VG Ansbach, Urteil vom 09.12.2009 - AN 4 K 09.00592
Fundstelle
openJur 2012, 104861
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Verfahren.

3. Berufung und Revision werden zugelassen.

Tatbestand

Der in Sachsen ansässige, bundesweit tätige Kläger vermittelte die Teilnahme an entgeltlichen Sportwetten über das Internet und warb hierfür über das Internet. Er ist Inhaber einer von einer DDR-Behörde 1990 erteilten Gewerbeerlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten.

Gegenstand der Verfahren sind Bescheide der Regierung von … vom 27. März 2009 und vom 6. April 2009, die dem Kläger untersagen, öffentliche Glücksspiele im Sinne von § 3 des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) über das Internet in Bayern zu veranstalten oder zu vermitteln bzw. im Internet für öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu werben, soweit die Werbung vom Gebiet des Freistaats Bayern aus abrufbar ist.

Der Bescheid des Beklagten vom 27. März 2009 lautet wie folgt:

1. … e.K. (…) wird untersagt, öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV über das Internet in Bayern zu veranstalten oder zu vermitteln.

2. Falls … e.K. (…) nach dem 15. April 2009, 16.00 Uhr, der Untersagungsanordnung in Ziffer 1 dieses Bescheides zuwiderhandeln sollte, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 150.000,00 EUR zur Zahlung fällig.

3. … e.K. (…) hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

4. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 10.150,00 EUR erhoben.

Rechtsgrundlage der Untersagungsanordnung nach Ziffer 1 sei § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV. Die Voraussetzungen für ein Tätigwerden auf Grund von § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV lägen vor, da der Kläger gegen eine nach dem Glücksspielstaatsvertrag bestehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV verstoße, namentlich gegen das Verbot der Veranstaltung und der Vermittlung öffentlichen Glückspiels im Internet. Auf der Internet-Seite … würden öffentliche Glücksspiele im Sinne von § 3 GlüStV veranstaltet oder vermittelt. Auf welche Weise der Kläger die auf die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel in Bayern beschränkte Untersagungsanordnung in Ziffer 1 erfülle, stehe in seinem eigenen Ermessen. Eine Möglichkeit zur Erfüllung der Untersagungsanordnung sei die vollständige Einstellung des Glücksspielangebots. Stattdessen bestehe zum Beispiel auch die Möglichkeit, durch den Einsatz eines zuverlässigen Internet-Geolokalisationsverfahrens den Ausschluss der Spielteilnahme vom Gebiet des Freistaats Bayern aus sicherzustellen. Eine weitere Möglichkeit sei der Ausschluss von Spielteilnehmern, die sich in Bayern aufhielten, mittels Mobilfunkortung. Diese Optionen seien nicht abschließend. Die getroffene Entscheidung sei verhältnismäßig und ermessensgerecht. Der Glücksspielstaatsvertrag sei verfassungsgemäß und europarechtskonform. Die Androhung des Zwangsgeldes in Ziffer 2 stütze sich auf Art. 19 Abs. 1 Nr. 2, Art. 29, 30, 31 und 36 des Zustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Die Zwangsgeldandrohung sei notwendig, um den Kläger zur Erfüllung seiner Unterlassungspflichten zu veranlassen. Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG sehe für das Zwangsgeld einen Rahmen von 15,00 EUR bis 50.000,00 EUR vor, wobei gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 3 VwZVG diese Grenze auch überschritten werden könne. Das Zwangsgeld in Höhe von 150.000,00 EUR erscheine dabei einerseits erforderlich und geboten, andererseits aber auch angemessen und ausreichend, um den Kläger zur Erfüllung der auferlegten Verpflichtung anzuhalten. Bei der Bemessung des Zwangsgeldes sei die Vorgabe von Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG als Ausgangspunkt genommen worden, wonach das Zwangsgeld das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung habe, erreichen solle. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Fortführung der Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV in Bayern über das Internet sei auf deutlich mehr als 1 Million EUR zu schätzen, womit die Zwangsgeldhöhe von 150.000,00 EUR sehr moderat sei. Die Androhung des Zwangsgeldes erfolge in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens. Die Festsetzung der Gebühr für Ziffer 1 beruhe auf Art. 6 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 des Kostengesetzes (KG). Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 KG sei bei einer nicht im Kostenverzeichnis enthaltenen Amtshandlung und Fehlens einer vergleichbaren Amtshandlung ein Gebührenrahmen von 5,00 EUR bis 25.000,00 EUR eröffnet. Entsprechend Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG sei bei der Bemessung der Gebühr der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand und die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger berücksichtigt worden. Die Festsetzung der Gebühren für Ziffer 2 beruhten auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG i.V.m. dem Kostenverzeichnis zum Kostengesetz Tarif Nr. 1.I.8/1, wonach ein Gebührenrahmen von 12,50 EUR bis 150,00 EUR vorgesehen sei. Insoweit werde eine Gebühr in Höhe von 150,00 EUR als angemessen erachtet.

Der weitere Bescheid des Beklagten vom 6. April 2009 hat folgenden Wortlaut:

1. … e.K. (…) wird untersagt, im Internet für öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu werben, soweit die Werbung vom Gebiet des Freistaates Bayern aus abrufbar ist.

2. Falls … e.K. (…) nach dem 15. April 2009, 16,00 Uhr, der Untersagungsanordnung in Ziffer 1 dieses Bescheides zuwiderhandeln sollte, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000,00 EUR zur Zahlung fällig.

3. … e.K. (…) hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

4. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 3.125,00 EUR erhoben.

Rechtsgrundlage der Untersagungsanordnung nach Ziffer 1 sei § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV. Die Voraussetzungen für ein Tätigwerden auf Grund von § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV lägen vor, da der Kläger gegen eine nach dem Glücksspielstaatsvertrag bestehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV verstoße, namentlich gegen das Verbot der Werbung im Internet für öffentliches Glücksspiel (§ 5 Abs. 3 GlüStV). Die Untersagung gelte sowohl in Fällen, in denen der Werbetreibende Glücksspiele im Sinne von § 3 GlüStV selbst veranstalte, als auch in den Fällen, in denen er Glücksspiele lediglich vermittele. Für die Untersagung sei nicht von Bedeutung, ob die Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel erlaubt oder unerlaubt erfolge. Auf welche Weise der Kläger die auf die Abrufbarkeit der Internet-Werbung für öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV in Bayern beschränkte Untersagungsanordnung erfülle, stehe in seinem eigenen Ermessen. Eine Möglichkeit zur Erfüllung der auf Bayern beschränkten Untersagungsanordnung sei die vollständige Einstellung der Internet-Werbung. Die Entscheidung sei verhältnismäßig und ermessensgerecht. Bei der Bemessung des Zwangsgeldes nach Ziffer 2 sei das wirtschaftliche Interesse des Klägers zugrunde gelegt worden. Dessen wirtschaftliches Interesse an der Fortführung der Werbung im Internet für öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV in Bayern sei auf deutlich mehr als 50.000,00 EUR zu schätzen. Die Festsetzung der Gebühr für Ziffer 1 beruhe auf Art. 6 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG. Eine Gebühr von 3.000,00 EUR werde insoweit als angemessen erachtet. Entsprechend Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG sei bei der Bemessung der Gebühr der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand und die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger berücksichtigt worden. Für Ziffer 2 des Bescheides werde eine Gebühr von 125,00 EUR als angemessen erachtet.

Gegen die streitgegenständlichen Bescheide wendet sich der Kläger und beantragt zuletzt im Verfahren AN 4 K 09.00570,

1. den Bescheid der Regierung von … vom 27. März 2009 aufzuheben.

2. gemäß § 43 VwGO festzustellen, dass Ziffer 1 des Bescheides vom 27. März 2009 den Kläger nicht verpflichtet, das via Internet vertriebene Glücksspielangebot im gesamten Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland oder vollständig einzustellen.

3. gemäß § 43 VwGO festzustellen, dass Ziffer 1 und Ziffer 2 des Bescheides vom 27. März 2009 den beklagten Freistaat nicht berechtigen, den Kläger durch Zwangsgeld oder andere Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung anzuhalten, das via Internet vertriebene Glücksspielangebot im gesamten Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland oder vollständig einzustellen.

Im Verfahren AN 4 K 09.00592 beantragt der Kläger zuletzt,

1. den Bescheid der Regierung von … vom 6. April 2009 aufzuheben.

2. gemäß § 43 VwGO festzustellen, dass Ziffer 1 des Bescheides vom 6. April 2009 den Kläger nicht verpflichtet, die Glücksspielwerbung im Internet auch insoweit einzustellen, als sie außerhalb des Gebietes des Freistaates Bayern abrufbar ist.

3. gemäß § 43 VwGO festzustellen, dass Ziffer 1 und Ziffer 2 des Bescheides vom 6. April 2009 den beklagten Freistaat nicht berechtigen, den Kläger durch Zwangsgeld oder andere Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung anzuhalten, die Glücksspielwerbung im Internet auch insoweit einzustellen, als sie außerhalb des Gebietes des Freistaats Bayern abrufbar ist.

Die angefochtenen Bescheide des Beklagten seien in mehrfacher Hinsicht offensichtlich rechtswidrig. Insbesondere sei es tatsächlich unmöglich, die angeordneten Verpflichtungen zu erfüllen. Nach derzeitigem Stand der Technik sei ein zuverlässiger Ausschluss von Internet-Teilnehmern aus Bayern vom Internet-Angebot des Klägers nicht in hinreichend wirksamer Weise möglich. Auf die „Möglichkeit“, das einschlägige Angebot im Internet bundesweit (oder auch vollständig, also mit dann weltweiter Wirkung) einzustellen, komme es nicht an. Eine solche Anordnung sei vom Beklagten nicht erlassen worden. Vielmehr habe der Beklagte allein das Veranstalten oder Vermitteln von Glücksspiel über das Internet in Bayern bzw. die Internet-Werbung, soweit sie vom Gebiet des Freistaats Bayern aus abrufbar sei, verboten. Allein diese territorial auf Bayern beschränkte Anordnung sei somit auch Gegenstand der Verwaltungsvollstreckung und damit Gegenstand der Zwangsgeldandrohungen gemäß Ziffern 2 der angefochtenen Bescheide. Im Übrigen fehle es insoweit an der Verhältnismäßigkeit bzw. an der Zumutbarkeit für den Betroffenen. Schließlich sei diese „Möglichkeit“ auch wegen körperschaftlicher Unzuständigkeit der Bayerischen Glücksspielverwaltung (fehlende Verbandskompetenz) unerheblich. Die Hoheitsgewalt eines Landes beziehe sich auf das eigene Territorium. Selbst wenn das Veranstalten bzw. Vermitteln von Glücksspielen via Internet bzw. die Internet-Werbung für Glücksspiele in allen Bundesländern gesetzlich verboten wäre, würde der dann unter Umständen legitime Zweck des Einschreitens der Bayerischen Glücksspielverwaltung nicht die bundesstaatliche Kompetenz für das Mittel schaffen. Auch legitime Zwecke dürfe ein Verwaltungsträger im Bundesstaat nur in den Grenzen verfolgen und verwaltungsmäßig umsetzen, die ihm die bundesstaatliche Kompetenzordnung setze.

Der Kläger übe sein Gewerbe, nämlich die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten unter Nutzung des Internets als Vertriebsweg, im gesamten Bundesgebiet legal aus. Diese Gewerbetätigkeit sei ihm von der seinerzeit zuständigen DDR-Behörde im April 1990 gestattet worden. Art. 19 des Einigungsvertrags ordne an, dass der Erlaubnisverwaltungsakt nach der Wiedervereinigung bundesweit Wirksamkeit entfalte. Der Verwaltungsakt sei bislang nicht aufgehoben worden. Der bestandskräftige Erlaubnisverwaltungsakt setze sich gegen die Verbots- und Beschränkungsregelungen des neuen Glücksspielstaatsvertrages durch, insbesondere auch gegen das neu eingeführte Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von Sportwetten und anderen Glücksspielen über das Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV) bzw. das neu eingeführte Verbot der Internet-Werbung (§ 5 Abs. 3 GlüStV). Die Verbots- und Beschränkungsregelungen des Glücksspielstaatsvertrags stünden auch mit Gemeinschafts- und Verfassungsrecht nicht in Einklang. Auch seien die Untersagungsanordnungen der Regierung von … grob ermessensfehlerhaft.

Die streitgegenständlichen Untersagungsanordnungen seien auch wegen Unbestimmtheit rechtswidrig. Die von den Bescheiden betroffenen Spiele seien in keiner Weise konkretisiert, sondern es werde allgemein die Werbung für Glücksspiele im Sinne von § 3 GlüStV untersagt. Glücksspiel sei ein in hohem Maße konkretisierungsbedürftiger Rechtsbegriff. Es könne im Einzelfall sehr schwierig sein und werde in der Praxis immer wieder konträr beurteilt, ob ein Spiel die diesbezüglichen Tatbestandsmerkmale erfülle. Eine Anordnung, die letztlich nur die abstrakt-generelle Formulierung des Gesetzes wiederhole, leiste die bei Einzelanordnungen nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV notwendige Konkretisierung und Individualisierung nicht und sei unbestimmt. Insoweit werde auch auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Untersagung von Schleichwerbung verwiesen.

Offensichtlich rechtswidrig sei zudem die Androhung von Zwangsgeld. Auch die Gebührenfestsetzung sei mit gebührenrechtlichen Grundsätzen unvereinbar und rechtswidrig. Der Verwaltungsaufwand rechtfertige Gebühren in der festgesetzten Höhe von mehr als 10.000,00 EUR bzw. 3.000,00 EUR nicht und verstoße jedenfalls gegen das im Gebührenrecht anerkannte Äquivalenzprinzip. Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG seien bei der Ermittlung der Gebühr innerhalb eines Rahmens der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand aller beteiligten Behörden und Stellen und die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten zu berücksichtigen. Ein Verwaltungsaufwand in Höhe der festgesetzten Gebühren sei vorliegend kaum denkbar. Dies gelte umso mehr, als die Regierung von … bayernweit zuständig sei und bereits zahlreiche inhalts- und sogar nahezu wortgleiche Untersagungsanordnungen erlassen habe. Es sei daher nicht hinnehmbar, dass die Regierung von … für jede dieser Anordnungen unter pauschalem Hinweis auf den Verwaltungsaufwand jeweils eine Gebühr von mehreren tausend Euro festsetze. Auch die Bedeutung der Angelegenheit rechtfertige nicht die Festsetzung von Gebühren in der streitgegenständlichen Höhe. Mit der Heranziehung des Merkmals der Bedeutung der Angelegenheit konkretisiere der Gesetzgeber in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG das Äquivalenzprinzip. Danach müsse ein angemessenes Verhältnis zwischen der Gebühr und dem Wert der besonderen Leistung für den Empfänger bestehen.

Der Bescheid des Beklagten vom 6. April 2009 (Werbeverbot) verstoße zudem gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Eine Ordnungsbehörde dürfe nicht gleichzeitig oder nach Erlass einer Ordnungsverfügung vergleichbare Sachverhalte - im vorliegenden Zusammenhang Internet-Werbung für Glücksspiele - dulden. Die Beklagte habe bislang keinerlei sachliche Gründe dafür angeführt, warum sie ausschließlich gegen private Internet-Anbieter vorgehe, staatliche und staatsnahe Anbieter jedoch verschone. Ein solches einseitiges Vorgehen werde dem grundrechtlich verankerten Gleichheitsgebot in seiner Ausprägung durch das Willkürverbot nicht ansatzweise gerecht.

Die Feststellungsanträge seien notwendig, weil die Regierung von … sich in der Begründung der Bescheide und im Vollstreckungsverfahren auf den Standpunkt stelle, die Ziffern 1 der Bescheide verpflichteten den Kläger auch über das Staatsgebiet des Freistaats Bayern hinaus zur Einstellung des Glücksspielangebots bzw. der Glücksspielwerbung im Internet und damit zu Maßnahmen, die die hoheitlichen Entscheidungsbefugnisse anderer Bundesländer verdrängten. Die Feststellungsanträge seien begründet, weil die Ziffern 1 der streitgegenständlichen Bescheide eine solche über Bayern hinauswirkende Verpflichtung nicht beinhalteten. Entsprechendes gelte für den Bereich der Verwaltungsvollstreckung, den der Beklagte bereits beschritten habe. Die Frage, ob die Bescheide vom 27. März 2009 und vom 6. April 2009 eine Verpflichtung des Klägers begründeten, das Internet-Angebot über Bayern hinaus einzustellen bzw. die Glücksspielwerbung über Bayern hinaus einzustellen, ob also solche Pflichten bestünden und nach den Vorschriften des Vollstreckungsrechts vollzogen werden könnten, sei ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Das Rechtsverhältnis bestehe zwischen den Parteien des Klageverfahrens. Zudem sei das Rechtsverhältnis klärungsbedürftig, weil die zuständigen Behörden des Beklagten geltend machten, die Bescheide vom 27. März 2009 bzw. vom 6. April 2009 verpflichteten den Kläger unter anderem dazu, das Glücksspielangebot im Internet bundesweit oder gar vollständig einzustellen. Die Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO) stehe den Feststellungsanträgen nicht entgegen. Gegenstand der Anträge sei nicht die Aufhebung der Bescheide, sondern die Frage, welchen Inhalt die in der jeweiligen Ziffer 1 der streitgegenständlichen Bescheide angeordnete Verpflichtung habe bzw. wie die jeweiligen Ziffern 1 der streitgegenständlichen Bescheide auszulegen seien.

Der Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Die auf Aufhebung der Bescheide der Regierung von … vom 27. März 2009 bzw. vom 6. April 2009 gerichteten Klageanträge seien unbegründet. Auf das bisherige Vorbringen - insbesondere auch im Eilverfahren (AN 4 S 09.00550; AN 4 S 09.00591) - werde verwiesen. Zur Frage der Bestimmtheit der streitgegenständlichen Bescheide sei darauf hinzuweisen, dass bei der Glücksspielaufsicht im Internet eine effektive Gefahrenabwehr nicht möglich sei, wenn immer nur ein einzelnes Glücksspiel oder immer nur eine einzelne Werbung untersagt werde. Es entspreche glücksspielaufsichtlicher Erfahrung, dass illegale Veranstalter oder Vermittler bestrebt seien, ihr Glücksspielportfolio auszuweiten und vollziehbare Untersagungsanordnungen zu umgehen oder zu unterlaufen. Punktuelle Untersagungsanordnungen seien kein ausreichendes und effektives Mittel der Gefahrenabwehr.

Die Feststellungsanträge des Klägers seien jedenfalls nach § 43 VwGO unzulässig. Die Bescheide vom 27. März 2009 und vom 6. April 2009 verpflichteten den Kläger ausweislich der jeweiligen Ziffer 1 der Tenorierung und ausweislich der jeweiligen Begründungen dazu, die rechtswidrigen Internetaktivitäten in Bayern einzustellen. Dem Kläger werde die Wahl des Umsetzungsweges überlassen. Ihm würden keine Vorgaben gemacht, wie er sich in anderen Bundesländern zu verhalten habe. Es würden insbesondere weder ein Verbot noch ein Gebot der Veranstaltung, Vermittlung oder Werbung hinsichtlich Glücksspiel im Internet angeordnet. Rechtspflichten träfen den Kläger also nur in Bezug auf Bayern. Etwaige faktische Nebenfolgen möglicher Umsetzungsmaßnahmen auf die Betätigung des Klägers in anderen Bundesländern lägen in der Sphäre des Klägers. Es sei seine Sache und allein auf der tatsächlichen Ebene angesiedelt, ob er dazu willens und/oder fähig sei, faktische Nebenfolgen von Umsetzungsmaßnahmen hinsichtlich Bayerns auf andere Bundesländer zu vermeiden. Es dürfe unstreitig sein, dass der Beklagte keine Rechtspflichten hinsichtlich anderer Bundesländer angeordnet habe. Insoweit fehle es evident am berechtigten Interesse an einer Feststellung. Des Weiteren scheitere eine Feststellungsklage hinsichtlich des Nichtbestehens von Rechtspflichten in anderen Bundesländern an der Subsidiarität der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Würde der Beklagte eine derartige Rechtspflicht anordnen, dann würde der Kläger gegen eine solche Anordnung mittels der Anfechtungsklage vorgehen können. Eine Auslegungsunsicherheit, die Zweifel daran rechtfertigen könnten, ob derartige Rechtspflichten hinsichtlich anderer Bundesländer bestünden oder nicht bestünden, sei nicht ersichtlich und werde vom Kläger auch nicht vorgetragen. Die Behauptung des Klägers, die Regierung von … habe sich in den Begründungen der Bescheide vom 27. März 2009 bzw. vom 6. April 2009 auf den Standpunkt gestellt, die Ziffern 1 der Bescheide verpflichteten den Kläger auch über das Staatsgebiet des Freistaats Bayern hinaus zur Einstellung der Aktivitäten im Internet, sei falsch. Der Beklagte habe sich zu keinem Zeitpunkt auf diesen Standpunkt gestellt. Dementsprechend bestehe auch kein berechtigtes Interesse an einer entgegengesetzten Feststellung. Suche man nach einer Erklärung für die Antragstellung, müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger die rechtliche und die tatsächliche Ebene in Verkennung der zwischen diesen verlaufenden Trennlinie vermenge. Er verkenne dabei, dass nur die Einstellung in Bayern rechtlich geboten sei und etwaige darüber hinausgehende Maßnahmen faktische Nebenfolgen der Umsetzung seien, zu deren Herbeiführung keine Rechtspflicht bestehe. Das Bestehen oder Nichtbestehen solcher faktischer Nebenfolgen in Bezug auf andere Bundesländer sei kein Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Feststellungsfähig seien allein Rechtspflichten. Letztlich stellten die Feststellungsanträge den Versuch dar, die Debatte über eine Überschreitung der Verbandskompetenz des Beklagten in anderer äußerer Form fortzuführen. Im Übrigen ergebe sich das Fehlen eines berechtigten Interesses an der begehrten Feststellung auch noch daraus, dass die Internet-Betätigung des Klägers gemäß § 4 Abs. 4 bzw. § 5 Abs. 3 GlüStV in allen Bundesländern verboten sei.

Hierauf erwidert der Kläger, der in den streitgegenständlichen Bescheiden enthaltene Hinweis auf die „Möglichkeit“ der vollständigen Einstellung des Internet-Angebotes sei nur verständlich, wenn der Beklagte sich auf den Standpunkt stelle, die Bescheide verpflichteten den Kläger auch über Bayern hinaus zur Einstellung des Internet-Angebotes. Rechtlich erheblich sei diese „Möglichkeit“ ausschließlich dann, wenn die angeordnete Unterlassungspflicht die Pflicht zur vollständigen Einstellung des beanstandeten Internet-Angebots umfasse, wenn also eine über Bayern hinauswirkende Pflicht angeordnet sei.

Hinsichtlich des Streitwertes macht der Beklagte geltend, dass der Kläger laut eigener Angaben im Jahr 2008 Provisionserlöse in Höhe von 45.051.934,33 EUR erzielt habe. Im Hinblick auf die Beschränkung der Untersagungsanordnungen auf Bayern werde darauf hingewiesen, dass nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes zum Stichtag 31. Dezember 2007 der Bevölkerungsanteil Bayerns in Deutschland 15,2 % betragen habe. Die Werbeausgaben des Klägers hätten nach eigenen Angaben im Jahr 2008 18.509.410,05 EUR betragen. Der Kläger verweist in Ansehung der Hinweise des Beklagten darauf, dass sich im Rahmen seiner bundesweiten Tätigkeit für das Jahr 2008 ein Jahresüberschuss von 4.688.519,87 EUR ergeben habe. Weil die Regierung von … ihre Untersagungsanordnungen territorial auf Bayern beschränken müsse und beschränkt habe, sei allein der zu schätzende Jahresüberschuss in Bayern maßgeblich. Setze man die Bevölkerungszahl im Freistaat ins Verhältnis zur Gesamtbevölkerungszahl der Bundesrepublik Deutschland, so ergebe sich ein auf Bayern bezogener anteiliger Jahresüberschuss von 712.655,00 EUR.

Das Gericht hat am 30. April 2009 in den streitgegenständlichen Klageverfahren mündlich verhandelt. Mit Beschlüssen vom 30. April 2009 hat das erkennende Gericht die aufschiebende Wirkung der streitgegenständlichen Klagen gegen die Bescheide der Regierung von … vom 27. März 2009 und vom 6. April 2009 angeordnet (AN 4 S 09.00550; AN 4 S 09.00591). Mit Beschluss vom 22. Juli 2009 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof diese Beschlüsse aufgehoben und die Anträge des Klägers nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt (10 CS 09.1184; 10 CS 09.1185; Juris). In der Folge hat der Kläger seine Geschäftstätigkeit im Internet eingestellt.

Mit Schriftsätzen vom 1. September 2009 bzw. vom 23. September 2009 sowie vom 5. November 2009 haben Kläger und Beklagter auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Behördenakten, insbesondere auf die umfangreichen Schriftsätze der Beteiligten, verwiesen.

Gründe

Die Klagen sind, soweit die Aufhebung der Bescheide des Beklagten vom 27. März 2009 und vom 6. April 2009 beantragt wird, zulässig, aber unbegründet. Hinsichtlich der Feststellungsanträge sind die Klagen unzulässig.

1. Die auf Aufhebung der Bescheide der Regierung von … vom 27. März 2009 und vom 6. April 2009 gerichteten, zulässigen Klagen sind unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, der Kläger wird durch diese Bescheide nicht in seinen Rechten verletzt.

1.1 Die angefochtenen Bescheide können sich auf § 9 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV stützen. Die getroffenen Anordnungen - namentlich die Untersagung, öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV über das Internet in Bayern zu veranstalten oder zu vermitteln bzw. im Internet für öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu werben, soweit die Werbung vom Gebiet des Freistaats Bayern aus abrufbar ist - dienen dem Vollzug der in §§ 4 Abs. 4 bzw. 5 Abs. 3 GlüStV normierten Verbote hinsichtlich der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet bzw. hinsichtlich der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet. Gegen diese gesetzlichen Verbote hat der Kläger durch seine Geschäftstätigkeit verstoßen.

1.2 Die Regelungen des § 9 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV sind auf den Kläger anwendbar und mit höherrangigem Recht vereinbar.

1.2.1 Der Anwendbarkeit der maßgeblichen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages zu Lasten des Klägers steht die diesem von einer …-Behörde im Jahr 1990 erteilte Gewerbeerlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten nicht entgegen. Denn mit der 1990 erteilten Lizenz wurde nur der Zugang zur gewerblichen Tätigkeit als Sportwettenveranstalter und Vermittler im Bereich der … eröffnet, nicht aber die der Gewerbeausübung zuzurechnende Frage der Vertriebswege und der Werbung abschließend geregelt. Die seinerzeit erteilte Erlaubnis kann ihrem Wesen nach allenfalls insoweit Bestandsschutz vermitteln, als es um die Zulassung des Gewerbes geht. Soweit es um die Ausübung des Gewerbes geht, unterliegt jeder Gewerbetreibende den sich naturgemäß im Laufe einer langjährigen Gewerbetätigkeit ändernden Berufsausübungsregeln. Da die Frage der Veranstaltung, Vermittlung und Werbung für Sportwettenvermittler der Gewerbeausübung zuzurechnen ist und da diese Frage seit dem 1. Januar 2008 im Glücksspielstaatsvertrag geregelt wird, gilt das darin enthaltene Veranstaltungs- und Werbeverbot im Internet grundsätzlich auch für alle nach altem …-Recht zugelassenen Sportwettenvermittler (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.7.2009, Az. 10 CS 09.1184/10 CS 09.1185, Juris).

1.2.2 Die maßgeblichen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages sind mit dem Grundgesetz vereinbar. Zwar steht außer Frage, dass insbesondere die Verbotsregelungen der §§ 4 Abs. 4 bzw. 5 Abs. 3 GlüStV den Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) berühren. Die diesbezüglichen Eingriffe in die Berufsfreiheit sind allerdings verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss eine in die Berufsfreiheit eingreifende Vorschrift durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Dem werden die hier einschlägigen gesetzlichen Regelungen gerecht. Der Glücksspielstaatsvertrag dient vorrangig dem Ziel, die Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendliche, vor den Gefahren der Glücksspielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität zu schützen (vgl. § 1 GlüStV). Damit werden überragend wichtige Gemeinwohlziele verfolgt, die selbst objektive Berufswahlbeschränkungen zu rechtfertigen vermögen, wie sie hier durch das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV) vorliegen. Insbesondere bei der Verhinderung von Glücksspielsucht und bei der wirksamen Suchtbekämpfung handelt es sich um besonders wichtige Gemeinwohlziele. Die angegriffenen Regelungen sind auch zur Zweckerreichung geeignet, weil mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Die Eingriffe in die Berufsfreiheit sind zur Erreichung der von den Landesgesetzgebern angestrebten Ziele erforderlich. Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist schließlich auch nicht übermäßig belastend oder unzumutbar. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. Die Besonderheiten des Glücksspiels per Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und Abstraktheit, können problematisches Spielverhalten in entscheidender Weise begünstigen. Deshalb dient eine Begrenzung solcher Möglichkeiten unmittelbar der Spielsuchtprävention und somit einem Gemeinwohlbelang von hohem Rang (siehe zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, Az. 1 BvR 928/08, Juris).

1.2.3 Die maßgeblichen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages sind auch mit europäischem Recht vereinbar. Ein Verstoß gegen den freien Dienstleistungsverkehr (Art. 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - ehemaliger Art. 49 EG) liegt nicht vor. Durch das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von Glücksspiel im Internet und der Werbung hierfür wird der freie Dienstleistungsverkehr zwar beschränkt. Diese Beschränkung ist jedoch gemeinschaftsrechtlich gerechtfertigt. Das Verbot dient zwingenden Gründen des Allgemeininteresses. Als solche sind der Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung, die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und die Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen anerkannt. Die Beschränkungen der §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 GlüStV sind gemeinschaftsrechtlich verhältnismäßig. Dabei ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass die Regelung der Glücksspiele zu den Bereichen gehört, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten bestehen. In Ermangelung einer Harmonisierung des betreffenden Gebiets durch die Gemeinschaft ist es Sache der einzelnen Mitgliedsstaaten, in diesen Bereichen im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben. Allein der Umstand, dass ein Mitgliedsstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedsstaat gewählt hat, kann keinen Einfluss auf die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben. Diese sind allein im Hinblick auf die von den zuständigen Stellen des betroffenen Mitgliedsstaats verfolgten Ziele und auf das von ihnen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen. Der Sache nach ist den Mitgliedsstaaten damit ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Gemessen hieran sind die hier in Rede stehenden Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages nicht zu beanstanden. Die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages sind geeignet, dessen Ziele (vgl. oben Ziffer 1.2.2) zu verwirklichen. Eine nationale Regelung ist geeignet, die Verwirklichung eines geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, ein Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Diese Anforderungen werden durch die in Rede stehenden Regelungen erfüllt. Das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von Glücksspielen über das Internet und die Werbung hierfür gilt für sämtliche unter den Glücksspielstaatsvertrag fallende Glücksspiele und damit auch für die dem Staatsmonopol unterliegenden Glücksspiele. Die Regelung ist demnach konsequent und in sich widerspruchsfrei an der Spielsuchts- und Betrugsbekämpfung durch Internet-Glücksspiel ausgerichtet. Die Ansicht des Klägers, dass das Verbot des § 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 GlüStV nur dann Bestand haben könne, wenn es im Sinne einer so genannten Gesamtkohärenz in gleicher Weise auch bei anderen, vom Glücksspielstaatsvertrag nicht erfassten Glücksspielen (Pferdewetten, Spielautomaten etc.) gelte, findet in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keine Stütze. Aus dem weiten Beurteilungsspielraum der Mitgliedsstaaten folgt - auch und gerade in einem föderalen System wie dem der Bundesrepublik Deutschland - eine Berechtigung zu sektoralen Unterscheidungen zwischen den einzelnen Glücksspielbereichen. Die Regelungen sind auch erforderlich im gemeinschaftsrechtlichen Sinn. Angesichts der mit dem Glücksspiel über das Internet einhergehenden Sucht- und Kriminalitätsgefahren und der konsequenten Ausrichtung des Glücksspielrechts an der Bekämpfung dieser Risiken ist es nicht zu beanstanden, die Glücksspielmöglichkeit über das Internet und die Werbung hierfür generell zu verbieten. Gleich geeignete, die Glücksspieldienstleister weniger belastende Regelungen sind nicht ersichtlich. Die Regelungen sind zudem nicht diskriminierend. Das Verbot, Glücksspiel im Internet zu veranstalten und zu vermitteln sowie hierfür im Internet zu werben, gilt unterschiedslos sowohl für in Deutschland als auch für in anderen Mitgliedsstaaten ansässige Wirtschaftsteilnehmer (vgl. zum Ganzen jüngst etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.10.2009, Az. 13 B 736/09, Juris [m.w.N.; insbesondere auch zur EuGH-Rechtsprechung]; BayVGH vom 22.7.2009, a.a.O.).

1.3 Die angefochtenen Bescheide halten sich im Rahmen der Verbandskompetenz des Beklagten. Schon ausweislich der Tenorierung in den jeweiligen Ziffern 1 der angefochtenen Bescheide beschränkt sich der räumliche Geltungsbereich der ausgesprochenen Untersagungen auf das Gebiet des Freistaats Bayern („über das Internet in Bayern“/„soweit … vom Gebiet des Freistaats Bayern aus abrufbar“). Die rechtliche Wirkung der angefochtenen Bescheide reicht mithin nicht über das Gebiet des Freistaats Bayern hinaus. Etwaige sich aus der ausschließlich auf das Gebiet des Freistaats Bayern bezogenen Rechtswirkung ergebenden, über das Gebiet Bayerns in tatsächlicher Hinsicht hinausreichenden Auswirkungen sind keine Frage der Verbandskompetenz des Beklagten, sondern - der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 20.11.2008, Az. 10 CS 08.2399, Juris; Beschluss vom 22.7.2009, a.a.O.) und der fortentwickelten Kammerrechtsprechung (vgl. Beschluss vom 18.8.2009, Az. AN 4 S 09.01413, Juris; Beschlüsse vom 27.10.2009, Az. AN 4 S 09.1870/AN 4 S 09.01887) folgend - der Zumutbarkeit.

1.4 Die bayernweite Zuständigkeit der für den Beklagten handelnden Regierung von … ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (AGGlüStV).

1.5 Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind auch hinreichend bestimmt (vgl. Art. 37 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG). Dies gilt zum einen dahingehend, dass die Behörde dem Betroffenen grundsätzlich nicht aufzeigen muss, auf welche Weise er dem Verbot Rechnung tragen kann (vgl. VGH vom 22.7.2009, a.a.O.). Dies gilt aber auch hinsichtlich der Untersagung öffentlichen Glücksspiels im Sinne des § 3 GlüStV. Die erkennende Kammer folgt insoweit - auch in Ansehung der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Dezember 1998 (Az. 7 ZS 98.1660/7 ZS 98.2969, Juris) aus dem Rundfunkrecht - der hier unmittelbar einschlägigen glücksspielrechtlichen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster, wonach eine - wie hier - auf § 9 Abs. 1 GlüStV gestützte Untersagungsanordnung, die im Bescheidtenor die Definition öffentlichen Glücksspiels in § 3 GlüStV in Bezug nimmt, hinreichend bestimmt ist, wenn die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung hinreichend klar verständlich und in sich widerspruchsfrei ist. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat auf Grund des Tenors und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst erkennbaren Umstände ersehen kann, was durch den Verwaltungsakt gefordert wird. Ein glücksspielrechtlicher Verwaltungsakt ist nicht schon dann unbestimmt, wenn er für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Vorliegend kann davon ausgegangen werden, dass der Kläger bzw. dessen Mitarbeiter über die erforderliche Qualifikation verfügen, um auf der Grundlage der Tenorierungen und der Begründungen der angefochtenen Bescheide sowie der ihnen sonst bekannten Umstände ersehen zu können, welche Angebote als Glücksspiel einzuordnen und damit als von den Untersagungsverfügungen umfasst anzusehen sind (vgl. OVG Münster, Beschlüsse vom 30.10.2009, Az. 13 B 736/09 und 13 B 744/09 sowie vom 5.11.2009, Az. 13 B 724/09, jeweils in Juris). Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der angefochtenen Untersagungsanordnungen ergeben sich - soweit für das Gericht ersichtlich - auch nicht aus der glücksspielrechtlichen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Im Gegenteil betont auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit, dass sich eine glücksspielrechtliche Untersagung wegen der Gefahr eines Ausweichens auf alternative Glücksspielangebote nicht auf das tatsächlich vorhandene Angebot beschränken muss (vgl. BayVGH, Beschlüsse vom 20.11.2008, Az. 10 CS 08.2399/10 CS 08.2436, jeweils in Juris).

1.6 Die Erfüllung der angefochtenen Untersagungsanordnungen ist dem Kläger auch weder tatsächlich noch rechtlich unmöglich. Die tatsächliche Möglichkeit jedenfalls eines vollständigen Unterlassens der Veranstaltung bzw. Vermittlung von Sportwetten im Internet und der Internet-Werbung ist evident. Zweifel bestehen jedoch auch hinsichtlich der rechtlichen Möglichkeit nicht. Insoweit ist der Kläger durch keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehindert, den Untersagungsverfügungen zu folgen. Auch privatrechtlich besteht die Verfügungsbefugnis über den Internet-Auftritt. Rein obligatorische Verpflichtungen gegenüber Dritten im Privatrechtsverhältnis stehen der Befolgungspflicht nicht entgegen, weil sie die rechtliche Verfügungsmacht über den Internet-Auftritt nicht berühren (vgl. BayVGH, Beschlüsse vom 20.11.2008, a.a.O.).

1.7 Das erkennende Gericht hat auch keine Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit bzw. der Zumutbarkeit der ausgesprochenen Untersagungen. Maßgeblicher Gesichtspunkt hierbei ist, dass die Veranstaltung bzw. Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Internet bzw. die Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet nach §§ 4 Abs. 4 bzw. 5 Abs. 3 GlüStV in der gesamten Bundesrepublik Deutschland gesetzlich verboten ist. Mithin ist ein schützenswertes Interesse an der Veranstaltung bzw. Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Internet sowie Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet in ganz Deutschland schon im Grundsatz nicht anzuerkennen (vgl. BayVGH, Beschlüsse vom 20.11.2008, a.a.O.; vgl. auch OVG Münster, Beschlüsse vom 30.10.2009, a.a.O.; Beschluss des erkennenden Gerichts vom 18.8.2009, a.a.O.). Auf diesen räumlichen Bereich beziehen sich die geschäftlichen Aktivitäten des Klägers. Ist mithin dem Kläger zuzumuten, seine Internet-Aktivitäten deutschlandweit zu unterlassen, kommt es auf die Frage der technischen Realisierbarkeit einer territorial allein auf Bayern bezogenen „Abschaltung“ von Internet-Inhalten bei gleichzeitiger Beibehaltung dieser Inhalte im Übrigen mittels Geolokalisationstechnologie, Mobilfunkortung oder sonstiger Methoden für die Frage der Zumutbarkeit der angefochtenen Untersagungsanordnungen nicht an.

1.8 Hinsichtlich des Bescheides vom 6. April 2009 (Werbeverbot) ist der diesbezüglich gerügte Gleichheitsverstoß (Art. 3 Abs. 1 GG), aus dem sich eine Rechtswidrigkeit des Bescheides ergeben könnte, nicht erkennbar. Zwar erscheint es unbeschadet dessen, dass rechtswidrige Zustände nicht stets „flächendeckend“ bekämpft werden müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.2.1992, Az. 7 B 106/91, Juris), vorliegend nicht ausgeschlossen, dass es geboten sein kann, auch gegen Werbetätigkeiten im Internet für das staatliche Glücksspielangebot einzuschreiten. Hierauf kommt es jedoch vorliegend nicht an. Zum einen lässt sich jedenfalls sachlich differenzieren zwischen einer Untersagung von nach § 5 Abs. 3 GlüStV verbotener Werbung im Internet für ein im Internet angebotenes bzw. vermitteltes Glücksspiel (unabhängig von der Frage des Erlaubt- bzw. Verbotenseins der Veranstaltung bzw. Vermittlung des Glücksspiels an sich) und einem Glücksspielangebot, das (unabhängig von der Frage des Erlaubt- bzw. Verbotenseins) ausschließlich außerhalb des Internets veranstaltet bzw. vermittelt wird, wie dies - soweit der Kammer bekannt - beim staatlichen Glücksspiel-Angebot im Gegensatz zum streitgegenständlichen Glücksspielangebot der Fall ist. Dies ergibt sich schon mit Blick auf die gesetzliche Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV, wonach auch erlaubtes Glücksspiel im Internet (nach Auslaufen der Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV) unzulässig ist. Zum anderen wäre eine Berufung auf eine etwaige Gleichbehandlung im Unrecht ausgeschlossen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht (BVerwG, Urteil vom 26.2.1993, Az. 8 C 20/92, Juris; Jarass in: Jarass/ Pieroth, GG, 7. Aufl. 2004, Art. 3, Nr. 36 [m.w.N.]).

1.9 § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV stellt es in das pflichtgemäße Ermessen der Glücksspielaufsicht, ob, wie und gegen wen sie bei Verstößen gegen den Glücksspielstaatsvertrag einschreitet. Gerichtlich überprüfbare (vgl. § 114 Satz 1 VwGO) Ermessensfehler hinsichtlich der ausgesprochenen Untersagungen sind insoweit nicht ersichtlich (vgl. auch bereits Ziffer 1.8). Die hier im Streit stehenden Anordnungen sind rechtsfehlerfrei (vgl. hierzu auch VGH vom 22.7.2009, a.a.O.).

1.10 Hinsichtlich der Höhe der in den streitgegenständlichen Bescheiden angedrohten Zwangsgelder (150.000,00 EUR bzw. 50.000,00 EUR) hat die Kammer keine rechtlichen Bedenken (in diesem Sinne auch VGH, Beschluss vom 22.7.2009, a.a.O.). Nach Art. 31 Abs. 2 des Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) beträgt das Zwangsgeld mindestens 15,00 EUR und höchstens 50.000,00 EUR. Das Zwangsgeld soll das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden. Die vom Kläger vorgelegte Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2008 bestätigt das hohe, über die in den streitgegenständlichen Bescheiden angedrohten Zwangsgelder weit hinausreichende wirtschaftliche Interesse des Klägers an einer Fortführung der untersagten Geschäftstätigkeit (vgl. zum Ganzen bereits den Beschluss des erkennenden Gerichts vom 18.8.2009 in den Verfahren Az. AN 4 S 09.01435/AN 4 S 09.01452 zur isolierten Androhung eines [weiteren] Zwangsgeldes in Höhe von 200.000,00 EUR).

1.11 Auch gegen die Höhe der durch die streitgegenständlichen Bescheide auferlegten Verwaltungsgebühren (10.150,00 EUR bzw. 3.125,00 EUR) bestehen keine rechtlichen Bedenken. Die Höhe der festgesetzten Gebühren kann sich auf Art. 6 Abs. 1 Satz 3 KG stützen, wonach für Amtshandlungen, die nicht im Kostenverzeichnis enthalten sind - wie dies bei Erlass der streitgegenständlichen Bescheide für die in Rede stehenden Amtshandlungen der Fall war (zur heutigen Rechtslage vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG i.V.m. Ziffer 2.IV.1/3.2 des Kostenverzeichnisses, wonach für Anordnungen zur Beseitigung rechtswidriger Zustände sowie sonstige Anordnungen der Glücksspielaufsicht ein Gebührenrahmen von 500,00 EUR bis 50.000,00 EUR vorgegeben wird) - und hinsichtlich derer es auch an einer im Kostenverzeichnis bewerteten vergleichbaren Amtshandlung fehlt, Gebühren zwischen 5,00 EUR und 25.000,00 EUR erhoben werden können. Gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG ist bei der Ermittlung der Gebühr sowohl der Verwaltungsaufwand als auch die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten zu berücksichtigen. Insoweit hat bereits der Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 22.7.2009, a.a.O.) festgestellt, dass der Streitgegenstand vorliegend sehr komplex und schwierig ist und eine gründliche Auseinandersetzung mit umfangreichen Schriftsätzen sowie einer fast unübersehbar gewordenen Literatur erfordert. Ergänzt werden kann, dass es auch in Anbetracht des Erlasses einer Mehrzahl von Bescheiden in gegebenenfalls ähnlich gelagerten Fällen der gründlichen Auseinandersetzung mit den spezifischen Besonderheiten des Einzelfalles und einer intensiven Beobachtung und Auseinandersetzung mit der weiteren Entwicklung der Rechtslage und insbesondere der Rechtsprechung bedarf. Die gleichzeitig hohe wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten wurde bereits dargelegt (vgl. oben Ziffer 1.10) und ergibt sich im Übrigen auch aus dem festgesetzten Streitwert (vgl. unten). Die vom Beklagten festgesetzte Gebührenhöhe stellt auch keinen Verstoß gegen das im verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit enthaltene Äquivalenzprinzip dar. Das Äquivalenzprinzip als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass eine Gebühr in keinem groben Missverhältnis zu dem Wert der mit ihr abgegoltenen Leistung der öffentlichen Hand steht. Bei Anwendbarkeit des Äquivalenzprinzips verfügt der Gesetz- und Verordnungsgeber jedoch über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Bemessung einer Gebühr. Diese muss sich nicht auf die Kosten des Verwaltungsaufwandes beschränken, sondern kann auch andere Gesichtspunkte einfließen lassen. Gleichwohl sind die für eine Leistung entstandenen Kosten nicht gänzlich ohne Bedeutung. Das Äquivalenzprinzip verbietet nämlich die Festsetzung einer Gebühr völlig unabhängig von den Kosten der erbrachten Verwaltungsleistung. Der Entgeltcharakter der Gebühr muss dadurch gewahrt bleiben, dass diese sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht völlig von den Kosten des Verwaltungsaufwandes lösen darf. Eine diesbezügliche Obergrenze kann jedoch nicht abschließend festgelegt werden. Entscheidend ist, ob sich eine Gebühr noch ansatzweise auf die Kosten des Verwaltungsaufwandes zurückführen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.4.2003, Az. 6 C 5/02, Juris; BayVGH, Beschluss vom 5.8.2004, Az. 22 ZB 04.1853, Juris). Dafür, dass ein grobes Missverhältnis im Sinne der zitierten Rechtsprechung, der sich das erkennende Gericht anschließt, besteht bzw. dafür, dass sich die erhobenen Gebühren nicht einmal ansatzweise auf die Kosten des Verwaltungsaufwandes zurückführen ließen, ist nach allem vorliegend nichts ersichtlich.

2. Die Feststellungsanträge des Klägers sind unzulässig. Hierbei kann dahinstehen, ob und inwieweit die nachträgliche Geltendmachung der Feststellungsbegehren rechtlichen Bedenken begegnet, da die Anträge im Hinblick auf die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Gestaltungsklage bzw. ein fehlendes berechtigtes Interesse an der Feststellung (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 VwGO) unzulässig sind. Wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage können gegenwärtige Rechtsverhältnisse nur in Sonderfällen geeigneter Gegenstand der Feststellungsklage sein (vgl. Happ in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 43, RdNr. 36). Dies ist etwa dann denkbar, wenn im Hinblick auf die umstrittene inhaltliche Reichweite eines Verwaltungsakts geklärt werden soll, ob der Betroffene zu einem bestimmten Handeln verpflichtet oder befugt ist, weil dies nicht Inhalt des erlassenen Verwaltungsakts geworden ist bzw. weil dies nur als Vorfrage beim Erlass eines Verwaltungsakts eine Rolle gespielt hat (vgl. Happ, a.a.O., RdNr. 41; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 43, RdNr. 26). So liegt der Fall hier aber gerade nicht. Die vorliegend mittels Gestaltungsklagen angefochtenen Bescheide besagen schon - wie unter Ziffer 1 ausgeführt - jeweils im Tenor, dass Rechtspflichten nur hinsichtlich Bayerns in Rede stehen. In den jeweiligen Bescheidbegründungen wird dies noch einmal klargestellt bzw. bekräftigt. Insoweit ist ein Klärungsbedarf über die vom Kläger auch wahrgenommene Möglichkeit zur Erhebung von gegen die diesbezüglichen Bescheide gerichteten Anfechtungsklagen (Gestaltungsklagen) hinaus nicht ersichtlich. Im Hinblick auf die eindeutige, im gerichtlichen Verfahren nochmals ausdrücklich bekräftigte, auch Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung betreffende Rechtsposition des Beklagten, ist auch kein berechtigtes Interesse an den begehrten Feststellungen im Verhältnis zur beklagten Partei ersichtlich. Die Rechtslage ist insoweit nicht unklar (vgl. zu diesen Erfordernissen Happ, a.a.O., RdNr. 29; Kopp/Schenke, a.a.O., RdNr. 24). Entgegen seinem Vorbringen im Rahmen der Erhebung der Feststellungsanträge stellt dies, im Zusammenhang mit der Erörterung des Streitwerts, im Übrigen auch der Kläger so dar. Insoweit trägt der Kläger vor: „Weil die Regierung von … ihre Untersagungsanordnungen territorial auf Bayern beschränken muss und beschränkt hat, …“.

3. Der Kläger trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterliegender Teil die Kosten der Verfahren.

4. Die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 124 Abs. 2 Nr. 3, die Zulassung der Revision auf §§ 134 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Rechtssachen haben grundsätzliche Bedeutung. Die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zur Anwendung des Glücksspielstaatsvertrages einschließlich dessen Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht (Verfassungs- und Europarecht) durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens und durch das Bundesverwaltungsgericht steht noch aus.

 

Beschluss

Der Streitwert in den zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Streitsachen wird bis zur Verbindung auf jeweils 4.688.519,87 EUR, ab Verbindung auf insgesamt 4.688.519,87 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und richtet sich nach der sich aus den klägerischen Anträgen für diesen ergebenden Bedeutung der Sache. Insoweit verweist der Kläger auf seine Gewinn- und Verlustrechnung für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2008, die hinsichtlich der bundesweiten Tätigkeit des Klägers einen Jahresüberschuss von 4.688.519,87 EUR ausweist. Die Werbeaufwendungen werden gleichzeitig mit 18.509.410,05 EUR beziffert. Diese Angaben hat das Gericht bei der Bestimmung des Streitwerts - nämlich dem im letzten vollen Geschäftsjahr 2008 erzielten Jahresüberschuss - zugrunde gelegt. Einer Streitwertermittlung im Wege der Pauschalierung aus Gründen der Praktikabilität (vgl. hierzu BayVGH, Beschluss vom 8.9.2009, Az. 10 C 09.864, Juris) bedurfte es vorliegend mit Blick auf die vom Kläger gemachten Angaben nicht. Bei der Streitwertfestsetzung ist das Gericht hinsichtlich des Verfahrens AN 4 K 09.00592 (Werbeverbot) sowie hinsichtlich des ab Verbindung mit dem Verfahren AN 4 K 09.00570 insgesamt anzusetzenden Streitwerts davon ausgegangen, dass der erzielte Jahresüberschuss von 4.688.519,87 EUR das Gesamtinteresse an der streitgegenständlichen wirtschaftlichen Betätigung des Klägers bestimmt und insoweit eine Obergrenze für die wirtschaftliche Bedeutung der Sache bildet. Eine Streitwertaddition erfolgte deshalb (ausnahmsweise) nicht (vgl. Ziffer 1.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Die Streitwertfestsetzung knüpft an Ziffern 54.1 und 54.2 des Streitwertkatalogs an, wonach bei der Untersagung eines ausgeübten Gewerbes der Jahresbetrag des erzielten oder erwarteten Gewinns anzusetzen ist (vgl. hierzu auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 23.10.2009, Az. 11 OA 391/09, Juris). Im Hinblick auf die in beiden Verfahren gestellten Feststellungsanträge, die den Internet-Vertrieb bzw. die Internet-Werbung des Klägers im Gebiet der gesamten Bundesrepublik Deutschland mit einschließen, war auf den im Rahmen der bundesweiten Tätigkeit erzielten Jahresüberschuss und nicht allein auf den auf Bayern entfallenden Anteil abzustellen. Ein Abschlag gegenüber der Streitwerthöhe bei der Gestaltungsklage wurde nicht vorgenommen (vgl. Ziffer 1.3 des Streitwertkatalogs).