VG Regensburg, Urteil vom 25.01.2010 - RO 8 K 08.272
Fundstelle
openJur 2012, 105845
  • Rkr:
Tenor

I. Der Bescheid der Stadt Weiden vom 11. Januar 2008 Az. 3100-9999-63657 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist in Ziffer II. für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin bestreitet die mit Bescheid vom 11. Januar 2008 von der Beklagten ausgesprochene Verpflichtung, Detailuntersuchungen nach dem Bodenschutzgesetz auf den Grundstücken Fl.Nrn. 631 (Fabrikgelände, Nutzgärten) und 631/1 (Verkehrsfläche) der Gemarkung R… vornehmen zu lassen. Sie wendet sich insbesondere gegen die festgestellte bodenschutzrechtliche Zustandsverantwortlichkeit.

Die Klägerin ist seit 10. Mai 1995 Eigentümerin der streitgegenständlichen Grundstücke, vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Weiden i.d.Opf. Bd. … Bl. … unter den laufenden Nrn. 7 und 10. Diese befinden sich in der sog. … im Ortsteil … der Stadt Weiden i.d.Opf. und verfügen über eine Fläche von 10.755 qm bzw. 617 qm. Die fraglichen Grundstücke wurden von der Fa. B…zur industriellen Fertigung von Kristallglasprodukten genutzt. Vor ca. 60 Jahren wurden die östlichen und südlichen Bereiche des Betriebsgeländes entlang des Flutkanals der Waldnaab mit Abfällen aus dem Betrieb der ehemaligen Glasfabrik (Bauschutt, Schlacke, Asche, Teer, Glas u.a.) aufgefüllt.

Aufgrund der sich aus der historischen Recherche des Rechtsamts der Stadt Weiden i.d.Opf. vom 21. September 2000 ergebenden Verdachtsmomente und konkret nachgewiesener Schadstoffe aus der orientierenden Untersuchung einer Teilfläche des Betriebsgeländes wurde eine umfassende orientierende Altlastenerkundung auf der gesamten Verdachtsfläche unter Einbeziehung des Grundwassers nach § 9 Abs. 1 BBodSchG durchgeführt. Ziel der Untersuchungen war die Feststellung, ob ein hinreichender Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast im Sinne des § 9 Abs. 2 BBodSchG besteht bzw. ausgeräumt werden kann.

Die fraglichen Untersuchungen wurden durch die Fa. P…in den Jahren 2001 bis 2004 durchgeführt. Im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Zwischenbericht über die orientierende Altlastenuntersuchung vom 16. November 2001, den Abschlussbericht über die orientierende Altlastenuntersuchung vom 11. Januar 2002, auf den Bericht über die weitergehenden orientierenden Altlastenuntersuchungen vom 2. Dezember 2003, den Bericht zur ergänzenden Untersuchung hinsichtlich der Schadstoffpfade Boden-Gewässer und Boden-Mensch vom 15. Dezember 2004 und den Bericht über die orientierende Untersuchung vom 20. Dezember 2004.

Die Ergebnisse der fraglichen Untersuchungen wurden dem Wasserwirtschaftsamt Weiden i.d.Opf. zur fachlichen Bewertung vorgelegt. In den Stellungnahmen vom 6. Oktober 2004 und 15. März 2006 wurde festgestellt, dass neben der für das südöstliche Teilstück des Grundstücks Fl.Nr. 1631 der Gemarkung R… prognostizierten Überschreitung von Prüfwerten für den Ort der Beurteilung (Wirkungspfad Boden –Grundwasser) auch für den Bereich der sich auf diesem Grundstück befindenden Nutzgärten aufgrund der nicht unerheblichen Schadstofffrachten und der Ausdehnung der Belastung eine Prüfwertüberschreitung am Ort der Beurteilung zu prognostizieren sei. Im Bereich der Nutzgärten seien in der Auffüllung Bodenbelastungen mit Arsen, Blei, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) über dem Hilfswert 1 und Blei zum Teil über dem Hilfswert zwei nachgewiesen worden. Im Eluat seien zum Teil Arsen-, PAK- und MKW-Konzentrationen über dem Stufe-1-Wert aufgetreten, im südöstlichen Teil des Grundstücks bis 1,5 m Tiefe mehrfache Überschreitungen der Hilfswerte 2 bei Arsen und Blei. Auch im Eluat seien die Stufe-1- sowie Stufe-2-Werte für beide Parameter überschritten worden. Die organischen Schadstoffe PAK, Naphtaline und MKW hätten ebenfalls überwiegend über dem Hilfswert 1 gelegen, der Hilfswert 2 sei bei MKW einmal erreicht worden. Die organischen Schadstoffbelastungen hätten sich fast durchwegs als mobilisierbar mit Überschreitungen der Stufe-1-Werte sowie bei PAK und Naphtalinen der Stufe-2-Werte erwiesen. Es sei daher mindestens bereichsweise von einer Prüfwertüberschreitung am Ort der Probenahmen auszugehen. Aufgrund des geringen Flurabstandes sei eine Prüfwertüberschreitung im Sickerwasser der Nutzgärten am Ort der Beurteilung zu prognostizieren. Für den Wirkungspfad Boden-Mensch hätten ebenfalls Prüfwertüberschreitungen vorgelegen.

Auf dem Grundstück Fl.Nr. 1631/1 der Gemarkung R… seien innerhalb der zwischen 1,1 bis 2,3 m mächtigen Auffüllung unterhalb der Straße Bodenbelastungen mit Arsen, Blei, MKW und PAK inklusive Naphtaline über dem Hilfswert 1, für Arsen, MKW und PAK ohne Naphtaline zum Teil auch über dem Hilfswert 2 festgestellt worden. Die Schadstoffbelastungen hätten teilweise im Grundwasserschwankungsbereich gelegen. Aufgrund der Mobilisierbarkeit der Stoffe – überwiegend PAK – und des geringen Flurabstandes sei eine Prüfwertüberschreitung am Ort der Beurteilung zu prognostizieren (Wirkungspfad Boden – Grundwasser).

Die Feststellungen bezögen sich auf die Rammkernsondierungen 30 und 31 im südöstlichen Teilstück und auf die Rammkernsondierungen 5 bis 8 im Bereich MP 8 (Grundstück Fl.Nr. 1631 der Gemarkung R…) sowie auf die Rammkernsondierungen 25 bis 27 (Grundstück Fl.Nr. 1631/1 der Gemarkung R…). Außerdem sei der Hausbrunnen auf dem Grundstück Fl.Nr. 1631 der Gemarkung R… beprobt worden. Dabei seien nachweisbare Gehalte bis maximal 5 mg/l an Arsen festgestellt worden. Dies deute auf mobilisierbare Anteile aus der arsenhaltigen Auffüllung hin und passe zum Emissionspotential der untersuchten Bodenproben. Eine Verfrachtung bis in das Grundwasser sei möglich.

Im Ergebnis habe sich für die Grundstücke Fl.Nrn. 1631 und 1631/1 der Gemarkung R… der Verdacht einer für den Pfad Boden – Grundwasser schädlichen Bodenverunreinigung bestätigt.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2006 teilte die Stadt der Klägerin mit, dass aufgrund der nunmehr festgestellten Schadstoffbelastungen des Grundstücks Fl.Nr. 1631 der Gemarkung R… weitere Untersuchungen zur abschließenden Gefährdungsabschätzung durchzuführen seien (Detailuntersuchung nach § 2 Nr. 4 BBodSchV). Die Detailuntersuchung sei auf den Rest des Betriebsgeländes und die dort bestehenden weiteren Verdachtsbereiche mit einem an die spezifischen Gefährdungspotentiale angepassten Analyseverfahren auszudehnen. Hierbei seien die Untersuchungen der Bodenluft zu berücksichtigen. Die durch die Detailerkundung gewonnenen Bodenproben seien mindestens auf die Parameter MKW, Arsen, Blei, PAK inklusive Naphtaline und Methylnaphtaline, bei Verdacht auf teeröltypischen Verunreinigungen zusätzlich auf die Parameter Phenolindex und Cyanid zu analysieren. Bodenluftproben seien durch den Grundstückseigentümer bzw. dessen Beauftragten auf BETX-Aromaten und LHKW zu untersuchen. Bei einer Überschreitung der Hilfswerte 1 in Bodenproben seien Eluat-Analysen zu veranlassen. Bei Bodenbelastungen durch PAK seien Säulenversuche durchzuführen, sofern das Material dazu geeignet sei, ansonsten sei eine Eluat-Untersuchung zur Gefährdungsabschätzung heranzuziehen. Seien im Feststoff Arsen, Cyanid oder Phenole nachgewiesen, so seien diese Parameter grundsätzlich auch bei Schadstoffgehalten unter dem Hilfswert 1 im Eluat zu analysieren.

Die im Rahmen der Detailuntersuchung geplanten Maßnahmen seien in einem Konzept darzustellen. Das Konzept sei dem Umweltamt der Stadt Weiden i.d.Opf. und dem Wasserwirtschaftsamt Weiden i.d.Opf. zur Abstimmung vorzulegen.

Der horizontale Umgriff der Bodenbelastung auf dem Grundstück Fl.Nr. 1631/1 (Straße an der Fabrik) in westlicher Richtung sei mit einer Sondierung im Rahmen einer Detailuntersuchung zu ermitteln. Der dabei aufgeschlossene Boden sei schichtenweise zu beproben und auf die Parameter MKW, Arsen, Blei, PAK inklusive Naphtaline und Methylnaphtaline, bei Verdacht auf teeröltypische Verunreinigungen zusätzlich auf die Parameter Phenolindex und Cyanide zu analysieren. Bei einer Überschreitung der Hilfswerte 1 seien Eluat-Analysen zu veranlassen. Bei Bodenbelastungen durch PAK seien Säulenversuche durchzuführen, sofern das Material dafür geeignet sei, ansonsten empfehle sich eine Eluat-Untersuchung zur Gefährdungsabschätzung heranzuziehen. Seien im Feststoff Arsen, Cyanide oder Phenoyle nachgewiesen, seien diese Parameter grundsätzlich auch bei Schadstoffgehalten unterhalb des Hilfswertes 1 im Eluat zu analysieren. Basierend auf den Ergebnissen der Detailuntersuchung sei eine abschließende Gefährdungsabschätzung vorzulegen. Primär sei dabei die Frage zu beantworten, ob die bestehende Asphaltdecke als nutzungsorientierte Sicherungsmaßnahme gegen die Auswaschung von Schadstoffen ausreiche.

Im fraglichen Schreiben vom 21. Juli 2006 kündigte die Stadt außerdem den Erlass eines Bescheids nach Art. 11 BayBodSchG an, falls sich die Klägerin nicht bis spätestens 28. September 2006 bereit erkläre, die vorgenannten Maßnahmen durchführen zu lassen. Da die weiteren Anhörungsschreiben vom 28. September 2007 und vom 5. Dezember 2007 unbeantwortet blieben, erließ die Stadt am 11. Januar 2008 folgenden Bescheid:

„1. Bezüglich des Grundstücks 1631 der Gemarkung R… (Fabrikgelände) werden folgende Anordnungen getroffen: 1.1 Zur abschließenden Gefährdungsabschätzung der Untergrundverunreinigungen sind Untersuchungen nach Maßgabe dieses Bescheides durchzuführen (Detailuntersuchung). 1.2 Die Detailuntersuchung ist auf das ganze Betriebsgelände und die dort bestehenden Verdachtsbereiche mit einem an die spezifischen Gefährdungspotentiale angepassten Analyseverfahren auszudehnen. Hierbei sind auch Untersuchungen der Bodenluft zu berücksichtigen. 2. Bezüglich des Grundstücks 1631/1 der Gemarkung R… (Straße an der Fabrik) werden folgende Anordnungen getroffen: 2.1 Der horizontale Umgriff der Bodenbelastung in westlicher Richtung ist mit einer Sondierung im Rahmen einer Detailerkundung nach Maßgabe dieses Bescheides zu ermitteln. 2.2 Die auf der Detailuntersuchung basierende Gefährdungsabschätzung hat insbesondere die Frage zu beantworten, ob die bestehende Asphaltdecke als nutzungsorientierte Sicherungsmaßnahme gegen die Auswaschung von Schadstoffen ausreicht. 3. Das als Anlage beiliegende Blatt „Anforderungen an die Untersuchungen“ ist zwingend zu beachten und wird zum Bestandteil dieses Bescheides erklärt. 4. Die im Rahmen der Detailuntersuchung geplanten Maßnahmen sind in einem Konzept darzustellen, das dem Umweltamt der Stadt Weiden i.d.Opf. im Vorfeld der Untersuchungen zur Abstimmung vorzulegen ist. 5. Basierend auf den Ergebnissen der Detailuntersuchung ist für beide Grundstücke eine abschließende Gefährdungsabschätzung zu erstellen und dem Umweltamt der Stadt Weiden i.d.Opf. vorzulegen. 6. Die Untersuchungen, probenahmenbegleitende Analytik sowie die Erstellung der Gefährdungsabschätzung sind von zugelassenen Sachverständigen bzw. Untersuchungsstellen im Sinne des § 18 BBodSchG durchzuführen. 7. Die in diesen Bescheid getroffenen Anordnungen ergehen unter dem Vorbehalt einer gesonderten Entscheidung über die endgültige Höhe der Kostentragungspflicht. 8. Sollten Sie die aufgrund dieses Bescheides notwendigen Maßnahmen nicht innerhalb von vier Wochen nach Unanfechtbarkeit dieses Bescheides veranlassen, wird bezüglich 8.1. Punkt 1.1 dieses Bescheids ein Zwangsgeld in Höhe von 8.000 Euro 8.2. Punkt 2.1 dieses Bescheids ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro zur Zahlung fällig. Die Veranlassung der Maßnahmen ist dem Umweltamt durch Vorlage von Auftragsbestätigungen etc. nachzuweisen. 9. Die betroffenen Nutzungsberechtigten auf den Grundstücken 1631 und 1631/1 der Gemarkung R… sind von der bevorstehenden Durchführung der geplanten Maßnahmen zu informieren.“

Gegen den Bescheid vom 11. Januar 2008 ließ die … GmbH am 12. Januar 2008 Klage erheben mit folgendem Antrag:

Der Bescheid der Stadt Weiden vom 11. Januar 2008 Az. 3100-999-63657 wird aufgehoben.

Zur Begründung wurde im wesentlichen vorgetragen:

1. Die Klägerin könne nicht als Zustandsstörerin für Untersuchungsmaßnahmen auf dem betroffenen Grundstücken in Anspruch genommen werden. Auf den fraglichen Grundstücken habe sich etwa 20 Jahre lang eine Produktionsstätte für Glas unter Verarbeitung von Bleikristall befunden. Die Produktionsstätte sei 1965 vollständig geschlossen worden. Seither habe die Beklagte nichts unternommen, eine mögliche Bodengefährdung zu untersuchen oder gar zu beseitigen. Nach mehr als vierzig Jahren gelte der Anspruch der öffentlichen Hand auf Mitwirkung des Eigentümers bei der Beseitigung von Störungen als verjährt bzw. verwirkt.

2. Der angefochtene Bescheid mache in keiner Weise nachvollziehbar, dass die behauptete Gefährdung tatsächlich vorliege. Im Anhörungsverfahren seien umfangreiche Wertetabellen, Wirkungspfade, Schwellenwerte und angeblich gefährdende Stoffe in einer unendlichen Vielfalt derart unübersichtlich dargestellt worden, dass es für einen gewöhnlichen Betrachter nicht nachvollziehbar sei, in welchem Bereich welche konkrete Gefährdung durch welchen Parameter bei welchem Grenzwert überhaupt angenommen werden könne. Es sei Aufgabe eines Verwaltungsakts, dem betroffenen Bürger den Lebenssachverhalt und die daraus gezogenen Konsequenzen so darzulegen, dass er ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen die Aussagen nachvollziehen könne. Weder dem Anhörungsschreiben noch dem angefochtenen Bescheid sei zu entnehmen, welcher gesetzliche Schwellenwert an welcher Stelle durch welchen Stoff überschritten werde, so dass von einer Gefährdung ausgegangen werden müsse. An der Nachvollziehbarkeit fehle es insbesondere, weil ein Lageplan mit Einzeichnung der vorzunehmenden Sondierungen nicht vorliege.

3. Möglicherweise seien die Schadstoffe Blei und Arsen in überdurchschnittlichen, aber keinesfalls gefährdenden Mengen bei einzelnen Proben gefunden worden. Dies sei nachvollziehbar, weil auf dem Fabrikgelände Bleikristall verarbeitet worden sei. Allerdings sei objektiv falsch, dass das vorgefundene Blei und Arsen mobil sei. Diese Stoffe seien als Bleioxyd in Glaskristallen gebunden verarbeitet worden. Soweit Spuren von Blei und Arsen gefunden worden seien, seien diese in kleinen Bleikristallpartikeln enthalten gewesen. Eine Ausschwemmung in das Grundwasser oder eine sonstige Auswirkung auf Boden und Wasser sei deshalb vollständig ausgeschlossen.

Dagegen spreche nicht die Tatsache, dass es den Untersuchungsfirmen immer wieder gelungen sei, Blei und Arsen in vergleichbaren Situationen zu eluieren. Das liege daran, dass destilliertes Wasser verwendet worden sei, welches als schärfstes Lösungsmittel gelte. Destilliertes Wasser komme aber in der Natur nicht vor. Es sei deshalb undenkbar, dass Blei und Arsen, weil kristallin gebunden, zu einer Gefährdung des Bodens oder Grundwasser im Bereich der betroffenen Grundstücke führen könne.

4. Die unterstellte Gefährdung sei auch deswegen ausgeschlossen, weil die betroffenen Flächen größtenteils versiegelt seien. Dies gelte insbesondere für die Straßenfläche, die geteert sei. Durch diesen Teer dringe kein Wasser, schon gar nicht destilliertes Wasser, das Blei und Arsen ausspülen könnte. Es stehe auch kein Grundwasser an. Es sei deshalb nicht zu befürchten, dass Grundwasser in der behaupteten Weise bis zu den Auffüllungsschichten vordringen könne. Unmittelbar neben den betroffenen Grundstücken, teils unmittelbar angrenzend, verlaufe der Flutkanal der Waldnaab. Diese liege mehr als fünf Meter tiefer als die betroffenen Flächen. Ein Ansteigen des Grundwassers bis zu den behaupteten Grenzen sei daher objektiv vollständig ausgeschlossen.

5. Schließlich sei nicht ersichtlich, wie die gewonnenen Untersuchungsergebnisse einer Untersuchung eine Basis für eine Verbesserung der Boden- und Grundwassersituation darstellen könnten. Denn ein Bodenaustausch komme objektiv nicht in Betracht. Der Aufwand für eine solche Maßnahme übersteige den Verkehrswert der Grundstücke bei weitem. Diese seien als Industriebrache objektiv völlig wertlos. Selbst die Straßenfläche sei wertlos, weil sie nicht veräußerbar sei.

Da es sich um eine Industriebrache handle und Schwellenwerte nicht überschritten seien, fehle es an einer unmittelbaren und konkreten Gefährdung. Angesichts der fehlenden konkreten Gefährdung bestehe kein Handlungsbedarf. Bei dieser Sachlage könne der Eigentümer nicht verpflichtet werden, kostenintensive Untersuchungen durchzuführen, deren Ergebnis objektiv sinnlos sei, weil von vorneherein feststehe, dass keine bodenschutzrechtlichen Maßnahmen erforderlich seien.

6. Die angedrohten Zwangsgelder seien deutlich überhöht. Es bestehe kein Interesse daran, Geld für wertlose Grundstücke auszugeben. Die fraglichen Flächen seien nicht verwertbar.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Anspruch sei weder verjährt noch verwirkt. Auf das Vorhandensein eines Vertrauenstatbestandes könne sich die Klägerin nicht berufen. Die fraglichen Bodenverunreinigungen seien seitens der Beklagten nicht hingenommen worden. Seit 1998 sei durch erste Untersuchungen bekannt, dass sich auf einzelnen Grundstücken des Stadtteiles Neubau Auffüllungen mit Abfall aus der früheren Glasproduktion befänden. Aufgrund dieser Tatsache seien in den folgenden Jahren Untersuchungen von Verdachtsbereichen durchgeführt worden, insbesondere die orientierenden Untersuchungen der Fa. P… in den Jahren 2001 bis 2004. Auch die Klägerin sei regelmäßig vom aktuellen Sachstand in Kenntnis gesetzt worden.

Darüber hinaus werde die Klägerin nicht als Handlungsstörerin, sondern als Eigentümerin der betroffenen Grundstücke herangezogen. Die Pflicht des Zustandsstörers knüpfe an den Zustand eines Grundstücks an. Seine Verantwortlichkeit basiere auf der tatsächlichen Sachherrschaft und nicht auf der Verursachung von Bodenverunreinigungen.

Außerdem handle es sich bei der angeordneten Gefährdungsabschätzung um eine Maßnahme des Ordnungsrechts, die im Interesse der Allgemeinheit liege. Die Befugnis der Behörden zu hoheitlichem Handeln unterliege weder der Verjährung noch der Verwirkung.

Die geforderten Maßnahmen seien hinreichend konkret dargestellt. Im Schreiben vom 21. Juli 2006 seien auf den Seiten 1 bis 3 allgemeine Informationen zu den Untersuchungen gegeben worden mit einer Darstellung der gesetzlichen Prüfwerte bzw. Hilfs- und Stufenwerte. Auf den Seiten 4 bis 11 seien die Ergebnisse der orientierenden Untersuchungen sowie deren Bewertung durch die Fachbehörden mitgeteilt worden. Diese seien auch für einen Nichtfachmann verständlich. Darüber hinaus sei auf der Seite 12 konkret dargestellt worden, welches Vorgehen von der Klägerin erwartet werde. Aufgrund des umfangreichen Datenmaterials habe die Stadt darauf verzichten können, Lagepläne mit eingezeichneten Sondierungen beizufügen. Die Klägerin sei auf Seite 13 des Schreibens vom 21. Juli 2006 auf die Möglichkeit hingewiesen worden, sämtliche, die Untersuchungen betreffenden Unterlagen im Umweltamt einzusehen.

Der Untersuchungsbedarf aufgrund konkreter Ergebnisse aus den orientierenden Altlastenerkundungen ergebe sich unabhängig von der aktuellen Nutzung der Grundstücke, so dass es keine Rolle spiele, ob Flächen als Kinderspielplatz dienten. Ziel der angeordneten Detailerkundung sei gerade die Gefährdungsabschätzung, die für die weitere Nutzung der betroffenen Grundstücke entscheidend sei.

Im Übrigen ergebe sich aus der Stellungnahme des Landratsamtes Neustadt a.d.Wn. (Sachgebiet Gesundheitswesen) vom 4. Oktober 2004, dass beim Grundstück Fl.Nr. 1631 der Gemarkung R… die Blei- und Arsenwerte für den Wirkungspfad Boden – Mensch so massiv überhöht seien, dass der untersuchte Bereich im derzeitigen Zustand nicht einmal für die am wenigsten sensible Nutzung als Industrie- und Gewerbegebiet geeignet sei.

Die fachlichen Zweifel an der Richtigkeit und Interpretation der vorliegenden Untersuchungsergebnisse seien nicht begründet. Das Wasserwirtschaftsamt habe mit Schreiben vom 22. Februar 2008 festgestellt, dass sich die im Rahmen der orientierenden Erkundung der Altlastenverdachtsflächen durchgeführten Probenahmen, analytischen Untersuchungen und auch die vom Sachverständigen erarbeiteten Bewertungen und Schlussfolgerungen streng an den Rahmenbedingungen orientiert hätten, die nach den geltenden bodenschutzrechtlichen Bestimmungen zwingend zu beachten seien. Auch seien zur Quantifizierung mobiler Schadstoffanteile nur Eluationsmethoden angewandt worden, die aufgrund bundesrechtlicher Vorgaben festgelegt seien. Die nach § 4 BBodSchG durchgeführte Sickerwasserprognose habe ergeben, dass für die Schadstoffe MKW, Arsen, Blei, PAK inklusive Naphtaline und Methylnaphtaline, Phenolindex und Cyanide eine Prüfwertüberschreitung am Ort der Beurteilung nicht ausgeschlossen werden könne. Der Altlastenverdacht habe sich demnach hinreichend konkret erhärtet. Deshalb seien zur abschließenden Gefährdungsabschätzung im Rahmen einer Detailerkundung nach § 2 Nr. 4 BBodSchV die angeordneten Untersuchungen erforderlich.

Ob die von der Klägerin angesprochene Versiegelung von Teilflächen ausreichend sei, um eine Gefährdung von Schutzgütern zu verhindern, müsse gerade die von der Klägerin geforderte Detailerkundung klären.

Aussagen über mögliche Bodenabtragungen und deren Verhältnismäßigkeit seien derzeit rein spekulativ. Im angefochtenen Bescheid gehe es ausschließlich um die Erstellung einer Gefährdungsabschätzung und nicht um eine möglicherweise notwendige Sanierung. Da die Kosten für die Detailerkundung deutlich unter dem Verkehrswert der betroffenen Flächen blieben, könne von einer Opferposition der Klägerin nicht gesprochen werden. Im Übrigen sei in den Bescheid bezüglich der Kostenbelastung ein Entscheidungsvorbehalt aufgenommen worden.

Die Höhe der Zwangsgelder sei angemessen. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin sei berücksichtigt worden. Die Beklagte sei von 50 % der zu erwartenden Kosten für die Detailerkundungen ausgegangen. Die mögliche Verwertung der Grundstücke durch die Klägerin sei in diesem Zusammenhang belanglos.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid der Stadt Weiden vom 11. Januar 2008 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die streitgegenständliche Anordnung von Detailuntersuchungen nach dem Bodenschutzgesetz auf den Grundstücken Fl.Nrn. 631 und 631/1 der Gemarkung R… findet zwar ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 2 und 3 BBodSchG. Die Heranziehung der Klägerin verstößt im Übrigen auch nicht gegen das grundsätzliche Verbot der Rückwirkung von Gesetzen. Die Eingriffsbefugnisse der Beklagten nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz sind schließlich weder verwirkt noch verjährt. Der fragliche Bescheid verstößt jedoch gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG und war deshalb aufzuheben.

I.

Besteht aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast, kann die zuständige Behörde – wie im vorliegenden Fall geschehen – gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG anordnen, dass die in § 4 Abs. 2, 3, 5 und 6 BBodSchG genannten Personen die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen haben. Die Behörde kann auch verlangen, dass die Untersuchungen von Sachverständigen oder Untersuchungsstellen nach § 18 BBodSchG durchgeführt werden (§ 9 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG).

Nach Überzeugung des Gerichts kann davon ausgegangen werden, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Eingriffsermächtigung des § 9 Abs. 2 BBodSchG im vorliegenden Fall erfüllt sind. Denn es ist erwiesen, dass auf der Basis der Ergebnisse der orientierenden Altlastenerkundung unter Einbeziehung des Grundwassers nach § 9 Abs. 1 BBodSchG Schadstoffbelastungen auch auf den noch nicht untersuchten Flächen der Grundstücke Fl.Nrn. 631 und 631/1 der Gemarkung R… zu erwarten sind, die die Prüfwerte am Ort der Beurteilung überschreiten werden (siehe oben RdNrn. 3 bis 8).

Das Gericht folgt insoweit den sachverständigen Aussagen des Wasserwirtschaftsamts Weiden als der Fachbehörde für wasserwirtschaftliche und bodenschutzrechtliche Fragestellungen (Art. 75 Abs. 2 Satz 1 BayWG, Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayBodSchG). Diese Stellungnahmen dürfen im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden (Urteile des BayVGH vom 14. 10.1997 Az. 20 B 97.1287 und vom 30.10.2007 Az. 22 B 06.3236; Eyermann/Geiger, VwGO, 12. Auflage, Rdnr. 44 zu § 86 m.w.N.). Sie haben in der Regel größeres Gewicht als etwa Expertisen privater Sachverständiger, weil sie nicht nur auf der fachlichen Auswertung wasserwirtschaftlicher oder bodenschutzrechtlicher Fragestellungen im Einzelfall auf theoretischer Basis beruhen (vgl. Entscheidungen des BayVGH vom 06.06.2000 Az. 22 CS 00.1252, vom 05.09.2000 Az. 22 CS 00.2389, vom 18.10.2003 Az. 22 CS 03.679, vom 02.02.2004 Az. 22 B 02.3084, vom 05.02.2007 Az. 22 N 06.2838, vom 03.07.2007 Az. 14 CS 07.966 und vom 30.10.2007 Az. 22 B 06.3236).

Sie müssen von Seiten des Klägers substantiiert in Frage gestellt werden, um deren Aussagekraft erschüttern zu können. Schlichtes Bestreiten oder bloße Behauptungen reichen hierfür nicht aus (vgl. BayVGH vom 14.02.2005 Az. 26 B 03.2579, vom 25.11.2005 Az. 22 ZB 05.2652, vom 03.07.2007 Az. 14 CS 07.966, vom 24.10.2007 Az. 22 N 05.2524, vom 30.10.2007 Az. 22 B 06.3236, vom 24.03.2009 Az. 22 ZB 07.224 und vom 02.03.2009 Az. 08.548 sowie vom 13.08.2009 Az. 22 ZB 07.1835).

Ein insoweit beachtliches Gegenvorbringen ist nicht erfolgt. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin geltend gemacht hat, dass möglicherweise die Schadstoffe Blei und Arsen in keinesfalls gefährdenden Mengen bei einzelnen Proben gefunden worden seien, diese aber aufgrund der Bindung in Glaskristallen nicht mobilisierbar seien, hat der Vertreter der wasserwirtschaftlichen Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung diesen theoretischen Ansatz bestätigt. Deshalb sei Bleioxyd auch nicht grundwasserrelevant.

Gleichzeitig legte der Vertreter der Fachbehörde jedoch glaubhaft dar, dass sowohl im Boden als auch im Grundwasser gelöste Anteile der Schadstoffe Arsen, PAK und Blei festgestellt worden seien. Bodenschutzrechtlich relevant seien aber nicht die Werte des Schadstoffs Blei gewesen, die sich durchwegs unterhalb des Stufe-1-Werts gehalten hätten. Relevant seien vielmehr die Werte für Arsen und PAK. Insbesondere seien diese Schadstoffe in mobilisierbarer Form im Sickerwasser gefunden worden. Außerdem seien zur Überprüfung der Schadstoffbelastung Mischproben im Bereich MP 8 entnommen worden. Dabei habe es sich um den Bereich der Nutzgärten gehandelt. Es seien darüber hinaus Kleinrammbohrungen (RKS 5 bis 8 sowie 30 und 31) erfolgt.

In den Feststoffproben hätten sich Gehalte von Arsen über dem Hilfswert 1 feststellen lassen, Eluatproben hätten dies bestätigt. Bei einigen Bohrungen seien auch Mengen an PAK über dem Hilfswert 1 gefunden worden, insbesondere bei den Rammkernsondierungen 5, 30 und 31. Mit Ausnahme der Rammkernsondierung RKS 5 sei bei allen anderen Rammkernsondierungen der Schadstoff Blei über dem Hilfswert 1, teilweise auch über dem Hilfswert 2 festgestellt worden.

Nach diesen Ausführungen des Vertreters wasserwirtschaftlichen Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung bestehen für das Gericht keine Zweifel, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Eingriffsermächtigung des § 9 Abs. 2 BBodSchG vorliegen. Die Einwendungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die auf einem rein theoretischen Ansatz beruhen, sind eindeutig widerlegt.

Dies gilt insbesondere für den Einwand, die festgestellten Schadstoffeinträge von Arsen könnten nicht aus der Produktion der Glasfabrik stammen, weil es sich beim Bereich um die Rammkernsondierungen 5 und 6 um einen Parkplatz und beim Bereich um die Rammkernsondierungen 7 und 8 um Nutzgärten handele. Deshalb sei es nicht nachvollziehbar, wie es gerade in diesen Bereichen zu einem Schadstoffeintrag habe kommen können.

Auch diesen, auf theoretischen Annahmen basierenden Einwand konnte der Vertreter der Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung ausräumen durch den Hinweis, dass die im Rahmen der orientierenden Altlastenerkundung gewonnenen Erkenntnisse auf dem Ergebnis tatsächlich durchgeführter Untersuchungen beruhten. Insbesondere sei auch in den fraglichen Bereichen kontaminiertes Auffüllmaterial bestehend aus Abfällen aus dem Produktionsbetrieb der ehemaligen Glasfabrik festgestellt worden.

Schließlich erweist sich auch die Annahme des Prozessbevollmächtigten der Klägerin als unzutreffend, eine Verunreinigung des Grundwassers sei schon deswegen ausgeschlossen, weil nicht zu erwarten sei, dass dieses bis zu den kontaminierten Auffüllungsschichten vordringen könne. Auch diese Annahme konnte der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung entkräften, da sich die Grundwasserverhältnisse auf den betroffenen Grundstücken aufgrund der vorgenommenen Untersuchungen tatsächlich ganz anders darstellten. Denn der Flurabstand (Grundwasserspiegel-Geländeoberkante) betrage lediglich zwischen 2,5 m bis 3,2 m. Der Flutkanal der Waldnaab befinde sich ca. 3,5 m unterhalb des Betriebsgeländes. Angesichts der Grundwasserstände auf dem Betriebsgelände sei davon auszugehen, dass das Grundwasser zum Flutkanal ströme und nicht umgekehrt. Im Übrigen seien die Sondierungen bis zu einem Sohlbereich vorgetrieben worden, der nur noch 1,3 m bis 1,5 m über dem Grundwasserspiegel zu liegen gekommen sei. Die fachbehördliche Feststellung, bei einem so geringen Abstand zum Grundwasserspiegel müsse mit einer absehbaren Kontamination auch dieses Mediums gerechnet werden, ist für das Gericht plausibel und blieb auch seitens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin unwidersprochen.

Soweit sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen die angewandten Beprobungsmethoden wendet, sind diese nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden. Sie beruhen auf den Vorgaben der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) vom 12. Juli 1999 (BGBl. I S. 1554), zuletzt geändert durch Art. 16 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585). Nach § 3 Abs. 8 BBodSchV i.V.m. dem Anhang 1 Nr. 3.1.2 werden die Anforderungen an die Probenahmen, Analytik und Qualitätssicherung bei den Untersuchungen und deren Bewertung festgelegt. Diese Anforderungen werden durch die LfU-LfW-Merkblätter Nrn. 3.8/1/4/5 konkretisiert (http://www.Bayern.de/lfw). Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorgaben bei den angewandten Beprobungsmethoden nicht eingehalten worden sind, sind für das Gericht nicht ersichtlich. Von der Klägerseite unwidersprochen bestätigte der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung, dass die standardisierten Verfahren nach den einschlägigen technischen Regelwerken strikt beachtet worden seien. Dies gelte insbesondere für das eingesetzte Verfahren einer S 4-Elution nach DIN 38414-4.

Nach alldem erweist es sich als notwendig, eine Gefährdungsabschätzung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG durchzuführen. Entgegen der Ansicht der KIägerseite ist es gerade noch nicht geklärt, dass eine weitere Sanierung des Grundstücks unmöglich ist oder jedenfalls mit einem wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht durchzuführen sein wird. Die fragliche Detailuntersuchung dient gerade der Klärung dieser Frage. Aussagen über mögliche Bodenabtragungen und deren Verhältnismäßigkeit sind deshalb derzeit rein spekulativ.

II.

Die Heranziehung der Klägerin verstößt im Übrigen weder gegen das grundgesetzliche Verbot der Rückwirkung von Gesetzen, noch sind die Eingriffsbefugnisse der Beklagten verjährt bzw. verwirkt.

1. Die Anwendung des § 4 Abs. 3 BBodenSchG auf bereits vor Inkrafttreten des Bundesbodenschutzgesetzes am 1. März 1999 verursachte schädliche Bodenveränderungen oder Grundwasserverunreinigungen ist nicht deshalb unzulässig, weil darin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung läge. Vielmehr stellt die Sanierungspflicht für solche Sachverhalte nach Auffassung des Gerichts nur eine tatbestandliche Rückanknüpfung bzw. unechte Rückwirkung dar. Eine solche liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts immer dann vor, wenn eine Norm den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig macht, während eine „Rückbewirkung von Rechtsfolgen“ bzw. echte Rückwirkung dann anzunehmen ist, wenn die normativ angeordneten Rechtsfolgen für einen bestimmten, vor dem Zeitpunkt der Verkündung liegenden Zeitraum eintreten sollen (zur Unterscheidung vgl. insbesondere Beschl. des BVerfG v. 14.5.1986 Az. 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, S. 200, 241 f.; Beschl.d. BVerfG v. 3.12.1997 Az. 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, S. 67, 78 f.).

Letzteres ist hier nicht ersichtlich. Die Begründung der Rechtsfolge – hier die Verpflichtung des Zustandsverantwortlichen zur künftig noch anstehenden Sanierung des Bodens bzw. des Grundwassers – knüpft zwar an die vor Inkrafttreten des Gesetzes verursachte Boden- bzw. Grundwasserverunreinigung durch eine auf dem Grundstück der Klägerin befindliche Altlast an. Die sich aus § 4 Abs. 3 BBodenSchG ergebende Verantwortlichkeit auch des Zustandsstörers für eine sich als reine Folgenbeseitigung darstellende Sanierung gilt jedoch nur für nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundes-Bodenschutzgesetzes noch erforderliche Sanierungsmaßnahmen. Dass die Regelung bereits für einen davor liegenden Zeitraum Rechtsfolgen bewirken sollte, ist nicht ersichtlich.

Wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 16. März 2006 Az. 7 C 3.05 (BVerwGE 125, S. 325 ff.) mit Blick auf die Regelung der Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers nach § 4 Abs. 3 BBodenSchG ausgeführt hat, begegnet eine derartige „unechte“ Rückwirkung bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Maßgeblich ist insoweit nur, dass durch die Vergangenheitsanknüpfung keine Grundrechte der Betroffenen in Verbindung mit den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit verletzt werden (Beschl. des BVerfG v. 14.5.1986 Az. 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, S. 200, 242 f.).

Dafür ist im konkreten Zusammenhang nichts ersichtlich, weil das Gesetz auf die Beseitigung einer aktuell fortbestehenden Umweltgefahr zielt und angesichts der tatbestandlichen Rückanknüpfung an Sachverhalte, die bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes ins Werk gesetzt worden sind, ein Vertrauen der Pflichtigen auf den Fortbestand der geltenden Vorschriften nicht geschützt ist.

Davon abgesehen kann von einer Rückwirkung der Sanierungspflicht für eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast keine Rede sein, soweit schon bisher auf der Grundlage des Abfallrechts, des Wasserrechts oder des allgemeinen Ordnungsrechts ein Verantwortlicher zur Störungsbeseitigung in Anspruch genommen werden konnte, der Verantwortliche somit durch das Bundesbodenschutzgesetz nachträglich von keinen belastenden oder verschlechternden Regelungen betroffen wird. Das ist hier der Fall:

Bereits das Gesetz über die Beseitigung von Abfällen (AbfG) vom 7. Juni 1972 (BGBl. I S. 873 ff.) bot ausreichende gesetzliche Grundlagen zur Wertung und Kontrolle von Altlasten. § 11 Abs. 1 Satz 2 AbfG erfasste diese unabhängig vom Zeitpunkt des Entstehens, nahm auf das Wohl der Allgemeinheit Bezug und damit auf die grundlegende Bestimmung des § 2 Abs. 1 AbfG. Aus § 4 AbfG folgte die Abfallrechtswidrigkeit der Altlasten, da deren Abfälle nicht in dafür vorgesehenen Anlagen abgelagert waren. Die Befugnisse zum Einschreiten ergaben sich aus Art. 19 BayAbfG vom 1. Juni 1973 (BayRS 2129–2–1-U). Fehlte derartiges oder war der Anwendungsbereich der abfallrechtlichen Befugnisnorm zu begrenzt, stand zunächst das allgemeine Sicherheitsrecht zur Verfügung mit den aus dem Abfallrecht sich ergebenden Maßstäben (Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 und 2 BayLStVG vom 1.1.1957, BayRS 2011-2-I).

Gingen mit der Ablagerung von Altlasten schädliche Grundwasserverunreinigungen einher, folgte aus § 34 Abs. 2 WHG vom 27. Juli 1957 mit Wirkung vom 1. März 1959 (BGBl. I S. 1110 ff.) eine ausreichende behördliche Befugnis zum Einschreiten. Folgenbeseitigungsmaßnahmen konnten nach Art. 7 Abs. 1 BayLStVG i.V.m. Art. 68 Abs. 3 BayWG vom 26. Juli 1962 (BayRS 753-1-UG) nach Einführung der jedermann unmittelbar bindenden Regelung über die Sorgfaltspflicht nach § 1 a Abs. 2 WHG mit dem 4. Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes vom 26. April 1976 (BGBl. I S. 1109) gestützt werden, bis durch Art. 68 a BayWG eine spezielle Befugnisnorm für Sanierungsmaßnahmen mit Wirkung vom 1. Juni 1994 (GVBl. S. 33 ff.) geschaffen wurde. Die Sanierung von Altlasten betreffend knüpft das Bundesbodenschutzgesetz nunmehr in 4 Abs. 3 BBodenSchG in erheblichem Umfang an dieses System des Abfall- Wasser- und Sicherheitsrechts an und schreibt in Bezug auf den Störer eine überkommene Rechtslage – nunmehr unter dem Regime des Bundesbodenschutzrechts – fort. Der Regelung in § 4 Abs. 3 BBodenSchG kommt deshalb, soweit die Verantwortlichkeit für eine Sanierung und Beseitigung der Altlast – wie im vorliegenden Fall – bereits im alten Recht erfasst war, lediglich deklaratorischer Charakter zu.

2. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin verkennt des Weiteren, dass die Verpflichtungen des Verantwortlichen einer Bodenverunreinigung keiner Verjährung unterliegen (Urteile des VGH Mannheim vom 1.4.2008 Az. 10 S 1388/05 und vom 18.12.2007 Az. 10 S 2351/06; Beschlüsse des VGH Mannheim vom 3.9.2002 Az. 10 S 957/02 und vom 4.3.1996 Az. 10 S 2687/05; VGH München vom 28.11.2007 Az. 22 BV 02.1560 – juris; vgl. dazu näher Frenz, BBodenSchG, München 2000, Rd.Nrn. 180 bis 183 m.w.N.; Versteyl/Sondermann, BBodenSchG, 2.Auflage 2005 Rd.Nrn. 101 ff. zu § 4 m.w.N).

Zu einer anderen abweichenden Sicht besteht nach Auffassung des Gerichts auch keine Veranlassung. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, welche eine Verjährungsfrist für die Befugnis bestimmt, von einer sicherheitsrechtlichen Ermächtigung Gebrauch zu machen, existiert nicht. Entsprechendes gilt für die Befugnis aus einer bodenschutzrechtlichen Ermächtigung. Denn immerhin kann nicht übersehen werden, dass der Gesetzgeber in § 24 Abs. 2 BBodenSchG für die in einem unmittelbaren Kontext stehenden Folgeansprüche, nämlich etwaige Ausgleichsansprüche zwischen mehreren Störern, gerade eine ins Einzelne gehende Verjährungsregelung getroffen hat. Hieraus und aus dem weiteren Schweigen des Gesetzgebers kann nicht der hinreichend sichere Schluss gezogen werden, er habe die Problematik überhaupt nicht erkannt oder zwar erkannt, aber die Regelung bewusst offen gelassen, um sie einer Entscheidung durch eine nachfolgende gerichtliche Spruchpraxis zu überlassen. Deshalb scheidet auch eine entsprechende Anwendung zivilrechtlicher Regelungen aus.

Im übrigen weist das Gericht darauf hin, dass es mit erheblichen öffentlichen Interesse an der Gefahrabklärung bzw. Sanierung (allgemeiner ausgedrückt: einer Störungsbeseitigung) unvereinbar wäre, die Verjährung von einer konkreten Kenntnis der zuständigen Behörde von der Notwendigkeit eines Einschreitens in Lauf zu setzen mit der Folge, dass die Verjährung zu diesem Zeitpunkt je nach der konkreten Fallgestaltung unter Umständen bereits eingetreten sein könnte, wie dies ausdrücklich in § 199 Abs. 2 bis Abs. 4 BGB vorgesehen ist.

3. Schließlich geht das Gericht entgegen der Auffassung der Klägerseite davon aus, dass polizeiliche bzw. ordnungsrechtliche Eingriffsbefugnisse auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr nicht verwirkt werden können. Diesen Befugnissen kommt im öffentlichen Interesse ein überragendes Gewicht zu, das deren Verwirkung nicht zulässt. Polizeiliche bzw. ordnungsrechtliche Eingriffsbefugnisse, die die zuständigen Behörden unter den verschiedensten sachlichen Aspekten ermächtigen, gegen bestehende Störungen vorzugehen, stellen kein subjektives Recht dar, dessen Bestand oder Ausübung durch Nicht- oder Fehlgebrauch in Frage gestellt und daher in letzter Konsequenz verwirkt werden könnte.

Diese Eingriffsbefugnisse knüpfen vielmehr an das Vorhandensein einer Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bzw. einer Gefahr an und sind den zuständigen Behörden im öffentlichen Interesse an der Gewährleistung rechtmäßiger Zustände zur pflichtgemäßen Erledigung auferlegt. Dieses öffentliche Interesse an dieser zur pflichtgemäßen Erledigung übertragenen Aufgabe wird nicht dadurch geschmälert oder gar obsolet, dass zu deren Durchsetzung von der Behörde über längere Zeit hinweg nichts bzw. wenig unternommen worden ist (vgl. etwa Kopp/ Ramsauer, VwVfG, Komm., 10. Auflage, § 53 Rd.Nr. 44; Wolff/Bachhof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12.Auflage, § 37 Rd.Nrn. 17 ff.; vgl. insbesondere auch Beschlüsse des BVerwG vom 6.7.1984 Az. 1 DB 24.84, vom 1.7.1997 Az. 1 DB 8.97 und vom 13.10.2005 Az. 2 B 19.05 – juris; Urteile des VGH Mannheim vom 1.4.2008 Az. 10 S 1388/06 und vom 18.12.2007 Az. 10 S 2351/06 – juris).

III.

Der angefochtene Bescheid ist jedoch deswegen rechtswidrig und aufzuheben, weil er gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG verstößt.

Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung, der Entscheidungssatz im Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen, für den Adressaten des Verwaltungsakts so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass er sein Verhalten danach richten kann. Dabei ist bei der Ermittlung des Inhalts der Regelung nicht auf die Vorstellungen der Personen abzustellen, die innerhalb der Behörde die Entscheidung getroffen oder dabei mitgewirkt, den Verwaltungsakt verfasst, ausgefertigt oder in anderer Weise erlassen haben, sondern auf den objektiven Erklärungswert und Erklärungsinhalt des dem Betroffenen als Inhalt des Verwaltungsakts Mitgeteilten, so wie sich dieses dem Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben verstanden werden darf und muss. Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten gehen zu Lasten der Behörde.

Der Entscheidungsinhalt muss in diesem Sinn für den Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich sein und diesen in die Lage versetzen, zu erkennen, was genau von ihm gefordert wird bzw. was in der ihn betreffenden Sache geregelt oder verbindlich durch den Verwaltungsakt festgestellt wird. Wenn der Verwaltungsakt einen vollstreckbaren Inhalt haben soll, muss er darüber hinaus so bestimmt sein, dass er Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann. Dass die gebotene Bestimmtheit (erst) durch einen Rückgriff auf Unterlagen, die sich bei den Akten befinden, hergestellt werden kann, genügt grundsätzlich nicht (Urt. d. BVerwG v. 2.7.2008 Az. 7 C 38/07NVwZ 2009, S. 52; Urt. d. BVerwG v. 26.1.1990 Az. 8 C 69/87NuR 1991, S. 227; Urt. d. BVerwG v. 15.2.1990 Az. 4 C 41/87BVerwGE 84, S. 335).

Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet schon die unter Nr. 4 des angefochtenen Bescheids getroffene Anordnung, die die Klägerin – nur – zur Darstellung eines Untersuchungskonzepts verpflichtet.

Gemäß § 9 Abs. 2 BBodSchG kann die Behörde zwar anordnen, dass der Ordnungspflichtige die „notwendigen Untersuchungen“ zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen hat. Inhalt einer Anordnung nach § 9 Abs. 2 BBodSchG ist damit insbesondere die Durchführung der Detailuntersuchung gemäß § 3 Abs. 4 und 5 BBodSchV, wobei Art und Weise der Maßnahmen genau festzulegen sind. Die Detailuntersuchung – vgl. § 2 Nr. 4 BBodSchV – ist darauf gerichtet, das Gefahrenpotential abschließend festzustellen. Die Untersuchungsanordnung muss daher ergebnisorientiert darauf gerichtet sein, dass als Resultat der aufgegebenen Untersuchungen entweder das „Ob“ der Gefahr oder das Fehlen eines Sanierungsbedürfnisses zweifelsfrei feststeht. „Notwendig“ im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG sind also all jene Untersuchungen, die zu einem abschließenden Ergebnis hinsichtlich der Gefährdungsabschätzung kommen (vgl. Versteyl/Sondermann, Kommentar zum BBodSchG, RdNr. 34 zu § 9).

Solche, Art und Weise der Maßnahmen genau festlegende, ergebnisorientierte Untersuchungen, bei deren Anordnung sich die Behörde an den Vorgaben der Bundesbodenschutzverordnung bzw. an den Maßstäben des LfW-Merkblattes Nr. 3.8/1 vom 31. Oktober 2001 (vgl. Ziffern 2.2 und 3.2 dieses Merkblatts) zu orientieren hat, hat der streitgegenständliche Bescheid jedoch nicht angeordnet. Im Hinblick auf das Gebot hinreichender Bestimmtheit von Verwaltungsakten nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG und im Hinblick auf das Erfordernis in § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG „notwendige Untersuchungen“ anzuordnen, hält der streitgegenständliche Bescheid einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Für die – ausschließliche – Verpflichtung zur Erstellung eines Konzepts im Stadium der Gefährdungsabschätzung nach § 9 Abs. 2 BBodSchG fehlt es nämlich an der Rechtsgrundlage:

Das Bundes-Bodengesetz sieht die Anordnung der Vorlage von „Konzepten“ nur in der Form von Sanierungsplänen vor, wobei die Erstellung eines Sanierungsplans gemäß § 13 BBodSchG nur für qualifizierte Altlasten und – in Bayern – gemäß Art. 5 Abs. 2 BayBodSchG, der zwar auf § 13, nicht aber auf §§ 9 und 10 BBodSchG verweist, für qualifizierte schädliche Bodenveränderungen angeordnet werden kann. Dies ergibt sich aus der Gesetzessystematik, die Sanierungsplanung und Sanierungsuntersuchung gesondert im dritten Teil des Bundes-Bodenschutzgesetzes aufführt, der die Überschrift „Ergänzende Vorschriften für Altlasten“ trägt (siehe auch Art. 5 BayBodSchG: „Ergänzende Vorschriften für schädliche Bodenveränderungen und Verdachtsflächen“).

Solcher „ergänzender“ Vorschriften hätte es nicht bedurft, wenn bereits im Rahmen der §§ 9 und 10 BBodSchG, die sich ebenfalls auf schädliche Bodenveränderungen bzw. Altlasten beziehen, die Erstellung eines Sanierungskonzeptes hätte verlangt werden können. Kann jedoch im Falle der Sanierung einer schädlichen Bodenveränderung die Erstellung eines Sanierungsplans nicht verlangt werden, so gilt dies erst im Hinblick auf die Gefährdungsabschätzung und die in diesem Zusammenhang ergehenden Untersuchungsanordnungen, so dass für die Vorlage eines solchen Untersuchungskonzepts durch den Pflichtigen auch keine Notwendigkeit besteht (Urt. d. VGH Kassel v. 23.8.2004 Az. 6 TG 1119/03; Beschl. d. VG Augsburg v. 19.4.2005 Az. Au 7 S 04.1216 – juris).

Damit fehlt für die Anordnung eines Untersuchungskonzepts die Rechtsgrundlage und die „Notwendigkeit“ im Sinne des § 9 Abs. 2 BBodSchG, zumal weder aus den Gründen des streitgegenständlichen Bescheids vom 11. Januar 2008 noch aus der Klageerwiderung vom 4. März 2008 mit der erforderlichen Bestimmtheit hervorgeht, in welchem Umfang und insbesondere von wem das geforderte Konzept erstellt werden soll.

Zwar hat die Beklagte der Klägerin unter Nr. 6 des angefochtenen Bescheids aufgegeben, die Untersuchungen, die Probenahmen begleitende Analytik sowie die Erstellung der Gefährdungsabschätzung von zugelassenen Sachverständigen bzw. Untersuchungsstellen im Sinne des § 18 BBodSchG durchführen zu lassen. Gleiches ist jedoch nicht für die Erstellung des Konzepts geschehen, zumindest kann dies dem streitgegenständlichen Bescheid nicht entnommen werden. Dieser enthält unter Nr. 4 lediglich folgende Aussage: „Die im Rahmen der Detailuntersuchung geplanten Maßnahmen sind in einem Konzept darzustellen, dass dem Umweltamt der Stadt Weiden i.d.Opf. im Vorfeld der Untersuchungen zur Abstimmung vorzulegen ist.“

Der Klägerin hätte aber gerade für die Erarbeitung eines zielführenden Untersuchungsprogramms die Beiziehung von qualifizierten Sachverständigen und Untersuchungsstellen aufgegeben werden müssen (vgl. Beschl. d. VGH Kassel v. 23.8.2004 Az. 6 TG 1119/03; Urt. d. VG München v. 6.3.2001 Az. M 2 K 00.701; Beschl. d. VG Augsburg v. 19.4.2005 Az. Au 7 S 04.1216 – juris).

Zumindest hätte die Beklagte auf die einschlägigen Abschnitte des Merkblatts Nr. 3.8./1/4/5 des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaftsamt vom 31. Oktober 2008 Bezug nehmen (vgl. Beschl. d. BayVGH v. 17.3.2004 Az. 22 CS 04.362 – juris) und des Weiteren festlegen müssen, unter welchen fachlichen Mindestbedingungen die auf das Konzept folgenden Untersuchungen durchgeführt werden sollen.

Die Beklagte plante wohl, die Detailuntersuchung, die die Ermittlung der Schadenseintragungsorte auf den fraglichen Grundstücken zum Ziel hat, mehrstufig zu gestalten. Dies hätte jedoch vorausgesetzt, nach jedem durchgeführten Schritt eine weitere Anordnung mit dem nächsten Schritt gegenüber der Klägerin zu erlassen, da eine Detailuntersuchung in der Regel eine Vielzahl verschiedener Maßnahmen umfasst und insbesondere z.B. bei komplexen Altlasten oder schädlichen Bodenveränderungen als erster Schritt das Erstellen eines zielführenden Untersuchungsprogramms beinhaltet.

Diese mehrstufige Vorgehensweise hätte die Beklagte aber unter Orientierung an die Vorgabe in der Bundesbodenschutzverordnung bzw. am oben genannten LfW-Merkblatt (vgl. Punkte 2.2 und 3.2) in ihren Grundzügen bereits im streitgegenständlichen Bescheid vorzeichnen müssen, damit die Klägerin den wesentlichen Umfang ihrer Verpflichtung zur Durchführung einer Detailuntersuchung erkennen kann. Der Bescheid enthält jedoch keine Angaben dazu, welche Wirkungspfade überprüft werden sollen. Des weiteren enthält der Bescheid keine Angaben zu Art, Anzahl und Ort der Bodenaufschlüsse sowie zur Beprobungstiefe. Gleiches gilt für Maßnahmen zur weiteren Erkundung und Abgrenzung von Bodenluft- und Grundwasserverunreinigungen durch Festlegungen über Anzahl und Ort von Messstellen.

Der festgestellte Verstoß gegen die Bestimmtheitsanforderungen des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG erfasst deshalb – zwangsläufig – die Verfügungen unter Nrn. 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids. Denn bevor ein zielführendes Untersuchungsprogramm nicht angeordnet und in Abstimmung mit der wasserwirtschaftlichen Fachbehörde erstellt wird, ist nicht einmal im Ansatz erkennbar, welche Untersuchungen „nach Maßgabe dieses Bescheids“ durchzuführen sind. Untersuchungen der Bodenluft sollen zu berücksichtigen sein, werden aber ebenfalls nicht konkret angeordnet.

Im Ergebnis hat die Beklagte keine mehrstufige Verfahrensgestaltung gewählt, sondern den ersten gleichzeitig mit dem zweiten Schritt getan und dabei übersehen, dass der zweite Schritt erst unternommen werden kann, wenn das Untersuchungsprogramm nach Billigung durch die wasserwirtschaftliche Fachbehörde erarbeitet ist.

Nach alldem verstoßen die Verfügungen unter Nrn. 1, 2 und 4 des angefochtenen Bescheids gegen das Erfordernis hinreichender Klarheit von Verwaltungsakten nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Damit entfällt aber auch der Regelungsgegenstand der Nebenbestimmungen unter den Nrn. 3 und 5 bis 9 des streitgegenständlichen Bescheids. Mangels tragfähiger Grundlage sind diese ebenfalls aufzuheben.

Ungeachtet dessen kann die Zwangsgeldandrohung unter Nr. 8 des streitgegenständlichen Bescheids keinen Bestand haben. Die Androhung eines einzigen, einheitlichen Zwangsgelds zur Erzwingung eines vollständigen Handelns oder mehrerer Einzelmaßnahmen verstößt gegen den Grundsatz der Klarheit und Bestimmtheit von Verwaltungsakten, weil sie nicht erkennen lässt, ob und in welcher Höhe das Zwangsgeld bei nicht fristgerechter Erfüllung bei einer Anordnung fällig wird.

Im Übrigen reicht es im Zusammenhang mit Verwaltungsvollstreckungsmaßnahmen nicht aus, die betroffenen obligatorischen Nutzungsberechtigten auf den Flurnummern 1631 und 1631/1 der Gemarkung R… von der bevorstehenden Durchführung der geplanten Maßnahmen zu informieren. Vielmehr hätte es des Erlasses von Duldungsanordnungen gegenüber den Mietern bedurft (vgl. Beschl. d. BayVGH v. 11.7.2001 Az. 1 ZB 01.1255BayVBl 2002, S. 275; Urt. d. BayVGH v. 30.3.1997 Az. 367 II 74 – BayVBl 1977, S. 403; Urt. d. BayVGH v. 26.1.1981 Az. 103 XV 78 – BayVBl 1981, S. 272; Urt. d. BayVGH v. 6.4.1976 Az. 327 II 74 - BayVBl 1977, S. 52; Beschl. d. OVG Koblenz v. 8.12.2003 Az. 8 B 11827/03 – DÖV 2004, S. 305). Aus den Akten ist nämlich nicht zu entnehmen, dass die Betroffenen der Durchführung der geplanten Maßnahmen zugestimmt hätten.

Rein vorsorglich weist das Gericht abschließend auf das Erfordernis bescheidsnaher Messungen hin (Beschl. d. BayVGH v. 22.3.2001 Az. 22 ZS 01.738; Beschl. d. BayVGH v. 26.2.1998 Az. 22 CS 96.1174; Beschl. d. BayVGH v. 5.12.1996 Az. 22 B 96.2050 – juris). Die Untersuchungsergebnisse, die im wesentlichen im Rahmen der orientierenden Altlastenuntersuchung in den Jahren 2001 bis 2004 gewonnen worden sind, dürften aktuell nicht mehr ohne weiteres herangezogen werden können.

Nach alldem war der Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

 

Beschluss

Der Streitwert wird auf 18.000 € festgesetzt.

Gründe

Nach ständiger Praxis der Rechtsprechung orientiert sich die Streitwertbemessung am voraussichtlichen Aufwand für die Befolgung der strittigen Anordnung (vgl. BayVGH v. 23.1.2001 Az. 22 C 01.216 und vom 18.7.1998 Az. 22 C 98.1616; VGH Mannheim v. 3.9.2002 Az. 10 S 957/02 – juris).