Bayerischer VGH, Urteil vom 08.12.2009 - 2 B 09.2257
Fundstelle
openJur 2012, 105262
  • Rkr:
Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. Juli 2008 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt, den Beklagten zur Erteilung eines im September 2006 beantragten Vorbescheids zur Errichtung eines Wildparks zu verpflichten. Der Standort des geplanten Wildparks befindet sich auf einem ca. 15 ha großen Gelände, welches bis 2003 als Flugabwehrraketenstellung der Bundeswehr genutzt wurde. Der Wildpark soll 11 Gehege umfassen, einen Abenteuerspielplatz, eine Picknickwiese, 100 Kfz- und 6 Busstellplätze. Die vorhandenen baulichen Anlagen sollen funktional umgenutzt werden. Weiter soll ein Kiosk mit Imbiss eingerichtet werden, welcher mit jeweils ca. 100 Innen- sowie Außensitzplätzen ausgestattet ist. Der Beigeladene verweigerte sein Einvernehmen. Mit Bescheid vom 14. August 2007 lehnte der Beklagte den Vorbescheidsantrag ab. Das Vorhaben sei nicht privilegiert und beeinträchtige öffentliche Belange. Von dem Wildpark seien keine solchen Störungen für die Umgebung zu erwarten, dass lediglich eine Außenbereichslage in Betracht komme. Das Vorhaben sei vielmehr auch im Innenbereich denkbar. Die straßen- und wegemäßige Erschließung sei nicht ausreichend gesichert. Durch das steigende Verkehrsaufkommen sei ein Ausbau der Zufahrtsstraßen notwendig.

Am 24. September 2007 erhob der Kläger hiergegen Klage mit dem Antrag, den beantragten Vorbescheid zu erteilen.

Mit Urteil vom 16. Juli 2008 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten auf und verpflichtete ihn, über den Antrag auf Erlass eines Vorbescheids unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen wies das Verwaltungsgericht die Klage ab.

Die Errichtung eines Wildparks im Außenbereich sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert. Ein Wildpark stelle besondere Anforderungen an die Umgebung, habe eine nachteilige Wirkung auf die Umgebung und sei nach seiner Zweckbestimmung nur im Außenbereich zu verwirklichen. Der Wildpark benötige einen großen Flächenbedarf, welcher weder im Innenbereich noch in einem beplanten Bereich im Gebiet des Beigeladenen vorhanden sei. Auch das Erscheinungsbild eines Wildparks stelle besondere Anforderungen an die Umgebung. Er solle sich gerade im naturnahen und landschaftlich weitgehend unberührten Gelände befinden. Die nachteiligen Wirkungen auf die Umgebung ergäben sich hier daraus, dass von den Tieren Geruch ausgehe und durch den Zu- und Abfahrtsverkehr der Besucher Lärm verursacht werde. Das Vorhaben könne wegen seiner Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden, weil Besucher in naturnaher Umgebung sich erholen sollten und die gehaltenen Wildtiere in freier Landschaft und ihrem Lebensraum betrachtet werden sollten. Der Wildpark solle gerade im Außenbereich ausgeführt werden, weil er singulären Charakter habe. Die Errichtung weiterer Wildparks mit derselben Gestaltung und konkreter Nutzung wie derjenige des Klägers sei nicht zu erwarten. Der singuläre Charakter des Wildparks ergebe sich hier bereits aus der Besonderheit des konkreten Standortes, einer ehemaligen Flugabwehrraketenstellung. Der zu errichtende Wildpark diene auch dem Allgemeininteresse, weil er der Öffentlichkeit zugänglich sein solle. Die Errichtung des Wildparks stelle eine sinnvolle Nachfolgenutzung des Geländes in der bereits vorhandenen Bebauung dar und führe letztlich zu einer Aufwertung des Außenbereichs an dieser Stelle.

Dem stehe auch nicht die gewerbliche Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht durch den Gastronomiebetrieb entgegen, weil die Gaststätte das privilegiert zulässige Vorhaben lediglich ergänze. Öffentliche Belange, die dem Vorhaben entgegenstehen, seien nicht ersichtlich. Die im Flächennutzungsplan dargestellte Fläche für Landwirtschaft sei keine konkrete standortbezogene Aussage, die einem privilegierten Vorhaben nach Abs. 1 entgegenstehen könne. Dem Vorhaben könne auch nicht der öffentliche Belang der Planungsbedürftigkeit entgegengehalten werden, weil es sich um ein privilegiertes Vorhaben handele, welches planartig dem Außenbereich zugewiesen sei. Das Vorhaben stehe des Weiteren nicht im Widerspruch zu verbindlichen Zielen der Raumordnung, denn die Ausweisung im Regionalplan Region 17 als landschaftliche Vorbehaltsfläche sei nicht beeinträchtigt, weil der geplante Wildpark gerade naturnah unter Erhaltung der landschaftlichen Umgebung gestaltet werden solle. Das Vorhaben erscheine dem Gericht auch nicht wegen fehlender gesicherter Erschließung bauplanungsrechtlich unzulässig. Klärung bedürfe hier allerdings noch die Frage, ob für die Zufahrtsstraße tatsächlich eine befestigte Straßenbreite von sechseinhalb Meter erforderlich und ob auf der Bundesstraße eine Linksabbiegespur notwendig sei. Insoweit sei die Sache noch nicht spruchreif, so dass der Beklagte zu verpflichten gewesen sei, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Vorbescheidsantrag erneut zu entscheiden.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung des Klägers verfolgt dieser sein Klagebegehren weiter. Er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. Juli 2008 insoweit aufzuheben, als der Beklagte verpflichtet wurde, über den Antrag auf Erlass eines Vorbescheids unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden und als die Klage im Übrigen abgewiesen wurde, sowie

die Beklagte zu verpflichten, den Vorbescheid im beantragten Umfang zu erteilen.

Die Fragen 1, 2 und 3 des Vorbescheidsantrags seien ohnehin vorbehaltlich der Frage der Erschließung gestellt worden, gleiches gelte für die Fragen 5 und 8. Aber auch hinsichtlich der Frage der Erschließung sei Spruchreife gegeben. Insbesondere aus der gutachtlichen Stellungnahme des Verkehrsbüros ergebe sich eindeutig, dass Bedenken im Hinblick auf die ausreichende Erschließung nicht bestünden. Insbesondere sei auch eine Linksabbiegespur auf der Bundesstraße nicht erforderlich. Jedenfalls wäre eine Linksabbiegespur, wenn überhaupt, bereits aufgrund der bestehenden Situation ohne das streitgegenständliche Bauvorhaben erforderlich. Es sei überhaupt zweifelhaft, ob dies noch eine Frage der Erschließung des geplanten Vorhabens sei.

Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof ebenfalls zugelassenen Berufung des Beklagten wendet sich dieser insgesamt gegen das geplante Vorhaben. Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. Juli 2008 in Ziffer I Satz 1 und Satz 2 abzuändern, die Klage insgesamt abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der vom Kläger geplante Wildpark sei offensichtlich nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert. Wie die Vielzahl von ähnlichen Wildparks in der Umgebung zeige, habe das Vorhaben des Klägers gerade keinen singulären Charakter. Dies gelte genauso für den Standort der ehemaligen Raketenabwehrstellung. Nicht der Standort verleihe einem Vorhaben Einzigartigkeit, sondern die Einzigartigkeit des Vorhabens müsse den besonderen Standort rechtfertigen. Ein überwiegendes allgemeines Interesse am klägerischen Vorhaben werde nicht dadurch begründet, dass die Anlage für jedermann zugänglich sei. Das Vorhaben sei auch nicht erforderlich. Der beantragte Wildpark mit der angeschlossenen Gastronomie, den Spielplatzanlagen und den zahlreichen Kfz- und Busparkplätzen möge dem Erholungsinteresse einer relativen Allgemeinheit durchaus dienen, erforderlich sei er dafür jedoch nicht. Ganz besonders gelte dies für die geplante Gastronomie. Beim geplanten Vorhaben sei mit der Gastronomie und den Stellplätzen eine erhebliche bauliche Verfestigung vorgesehen, die dazu führe, dass dem gesamten Projekt keine Privilegierung mehr zukommen könne. Als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtige das Vorhaben öffentliche Belange. Das Vorhaben widerspreche der Darstellung im Flächennutzungsplan, der eine Fläche für Landwirtschaft vorsehe. Das Vorhaben beeinträchtige die Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Die geplanten Stellplätze führten zu weiteren großflächigen Bodenversiegelungen und beeinträchtigten die natürliche Eigenart der Landschaft. Dem Vorhaben stehe auch der ungeschriebene öffentliche Belang des Planungserfordernisses entgegen. Dem Vorhaben fehle schließlich auch die nach § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB erforderliche gesicherte Erschließung.

Der Kläger ist der Berufung des Beklagten entgegengetreten und beantragt, diese zurückzuweisen.

Das streitgegenständliche Vorhaben diene gerade nicht dazu, individuelle Erholungs- und Freizeitwünsche zu bevorzugen. Bei der Wildparknutzung werde im Gegensatz zu Campingplätzen, Golfplätzen und Modellflugplätzen, welche jeweils die Realisierung des Hobbys eines relativ kleinen Personenkreises ermöglichen sollen, die Allgemeinheit insgesamt angesprochen. Im Übrigen seien die verlangten Eintrittsgelder im unteren Bereich und für jedermann erschwinglich. Das Vorhaben habe auch keine Vorbildfunktion. Die Errichtung eines Wildparks stelle sehr spezifische Anforderungen an die Umgebung, sei es, dass eine ausreichende Anbindung an Erschließungsanlagen trotz der Entfernung zu immissionssensiblen baulichen Nutzungen zwingend erforderlich sei, oder dass für die Akzeptanz derartiger Einrichtungen bei den Besuchern stets ein landschaftlich möglichst reizvoller Standort gefunden werden müsse. Mit einer großen Anzahl an Folgeprojekten zum streitgegenständlichen Vorhaben sei daher nicht zu rechnen. Das Vorhaben des Klägers sei auch nicht mit bereits bestehenden Wildparks zu vergleichen. Bei den bestehenden Anlagen handele es sich um Freizeitparks und nicht wie beim Kläger um reine Wildparknutzung. Im Übrigen sei anzumerken, dass keines der nach einhelliger Rechtsprechung und Kommentarliteratur gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegierten Vorhaben wirklich einzigartig oder vorbildlos sei. Weiter sei bei der Frage des singulären Charakters des streitgegenständlichen Vorhabens auch der geplante Standort innerhalb einer ehemaligen Flugabwehrraketenstellung der Bundeswehr von Bedeutung. Dieser Standort mache das Vorhaben einzigartig. Zwar solle der Wildpark mit wirtschaftlicher Zielsetzung betrieben werden. Gerade Wildparks hätten jedoch noch eine darüber hinausgehende Funktion für die Bevölkerung. Sie böten der Allgemeinheit die Möglichkeit, heimische Tiere, die in freier Wildbahn kaum noch anzutreffen seien, zu betrachten. Auch der Streichelzoo ermögliche es Kindern, in unmittelbaren Kontakt mit den dort gehaltenen Tieren zu treten. Es sei daher in Ansehung des streitgegenständlichen Wildparks ein öffentlicher Bedarf festzustellen, der sich qualitativ gerade über den reinen Vergnügungs- und Erholungswert hinausbewege. Insoweit lasse sich der Wildpark gut mit anderen, häufig nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu beurteilenden Betrieben der Intensivtierhaltung vergleichen. Die geplanten Infrastruktureinrichtungen wie die Stellplätze, die Zuwegung sowie der Spielplatz nähmen an der Privilegierung des Wildparks teil. Gleiches gelte für die geplante Gastronomie. Zum einen sei der vorgesehene Gastronomieteil insbesondere wegen der ortsfernen Lage des geplanten Wildparks erforderlich, um die Besucher des Wildparks mit Speisen und Getränken zu versorgen. Das im Rahmen der Betriebsbeschreibung des Vorhabens dargestellte Gastronomiekonzept zeige, dass keinesfalls eine vollwertige gastronomische Versorgung geplant sei, sondern lediglich ein beschränktes Angebot. Auch sei die Größe des Gastronomieteils in Anbetracht der Dimensionierung des Wildparks angemessen. Selbst wenn man einzelne der vorgenannten Anlagen als bauplanungsrechtlich unzulässig einstufen wolle, hätte nur eine Teilablehnung des streitgegenständlichen Vorbescheidsantrages erfolgen dürfen. In Frage 3 des eingereichten Fragenkataloges sei eine entsprechende Aufteilung nach den einzelnen baulichen Anlagen vorgenommen worden. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange sei nicht zu besorgen. Die Darstellung der Fläche im Flächennutzungsplan als Fläche für Landwirtschaft könne einem privilegierten Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Eine Beeinträchtigung der Eigenart der Landschaft finde nicht statt. Die neu hinzukommenden baulichen Anlagen seien von außen aufgrund der Geländesituation und der vorhandenen Bewuchssituation nicht sichtbar und könnten das Landschaftsbild daher nicht beeinträchtigen. Ein Planungserfordernis sei nicht ersichtlich. Das Vorhaben nutze im Wesentlichen den bereits vorhandenen Baubestand aus. Schließlich verstoße das geplante Vorhaben nicht gegen den Grundsatz der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs. Der vorhandene Baubestand sei eine nicht von der Hand zu weisende Tatsache.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen. Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Gründe

I.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet.

Die Verpflichtungsklage des Klägers ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheides (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 75 Abs. 1 BayBO 1998 kann vor Einreichung des Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn zu einzelnen in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erteilt werden. Gemäß Art. 75 Abs. 2, 72 Abs. 1 BayBO 1998 darf ein Vorbescheid nur versagt werden, wenn das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Der Beklagte hat den Vorbescheid zu Recht versagt, weil das Vorhaben des Klägers bauplanungsrechtlich unzulässig ist. Denn als sonstiges Vorhaben beeinträchtigt es öffentliche Belange (§ 35 Abs. 3 BauGB).

20Bei der Errichtung eines Wildparks in dem vom Kläger beantragten Umfang handelt es sich um kein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB, so dass sich seine Zulässigkeit als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB richtet.

Bei dem Vorhaben handelt es sich zunächst nicht um einen ortsgebundenen gewerblichen Betrieb, welcher nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB privilegiert ist. Danach ist ein Gewerbe im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB nur dann ortsgebunden, wenn es nach seinem Gegenstand und seinem Wesen ausschließlich an der fraglichen Stelle betrieben werden kann. Hierfür genügt nicht, dass sich der Standort aus Gründen der Rentabilität anbietet oder gar aufdrängt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Betrieb auf die geographische oder die geologische Eigenart der Stelle angewiesen ist, weil er an einem anderen Ort seinen Zweck verfehlen würde (vgl. BVerwG vom 5.7.1975 Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 112 und vom 7. 5.1976 BVerwGE 50, 346). Es fehlt an dieser vorausgesetzten spezifischen Gebundenheit, wenn der Standort im Vergleich mit anderen Stellen zwar Lagevorteile bietet, das Vorhaben aber nicht damit steht oder fällt, ob es hier und so und nirgendwo anders ausgeführt werden kann (BVerwG vom 16.6.1994 BVerwGE 96, 95). Einen bloßen Lagevorteil im Sinne dieser Rechtsprechung stellt es dar, wenn wie hier bei der Errichtung des Vorhabens zumindest zum Teil auf die bestehenden Erschließungswege und Gebäude der ehemaligen Raketenabwehrstellung zurück gegriffen werden kann.

Das Vorhaben des Klägers ist aber auch nicht gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert. Danach ist im Außenbereich ein Vorhaben bevorzugt zulässig, wenn es "wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll". Diese Voraussetzungen erfüllt der von dem Kläger geplante Wildpark nicht.

§ 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB stellt einen Auffangtatbestand für solche Vorhaben dar, die von den übrigen Regelungen des § 35 Abs. 1 BauGB nicht erfasst werden und nach den Grundsätzen städtebaulicher Ordnung, wenn überhaupt, sinnvoll nur im Außenbereich ausgeführt werden können, weil sie zur Erreichung des mit ihnen verfolgten Zweckes auf einen Standort außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile angewiesen sind. Seine tatbestandliche Weite ist durch erhöhte Anforderungen an die im Gesetz umschriebenen Privilegierungsvoraussetzungen auszugleichen, da sich nur so das gesetzgeberische Ziel erreichen lässt, den Außenbereich in der ihm vornehmlich zukommenden Funktion - der Land- und Forstwirtschaft sowie der Erholung für die Allgemeinheit zur Verfügung zu stehen - vor einer unangemessenen Inanspruchnahme zu schützen. Denn mit der Privilegierung verbindet sich ein erheblich gesteigertes Durchsetzungsvermögen gegenüber hinderlichen öffentlichen Belangen. Die potentiell störende Belastung, die sich hieraus für die jeweils berührten öffentlichen Belange ergibt, muss sich aus der Art des Vorhabens rechtfertigen lassen. Das Tatbestandsmerkmal des „Sollens“ setzt demgemäß eine Wertung voraus, ob nach Lage der Dinge das Vorhaben wegen seiner Zweckbestimmung hier und so sachgerecht nur im Außenbereich untergebracht werden kann. Unabhängig davon, ob der Kläger auch auf einen Standort im Innenbereich verwiesen werden kann, ist zu prüfen, ob das Vorhaben überhaupt im Außenbereich zugelassen werden soll (vgl. BVerwG vom 6. 9.1999 NVwZ 2000, 678 und BVerwG vom 16. 6.1994 a.a.O.). Hiervon kann indes noch keine Rede sein, wenn der mit dem Vorhaben verfolgte Zweck zwar billigenswert, ja sogar allgemein erwünscht, die damit verbundene bauliche Verfestigung jedoch als außenbereichsinadäquat zu qualifizieren ist (vgl. BVerwG vom 14.3.1975 a.a.O.)

Nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB sind nur solche Vorhaben privilegiert, die über eine individuelle und die Allgemeinheit ausschließende Nutzung des Außenbereichs hinausgehen. Am Merkmal des "Sollens" i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB fehlt es immer dann, wenn gegenüber dem allgemeinen Bedürfnis nach Erholung in der freien Natur, dem der Außenbereich dient, individuelle Freizeitwünsche bevorzugt werden sollen (BVerwG vom 9.9.2004 BauR 2005, 1136; BVerwG vom 10.2.2009 - 7 B 46.08 – juris). Die Privilegierung setzt daher voraus, dass die Durchführung des Vorhabens im Außenbereich gerade durch die besondere Eigenart des Vorhabens erfordert wird. „Erforderlich" in diesem Sinne ist das, was getan werden muss, damit die privilegierte Tätigkeit ausgeübt werden kann (vgl. BVerwG vom 23.11.1995 Buchholz 406.11 § 35 Nr. 315, m. w. N.). Einschränkend hat das Bundesverwaltungsgericht hervorgehoben, dass diese Vorschrift Vorhaben privilegieren will, die singulären Charakter haben, jedenfalls nicht in einer größeren Zahl zu erwarten sind und deshalb nicht das Bedürfnis nach einer vorausschauenden förmlichen Bauleitplanung im Außenbereich auslösen (vgl. BVerwG vom 16.6.1994, a. a. O.). Als Privilegierungstatbestand ist § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB kein geeignetes Instrument, im Außenbereich Bau- oder Nutzungswünsche zu steuern, die „Vorbildwirkung" für weitere gleichartige Wünsche haben.

Hier verweist der Beklagte zu Recht darauf, dass in der Region bereits mehrere, vom Konzept ähnliche Wildparks bzw. Wildgehege existieren und bereits aus diesem Grund nicht von einem singulären Charakter gesprochen werden kann. Wildparks zeichnen sich wie andere Freizeitparks insbesondere dadurch aus, dass sich der Betreiber einer großflächigen - nicht frei zugänglichen - Vergnügungsanlage mit einer bestimmten Konzeption, die regelmäßig ein entgeltliches Vergnügungsangebot beinhaltet, an potenzielle Besucher wendet (vgl. hierzu SächsOVG vom 7.12.2007 SächsVBl 2008, 115). Es mag zwar sein, dass sich ein Wildpark typischerweise im Außenbereich besser verwirklichen lässt, als in den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen. Aus der Tatsache, dass ein Vorhaben einem zulässigen und sinnvoll nur im Außenbereich zu verwirklichenden Zweck dient, folgt jedoch noch nicht, dass es nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB bevorzugt im Außenbereich ausgeführt werden soll (BVerwG vom 13.3.1975 BVerwGE 48, 109). Das Bedürfnis nach Erholung in der freien Natur für die Allgemeinheit ist dem Außenbereich zugeordnet. Zwar können auch Freizeitanlagen wie der geplante Wildpark solchen Erholungsbedürfnissen dienen, jedoch widerspricht die Tatsache, dass die Anlage nur für zahlende Besucher offen steht, dieser Zweckbestimmung. Deshalb schließt § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB Vorhaben, die der Erholung einzelner unter Ausschluss der Allgemeinheit dienen, von der Privilegierung aus (BVerwG vom 27.6.1983 Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 204). Vorhaben, die der Freizeitgestaltung eines vom Betreiber zugelassenen Personenkreises dienen, fallen damit grundsätzlich nicht unter § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Deren Bauherren müssen sich auf die Möglichkeiten förmlicher Bauleitplanung verweisen lassen (OVG Lüneburg vom 6.10.1988 NuR 1989,443, Roeser in: Berliner Kommentar BauGB, § 35 Anm. 43,48 m.w.N.). Vorstehende Erwägungen treffen im Besonderen auf den im Wildpark geplanten Beherbergungsbetrieb zu. Dieser ist mit seinen jeweils 100 Innen- und Außenplätzen nicht von unerheblichem Ausmaß und prägt das Gesamtvorhaben mit. Im Unterschied zu Ausflugsgaststätten in Naturparks bzw. Berg- und Skihütten (vgl. dazu Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35 Anm. 57) wird nicht ein Versorgungsbedarf bedient, der im Außenbereich ohnehin vorhanden ist, sondern einer, der erst durch die Errichtung des geplanten Vorhabens entsteht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der geplante Wildpark die vorhandene Bebauung teilweise ausnützt. Grundsätzlich prägt eine aufgegebene Nutzung den Außenbereich nicht. Deshalb begünstigt § 35 Abs. 4 BauGB in einem abschließenden Katalog nur in ausgewählten Einzelfällen die Nutzungsänderung oder Wiederherstellung von Gebäuden im Außenbereich.

Damit ist das streitgegenständliche Vorhaben nicht privilegiert, sondern als sonstiges Vorhaben zu beurteilen. Nach § 35 Abs. 2 BauGB können sonstige Vorhaben nur zugelassen werden, "wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt".

Die Fläche, auf dem das Vorhaben verwirklicht werden soll, ist im Flächennutzungsplan des Beigeladenen als landwirtschaftliche Fläche gekennzeichnet. Folglich widerspricht das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplanes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) und ist bereits deswegen planungsrechtlich unzulässig. Mit dieser Darstellung hat der Beigeladene seine planerischen Vorstellungen derart konkretisiert, dass keine andere Bebauung erfolgen soll. Diese planerische Aussage hat zwar eine abgeschwächte Aussagekraft, weil sich dort nach wie vor die Gebäude und die Infrastrukturanlagen der aufgegebenen Luftraketenabwehrstellung befinden und die Fläche daher für eine landwirtschaftliche Nutzung weniger geeignet sein dürfte. Gleichwohl wird mit der Darstellung des Flächennutzungsplanes deutlich, dass nach den Planvorstellungen des Beigeladenen auf dem Gelände der Flugabwehrstellung eine Bebauung in Zukunft nicht zugelassen werden soll.

Durch die Errichtung des geplanten Wildparks ist weiter die Verfestigung bzw. Erweiterung eines Splittersiedlung zu befürchten (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB), weil mit der geplanten Nutzung an dem vorhandenen Standort jetzt eine neue Nutzung im Außenbereich - wieder - aufgenommen würde, die nicht außenbereichsverträglich ist.

30Die öffentlichen Belange, die der Gesetzgeber in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB aufzählt, haben im Übrigen nur beispielhaften Charakter. Zu den nicht benannten öffentlichen Belangen gehört auch das Erfordernis einer förmlichen Planung. Die Zulassung eines Außenbereichsvorhabens kann am öffentlichen Belang des Planungserfordernisses scheitern. Ein solches Erfordernis liegt vor, wenn das Vorhaben einen Koordinierungsbedarf auslöst, dem nicht das Konditionalprogramm des § 35 BauGB, sondern nur eine Abwägung im Rahmen einer förmlichen Planung angemessen Rechnung zu tragen vermag (BVerwG vom 1.8.2002 BVerwGE 117, 25). Nach der Rechtsprechung hängt es im Wesentlichen vom Umfang des Vorhabens ab, ob eine Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung einer baulichen Anlage im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB ohne eine verbindliche Bauleitplanung öffentliche Belange beeinträchtigt. Dabei kommt es darauf an, in welcher Weise sich ein beabsichtigtes Vorhaben in seiner Substanz und in seinen Auswirkungen in die vorhandene Umgebung einfügt. Das Erfordernis der Planbedürftigkeit muss im Einzelfall nach Lage der Dinge konkretisiert werden. Mehrere Gesichtspunkte können dafür ausschlaggebend sein. Ob ein Vorhaben planerischer Steuerung bedarf, wird zunächst davon abhängen, welche Probleme die Einordnung des Vorhabens in seine Umgebung aufwirft. Dafür geben die in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB benannten öffentlichen Belange bereits wichtige Merkmale. Lässt sich die Koordination der Belange sachgerecht letztlich nur im Wege einer Abwägung sicherstellen, so ist dies auch ein hinreichendes Anzeichen für bodenrechtlich relevante Auswirkungen, die geeignet sind, ein Planungsbedürfnis auszulösen (BVerwG vom 11.8.2004 Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 363). Das Freigelände des Wildparks soll sich auf einer Fläche von 15 ha erstrecken, elf Gehege, einen Abenteuerspielplatz, eine Picknickwiese, 100 Kfz- und sechs Busstellplätze sowie einen Kiosk mit Imbiss, welcher mit jeweils ca. 100 Innen- und Außensitzplätzen ausgestattet ist, umfassen. Damit handelt es sich um einen Freizeitpark (vgl. OVG Lüneburg v. 22.5.2006 Az. 9 ME 155/06, juris, RdNr. 6), und zwar mit einer Größe von mehr als 10 ha, für den nach § 3 b Abs. 1 UVPG i.V.m. Anlage 1 Nr. 18.3.1 im Falle der Aufstellung eines Bebauungsplanes zwingend eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Hiermit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass für Freizeitparks dieser Größe generell erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten sind (vgl. Sangenstedt in: Landmann/Rohmer, UmweltR, § 3 b UVPG RdNr. 1). Ob bereits dieser Umstand für sich gesehen ein erhebliches Konfliktpotential begründet, welches ein Planungsbedürfnis auslöst, wofür einiges spricht, kann dahin stehen; denn es ist jedenfalls ein gewichtiger Anhaltspunkt für den ungeschriebenen Belang des Planungserfordernisses. Betrachtet man nun noch die absolute Größe des Vorhabens und den damit verbundenen Verkehr sowie die zumindest schwierige Erschließungssituation, so kann das streitgegenständliche Vorhaben nur als allein im Wege der Bauleitplanung realisierbar eingeschätzt werden. Im vorliegenden Fall dürfte das Erfordernis der Bauleitplanung dem Vorhaben des Klägers sogar entgegen stehen, so dass es auch als ein nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertes Vorhaben unzulässig wäre (vgl. BVerwG vom 1.8.2002 - 4 C 5.01 – a.a.O., vom 11.8.2004 a.a.O.)

Ohne dass es noch darauf ankommt, sei schließlich auf die Bedenken des Senats hinsichtlich der Erschließung des Vorhabens (§ 35 Abs. 2 BauGB) hingewiesen. Eine straßenmäßige Erschließung ist nämlich nur gesichert, wenn das Baugrundstück über eine Straße angefahren werden kann, die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht für den zu erwartenden An- und Abfahrtsverkehr ausreicht. Eine öffentliche Straße ist in rechtlicher Hinsicht jedenfalls dann geeignet, wenn sich der zu erwartende Verkehr im Rahmen der Widmung hält. Dies ist bei Gemeindestraßen nach den landesrechtlichen Vorschriften des Straßen- und Wegegesetzes zu beurteilen. Das Baugrundstück soll über einen öffentlichen Feld- und Waldweg erschlossen werden, der zwar ausgebaut, aber teilweise lediglich 3,50 Meter breit ist. Nach Art. 53 Nr. 1 BayStrWG sind öffentliche Feld- und Waldwege Straßen, die der Bewirtschaftung von Feld- und Waldgrundstücken dienen. Dabei ist der öffentliche Feld- und Waldweg zwar nicht auf eine reine Nutzung durch land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge, auch nicht auf einen bestimmten Personenkreis oder eine bestimmte Verkehrsart beschränkt (vgl. Edhofer/Willmitzer, Kommentar zum BayStrWG, Art. 53, Ziffer 2.; Schmid in Zeitler, Kommentar zum Straßen- und Wegegesetz, RdNr. 14 zu Art. 53). Aber die Widmung eröffnet keine allgemeine Anfahrmöglichkeit mit Personen- und Versorgungsfahrzeugen für ein Grundstück (vgl. BayVGH v. 31.1.2001 Az. 14 ZS 00.3418). Ob der Feld- und Waldweg den durch das Vorhaben ausgelösten Verkehr, der angesichts der vorgehaltenen 100 Pkw-Stellplätze und sechs Busstellplätze nicht unerheblich sein dürfte, nach seinem Ausbauzustand überhaupt aufnehmen kann, erscheint überdies mehr als fraglich.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig (§ 127 VwGO), aber nicht begründet. Aus den unter I genannten Gründen ist seine Klage in vollem Umfang abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 f. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

 

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren und - in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 16. Juli 2008 - für das verwaltungsgerichtliche Verfahren werden auf je 50.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1, § 47, § 63 Abs. 3 GKG).