OLG München, Beschluss vom 26.03.2010 - 34 Sch 26/09
Fundstelle
openJur 2012, 107095
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag, den Schiedsspruch vom 29. August 2008 (Kostentragung) für vollstreckbar zu erklären, wird abgelehnt.

II. Die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

III. Der Streitwert wird auf 85.570 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Vollstreckbarerklärung eines Kostengrundschiedsspruchs. Darüber hinaus hat er zunächst auch die Vollstreckbarerklärung eines bezifferten Kostenschiedsspruchs beantragt.

Der Antragsgegner übertrug durch notariellen Vertrag vom 14.02.1985, zu dem auch eine Schiedsabrede geschlossen wurde, Vermögensgegenstände an den Vater des Antragstellers und an eine weitere Person. Mit Schreiben vom 30.08.2007 kündigte er beiden an, ein Schiedsgerichtsverfahren einzuleiten. Nach Bestellung des Schiedsgerichts und nach Fristsetzung zur Klageerhebung gemäß § 1046 Abs. 1 ZPO erklärte er mit Schreiben vom 30.04.2008, das Schiedsverfahren werde nicht durchgeführt.

Das Schiedsgericht erließ daraufhin am 29.08.2008 folgenden

Beschluss und Schiedsspruch:

1. Die Beendigung des schiedsrichterlichen Verfahrens wird festgestellt.

2. Der Kläger trägt die Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens einschließlich der den Beklagten erwachsenen und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten.

Am 06.03.2009 erging sodann ein Schluss-Schiedsspruch, mit dem u.a. angeordnet wurde, dass der Schiedskläger (Antragsgegner) dem Schiedsbeklagten zu 2 (Antragsteller) 85.570,84 € als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Kosten zu erstatten hat.

Einem Antrag des Antragstellers, einen Ergänzungsschiedsspruch hinsichtlich seiner Kosten im Nebenverfahren nach § 1035 Abs. 4 ZPO zu erlassen, hilfsweise das Verfahren in direkter oder analoger Anwendung von § 321a ZPO fortzusetzen, hat das Schiedsgericht mit Schiedsspruch und Beschluss vom 30.4.2009 nicht stattgegeben.

Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 28.12.2009 beantragt, die Schiedssprüche vom 29.8.2008 und vom 6.3.2009, soweit zu seinen Gunsten ergangen, für vollstreckbar zu erklären.

Der Antragsgegner hat erklärt, er trete dem Antrag insgesamt nicht entgegen und erkenne ihn unter Verwahrung gegen die Kosten an. Nach Zustellung des Antrags am 7.1.2010 hat er den Kostenbetrag von 85.570,84 € Ende Januar 2010 bezahlt.

Der Antragsteller hat nunmehr hinsichtlich des Schluss-Schiedsspruchs die Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, dem Antragsgegner auch insoweit die Kosten aufzuerlegen. Den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Kostengrundschiedsspruchs hält er ausdrücklich aufrecht.

II.

1. Das Oberlandesgericht München ist zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung (§ 1025 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 der gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz vom 16.11.2004 GVBl S. 471); denn Ort des schiedsgerichtlichen Verfahrens ist München.

2. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Kostengrundschiedsspruchs (§ 1060 ZPO) vom 29.08.2008 ist unzulässig.

a) Der Antragsgegner hat den Antrag anerkannt. Da das Vollstreckbarerklärungsverfahren ein Erkenntnisverfahren besonderer Art ist (vgl. Zöller/Geimer ZPO 28. Aufl. § 1060 Rn. 3), finden darauf die allgemeinen Vorschriften über das Erkenntnisverfahren im ersten Rechtszug Anwendung, soweit sich aus der ratio legis nichts Abweichendes ergibt (Zöller/Geimer § 1063 Rn. 7); demnach kommt grundsätzlich auch ein Anerkenntnis in Betracht.

15b) Wird der geltend gemachte Anspruch ganz oder teilweise anerkannt, so prüft das Gericht nicht mehr die Begründetheit, wohl aber die unverzichtbaren Prozessvoraussetzungen (vgl. BGHZ 10, 333; BGH FamRZ 1974, 246; Zöller/Vollkommer § 307 Rn. 4). Zu diesen gehört auch das Rechtsschutzbedürfnis (a.A. Musielak ZPO 7. Aufl. § 307 Rn. 15), welches dem Antrag fehlt. Zwar besteht im Regelfall ein rechtliches Interesse an der Vollstreckbarerklärung auch von Schiedssprüchen ohne vollsteckungsfähigen Inhalt, also auch von Kosten- und anderen Grundentscheidungen. Denn die Vollstreckbarerklärung bewirkt die Bestandskraft der mit der Zwischenentscheidung erreichten teilweisen Streitklärung, von der die abschließende Streitentscheidung auszugehen hat (vgl. BGH NJW-RR 2006, 995). Dazu besteht hier aber keine Notwendigkeit (mehr). Der Antragsgegner hat nach Erlass der Grundentscheidung und vor Erlass der bezifferten Kostenentscheidung ausdrücklich eingeräumt, zur Kostenerstattung verpflichtet zu sein; in Streit stand nur die Höhe der zu erstattenden Kosten. Auf der Grundlage des Schiedsspruchs vom 29.8.2008 ist schließlich der bezifferte Kostenschiedsspruch ergangen. Die dem Antragsteller zuerkannten Kosten wurden vorbehaltlos ausgeglichen. Das Schiedsgericht hat darüber hinaus über Anträge des Antragstellers nach § 1058 ZPO und entsprechend § 321a ZPO abschließend entschieden. Auch die nun beim ordentlichen Gericht erhobene Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Schiedsgerichtsvertrags begründet für den vorliegenden Antrag kein Rechtsschutzbedürfnis. Denn der Antragsgegner selbst hat das Schiedsverfahren ursprünglich eingeleitet. Ein entsprechender Einwand wäre ersichtlich präkludiert und überdies auch wegen widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) unbeachtlich. Ein Anspruch auf Rückerstattung der dem Gegner in diesem Verfahren entstandenen und erstatteten Kosten erscheint unter jedem denkbaren Umstand ausgeschlossen. Für eine darüber hinaus gehende und den Antragsteller begünstigende Wirkung der Vollstreckbarerklärung ist nichts ersichtlich.

3. Hinsichtlich des Kostenschiedsspruchs (§ 1057 Abs. 2 ZPO) vom 06.03.2009 haben die Parteien die Hauptsache für erledigt erklärt, und zwar der Antragsteller ausdrücklich mit Schriftsatz vom 01.02.2010. Der Antragsgegner hat zumindest konkludent (vgl. Zöller/Herget § 91a Rn. 19) zugestimmt. Denn er hat bereits mit der Antragserwiderung auf die zu erwartende Erledigungserklärung hingewiesen und auf die Erklärung durch den Antragsteller hin nur noch zur Frage, wem die Kosten aufzuerlegen sind, Stellung genommen.

174. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 92 Abs. 1 ZPO. Der Senat hebt die Kosten gegeneinander auf, weil Obsiegen und Unterliegen als wirtschaftlich gleichwertig zu veranschlagen sind.

18a) Hinsichtlich des nicht erledigten Teils hat der Antragsteller gemäß § 91 ZPO die Kosten zu tragen, weil er mit seinem aufrecht erhaltenen Antrag auf Vollstreckbarerklärung unterlegen ist.

b) Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde, ist - einheitlich mit dem nicht erledigten Teil - über die Kosten unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 91a ZPO; vgl. Lachmann Handbuch für die schiedsgerichtliche Praxis 3. Aufl. Rn. 2497 m.w.N. und st. Rspr. des Senats). Der Schiedsspruch vom 6.3.2009 wäre ohne das erledigende Ereignis voraussichtlich für vollstreckbar erklärt worden. Versagungs- und Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Entsprechend hat der Antragsgegner auch vorgetragen, sich nicht gegen die Vollstreckbarerklärung wenden zu wollen.

Grundsätzlich kann im Rahmen der Entscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO auch der Rechtsgedanke des § 93 ZPO mit einfließen (dazu Lachmann Rn. 2496). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen aber zur Überzeugung des Senats nicht vor. Der Gläubiger hat regelmäßig einen Anspruch auf einen vollstreckungsfähigen Titel als wirksames Druckmittel und kann nicht darauf verwiesen werden, erst abzuwarten, ob der Schiedsspruch freiwillig erfüllt wird (vgl. Senat, SchiedsVZ 2008, 151; OLG Hamm SchiedsVZ 2010, 56; Zöller/Geimer § 1060 Rn. 4). Der Schiedsspruch vom 6.3.2009, der auch ohne Vollstreckbarerklärung unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils hat (§ 1055 ZPO), wurde dem anwaltlichen Vertreter des Antragsgegners am 10.3.2009 zugestellt. Gründe, die einer rechtzeitigen Leistung entgegengestanden hätten, sind nicht ersichtlich. Der zuerkannte Betrag war sofort, nicht erst nach Aufforderung durch den Antragsteller, zur Zahlung fällig (vgl. auch Senat vom 27.4.2009, 34 Sch 005/09). Selbst bei einer großzügigen Bemessung der Frist, die einem verurteilten Schuldner zur Begleichung der Urteilssumme zu gewähren ist (dazu Zöller/Stöber § 788 Rn. 9b), war diese im Zeitpunkt der Antragstellung (Jahresende 2009) längst abgelaufen. Ob etwas anderes gilt, wenn der Antrag unmittelbar nach Übermittlung des Schiedsspruchs gestellt wird und der Schuldner noch keine Möglichkeit hatte, dem Antrag durch freiwillige Leistung zu entgehen (BVerfG NJW 1999, 778), braucht nicht entschieden zu werden.

5. Der Streitwert bemisst sich nach dem Interesse des Antragstellers an der Vollstreckbarerklärung. Dieses entspricht dem im bezifferten Kostenschiedsspruch zugesprochenen Betrag. Ein darüber hinausgehender Wert kommt dem Grundschiedsspruch nicht zu.