Bayerisches LSG, Urteil vom 21.01.2010 - L 9 AL 489/05
Fundstelle
openJur 2012, 105639
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid desSozialgerichts Augsburg vom 18. Oktober 2005 wirdzurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Anzeige der Daten für die Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht (im Jahr 2002).

Der Kläger erstattete mit Schreiben vom 11. März 2003 der Beklagten die Anzeige für die Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht für das Jahr 2002, mit der sie auch die Ausgleichsabgabe berechnete. Die Arbeitsplatzzahl war mit 59,67 angegeben. Mit Schreiben vom 11. März 2003 teilte er der Regierung von Schwaben (Integrationsamt) mit, dass nach Auffassung des Arbeitsamtes K. Stellen von in Altersteilzeit beschäftigten Arbeitnehmern mit über 18 Wochenstunden, die sich in der Freizeitphase (Blockmodell) befinden, als Arbeitsplätze zu rechnen seien, auch dann, wenn für die Arbeitnehmer Ersatzkräfte eingestellt wurden. Dies bedeute, dass für einen tatsächlich vorhandenen und besetzten Arbeitsplatz zwei Arbeitsplätze angerechnet würden; dadurch entstünden dem Kläger Mehrausgaben in Höhe von 4.980 Euro. Gegen die Festsetzung der Ausgleichsabgabe legte er vorsorglich "Einspruch" ein. Die Regierung von Schwaben (Integrationsamt) leitete dieses Schreiben der Beklagten (Arbeitsamt K.) zu.

Mit Schreiben vom 17. März 2003 übersandte der Kläger der Beklagten (Arbeitsamt K.) eine berichtigte Anzeige für das Jahr 2002, in der die Zahl der Arbeitsplätze um zwei Arbeitsplätze von Mitarbeitern in der Freizeitphase der Altersteilzeit gekürzt wurde.

Mit Bescheid vom 10. April 2003 stellte die Beklagte fest, dass sie die anzuzeigenden Verhältnisse zur Beschäftigungspflicht und zur Berechnung der Ausgleichsabgabe aufgrund der ersten Anzeige des Klägers festgestellt habe. In der beim Arbeitsamt K. am 19. März 2003 eingegangenen berichtigten Anzeige seien die Arbeitsplätze um zwei Mitarbeiter in der Freistellungsphase der Altersteilzeit gekürzt worden. Da das Beschäftigungsverhältnis beider Mitarbeiter im Umfange von mindestens 18 Wochenstunden ruhe, seien beide Stellen auch als Arbeitsplatz zu zählen.

Der Kläger legte hiergegen am 28. April 2003 Widerspruch ein; nach der einschlägigen gesetzlichen Regelung würden Stellen als Arbeitsplätze nicht zählen, auf denen Personen beschäftigt werden, deren Arbeits-, Dienst- oder sonstiges Beschäftigungsverhältnis wegen Wehr- oder Zivildienstes, Elternzeit, unbezahlten Urlaubs oder wegen Bezugs einer Rente auf Zeit ruht, solange für sie eine Vertretung eingestellt ist. Auf den vorliegenden Fall treffe die Interessenwertung des Gesetzes zu; für die Mitarbeiter in der Freistellungsphase der Altersteilzeit, deren Arbeitspflicht ruhe, seien auch tatsächlich Vertretungen eingestellt worden.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2003 den Widerspruch zurück. Arbeitsplätze seien alle Stellen, auf denen Arbeitnehmer, Beamte usw. beschäftigt werden. Nach der gesetzlichen Regelung sei der Personenkreis der Arbeitnehmer in Altersteilzeit nicht ausdrücklich davon ausgenommen. Es gelte damit der Grundsatz, dass die Zahl der Arbeitsplätze sich nach den Beschäftigungsverhältnissen im rechtlichen Sinne richtet. Die Beschäftigungsverhältnisse der Arbeitnehmer in Altersteilzeit würden erst mit dem festgeschriebenen Ende (vorliegende Voraussetzungen für den Bezug der Altersrente) enden. Die Ausnahmeregelung für Arbeitnehmer, die Elternzeit oder unbezahlten Urlaub in Anspruch nehmen bzw. zum Wehr- oder Zivildienst einberufen werden, sei nicht entsprechend auf die Mitarbeiter in der Altersteilzeit anzuwenden.

Der Kläger hat am 4. August 2003 hiergegen Klage beim Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Es sei zwar richtig, dass die Altersteilzeit in der Ausnahmevorschrift nicht namentlich aufgezählt ist. Dies bedeute aber nicht, dass ein Beschäftigungsverhältnis in der Freistellungsphase der Altersteilzeit nicht auch unter diese Ausnahmeregelung fällt. Es liege ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers vor mit der Folge, dass die Ausnahmeregelung analog anzuwenden ist.

Demgegenüber ist die Beklagte der Auffassung, dass die Aufzählung der Stellen abschließend sei, die nicht als Arbeitsplätze zu werten sind. Soweit vom Kläger eine Entgeltzahlungspflicht des Arbeitgebers für die Freistellungsphase der Altersteilzeit zwar eingeräumt, aber dazu angeführt wird, dass der Entgeltanspruch schon vor der Freistellungsphase erarbeitet und dann mit den Aufstockungsbeträgen nur ausbezahlt würde, könne damit nicht begründet werden, dass in der Freistellungsphase der Altersteilzeit ein Arbeitsverhältnis nicht mehr bestehe. Die Entgeltzahlung sei ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu den gesetzlich geregelten Ausnahmen.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 18. Oktober 2005 die Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 25. November 2005, mit der er wie zuvor geltend macht, es liege ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers insoweit vor, als er die Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit nicht in die Ausnahmeregelung aufgenommen habe. Auch bei ihnen würde das Beschäftigungsverhältnis ruhen und es sei für die Beschäftigten in der Altersteilzeit eine Vertretung eingestellt worden. Der Gesetzgeber habe die ungerechtfertigte Ungleichstellung auch erkannt und mit Wirkung vom 1. Mai 2004 die Arbeitnehmer in der Altersteilzeit in der Freistellungsphase (Verblockungsmodell) in die Ausnahmeregelung aufgenommen.

Der Kläger beantragt:

1. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 18. Oktober 2005 aufgehoben.

2. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 10. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2003 verurteilt, die Feststellung gemäß § 80 Abs. 2 SGB IX für das Kalenderjahr 2002 auf der Grundlage der berichtigten Anzeige des Klägers vom 17. März 2003 zu treffen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Gründe

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143,144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die Berufung ist unbegründet.

19Es handelt sich im vorliegenden Fall um eine Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 SGG bezüglich des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Unter Rechtsverhältnis versteht man die Rechtsbeziehungen zwischen Personen oder Personen und Gegenständen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Es geht im vorliegenden Fall um ein konkretes Rechtsverhältnis, nämlich die Angabe der Zahl der Arbeitsplätze in der Anzeige gemäß § 80 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) IX. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Zahl der Arbeitsplätze im Sinne des § 73 SGB IX, weil diese Zahl maßgebende Grundlage für die Beschäftigungspflicht im Sinne des § 71 SGB IX und die Berechnung der Ausgleichsabgabe gemäß § 77 SGB IX ist. Für das berechtigte Interesse an der Feststellung genügt auch ein wirtschaftliches Interesse, das vom Kläger mit 4.980 Euro bewertet worden ist.

Die angefochtenen Bescheide sind nicht zu beanstanden. Gemäß § 80 Abs. 2 SGB IX haben die Arbeitgeber dem für ihren Sitz zuständigen Arbeitsamt einmal jährlich bis spätestens zum 31. März für das vorangegangene Kalenderjahr, aufgegliedert nach Monaten, die Daten anzuzeigen, die zur Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung ihrer Erfüllung und der Ausgleichsabgabe notwendig sind. Der Anzeige ist das nach § 80 Abs. 1 SGB IX geführte Verzeichnis der beschäftigten Schwerbehinderten, der gleichgestellten behinderten Menschen und sonstigen anrechnungsfähigen Personen beizufügen. § 73 SGB IX enthält in Abs. 1 eine Definition des in Teil 2 des SGB IX enthaltenen Begriffs Arbeitsplätze und nimmt in Abs. 2 durch eine abschließende Aufzählung die dort genannten Arbeitsplätze aus, indem sie nicht als Arbeitsplätze gelten (!) sollen.

Im vorliegenden Fall ist noch die frühere Fassung des § 73 SGB IX vom 19. Juni 2001 (BGBl I S. 1046) anzuwenden, die vom 1. Juli 2001 bis 31. Dezember 2003 gegolten hat. Arbeitsplätze im Sinne des Teil 2 sind danach alle Stellen, auf denen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Beamte und Beamtinnen, Richter und Richterinnen sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden.

Die im streitigen Zeitraum (2002) geltende Ausnahmeregelung des § 73 Abs. 2 SGB IX nahm von dem Begriff Arbeitsplatz die Stellen aus, auf denen Personen beschäftigt werden, deren Arbeits-, Dienst- oder sonstiges Beschäftigungsverhältnis wegen Wehr- oder Zivildienstes, Elternzeit, unbezahlten Urlaubs oder wegen Bezugs einer Rente auf Zeit ruht, solange für sie eine Vertretung eingestellt ist. Mit der Neufassung der Ausnahmeregelung des § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX durch das Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen vom 23. April 2004 (BGB I S. 606) hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1. Mai 2004 Abs. 2 Nr. 7 geändert. Er hat unter Beibehaltung der aufgezählten Tatbestände noch die Person hinzugenommen, deren Arbeits-, Dienst- oder sonstiges Beschäftigungsverhältnis bei Altersteilzeitarbeit in der Freistellungsphase (Verblockungsmodell) ruht.

Entgegen dem Kläger kann weder die bis 31. Dezember 2003 geltende Regelung des § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX analog auf die beiden Beschäftigten in Altersteilzeit angewendet werden, noch kann die ab 1. Mai 2004 geltende Neuregelung bereits im Jahr 2002 herangezogen werden.

Der Begriff "Arbeitsplatz" im Sinne des § 73 Abs. 1 SGB IX wird näher durch den räumlich-gegenständlichen Bereich bestimmt, der "Stelle" genannt wird. Es wird ohne Berücksichtigung dieses Begriffes an den Bestand einer arbeitsvertraglichen oder sonstigen Beschäftigungsbeziehung angeknüpft. Es gilt hier nicht die im Verwaltungsrecht übliche Begrifflichkeit von Stellenplan und Stelle. Unerheblich ist daher, ob die entsprechende Stelle in einem Stellenplan ausgewiesen wird. Es geht hier um den Begriff Stelle in einem umfassenden Sinn zur funktionalen und gegebenenfalls auch örtlichen Abgrenzung des Tätigkeitsbereichs eines Beschäftigten innerhalb des Betriebs, der Dienststelle oder des Haushalts.

Unter Beschäftigung im Sinne des § 73 SGB IX ist hier jede Art von Tätigkeit zu verstehen, die in Abhängigkeit von einer anderen Person erfolgt. Eine Zuordnung der beiden Arbeitnehmer des Klägers in Altersteilzeit unter den Ausnahmefall des § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX ist nicht möglich, weil diese Vorschrift eine abschließende Aufzählung von Personengruppen enthält, zu denen die Fälle der Altersteilzeit nicht gehören. Nicht nur wegen der abschließenden Aufzählung, sondern auch wegen der Fiktion der Ausnahme ("gelten nicht") ist eine analoge Anwendung des § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX auf Personen in Altersteilzeit zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Auch wenn die ab 1. Mai 2004 geltende Neufassung des § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX durch die Aufnahme des Tatbestands Altersteilzeit in der Freistellungsphase (Verblockungsmodell) die sinnvolle Regelung bezweckt, dass bei der Berechnung der Zahl der Arbeitsplätze und des Umfangs der Beschäftigungspflicht die Stelle nur einmal gezählt wird, die der Altersteilzeitarbeitnehmer frei gemacht und welche der Arbeitgeber aus Anlass des Übergangs des Beschäftigten in die Altersteilzeit nach den altersteilzeitrechtlichen Vorschriften wieder mit einem neu eingestellten Arbeitnehmer besetzt hat, sind die Verwaltung und das Gericht gleichwohl an die im streitigen Zeitraum geltende frühere Fassung des § 73 SGB IX gebunden (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz). Der Gesetzgeber hat das Problem der Doppelzählung gelöst, aber dabei nicht verkannt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem in Blockfreizeit befindlichen Altersteilzeitarbeitnehmer weiter fortbesteht (vgl. Düwell in Dau u.a., SGB IX, 2. Aufl., § 73, Rn. 2 m.w.N.).

Dass die beiden Arbeitnehmer des Klägers in der Freistellungsphase nicht mehr arbeiten, sondern deren Stelle mit zwei anderen Arbeitnehmern besetzt ist, ändert nichts daran, dass die Arbeitnehmer in der Freistellungsphase weiterhin nach § 73 Abs. 1 SGB IX a.F. als Beschäftigte gezählt werden mussten. Der Senat greift hier auf die im Sozialrecht geltende Regelung des Beschäftigungsverhältnisses in § 7 SGB IV zurück. Er übersieht dabei nicht, dass es im vorliegenden Fall nicht um die Beurteilung eines Versicherungsverhältnisses geht, sondern um Schwerbehindertenrecht. In § 7 SGB IV kommt jedoch übergreifend für das gesamte Sozialrecht eine gesetzliche Definition des Begriffs Beschäftigungsverhältnis zum Ausdruck.

Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Es handelt sich hier um einen Rechtsgrundsatz zur Abgrenzung von der selbstständigen Tätigkeit und um die Regelung einer Grundvoraussetzung, die für die einzelnen Zweige der Sozialversicherung gilt und die durch die jeweiligen dortigen gesetzlichen Regelungen über die Versicherungspflicht, Versicherungsfreiheit, Befreiung von der Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung ergänzt wird.

Für die Altersteilzeit ist § 7 Abs. 1a SGB IV anzuwenden: Ist für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung Arbeitsentgelt fällig, das mit einer vor oder nach diesen Zeiten erbrachten Arbeitsleistung erzielt wird (Wertguthaben), besteht während der Freistellung eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt, wenn 1. die Freistellung aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung erfolgt und 2. die Höhe des für die Zeit der Freistellung und des für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate monatlich fälligen Arbeitsentgelts nicht unangemessen voneinander abweichen und diese Arbeitsentgelte 400 Euro übersteigen. Nach dieser Regelung kann ein Beschäftigungsverhältnis auch ohne tatsächliche Arbeitsleistung fortbestehen, wenn der Arbeitsvertrag rechtlich weiterbesteht. Es handelt sich hier um eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass tatsächliche Arbeitsleistung zu einem bestimmten Zeitabschnitt eine Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechts begründet. Die Vorschrift stellt überdies klar, dass während der Freistellungszeit das Beschäftigungsverhältnis auch ohne Fortsetzungswillen der Beteiligten aufrechterhalten bleibt (Lüdtke in Winkler, SGB IV, 2007, § 7, Rn. 19 mit Hinweis auf die Bundestags-Drucksache 13/9741 S. 9). Rechtsfolge ist im Wege einer Fiktion, dass auch während der Freistellungszeit durchgehend eine entgeltliche Beschäftigung bestanden hat.

Der Senat schließt sich zudem der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) an, die auch während der Freistellungsphase bei Altersteilzeit ein Beschäftigungsverhältnis zu Grunde legt. Mit Urteil vom 25. August 2004 (SozR 4-2500 § 243 Nr. 1), das eine beitragsrechtliche Frage in der gesetzlichen Krankenversicherung betrifft, hat das BSG festgestellt, dass ein Beschäftigungsverhältnis auch ohne tatsächliche Erbringung von Arbeitsleistung bestehen kann. Mit Urteil vom 24. September 2008 (NJW 2009,1772 = BSGE 101, 273) hat es entschieden, dass die Versicherungspflicht des Arbeitnehmers im Rahmen der Beschäftigtenversicherung nicht bereits mit der Freistellung von der Arbeit endet, sondern bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses fortbestanden hat. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG (unter Fortentwicklung der Auffassung des Reichsversicherungsamtes) setzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht zwingend eine tatsächliche Arbeitsleistung voraus. Deren Erbringung ist für die Annahme eines "Vollzuges" zwar stets hinreichend, keinesfalls aber immer notwendig. Im Sinne der ausreichenden Gewährleistung öffentlich-rechtlichen Versicherungsschutzes liegt vielmehr ein ausreichender Vollzug der auf die Erbringung abhängiger Arbeit gerichteter Rechtsverhältnisse unter anderem auch dann vor, wenn der Dienstverpflichtete bei Fortbestand des rechtlichen Bandes aufgrund gesetzlicher Anordnung oder durch eine besondere vertragliche Abrede von seiner - damit jeweils als grundsätzlich weiter bestehenden vorausgesetzten -- Leistungspflicht befreit wird. § 7 Abs. 1a SGB IV, der im Sinne einer übergreifenden Regelung Zweifel am (Fort-)Bestehen einer entgeltlichen Beschäftigung im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Flexibilisierung der Arbeitszeit beseitigen soll (Bundestags-Drucksache 13/9741 S. 9 und 13/9818 S. 10), bestätigt dies für die spezialgesetzlich erfasste Fallgruppe der Freistellung von der Arbeitspflicht bei durchgehender Entgeltzahlung auf der Grundlage von Wertguthaben. Im Übrigen wurde auch im Gesetzgebungsverfahren davon ausgegangen, dass es einer Regelung für weitere Fälle fehlender Arbeitserbringung wie etwa bei Erholungsurlaub, Krankheit oder einer Freistellung für Bildungsmaßnahmen unter Entgeltfortzahlung nicht bedürfe und insofern von der Fortgeltung einer "gefestigten Rechtsprechung" auszugehen sei, in die nicht eingegriffen werden solle.

In dem letztgenannten Urteil verweist das BSG auf einzelne Fälle der Existenz eines Beschäftigungsverhältnisses trotz fehlender Arbeitsleistung. So ist innerhalb des in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnisses unstreitig, dass gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV auch derjenige bleibt, der gemäß § 275 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch bzw. § 1 ff. Bundesurlaubsgesetz von der Verpflichtung zur Arbeit frei wird. Ferner hat das BSG eine Beschäftigung auch dann angenommen, wenn bei einer einseitigen Freistellung von der Pflicht zur Erbringung abhängiger Arbeit eine anschließende Fortsetzung der Beziehungen im Blick auf eine bereits konkretisierte Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr beabsichtigt war (Hinweis auf BSG vom 18. September 1973, BSGE 36,161). Ebenso hat die Rechtsprechung des BSG eine begrenzte Fortsetzung der Beschäftigung in Übereinstimmung mit dem Arbeitsverhältnis angenommen, wo über den Bestand des Arbeitsverhältnisses im Rahmen arbeitsgerichtlicher Verfahren gestritten wurde (Hinweis auf BSG vom 25. September 1981, BSGE 52, 152). Diese Rechtsprechung wurde mit Urteil vom 25. Oktober 1990 (12 RK 40/89) auch auf den Fall erstreckt, dass die Parteien im arbeitsgerichtlichen Vergleich bei entgeltlicher Freistellung des Arbeitnehmers von jeglicher Arbeitsleistung bis dahin einen zeitlich nach dem Vergleichsschluss liegenden zukünftigen Zeitpunkt für das Ende des Arbeitsverhältnisses festlegen. Dabei wurde hingenommen, dass eine Wiederaufnahme der tatsächlichen Arbeitsleistung nicht mehr vorgesehen war.

Nach Auffassung des Senats ist diese Rechtsprechung über die Annahme einer Beschäftigung trotz endgültiger Freistellung von der Arbeit als weitere Begründung heranzuziehen, dass die beiden Stellen der Arbeitnehmer des Klägers, die sich in der Freistellungsphase befinden, als Arbeitsplätze im Sinne des § 73 Abs. 1 SGB IX a.F. zu zählen sind.

Soweit sich der Kläger demgegenüber auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beruft, das entschieden hat, dass der in der Freistellungsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses befindliche Arbeitnehmer nicht beschäftigt ist (BAG vom 25. Oktober 2000 BAGE 96 163), ist der Senat der Ansicht, dass diese Rechtsprechung hier nicht anzuwenden ist, weil sie für das Betriebsverfassungsrecht gilt. Im dortigen Fall hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass der betreffende Arbeitnehmer mit Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit nach dem Blockmodell die Voraussetzung seiner Wählbarkeit verloren hatte; damit war seine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat beendet. Diese Entscheidung betrifft nicht eine sozialrechtliche Problematik, sondern die Wählbarkeit eines Arbeitnehmervertreters für den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft.

Für die Kostenentscheidung gilt §197a Abs. 1 SGG. Gehört danach in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen (dies sind im Wesentlichen Versicherte, Leistungsempfänger, behinderte Menschen) werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben. Die §§ 154 bis 162 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gelten entsprechend. Damit trägt der Kläger die Kosten der Berufung; denn nach § 154 Abs. 2 VwGO fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. Dies ist hier der Kläger.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG); der Rechtsstreit betrifft nicht mehr geltendes Recht.