwaltschaft u.a. mit folgender Auflage:

"3. Die rechtshilfeersuchende Behörde wird darauf hingewiesen, dass gestützt auf den schweizerischen Vorbehalt zu Art. 2 EUeR und auf die Art. 67 und 63 IRSG die Rechtshilfeleistung folgendem Spezialitätsvorbehalt unterliegt:

a...

b...

c.In keinem Fall gestattet ist die direkte oder indirekte Verwendung der erhaltenen Unterlagen und der darin enthaltenen Angaben für ein fiskalisches Straf- oder Verwaltungsverfahren.

d.Jegliche weitere Verwendung dieser Unterlagen und Informationen bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Bundesamtes der Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Postfach 3003 Bern, die vorgängig einzuholen ist."

Nachdem die Steuerfahndung die Unterlagen aus der Schweiz erhalten hatte, wertete sie diese in einer nachträglichen Ergänzung zum steuerlichen Ermittlungsbericht vom ... aus. Das FA legte mit Schriftsatz vom ... diese Ergänzung des Fahndungsberichts im finanzgerichtlichen Verfahren vor.

Mit Aufklärungsanordnung vom ... wurden beide Beteiligte gebeten, dazu Stellung zu nehmen, ob und inwiefern im vorliegenden Verfahren der Spezialitätengrundsatz von Bedeutung ist. Das FA verweist in seiner Stellungnahme darauf, es seien, nachdem die Schweiz Unterlagen zugänglich gemacht habe, keine Steueränderungsbescheide ergangen. Der Spezialitätengrundsatz sei daher nicht von Bedeutung. Die Klägerin führt dazu aus, dieser Grundsatz könnte dann Wirkung entfalten, wenn man von einer inländischen Steuerpflicht ausginge.

Die Klägerin beantragt,

alle mit der Klage angefochtenen Steuerbescheide vom ... in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... ersatzlos aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend zur Einspruchsentscheidung führt das FA aus:

Die Steuerbescheide seien durch den tatsächlichen Zugang wirksam.

Die Klägerin habe nach dem Gesamtbild der Verhältnisse den Ort ihrer Geschäftsleitung in den Streitjahren im Inland gehabt und sei daher unbeschränkt steuerpflichtig.

Am 16. März 2010 fand der Termin der mündlichen Verhandlung statt. Auf die Niederschrift und die dort gestellten Beweisanträge wird Bezug genommen.

Gründe

II.

1.Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hatte in den Streitjahren ihre Geschäftsleitung im Inland und wurde zutreffend zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer veranlagt.

a) Die Bekanntgabe der Steuerbescheide vom ... war wirksam.

Leitet ein erster Empfänger einen Verwaltungsakt an den richtigen Bekanntgabeempfänger weiter, ergibt sich aus § 122 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 124 Abs. 1 AO nicht die Rechtsfolge einer nicht mehr heilbaren Unwirksamkeit. Aus dem der Regelung des § 9 Abs. 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes zugrunde liegenden Rechtsgedanken leitet die höchstrichterliche Rechtsprechung ab, dass ein zunächst vorliegender Bekanntgabemangel in dem Zeitpunkt geheilt ist, in dem der Empfangsberechtigte den Bescheid nachweislich erhalten hat (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Juli 2001 - II B 9/01, BFH/NV 2002, 8 und vom 26. Juni 2009 - III B 16/07, HaufeIndex: 2206640; Tipke in Tipke/Kruse, AO, Rz. 6 zu § 122 AO).

Durch die Einsprüche vom ... wurde deutlich, dass der zutreffende Empfänger die Bescheide erhalten hat. Ein etwaiger Bekanntgabemangel ist dadurch geheilt. Die Bescheide sind, ob zunächst zutreffend adressiert oder nicht, wirksam.

b) Bei allen nachfolgenden Sachverhaltsfeststellungen und -würdigungen ist das sich aus dem sogenannten "Spezialitätsvorbehalt" ergebende Verwertungsverbot zu berücksichtigen.

47Stellt die Schweiz im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen einer deutschen Staatsanwaltschaft Beweismittel zur Verfügung, so sind gemäß § 72 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen Bedingungen, die die Schweiz an die Rechtshilfe geknüpft hat, zu beachten. Ein Verwertungsverbot besteht danach, soweit Beweismittel unter "Bedingungen" zur Verfügung gestellt wurden, die ihrer schrankenlosen Verwendung entgegenstehen. Entscheidend dafür, ob die von der Schweiz erlangten Beweismittel uneingeschränkt oder nur für bestimmte Zwecke im Inland ausgewertet werden dürfen, ist somit, ob bzw. für welche Zwecke die Schweiz eine Verwertung der Beweismittel ausdrücklich ausgeschlossen hat.

Der Umfang eines Verwertungsverbots richtet sich nach den im jeweiligen Einzelfall gestellten Bedingungen, d.h. nach dem Wortlaut der jeweils konkret von den Schweizer Stellen gemachten Auflagen. Haben Schweizer Institutionen ein Verwertungsverbot verfügt (sogenannter "Spezialitätsvorbehalt"), so richtet sich die Reichweite also nicht nach dem zugrunde liegenden Recht der Schweiz, sondern nur nach dem Wortlaut der maßgeblichen Auflagen (vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 11. November 2004 5 StR 299/03 LG, NJW 2005, 300, 302 und insoweit übereinstimmend Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 29. Mai 2000 1A.155/2000, Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts, BGE 126 II 316; http://www.bger.ch). Demzufolge hat der Senat nur die tatsächlich von den Schweizer Institutionen verfügten Auflagen zu überprüfen.

Im Streitfall besteht hiernach im steuerlichen Veranlagungsverfahren und im hieran anschließenden finanzgerichtlichen Verfahren ein Verwertungsverbot der unter dem Spezialitätsvorbehalt gelieferten Beweismittel. Denn die Schweizer Institutionen haben eine Verwertung für steuerliche Zwecke ausdrücklich ausgeschlossen. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut der Auflagen. Näher geregelt wird in ihnen, in welchem Umfang die Verwertung der Beweismittel und Informationen für strafrechtliche Zwecke zulässig ist. Darüber hinaus verbieten sie jegliche weitere Verwertung in einem fiskalischen Verwaltungsverfahren, es sei denn, das Bundesamt für Justiz hätte sie im Voraus erlaubt. Da eine solche Erlaubnis nicht vorliegt, ist die Verwertung unzulässig, denn das finanzgerichtliche Verfahren ist Teil des fiskalischen Verwaltungsverfahrens im Sinne des Spezialitätsvorbehalts.

Unzulässig ist danach nicht nur die direkte, sondern auch eine indirekte Verwertung. Dies entspricht dem Schweizer Verständnis des Spezialitätsvorbehalts und ist deshalb bei der Auslegung der Schweizer Auflagen vom Senat zu beachten (vgl. Wegleitung zur Internationalen Rechtshilfe in Strafsachen des Schweizer Bundesamts für Justiz; 8. Auflage 1998; http://www.rhf.admin.ch/etc/medialib/data/rhf.Par.0050.File.tmp/wegl-str-d.pdf).

Im Streitfall beruhen die angefochtenen Steuerbescheide nicht auf den von der Schweiz gelieferten Unterlagen. Zwar wurden Unterlagen aus der Schweiz in einer nachträglichen Ergänzung des steuerlichen Ermittlungsberichts ausgewertet, aber die angegriffenen Entscheidungen des FA datieren vor der Übermittlung der Unterlagen aus der Schweiz. Grundlage der angegriffenen Verwaltungsakte waren die Ermittlungsergebnisse der Fahndung im Inland. Zu beachten ist jedoch, dass die übermittelten Unterlagen in diesem gerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden dürfen. Sie bleiben bei der Überprüfung des Sachverhalts außer Betracht.

c) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG sind Kapitalgesellschaften, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben, unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Die Klägerin ist eine nach spanischem Recht errichtete Kapitalgesellschaft. Auch ausländische Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung im Inland können unbeschränkt steuerpflichtig sein (vgl. Urteile BFH vom 16. Dezember 1998 I R 138/97, BFH/NV 1999, 1166 und vom 19. März 2002 I R 15/01, BFH/NV 2002, 1411).

Geschäftsleitung ist nach § 10 AO der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung ist dort, wo der für die Geschäftsführung maßgebende Wille gebildet wird. Folglich kommt es darauf an, an welchem Ort die für die Geschäftsführung nötigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit angeordnet werden.

Bei einer Körperschaft ist das regelmäßig der Ort, an dem die zur Vertretung befugten Personen die ihnen obliegende laufende Geschäftsführertätigkeit entfalten, d.h. an dem sie die tatsächlichen, organisatorischen und rechtsgeschäftlichen Handlungen vornehmen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt (sog. Tagesgeschäfte; vgl. z. B. BFH-Urteile vom 16. Dezember 1998 und vom 19. März 2002, jeweils a.a.O.).

Jedes Unternehmen muss einen Ort der Geschäftsleitung haben. Eine feste eigene Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient, ist hierfür nicht erforderlich. Die Geschäftsleitungsbetriebsstätte kann sich daher beispielsweise auch in der Wohnung des Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft befinden. Auch der dem Geschäftsführer von einem Werkvertragspartner zur Unterkunft bereitgestellte Baucontainer o. ä. kann im Bauleistungsgewerbe Ort der Geschäftsleitung eines Subunternehmers sein, wenn dieser Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung ist. Der Ort der Geschäftsleitung muss sich nicht notwendigerweise im Laufe eines Wirtschaftsjahres an ein und demselben Ort befunden haben (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1998, a.a.O.).

56d) Unter Würdigung aller erkennbaren Umstände des Streitfalls befindet sich der Ort der Geschäftsleitung der Klägerin im Inland.

57Nach den Feststellungen der Fahndungsprüfung sind ausschließlich Umstände erkennbar, nach denen die Klägerin ihre Tagesgeschäfte vom damaligen Firmensitz der NN GmbH aus geführt hat. Die Steuerfahndung hat bei der Durchsuchung des Firmensitzes wesentliche Unterlagen beschlagnahmen können, die für den Betrieb der Klägerin erforderlich waren. So wurde der Geldzahlungsverkehr von dort aus ausgeführt, die Buchführung erstellt und die Internetseite betreut. Zudem hat die Steuerfahndung leere Briefvordrucke der Klägerin gefunden. Auch hat X. in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass er die spanische Steuerberaterfirma von seinem Firmensitz in Deutschland aus überwachte. Vor allem aber hat X. ausgesagt, dass er in Spanien für die Klägerin im Wesentlichen tätig war, um die (Erst-)Kontakte zu den Lieferanten, insbesondere dem Hauptlieferanten N., herzustellen. Dies sei eine seiner wichtigsten Tätigkeiten dort gewesen, denn nach Herstellung der (Erst-)Kontakte konnten die jeweiligen Bestellungen für die Klägerin problemlos von Deutschland aus durchgeführt werden. Die Waren wurden sodann von der Klägerin gekauft und an die NN GmbH weiterverkauft, vom Lieferanten aber unmittelbar an die NN GmbH geliefert. Da somit auch der Wareneinkauf im Wesentlichen von Deutschland aus erfolgte, wurde das Tagesgeschäft von hier aus betrieben.

Bestätigt wird dieses Ergebnis durch den Umstand, dass sich die Geschäftsführerin nur gelegentlich in ... aufhielt. So hat der Steuerfahnder im Jahr 2000 bei der Klägerin überhaupt keine Reisekosten gestrichen. Damit ist überhaupt nicht erkennbar, ob und wann sich die damalige Geschäftsführerin in Spanien aufgehalten hat. Betreffend die anderen Streitjahre ist das Gericht bei den Aufenthalten auf die Ergebnisse der Steuerfahndung angewiesen, da die Klägerin nichts konkret vorgetragen hat. Indes hat selbst der Steuerfahnder für das Jahr 2001 Reisetermine nur vermutet und für das Jahr 2002 bis 19. Juni 2002 keine Reise und danach nur fünf Kurzaufenthalte festgestellt. Selbst wenn man eine gewisse geschäftsleitende Tätigkeit der Geschäftsführerin ohne konkrete hierfür sprechende Fakten für plausibel hält, genügt dies nicht um von einem spanischen Ort der Geschäftsleitung auszugehen.

Jedenfalls können die Aktivitäten der X. nicht als geschäftsleitend angesehen werden, da er nicht Geschäftsführer war und in der mündlichen Verhandlung die Beschuldigungen des Steuerfahnders, Y hätte die Firma gar nicht leiten können, energisch zurückgewiesen hat. Damit sind keine konkreten Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass X. als faktischer Geschäftsführer in Spanien tätig war.

60e) Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Spanien (DBA) steht einer Erfassung der Gewinne der Klägerin im Inland nicht entgegen.

Nach Art. 7 Abs. 1 des DBA können Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt. Ob die Klägerin ein "Unternehmen des Vertragsstaats" Deutschland oder Spanien ist, richtet sich danach, ob es von einer in Spanien oder in Deutschland ansässigen Person betrieben wird (Art. 3 Abs. 1 g DBA). Die Ansässigkeit wiederum hängt von der Steuerpflicht im jeweiligen Land (Art. 4 Abs. 1 DBA) ab.

62Die Klägerin ist, da sich der Ort der Geschäftsleitung wie oben dargelegt, nach der AO im Inland befindet, in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Unstreitig hat die Klägerin auch in Spanien Steuererklärungen abgegeben. Der Senat geht daher auch von einer dortigen Steuerpflicht aus.

In diesem Fall bestimmt die Konkurrenzregelung des Art. 4 Abs. 3 DBA, dass die Gesellschaft in dem Staat ansässig ist, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung im Sinne des DBA befindet. Danach ist die Klägerin ein Unternehmen des Vertragsstaates Deutschland im Sinne des Art. 7 Abs. 1 DBA, denn der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung gemäß der Definition in Art. 3 Abs. 1 h DBA ist Deutschland. Aus dem oben bei den Ausführungen zum Ort der Geschäftsleitung im Sinne der AO dargelegten Umständen ergibt sich ohne weiteres, dass der Mittelpunkt der allgemeinen Geschäftsführung in Deutschland lag.

64f) Die Klägerin hat in Spanien auch keine Betriebsstätte unterhalten.

In den Jahren 2000 und 2001 standen der Klägerin nach ihrer Aussage Räume im Haus des spanischen Nachbarn Z. zur Verfügung, im Jahr 2002 die fensterlosen Räume im Rohbau des Hauses der XY. Der Senat unterstellt insoweit als wahr, dass die Räume im Keller (Jahr 2002) vorübergehend bis zum Ausbau des endgültigen Büros im Jahr 2003 im Stockwerk über dem Keller für die Nutzung der Klägerin zur Verfügung standen und auch genutzt wurden. Aus diesem Sachvortrag ergibt sich indes nicht, dass eine Betriebsstätte der Klägerin in Spanien im Sinne des Art. 5 DBA zu bejahen ist.

Die in den Jahren 2000 und 2001 genutzten Räume beim Nachbarn Z. befanden sich in einem Privathaus und lagen nach dem zum Beweis in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Foto direkt an einer Terrasse neben dem im Bau befindlichen Privathaus der XY. Für die betriebliche Nutzung soll ein Büroraum vorhanden gewesen sein. Sonstigen konkreten nachprüfbaren Sachverhalt, insbesondere zum Umfang der betrieblichen Nutzung der Räume, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Fest steht indes, dass die XY. die Räume auch zu Wohnzwecken genutzt haben, z.B. wenn sich X. zur Überwachung des Baus seines Privathauses in Spanien auf dem Nachbargrundstück aufhielt. Damit ist selbst unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin nicht erkennbar, dass die Räume eine Betriebsstätte sein könnten. Bei dieser Sachlage ist nicht mehr entscheidungserheblich, ob die streitigen Vermutungen der Steuerfahndung zum Grund für die Rücküberweisung von Miete durch Herrn Z. zutreffen.

Die im Jahr 2002 genutzten fensterlosen Kellerräume führen ebenfalls nicht zu einer Betriebsstätte in Spanien. Aus den zum Beweis vorgelegten Fotos ergibt sich, dass die fensterlosen Kellerräume nicht als Geschäftsstelle oder Werkstätte einzustufen sind. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Räume nach dem Sachvortrag der Klägerin und damit der Wahrunterstellung beim Beweisantrag in den Streitjahren anders eingerichtet waren, als auf den Fotos zu sehen und als fensterloses Büro genutzt werden konnten. Entscheidend ist, dass gemäß der Aussage des X. in der mündlichen Verhandlung die Kellerräume über keinen Telefonanschluss verfügten, in Spanien im Wesentlichen die Kontakte mit den Lieferanten hergestellt wurden, während Waren in den kleinen Räumen nicht - jedenfalls aber nicht in nennenswerten Umfang - gelagert wurden. Damit ist nach dem Sachvortrag der Klägerin die Nutzung überwiegend für vorbereitende Tätigkeiten und Hilfstätigkeiten im Sinne des Art. 6 Abs. 3 e DBA erfolgt. Diese Überlegung gilt auch für die Räume Z.

g) Im Übrigen ändert sich das Ergebnis auch nicht, wenn man eine Betriebsstätte in Spanien annehmen würde. In diesem Fall könnten die Gewinne nur insoweit dem Staat Spanien zugeordnet werden, als dies Art. 7 Abs. 2 DBA vorsieht. Denn unter der Annahme der völligen Unabhängigkeit der Räume S. und der fensterlosen Kellerräume in Spanien vom Ort der deutschen Geschäftsleitung hätten von dort aus keine Einnahmen erzielt werden können. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin keine fremden Dritten als Personal beschäftigte, also während der überwiegenden Zeitspannen in den Streitjahren niemand für sie in Spanien handeln konnte. Zudem ist aufgrund der Art des Geschäftes offensichtlich, dass die Kellerräume unabhängig vom Hauptbetrieb in Deutschland bedeutungslos sind. Jedenfalls aber hat die Klägerin nichts vorgetragen, aus dem sich anderes ergeben könnte.

h) Die Zeugeneinvernahme des NN ... ist nicht möglich, da der Zeuge seinen Wohnsitz in Spanien hat und vom Senat nicht geladen werden kann. Die Klägerin ist ihrer Pflicht, den Zeugen dem Gericht zu stellen, nicht nachgekommen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 26. Oktober 1998 I B 48/97, BFH/NV 1999, 506 und vom 5. Februar 2004 V B 205/02, BFH/NV 2004, 964) und hat auch keine Gründe für eine Vertagung zur späteren Vernehmung des Zeugen vorgetragen. Angesichts der Umstände des Streitfalls kommt eine andere Art der Beweiserhebung nicht in Betracht.

i) Auch die Höhe der festgesetzten Einkünfte ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat nichts konkret gegen die Ermittlung vorgetragen. Fehler sind von Amts wegen nicht ersichtlich. Eine fehlerhafte gewerbesteuerliche Veranlagung ist nicht erkennbar, die Klage ist damit auch insoweit unbegründet.

2.Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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