VG Ansbach, Urteil vom 16.12.2009 - AN 15 K 09.01147
Fundstelle
openJur 2012, 104951
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf von Waffenbesitzkarten. Die Beklagte hatte ihr am 17. Oktober … die Waffenbesitzkarte Nr. … und am 3. August … die Waffenbesitzkarte Nr. … ausgestellt, in die insgesamt drei Waffen eingetragen sind.

Auf Grund einer waffenrechtlichen Überprüfung der Zuverlässigkeit, wies das Kriminalfachdezernat … in … auf eine Durchsuchung der Wohnräume bei der Klägerin hin.

Nach einem vorgelegten Aktenvermerk des Kriminalfachdezernats … vom 9. April … hatte sich das Bundeskriminalamt mit dem Kriminalfachdezernat am 9. März … im Rahmen einer Ermittlung gegen einen Waffenhändler in Verbindung gesetzt und mitgeteilt, dass sich der Ehemann der Klägerin illegal im Besitz erlaubnispflichtiger Schusswaffen befinden solle. Auf Grund eines beim Amtsgericht … erwirkten Durchsuchungsbeschlusses hätten sich Kriminalpolizei und Beamte des Bundeskriminalamtes am selben Tag zur Wohnung der Klägerin begeben.

Weiter wird in diesem Aktenvermerk und im Aktenvermerk vom 9. April …, die beide von Kriminalhauptkommissar … (im Folgenden: Zeuge ….) erstellt wurden, unter anderem ausgeführt, dass die Klägerin, als sie gegen 15.00 Uhr, kurz vor Eintreffen der Beamten des Bundeskriminalamtes, das Haus am 9. März … verlassen hatte, weil sie Altpapier wegbringen wollte, an ihrem Fahrzeug angesprochen worden sei. Anschließend sei man mit ihr in die Wohnung zurückgegangen, wo sich der Ehemann zu diesem Zeitpunkt allein aufgehalten habe. Bereits zu Beginn der Maßnahme sei aufgefallen, dass die Tür des Tresorraums, der für die Waffenaufbewahrung gedacht sei, offen gestanden und daher auch für den Ehemann der Klägerin frei zugänglich gewesen sei. Innerhalb des Tresorraums hätten sich zwar noch zwei weitere Tresore befunden, in die Einiges an Waffen und Munition eingesperrt gewesen sei, jedoch sei der Schlüsselbund, an dem sich auch die Schlüssel für die Tresore befunden hätten, an der Tür zum Tresorraum gesteckt und sei für den Ehemann der Klägerin zugänglich gewesen. Weiterhin sei eine Verpackungseinheit mit Munition im Kaliber .… offen auf dem Küchentisch und damit im Zugriffsbereich des Ehemanns der Klägerin gelegen. Im Tresorraum hätten sich noch weitere waffenrechtlich relevante Gegenstände befunden, für die weder die Klägerin noch der Ehemann eine Erlaubnis hätten vorweisen können und die auch nicht Gegenstand einer Überlassungsvereinbarung gewesen seien.

Im Rahmen der Anhörung ließ die Klägerin unter anderem vortragen, alle schussfähigen Waffen und die Munition, die sich im Haushalt befunden hätten, seien in zwei den Vorschriften entsprechenden Waffenschränken verwahrt gewesen. Um den Aufforderungen der Beamten nachzukommen, habe die Klägerin die verschlossenen Waffenschränke mit ihren Schlüsseln geöffnet. Diese hätten jedoch nicht an der Tür zum Tresorraum gesteckt. Sie hätten sich an dem persönlichen Schlüsselbund der Klägerin befunden, welchen sie zwar schnell griffbereit gehabt, jedoch nicht für ihren Ehemann zugänglich offen an einer Tür stecken gelassen habe. Der Klägerin sei durchaus bewusst, dass sie ihrem Ehemann keinen Zugang zu den Waffen ermöglichen dürfe. Sie verwahre die Schlüssel stets in ihrem persönlichen Schlüsselbund, dessen genauer Aufenthaltsort nur ihr bekannt gewesen sei.

Mit Bescheid vom 5. Juni 2009 widerrief die Beklagte die beiden waffenrechtlichen Erlaubnisse der Klägerin (Nr. I. des Bescheids). Für den Fall, dass die Klägerin bis 10. Juli 2009 keinen empfangsbereiten Berechtigten für die am 9. März … sichergestellten Waffen und die ebenfalls am 9. März … sichergestellte Munition benenne, würden die näher bezeichneten Gegenstände eingezogen und verwertet (Nr. II.).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Erlaubnisse seien zu widerrufen gewesen, weil nachträglich Tatsachen eingetreten seien, die zur Versagung hätten führen müssen. Es sei die Annahme, dass die Klägerin Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahre bzw. Personen überlassen werde, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt seien, gerechtfertigt. Bei der Hausdurchsuchung am 9. März … sei festgestellt worden, dass die Tür zum Tresorraum offen gestanden und der Tresorraum damit für den Ehemann der Klägerin auch während ihrer Abwesenheit frei zugänglich gewesen sei. Zwar seien innerhalb des Tresorraums zwei Tresore, in die Waffen und Munition der Klägerin eingesperrt gewesen seien. Der Schlüsselbund, an dem sich die Schlüssel für die Tresore befunden hätten, habe aber an der Tür zum Tresorraum gehangen, so dass der Ehemann der Klägerin auf ihn habe zugreifen können. Überdies sei in der Küche auf einem Tisch eine Packung mit Patronen Kaliber .… gelegen, die gleichfalls im Zugriffsbereich des Ehemanns der Klägerin gewesen seien. Weiter seien im frei zugänglichen Tresorraum eine Pistole im Kaliber .… und zwei Griffstücke für Maschinenpistolen der Marke … gewesen, für die weder die Klägerin noch ihr Ehemann waffenrechtliche Erlaubnisse gehabt hätten. Auch wenn nach Angaben des Bevollmächtigten der Ehemann diese Gegenstände illegal erworben habe, habe aber die Klägerin von der Aufbewahrung dieser Gegenstände im Waffenraum gewusst. Als sachkundige Inhaberin waffenrechtlicher Erlaubnisse habe sie zumindest Vorkehrungen treffen müssen um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhanden kommen könnten.

Mit der fristgerecht am 2. Juli 2009 erhobenen Klage wandte sich die Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung. Der Durchsuchungsbeschluss sei dem Ehemann der Klägerin, der zugleich der im Beschluss genannte Zeuge gewesen sei, zu Beginn der Maßnahmen nicht vorgelegt worden, vielmehr hätten die Polizeibeamten Zugang in die Wohnung unter dem Vorwand erlangt, dass Gefahr im Verzug sei. In der Wohnung hätten sie dem Ehemann der Klägerin erklärt, dass er jetzt Beschuldigter sei und sie die Wohnung durchsuchen würden. Den fehlenden Durchsuchungsbeschluss für die Maßnahme nach § 102 StPO hätten sie mit Gefahr im Verzug begründet, obwohl die Maßnahme am späten Nachmittag eines Wochentags stattgefunden habe, als eine richterliche Entscheidung wohl zu bekommen gewesen wäre. Diesbezüglich laufe eine gerichtliche Überprüfung beim Amtsgericht ….

In der Wohnung hätten die Polizeibeamten die unverschlossene Werkstatt des Ehemanns der Klägerin gefunden. Dieser Raum werde im angegriffenen Bescheid als Tresorraum bezeichnet. Zwar habe er früher dem Ehemann der Klägerin bei der Ausübung seines Gewerbes als Waffenhändler mit den entsprechenden Befugnissen gedient. Nach Widerruf dieser Befugnisse sei er aber nur Werkstatt und Aufbewahrungsraum. In dieser Werkstatt hätten sich zwei den Sicherheitsklassen entsprechende Waffenschränke befunden, die zu Beginn der Maßnahme vom 9. März … auch verschlossen gewesen seien. Dort hätten sich die Waffen der Klägerin befunden. Die Waffenschränke der Klägerin seien geschlossen und für keine andere Person zugänglich gewesen. Die Schlüssel für die Schränke habe ausschließlich die Klägerin gehabt, wobei ihr durchaus bewusst gewesen sei, dass ihr Ehemann nicht mehr über die notwendigen waffenrechtlichen Befugnisse verfüge. Aus diesem Grund habe sie stets das Notwendige getan, um die in ihrem Eigentum stehenden Waffen dem Zugriff ihres Gatten zu entziehen. Die Schlüssel, die die beiden verschlossenen Waffenschränke in der Werkstatt geöffnet hätten, seien an einem Schlüsselbund angehängt gewesen, der ausschließlich im Gewahrsam der Klägerin gewesen sei. Sowohl die Klägerin als auch ihr Ehemann hätten stets angegeben, dass der Schlüssel zu den Waffenschränken nicht an der Tür zur Werkstatt gesteckt sei. Der Ehemann der Klägerin habe ohnehin keine Ahnung gehabt, wo sich der Schlüssel konkret befunden habe. Die Tür zum „Tresorraum“ sei nur mit einem Zifferschloss ausgestattet, in dem kein Schlüssel stecken könne, wie sich aus den vorgelegten Lichtbildern ergebe. Zutreffend sei, dass zu dem Zeitpunkt, als die Beamten der Polizei die Wohnung betreten hätten, auf dem Küchentisch Patronen des Kalibers .… gelegen seien. Die Klägerin habe vor der Maßnahme im Rahmen ihres Schießsports trainiert und für den Rücktransport habe sie, den gesetzlichen Vorgaben entsprechend, die Waffe und die Patronen getrennt voneinander transportiert, wobei sie die Patronen in die Jackentasche gesteckt habe. Die Waffe habe sie sodann, zu Hause angekommen, in den Waffenschrank gesperrt. Als sie unmittelbar, bevor sie von den Beamten des Kriminalkommissariats … angesprochen worden sei, beschlossen habe, einen Karton mit Altpapier in den Wagen zu stellen, habe sie beim Anziehen der Jacke bemerkt, dass die Restpatronen sich noch in der Tasche befänden. Sie habe diese dann schnell auf den Küchentisch gelegt, in der sicheren Gewissheit, in wenigen Minuten wieder zurück zu sein. Bei Würdigung des gesamten Sachverhalts könne nicht von einer unwiderlegbaren Unzuverlässigkeit ausgegangen werden, weil kein erhebliches nachweisbares Fehlverhalten der Klägerin vorliege. Weil schon kein wiederholter oder gröblicher Verstoß nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG vorliege, bei dem die Vermutung der Zuverlässigkeit ausgeräumt werden könne, könne erst recht nicht die „unwiderlegbare Vermutung“ nach § 5 Abs. 1 WaffG eingreifen, für die die Schwelle deutlich höher liegen müsse.

Dass die Klägerin neun Stück Restpatronen in einer Munitionsschachtel in der Jackentasche transportiert habe, sei nicht verwerflich. Nicht zu vernachlässigen sei auch die Aufregung, in die sie durch das Auftreten der Polizei geraten sei. Ohne Benennung des konkreten Tatverdachts habe man sie bereits durchsucht und sei ihr zudem in die Wohnung gefolgt, wo die Maßnahme fortgesetzt worden sei, wobei auch hier, bis zum Eintreffen der Beamten des Bundeskriminalamts, nicht konkretisiert worden sei, was gesucht werde. In ihrem Bestreben, sich den Beamten gegenüber korrekt zu verhalten, habe die Klägerin die auf dem Tisch liegende Schachtel mit den einzelnen Patronen vergessen. Allein auf Grund dieser einzigen Unachtsamkeit, die in einer Situation erhöhter Anspannung auftrete, die Waffenerlaubnisse zu entziehen, erscheine ermessenswidrig. Wo sich die Schlüssel der Klägerin vor dem Aufschließen der beiden Waffenschränke befunden hätten, könne sie auf Grund der verstrichenen Zeit und der Stresssituation während der Durchsuchung nicht mit Gewissheit sagen. Sie gehe aber davon aus, dass sie die Schlüssel bei sich geführt habe.

Der Aktenvermerk der Kriminalpolizei vom 10. August …, wonach einer der Waffenschränke schon vor der Durchsuchung geöffnet gewesen sei, sei unzutreffend und stehe in Widerspruch zum zeitnäheren Aktenvermerk vom 21. April …, in dem ausgeführt worden sei, dass in den beiden Waffenschränken einiges an Waffen und Munition eingesperrt gewesen sei. Der Ehemann könne bezeugen, dass beide Waffenschränke erst im Beisein des Zeugen …. geöffnet worden seien.

Die Klägerin stellt den Antrag,

den Bescheid der Beklagten vom 5. Juni 2009 aufzuheben.

Weiter beantragt sie,

„die Vollziehung des Bescheids wird rückgängig gemacht, die in Ziffer II. des Bescheids aufgezählten Gegenstände werden an die Klägerin herausgegeben“.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, Gründe, an den polizeilichen Feststellungen zu zweifeln, seien nicht vorhanden. Die Darstellung der Klägerin sei weiterhin nicht präzise. Insbesondere würden auch konkrete Angaben dazu fehlen, wo sich die Schlüssel befunden haben sollen und wie die Klägerin sicherstelle, dass ihr Ehemann, dem die waffenrechtliche Eignung fehle und der deshalb seine Erlaubnisse zurückgegeben habe, nicht in deren Besitz gelange. Die Klägerin wäre selbst dann waffenrechtlich unzuverlässig, wenn man lediglich den unstreitigen Sachverhalt heranziehen würde. Dass die Klägerin Munition zunächst in ihrer Jacke aufbewahrte, danach offen auf dem Küchentisch ablegte und dort selbst dann noch liegen ließ, als sie aus dem Haus ging, stelle einen gravierenden Verstoß gegen die aus § 36 Abs. 1 WaffG resultierenden Sorgfaltspflichten dar. Aus dem gesamten Geschehensablauf werde deutlich, dass die Klägerin banalen Tätigkeiten, wie dem Entsorgen von Altpapier, mehr Bedeutung als der sicheren Aufbewahrung von Munition beimesse. Des Weiteren bezog sich die Beklagte auf einen Aktenvermerk des Zeugen …. vom 10. August ….

In diesem Aktenvermerk wird unter anderem ausgeführt, eine Möglichkeit, einen Schlüssel in ein dafür vorgesehenes Schlüsselloch zu stecken, sei an der Tresorraumtür tatsächlich nicht vorhanden. Die Schlussfolgerung, die Schlüssel hätten gesteckt, beruhe auf der Wahrnehmung, dass die Klägerin bei Annäherung an die offen stehende Tür eine Handbewegung um die Tür herum in Richtung Außenseite, Türschloss, gemacht habe und sodann einen Schlüsselbund in der Hand gehalten habe, an dem die Schlüssel für die im Tresorraum befindlichen Waffenschränke hingen. Es sei auch vorstellbar, dass der Schlüsselbund an der dortigen Türklinke hing und von dort abgenommen worden sei. Insofern sei die Folgerung, dass der Schlüsselbund „steckte“ zu berichtigen. Die anlässlich des Schreibens der Klägerseite durchgeführte Auswertung des Fotomaterials der Durchsuchung habe ergeben, dass der größere der beiden Waffenschränke nachweislich offen gestanden sei. Dies sei anhand der beigelegten Fotos belegbar. Die Aufnahmen habe Kriminalkommissar … (im Folgenden: Zeuge ….) gefertigt, nachdem der Unterfertigte den Inhalt des kleineren Tresors zusammen mit der Klägerin überprüft gehabt und die vorgelegten Überlassungsvereinbarungen in Augenschein genommen gehabt habe. Der Unterfertigte habe daraufhin, vor Beginn weiterer Durchsuchungsmaßnahmen, die Aufnahme der Bilder angeordnet. An dem größeren Waffenschrank habe die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nur ein innen liegendes, gesondert schließbares Fach geöffnet gehabt. Die Durchsuchungsmaßnahmen hätten noch nicht stattgefunden gehabt. Auf dem Foto sei der Waffenschrank jedoch mit geöffneten Türen zu sehen und am Boden davor stehe ein Koffer, der ein Öffnen oder Schließen der Türen unmöglich mache. Da vom Betreten des Raums bis zum Zeitpunkt der Aufnahme des Schranks dieser Koffer von keinem der Durchsuchungskräfte, auch nicht von der Klägerin und ihrem Ehemann bewegt worden sei, hätten die Waffenschranktüren gar nicht geschlossen gewesen sein können. Im Waffenschrank hätten sich große Teile der Munition befunden, die die Klägerin bis dahin legal besessen habe. Ihre Waffen seien zwar innerhalb des Waffenschranks in einem weiteren verschließbaren Fach eingesperrt gewesen, der Ehemann habe aber damit auch ohne Schlüssel Zugriff auf die offen in dem Schrank gelagerte Munition gehabt.

In der mündlichen Verhandlung hat die Kammer Beweis erhoben durch Einvernahme von vier bei der Durchsuchung am 9. März … anwesenden Personen als Zeugen. Hierbei wiederholte der Zeuge …. seine Angaben zum Offenstehen der Tür des größeren Waffenschranks der Klägerin und gab u. a. noch an, er könne sich nicht daran erinnern, wo die Klägerin ihre Schlüssel, mit denen sie dann anschließend den kleinen Tresor geöffnet habe, hergeholt habe.

Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Sitzungsniederschrift und die beigezogene Behördenakte der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage war abzuweisen, weil sie unbegründet ist. Der Bescheid der Beklagten vom 5. Juni 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I.

Zu Recht hat die Beklagte die mit den beiden Waffenbesitzkarten erteilten Erlaubnisse mit Bescheid vom 5. Juni 2009 widerrufen.

Das zum maßgebenden Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung anzuwendende Waffengesetz vom 11. Oktober 2002, in Kraft mit Wirkung vom 1. April 2003 (BGBl I S. 3970, ber. S. 4592), bestimmt in § 45 Abs. 2 WaffG, dass Erlaubnisse nach diesem Gesetz zu widerrufen sind, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Diese Voraussetzungen sind nach Überzeugung der Kammer gegeben, so dass die Beklagte zum Widerruf verpflichtet war.

Auch die schon vor dem 1. April … erteilten Waffenbesitzkarten sind Erlaubnisse „nach diesem Gesetz“ im Sinne des hier anwendbaren § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG, wie sich aus der in der Übergangsvorschrift des § 58 Abs. 1 WaffG angeordneten Weitergeltung der Waffenbesitzkarten nach altem Recht ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.5.2007, NVwZ 07, 1201). Weiter sind nachträglich Tatsachen eingetreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Gemäß § 10 WaffG wird nämlich die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Waffen durch eine Waffenbesitzkarte erteilt. Voraussetzung hierfür ist nach § 4 Abs. 1 Ziffer 2 WaffG unter anderem, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt (§ 5 WaffG).

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit u. a. Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren werden. Weiter besitzen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c WaffG die erforderliche Zuverlässigkeit u. a. Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.

Diese Bedingungen für eine fehlende Zuverlässigkeit und damit für einen Widerruf sind im vorliegenden Fall nebeneinander erfüllt, wobei die tatsachengestützte berechtigte Besorgnis einer nicht sorgfältigen Verwahrung oder einer Überlassung an Nichtberechtigte je für sich die Annahme einer fehlenden Zuverlässigkeit gerechtfertigt hätten.

Nach den polizeilichen Feststellungen hatte die Klägerin eine Verpackungseinheit mit (erlaubnispflichtiger) Munition im Kaliber .… offen auf dem Küchentisch liegengelassen, als sie das Haus verließ, um ihren Pkw mit zu entsorgendem Abfall zu beladen (vgl. die Aktenvermerke der Kriminalpolizei vom 9.4. und 21.4.… und die Aussage des Zeugen …. in der mündlichen Verhandlung). Soweit die Klägerin hierzu einwendet, sie sei wegen des Auftretens der Polizei aufgeregt gewesen und habe in ihrem Bestreben, sich korrekt gegenüber den Beamten zu verhalten, die auf dem Tisch liegende Schachtel mit Patronen vergessen (Schriftsatz vom 30.7.…), handelt es sich um eine Schutzbehauptung, wenn sie damit geltend machen will, ohne ihre Aufregung hätte sie die Patronen nicht an dieser Stelle liegen lassen. Dies steht nämlich in Widerspruch zu ihren zeitnäheren Angaben, dass sie noch, bevor sie von den Beamten angesprochen worden war, den Entschluss gefasst hatte, Abfall zu entsorgen und dabei die Munition bemerkte, die sie noch in der Tasche hatte, welche sie dann, in der Gewissheit, in wenigen Minuten wieder zurück zu sein, auf den Küchentisch legte (Schriftsatz vom 2.7.…). Dies entspricht auch den Feststellungen der Polizei, wonach die Klägerin das Haus zur Beseitigung von Altpapier verlassen hatte, sie an ihrem Fahrzeug von der Polizei angesprochen wurde und wonach die Schachtel bereits auf dem Tisch lag, als die Klägerin mit der Polizei wieder das Haus betrat. Der Einwand der Klägerin ist daher nicht geeignet, einen Verstoß gegen die Pflicht zur sorgfältigen Verwahrung auszuräumen. Vielmehr zeigt dieses Verhalten, dass sie Munition nicht sorgfältig aufbewahrte. Um diese Verpflichtung zu erfüllen, sind nämlich die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, die verhindern, dass Waffen oder Munition abhanden kommt oder sie Dritte unbefugt an sich nehmen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG). Weiter hatte die Klägerin damit ihrem in der Wohnung anwesenden Mann, der, wie sie wusste, nicht zum Besitz von Waffen oder Munition berechtigt ist, die tatsächliche Gewalt über Munition eingeräumt, sie ihm also als einem Nichtberechtigten überlassen (§ 1 Abs. 4 WaffG i. V. m. Anlage 1 Abschn. 2 Nr. 3 zum WaffG). Für ein Überlassen genügt, wenn einem Nichtberechtigten die Möglichkeit eingeräumt wird, sich selbständig der Waffe oder Munition zu bedienen. Die Aufgabe der eigenen tatsächlichen Gewalt ist hierzu nicht erforderlich (BVerwG, Urteil vom 6.12.1978, 1 C 7.77, Buchholz 402.5 WaffG Nr. 13; BayVGH, Beschluss vom 18.12.2001, BayVBl 2002, 767).

Hinzu kommt, dass die Klägerin nahezu ihre gesamte erlaubnispflichtige Munition im größeren der beiden Waffenschränke aufbewahrte, dessen Tür ebenso bereits geöffnet war, bevor seine Durchsuchung begann, wie schon die Tür zum Raum, in dem die beiden Waffenschränke stehen. Zwar macht die Klägerin im Einklang mit ihrem in der mündlichen Verhandlung als Zeugen angehörten Ehemann (im Folgenden: Zeuge ….) geltend, dass der größere Waffenschrank geschlossen gewesen sei und dass auch der Zeuge …. den Umstand, er sei geöffnet gewesen, in seinen Aktenvermerken vom April nicht erwähnt habe. Dass dieser größere der beiden Waffenschränke geöffnet war, steht jedoch zur Überzeugung des Gerichts auf Grund des Aktenvermerks der Kriminalpolizei vom 10. August … und der Aussage des Zeugen …. in der mündlichen Verhandlung fest. Im Aktenvermerk wird konkret und überzeugend dargelegt, dass nach Öffnen und Durchsuchen des kleineren Waffenschranks, das mit dem Aktenvermerk vorgelegte Lichtbild vor einer Durchsuchung des größeren Waffenschranks gefertigt worden war, nachdem vor Fertigen des Lichtbildes lediglich ein kleines innenliegendes und gesondert verschließbares Fach des größeren Waffenschranks geöffnet worden war. Das Lichtbild zeigt die geöffnete Tür des größeren Waffenschranks und einen davor gelagerten Koffer, der ein Schließen der Tür verhinderte und der seit dem Eintreffen der Polizei nach den Feststellungen im Aktenvermerk weder von dieser noch von der Klägerin oder ihrem Ehemann bewegt worden war. Auch in der mündlichen Verhandlung hat der Zeuge …. sämtliche Angaben im Hinblick auf den Koffer bekräftigt. Ferner haben die anderen Zeugen nichts darüber berichtet, dass der Koffer erst nach dem Eintreffen der Polizei und vor dem Fertigen des Lichtbildes bewegt worden wäre, so dass auf ein Offenstehen dieses Waffenschrankes geschlossen werden kann, als die Klägerin zur Entsorgung von Abfällen das Haus verlassen hatte. Damit hat sie auch diese Munition nicht sorgfältig verwahrt und einem Nichtberechtigten überlassen. Soweit die Klägerin vorträgt, dass nach dem Aktenvermerk vom 10. August … der größere Waffenschrank offen gestanden haben solle, stehe in Widerspruch zum Aktenvermerk vom 21. April …, wonach Einiges an Waffen und Munition in den beiden Waffenschränken „eingesperrt“ gewesen sei, trifft dies nicht zu. Zum einen war der kleinere Waffenschrank auch nach dem Aktenvermerk vom 10. August … verschlossen und zum anderen war im größeren Waffenschrank ein besonders verschließbares Fach, das vor der Durchsuchung gleichfalls verschlossen war und in dem sich Waffen der Klägerin befanden. Zwar hat der Zeuge …. in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, er sei mit der Klägerin und der Polizei in den Tresorraum gegangen, wo nacheinander beide Waffenschränke geöffnet worden seien. Diese Angaben überzeugen jedoch nicht. Zum einen fällt auf, dass der Zeuge …. nur wenig konkrete Angaben zum Ablauf der Durchsuchung machen konnte, sich aber gerade an einen Umstand erinnern wollte, der ihm im Verlauf dieses Verfahrens als entscheidungserheblich bekannt wurde. Zum anderen teilt er als naher Angehöriger dasselbe Interesse mit der Klägerin, so dass er auf Grund der nahen Verbundenheit mit ihr und des Solidarisierungseffekts als von der Glaubwürdigkeit her zweifelhafter Zeuge anzusehen ist, der nur bei Vorliegen besonderer Umstände als glaubwürdig angesehen werden kann (vgl. Foerste, NJW 2001, 321 für den ergänzend zu § 108 VwGO über § 173 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren für die Entscheidung zur Wahrheit einer Tatsachenbehauptung heranziehbaren § 286 ZPO). Solche besonderen Umstände sind aber nicht erkennbar. Vielmehr hat der Zeuge …. darauf, dass er erst einige Minuten nach seiner Ehefrau und der Polizei in den Tresorraum kam, nicht hingewiesen. Er will zusammen mit seiner Ehefrau in den Tresorraum gelangt sein, wo dann gleich anschließend vom Zeugen …. die Schlüssel für die Waffenschränke verlangt worden sein sollen, die dann angeblich nacheinander geöffnet wurden und aus denen gleich Waffen und Munition entnommen worden sein sollen, bevor noch der Zeuge …. weggeschickt wurde, um eine Kamera zu holen. Dass dies nicht zutreffen und der Zeuge …. ein Öffnen beider Waffenschränke gleich nach dem Betreten des Tresorraums durch Klägerin und Polizei nicht beobachtet haben kann, ergibt sich indessen aus der Aussage des Zeugen …. Dieser hat nämlich erklärt, dass er mit dem Ehemann der Klägerin, der beim Eintreffen der Polizei sich erst einige Zeit auf der Toilette befunden hatte, einige Minuten im Flur und Wohnzimmer gewartet hatte, bis er dann in den Tresorraum gerufen wurde, um anschließend eine Kamera zu holen. Diese Angaben sind konkret und auch deshalb überzeugend, weil ihre Auswirkungen für den Ausgang des Verfahrens durch den Zeugen nicht abschätzbar waren. Dass die Angaben des Zeugen …. nicht zutreffen können, ergibt sich auch daraus, dass sich die Munition entgegen seinen Angaben noch im Waffenschrank befand, als das vorgelegte Lichtbild gefertigt wurde.

Auf Grund der Aussage des Zeugen …. steht weiter fest, dass die Klägerin im größeren der beiden Waffenschränke auch illegale Munition aufbewahrte.

Die auf der Grundlage dieser festgestellten Tatsachen zu erstellende Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und c WaffG hat den allgemeinen Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich zum Schutz der Allgemeinheit diese vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Neuregelung des Waffenrechts BT-Drs. 14/7758 S. 51). § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG umschreibt im Hinblick auf die erforderliche Prognose Formen des Umgangs mit Waffen und Munition, die von vornherein im Hinblick auf den Gesetzeszweck spezifisch waffenrechtlich so bedenklich, nämlich in hohem Maße gefährlich für die Allgemeinheit sind, dass, anders als in den Fällen des § 5 Abs. 2 WaffG, eine Widerlegung im Einzelfall nicht zugelassen wird (sogenannte absolute Unzuverlässigkeit, vgl. BT-Drs. a.a.O S. 54). Demgegenüber bezieht sich der von der Klägerin herangezogene § 5 Abs. 2 WaffG, der im Wesentlichen auf strafrechtliche Verstöße, sonstige Gesetzesverstöße sowie verfassungsfeindliches Verhalten abstellt, auf Verhaltensweisen, die zwar eine fehlende Zuverlässigkeit indizieren, aber nicht in allen denkbaren Fällen ein ordnungsrechtlich gleichermaßen bedenkliches Verhalten wie das nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG zu prognostizierende darstellen. So sind etwa die Verletzung der zahlreichen Anzeige-, Mitteilungs-, Kennzeichnungs- und Auskunftspflichten und die auf Urkunden bezogenen Pflichten (vgl. § 53 WaffG) Verstöße gegen das Waffengesetz im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG, diese Verstöße sind aber nicht ebenso in hohem Maße und unmittelbar gefahrenverursachend wie die in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG umschriebenen Verhaltensweisen.

Die Prüfung der Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist anhand einer umfassenden Einbeziehung und Bewertung aller Tatsachen vorzunehmen, die für die zukunftsbezogene Beurteilung von Bedeutung sein können. Die erforderliche Prognose hat sich am Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BVerwG, Beschluss vom 12.10.1998, Buchholz 402.5 WaffG Nr. 83; BayVGH, Beschluss vom 16.9.2008, 21 ZB 08.655 <Juris>).

In Anbetracht des Gefahren vorbeugenden Charakters der Regelung und in Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich, vielmehr eine auf der Lebenserfahrung beruhende Einschätzung ausreichend und ein Restrisiko muss nicht hingenommen werden (BayVGH, Beschluss vom 7.11.2007, 21 ZB 07.2711; Beschluss vom 16.9.2008, 21 ZB 08.655 jeweils <Juris>). Es genügt, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit diesen Gegenständen besteht (BayVGH, Beschluss vom 16.9.2008, 21 ZB 08.655 <Juris>). Nach diesen Maßstäben ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, die Klägerin werde Waffen oder Munition nicht sorgfältig aufbewahren bzw. einer zur Ausübung tatsächlicher Gewalt nicht berechtigten Person überlassen.

Dass die Klägerin eine Schachtel Patronen auf dem Küchentisch ablegte, weist nämlich darauf hin, dass sie keinerlei Bedenken hatte, wegen einer alltäglichen und belanglosen Verrichtung, wie der Beseitigung von Papierabfall, dem in der Wohnung anwesenden Zeugen …., der, wie sie wusste, nicht zum Besitz von Waffen oder Munition berechtigt ist, die tatsächliche Gewalt über Munition einzuräumen.

Die Lage des Koffers vor dem größeren Waffenschrank mit der gesamten Munition der Klägerin zeigt, dass die Tür des größeren Waffenschranks mindestens seit ihrer Rückkehr von der Schießstätte geöffnet gewesen sein muss. Dies lässt, ebenso wie das Verhalten der Klägerin in Bezug auf die in der Küche abgelegte Munition den Schluss darauf zu, dass es sich bei dieser nicht sorgfältigen Verwahrung der Munition und der Einräumung des Gewahrsams auch für den Zeugen …. um das übliche Verhalten der Klägerin handelt, worauf auch die Tatsache hinweist, dass im selben Waffenschrank, den die Klägerin für die Munition benutzte, der Zeuge …. nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung seine Steuerakten aufbewahrte. Dass die Klägerin auch keine Angaben dazu machte, wo sie üblicherweise ihren persönlichen Schlüsselbund mit den Schlüsseln zu den Waffenschränken aufbewahrt, zeigt ferner, dass sie kein System entwickelt hat, um den Zugriff ihres Ehemanns auf Waffen oder Munition auszuschließen. Dieses Verhalten allein, aber auch die Tatsache, dass sich in ihrem Waffenschrank auch noch illegal besessene Munition befand, erschüttert das Kriterium des Vertrauens in einen zu allen Zeiten und Situationen ordnungsgemäßen und mit der Rechtsordnung im Einklang stehenden Umgang der Klägerin mit diesen für die Allgemeinheit in besonderem Maße gefährlichen Gegenständen. Da Umstände, die eine gewandelte Einstellung der Klägerin im Hinblick auf die Verwahrung oder das Überlassen von Munition belegen würden, in dem kurzen Zeitraum zwischen März … und dem für den Widerruf maßgebenden Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung (vgl. hierzu zuletzt BVerwG, Urteil vom 16.5.2007, NVwZ 07, 1201, 1202) nicht erkennbar sind, ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen nach der Lebenserfahrung ein solches Verhalten der Klägerin auch in Zukunft zu besorgen. Die Prognose nicht sorgfältiger Verwahrung von Munition oder der Überlassung von Munition an nicht berechtigte Personen trägt allein schon die Rechtsfolge fehlender Zuverlässigkeit, weil es nach dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ausreicht, wenn sich die Verhaltensprognosen entweder auf Waffen oder auf Munition beziehen (vgl. zur Prognose allein in Bezug auf Munition BayVGH, Urteil vom 21.7.2004, BayVBl 2005, 694). Es kommt daher nicht darauf an, ob die offen im Tresorraum gelagerten Schusswaffen noch funktionstauglich und die ebenfalls dort abgelegten Griffstücke wesentliche Teile einer Schusswaffe sind.

Der Berücksichtigung der polizeilichen Feststellungen steht ein Verwertungsverbot nicht entgegen. Es kann dabei offenbleiben, ob der Schwerpunkt der polizeilichen Maßnahmen, wie die Klägerin annimmt, im repressiven oder im präventiven Bereich lag. Selbst wenn man unterstellt, die Polizei habe vor Durchführung der Hausdurchsuchung genügend Zeit gehabt, eine richterliche Entscheidung hierüber zu erwirken, so dass keine Gefahr im Verzug vorgelegen hätte (Art. 13 Abs. 2 GG), hindert dies eine Verwertung der durch die Polizei erlangten Kenntnisse im vorliegenden Verfahren nicht.

Art. 23 und 24 PAG, die bei einem präventiven Handeln der Polizei einschlägig sind, enthalten keine Beweisverwertungsverbote. Auch die Bestimmungen der §§ 102 ff. StPO enthalten keine derartigen Verbote. Soweit im Bereich des Strafverfahrensrechts teilweise ungeschriebene Beweisverwertungsverbote entwickelt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 18.4.2007, NJW 2007, 2269, bei Wohnungsdurchsuchung unter bewusster Missachtung des Richtervorbehalts nach Art. 13 Abs. 2 GG), kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen im vorliegenden Einzelfall gegeben wären. Das für das Strafverfahrensrecht unter bestimmten Voraussetzungen gegebene Beweisverwertungsverbot ist nämlich auf das vorliegende Verwaltungsverfahren und verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht übertragbar. Denn hier geht es nicht um die nachträgliche Ermittlung begangenen Unrechts und um die Feststellung der persönlichen Schuld bei einer geltenden Unschuldsvermutung, sondern um die Abwehr bestehender Gefahren im Interesse der Allgemeinheit, die eine „Ungefährlichkeitsvermutung“ bzw. den Verzicht auf eine Gefahrenabwehr „im Zweifelsfall“ vor dem Hintergrund der staatlichen Schutzpflicht für die in Art. 2 Abs. 2 GG genannten Werte (vgl. BVerfGE 53, 30, 57) nicht zulässt (so zutreffend Krause/Steinbach DÖV 1985, 549, 557 f.).

Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgen würde, hätte zumindest eine Interessenabwägung unter dem Gesichtspunkt zu erfolgen, ob höherwertige Rechtsgüter die Verwertung von Beweisergebnissen unabweislich machen. Diese Abwägung ergibt im vorliegenden Fall, dass das Interesse der Allgemeinheit daran, dass nur Personen im Besitz von Waffen oder Munition sind, bei denen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sie jederzeit ordnungsgemäß mit Waffen oder Munition umgehen, höher zu bewerten ist, als das Interesse, Beweise, die möglicherweise unzulässig ohne eine richterliche Entscheidung gewonnen wurden, nicht zu verwerten. Denn es bestehen große Gefahren, die Leib und Leben Dritter drohen, wenn nicht zuverlässige Waffenbesitzer weiter im Besitz von Waffen oder Munition verbleiben (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 27.10.2000 12 M 3738/00 <Juris>; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.5.2007, NJW 2007, 2571, jeweils zur insoweit vergleichbaren Situation im Straßenverkehrsrecht).

II.

Die Aufforderung, innerhalb der Frist bis 10. Juli 2009 einen empfangsbereiten Berechtigten für die sichergestellten Waffen und Munition zu benennen und die Ankündigung, die Gegenstände würden im Unterlassensfall eingezogen und verwertet, beruht auf § 46 Abs. 5 Satz 1 WaffG. Diese Regelung setzt eine Sicherstellung voraus und gilt auch dann, wenn eine vorangegangene Sicherstellung nicht nach § 46 Abs. 2 WaffG oder § 46 Abs. 4 WaffG durch die Waffenbehörde, sondern durch die Polizei angeordnet wurde. Denn „zuständige Behörde“ i. S. v. § 46 Abs. 5 Satz 1 WaffG ist für die Sicherstellung in unaufschiebbaren Fällen auch die Polizei (vgl. § 48 Abs. 1 WaffG i. V. m. § 1 Abs. 9 Nr. 1 der weiter in Kraft befindlichen Verordnung zur Ausführung des Waffengesetzes vom 23.7.1976 BayRS 2186-1-I, zul. geändert mit VO vom 21.12.1999, GVBl S. 566, wo noch auf die Vorgängerbestimmung des § 46 Abs. 5 Satz 1 WaffG Bezug genommen wird, nämlich den gleichlautenden § 48 Abs. 2 Satz 2 WaffG 1976). Die Unaufschiebbarkeit (Art. 3 PAG) ergab sich aus dem Erfordernis der Sicherstellung von Waffen und Munition zur Abwehr einer bereits gegenwärtigen Gefahr (Art. 25 Nr. 1 PAG). Diese bestand nach der maßgebenden ex-ante Betrachtung in einer aktuell begangenen Straftat nach § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG, nämlich der Überlassung der erlaubnispflichtigen Schusswaffen (nach damaliger Erkenntnislage waren die Schlüssel zu den Waffenschränken frei zugänglich an der geöffneten Tür zum Tresorraum) und der Überlassung erlaubnispflichtiger Munition entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 WaffG), die es zu unterbinden galt.

III.

Bedenken gegen die übrigen Nebenentscheidungen sind nicht erkennbar und werden auch nicht geltend gemacht.

IV.

Weil die Anfechtungsklage gegen den Widerruf ohne Erfolg bleibt, kommt die beantragte Beseitigung von Vollzugsfolgen nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht in Betracht.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Von einem Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit und den Vollstreckungsschutz hat das Gericht in Anbetracht der nur geringfügigen Kosten der Beklagten abgesehen.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.

 

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Das Gericht folgt nicht dem unverbindlichen Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, weil Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht der konkrete Wert einer bestimmten Waffe und gegebenenfalls der Munition ist, die die Klägerin erwerben bzw. besitzen will, sondern allein die abstrakte Berechtigung zum Erwerb und Besitz von Waffen, einschließlich der dafür vorhandenen Munition. Die maßgebliche Bedeutung bemisst sich danach allein nach dem Wert, den die Erlaubnis für die Klägerin hat. Weil der Sach- und Streitstand für den Wert dieser nicht vermögensrechtlichen Erlaubnis keine konkreten Anhaltspunkte bietet, ist der Streitwert nach dem gesetzlichen Auffangstreitwert festzusetzen.