OLG München, Beschluss vom 29.10.2009 - 34 Sch 015/09
Fundstelle
openJur 2012, 103891
  • Rkr:
Tenor

I. Das aus dem Einzelschiedsrichter bestehende Schiedsgericht erließ in dem zwischen der Antragstellerin als Schiedsklägerin und der Antragsgegnerin als Schiedsbeklagten geführten Schiedsverfahren folgenden am 1. Juni 2009 ergangenen und am 23. Juli 2009 berichtigten Schiedsspruch:

I. Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin 25.084,95 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 25.998,27 € vom 23.12.2007 bis zum 26.1.2008, aus 33.084,95 € vom 27.12.2008 bis zum 16.2.2008, aus 25.084,95 € vom 17.2.2008 bis zum 21.5.2008 und aus 25.084,95 € ab 22.5.2008 zu zahlen.

….

Von den außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 28 % und die Beklagte 72 %. Die Beklagte ist verpflichtet, für die Gebühren des Schiedsrichters an die Klägerin einen Betrag von 3.163,39 € zu erstatten.

II. Dieser Schiedsspruch wird in dem vorgegebenen Umfang für vollstreckbar erklärt mit der Maßgabe, dass Zinsen in der vorgegebenen Höhe aus 33.084,95 € vom 27. 01 .2008 (statt 27.12.2008) bis 16.2.2008 zu zahlen sind.

III. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

V. Der Streitwert wird auf 25.085 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Unter den Parteien war in Friedrichsdorf (OLG-Bezirk Frankfurt am Main) ein schiedsgerichtliches Verfahren anhängig. Dieses hatte Forderungen aus einem Werkvertrag über Trockenbauarbeiten zum Gegenstand.

Im Bauvertrag vom 18.7.2006 hatten die Parteien unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs eine Schiedsvereinbarung getroffen, die Anwendung der Schiedsgerichtsordnung für das Bauwesen (SGO Bau) vereinbart und in Ziff. 21.4 (Satz 2) bestimmt:

Gerichtsstand im Sinn des § 1062 ZPO ist das OLG Nürnberg.

Da die Antragsgegnerin auf die Schlussrechnung über 35.468,30 € nicht zahlte, erhob die Antragstellerin Schiedsklage. Die Antragsgegnerin als Schiedsbeklagte machte u.a. ein Zurückbehaltungsrecht in doppelter Höhe der von ihr behaupteten Mängelbeseitigungskosten von 32.950,00 EUR geltend, wobei sie sich auf ein in einem selbständigen Beweisverfahren eingeholtes Sachverständigengutachten bezog. Weiter machte sie Ersatzvornahmekosten geltend. Schließlich erklärte sie die Aufrechnung mit einem auch in einem anderen Schiedsverfahren geltend gemachten Erstattungsanspruch wegen erfolgter Mängelbeseitigung und mit Vorschussansprüchen wegen noch zu ausstehender Mängelbeseitigung. Mit diesen Ansprüchen sollte im gegenständlichen Verfahren aufgerechnet werden, soweit der Restwerklohnanspruch im anderen Verfahren bereits erloschen sein oder aber überhaupt nicht (mehr) bestehen sollte.

Über die Schiedsklage wurde mit dem im Tenor wiedergegebenen Schiedsspruch vom 1.6.2009, im Zinsausspruch berichtigt am 23.7.2009, entschieden und der Antragstellerin in der Hauptsache eine restliche Werklohnforderung von 25.094,95 € zuerkannt.

In der Begründung des Schiedsspruchs setzte sich der Einzelschiedsrichter mit dem behaupteten Zurückbehaltungsrecht der Antragsgegnerin auseinander und kam zu dem Ergebnis, dass dem Vortrag der Schiedsbeklagten und den Ausführungen des Gutachtens ein von der Schiedsklägerin zu verantwortender Mangel nicht zu entnehmen sei.

Hinsichtlich der geltend gemachten Ersatzvornahmekosten kam der Schiedsrichter zu dem Ergebnis, diese Forderung sei „nicht schlüssig“ vorgetragen.

Die Aufrechnung mit Forderungen aus einem anderen Schiedsverfahren der Parteien hielt das Schiedsgericht für unwirksam, weil die Aufrechnungserklärung unter einer unzulässigen Bedingung abgegeben worden sei.

Im Übrigen wird auf den Schiedsspruch vom 1.6.2009 Bezug genommen.

2. Die Antragstellerin beantragt unter Vorlage von anwaltlich beglaubigten Abschriften, den Schiedsspruch vom 1.6.2009 in der Fassung des Berichtigungsschiedsspruchs vom 23.7.2009, soweit ihr günstig, für vollstreckbar zu erklären. Das zunächst angerufene Oberlandesgericht Nürnberg hat die Sache formlos an das Oberlandesgericht München abgegeben.

Die Antragsgegnerin rügt zunächst die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München und beantragt sodann, nach Anordnung einer mündlichen Verhandlung den Antrag zurückzuweisen und den Schiedsspruch aufzuheben.

Sie rügt die Versagung rechtlichen Gehörs. Dies stelle einen Aufhebungsgrund gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO (Verletzung des ordre public) dar.

Der Schiedsrichter habe hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Mängel, aus der ihr Zurückbehaltungsrecht resultiere, - ohne über die notwendige Fachkompetenz zu verfügen und ohne über die Beweisanträge der Antragsgegnerin zu entscheiden - festgestellt, dass die Werkleistung der Antragstellerin mangelfrei sei. Er habe ihren mit Beweisangeboten untermauerten Vortrag zum Umfang der von der Antragstellerin im Zusammenhang mit der Unterdeckenkonstruktion geschuldeten Leistung im Schriftsatz vom 24.4.2009 übergangen. Der Schiedsrichter habe die Ausführungen des Sachverständigen nach eigenem Verständnis ausgelegt und nicht danach gefragt, was der Sachverständige tatsächlich gemeint habe. Gerade hierfür habe aber die Antragsgegnerin Zeugen, u.a. den Sachverständigen, zum Beweis für ihre Behauptung benannt. Da die Sachlage technisch kompliziert sei und der Schiedsrichter die Ausführungen nach eigenem Verständnis auslege, habe er in dieser Frage die von der Antragsgegnerin angebotenen erheblichen Beweisanträge übergangen und gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs durch eine unrichtige Behandlung der Beweisanträge verstoßen. Im Falle einer Beweisaufnahme hätte sich ergeben, dass Ausführungs- und Planungsfehler der Antragstellerin vorliegen.

Der Schiedsrichter habe mit widersprüchlicher Argumentation die Forderung auf Erstattung der Kosten für die Ersatzvornahme als „unschlüssig“ bezeichnet. Er habe die dazu benannten Zeugen nicht gehört. In diesen Beweisangeboten seien detailliert die Beseitigungsarbeiten den zuvor von ihr gerügten Mängeln gegenübergestellt und die Bezugnahme auf die Rechnungen der Firma D. hergestellt worden. Über diesen Sachvortrag und die Beweisanträge habe sich der Schiedsrichter hinweggesetzt und im Hinblick auf das Datum der Rüge und das nachfolgende Datum der jeweiligen Rechnung der Firma D. den Schluss gezogen, dass die Forderung „nicht schlüssig“ sei. Bei genauer Lektüre des Sachverhalts ergebe sich das Gegenteil. Bei Vernehmung der Zeugen hätte sich ergeben, dass die Ersatzvornahmen erst nach Ablauf einer zuvor gesetzten Frist zur Beseitigung eingeleitet und kurzfristig abgerechnet worden seien.

Der Schiedsrichter habe weiter die Aufklärungspflicht verletzt. Er habe die Aufrechnung mit der unzutreffenden Begründung abgelehnt, sie sei „unter einer Bedingung“ abgegeben worden und daher unwirksam. Diesen Gesichtspunkt habe der Schiedsrichter erstmalig im Schiedsspruch vorgebracht und zuvor nicht darauf hingewiesen. Hierdurch sei der Antragsgegnerin die Möglichkeit genommen worden, darauf zu reagieren und entsprechend vorzutragen. Sie sei von der Rechtsauffassung des Gerichts überrascht worden. Dies stelle eine Verletzung der Aufklärungspflicht und des im Schiedsgerichtsverfahren ebenfalls zu beachtenden § 139 ZPO dar. Auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs beruhe der Schiedsspruch; denn ohne den Verstoß hätte mit einer Überzahlung aufgerechnet werden können.

Nach § 1063 Abs. 2 ZPO habe das Gericht daher zwingend die mündliche Verhandlung anzuordnen.

II.

Dem Antrag ist - ohne mündliche Verhandlung - stattzugeben.

181. Das Oberlandesgericht München ist zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs. Auf den Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens (vgl. § 1043 ZPO) kommt es nicht an, da in der Schiedsvereinbarung ein zuständiges Oberlandesgericht bezeichnet ist (§ 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Ziff. 21.4 des Bauvertrags regelt zur Schiedsvereinbarung in Satz 1 zunächst den Gerichtsstand für das Schiedsgericht (vgl. § 1043 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und bestimmt, insoweit zulässig, Erlangen. Gerichtsstand im Sinn des § 1062 ZPO soll nach Satz 2 das Oberlandesgericht Nürnberg sein. In Bayern ist für gerichtliche Entscheidungen in Schiedssachen die Zuständigkeit landesweit auf das Oberlandesgericht München konzentriert (vgl. § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz - GZVJu - vom 16.11.2004, GVBl. S. 471). Da das Oberlandesgericht Nürnberg somit für Entscheidungen in Schiedssachen nicht örtlich zuständig ist, führt die von den Parteien getroffene Gerichtsstandsbestimmung hier zur Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München. Dies ergibt sich aus der Wahl des Begriffs „Gerichtsstand“: „Gerichtsstand“ heißt im Sprachgebrauch der ZPO „örtliche Zuständigkeit“ und betrifft die Abgrenzung der erstinstanziellen Zuständigkeit nach der örtlichen Beziehung der beteiligten Personen oder der Streitsache (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 27. Aufl. § 1 Rn. 7). In Zusammenschau mit der Vereinbarung über den Schiedsverfahrensort (Erlangen = OLG-Bezirk Nürnberg) sollte mit der namentlichen Bezeichnung des Oberlandesgerichts ersichtlich das für den Sitz der Antragsgegnerin (Erlangen) örtlich zuständige Gericht bestimmt werden.

2. Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung über den Antrag entscheiden. Gemäß § 1063 Abs. 2 ZPO hat das Gericht die mündliche Verhandlung nur anzuordnen, wenn die Aufhebung des Schiedsspruchs beantragt wird oder wenn bei einem Antrag auf Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO in Betracht kommen. Das bedeutet, dass bei einem Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs im förmlichen Aufhebungsverfahren nach § 1059 Abs. 1 ZPO mündlich zu verhandeln ist, im Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren aber nur dann, wenn entweder gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO Aufhebungsgründe begründet geltend gemacht werden oder gemäß Nr. 2 von Amts wegen zu beachten sind (vgl. BGHZ 142, 204; vgl. Reichold in Thomas/Putzo ZPO 30. Aufl. § 1063 Rn. 1). Notwendig ist, dass die geltend gemachten Gründe dieser Art nach Aktenlage in Betracht kommen (BayObLGZ 1999, 55/57) oder zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass in einer mündlichen Verhandlung ein Aufhebungsgrund begründet geltend gemacht wird (Musielak/Voit ZPO 7. Aufl. § 1063 Rn. 3). Dies ist aber (siehe nachstehend unter 3.b) nicht der Fall.

3. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ist zulässig und begründet.

a) Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung hat die Antragstellerin durch Vorlage des Schiedsspruchs einschließlich des Berichtigungsschiedsspruchs in anwaltlich beglaubigter Abschrift erfüllt (§ 1064 Abs. 1 ZPO). Der Antrag kann sich zulässigerweise auch auf die Kostengrundentscheidung erstrecken. Auf die Vollstreckbarkeit kommt es insoweit nicht an. Die Vollstreckbarerklärung bewirkt die Bestandskraft der mit dieser (Zwischen-) Entscheidung erreichten (teilweisen) Streitklärung (BGH WM 2006, 1121/1123).

Soweit im Schiedsspruch in Zusammenhang mit der Kostengrundentscheidung auch die Verpflichtung der Antragsgegnerin ausgesprochen ist, der Antragstellerin die vorgeschossenen Gebühren des Schiedsrichters zu erstatten, verstößt dies nicht gegen das Verbot des Richtens in eigener Sache (vgl. BGH NJW 1985, 1903). Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung des Schiedsgerichts vom 13.11.2008 sich mit der Abrechnung der Gebühren des Schiedsrichters einverstanden erklärt. Mit dem bezifferten Kostenschiedsspruch wurde zudem nur über den Erstattungsanspruch der Parteien untereinander entschieden (vgl. Senat vom 23.2.2007, 34 Sch 031/06 = OLG-Report 2007, 684).

23b) Anhaltspunkte für nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO zur Aufhebung des Schiedsspruchs führende Verfahrensfehler - Anerkennungshindernisse nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sind nicht geltend gemacht und solche nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a ZPO sind nicht ersichtlich - liegen nicht vor und ergeben sich auch nicht aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin. Es liegt insbesondere keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 1042 Abs. 1 Satz 2 ZPO) vor.

24aa) Der Schiedsrichter hat von der Antragsgegnerin benannte Zeugen – u.a. den vom staatlichen Gericht im selbständigen Beweisverfahren bestellten Sachverständigen als sachverständigen Zeugen - zu den behaupteten Mängeln der Werkleistung und einem daraus abgeleiteten Zurückbehaltungsrecht nicht gehört. In der von den Parteien vereinbarten SGO Bau ist zwar in § 13 Abs. 9 geregelt, dass der Schiedsrichter „insbesondere nach eigenem Ermessen“ die Beweisanträge der Parteien ablehnen kann, wenn und soweit er sie für sachlich unerheblich erachtet. Trotzdem kann im völligen Übergehen eines Beweisantrags ein Verstoß gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs liegen. Das Schiedsgericht kann einen Beweisantrag aber übergehen, wenn die Behauptung keine Entscheidungsrelevanz hat; diese Beurteilung obliegt dem Schiedsgericht. Sie kann vom staatlichen Gericht grundsätzlich nicht auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden (vgl. Zöller/Geimer ZPO 27. Aufl. § 1042 Rn. 11a). Dabei braucht sich das Schiedsgericht in seiner Begründung aber nicht mit jedem Punkt des Parteivortrags zu befassen. Auszugehen ist immer von der rechtlichen Beurteilung durch das Schiedsgericht.

25Hier hat der Schiedsrichter zum einen ausdrücklich dargelegt (S. 15 f. des Schiedsspruchs), dass nach seiner Beurteilung sich die Verpflichtung der Antragstellerin lediglich auf die Anbringung einer „R.“-Decke beschränke und dass sie nur diese ausgeführt habe. Hiervon ausgehend hat er das von der Antragsgegnerin vorgelegte Sachverständigengutachten gewürdigt. Wenn die Antragsgegnerin an dieser Stelle rügt, der Schiedsrichter würde die Ausführungen des Sachverständigen nach eigenem Verständnis auslegen und nicht danach fragen, was der Sachverständige - technisch zutreffend - tatsächlich gemeint habe, berücksichtigt sie nicht, dass dies bereits Teil der Beweiswürdigung ist, indem der Schiedsrichter das vorgelegte Gutachten interpretiert. Auch das Ergebnis der Beweiswürdigung ist - abgesehen von Willkür - durch das staatliche Gericht nicht nachprüfbar. Die von der Antragsgegnerin im Schiedsverfahren angebotenen Zeugen sind darüber hinaus entweder für unstreitige Tatsachen, nämlich dass die vorhandene Unterdecke von der Antragstellerin angefertigt wurde, oder für Fragen benannt, die nur durch einen Sachverständigen beantwortet werden können, so für das Vorliegen eines Mangels und die Folgen dieses Mangels, oder aber für Rechtsfragen, nämlich worin die vertraglich geschuldete Leistung bestand. Soweit der Sachverständige aus dem selbständigen Beweisverfahren als „sachverständiger Zeuge“ benannt wird, hat der Schiedsrichter dessen Gutachten verwertet. Die Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung über die schriftliche Begutachtung und das Recht, dem Sachverständigen Fragen zu stellen (§§ 397, 402 ZPO), waren nicht vereinbart.

26bb) Eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör liegt auch nicht darin, dass Beweisanträge zu den Gegenforderungen der Antragsgegnerin („weitere Restarbeiten“ - Rechnungen der Firma D. - Anlage B7 und B8 -) übergangen wurden. Der Schiedsrichter hat ausführlich ausgeführt, weshalb er diesen Vortrag für unschlüssig halte (S. 12 und 13 des Schiedsspruchs). Die Richtigkeit dieser Ausführungen kann durch das staatliche Gericht nicht überprüft werden, eine Fehlentscheidung bildet insoweit keinen Aufhebungsgrund (Zöller/Geimer § 1042 Rn. 11a). Für die Frage, ob Beweis zu erheben ist, kommt es auf die Rechtsansicht des Schiedsgerichts an. Der Schiedsrichter konnte dem Vortrag der Antragsgegnerin nicht entnehmen, dass die Ersatzvornahme vor Fristablauf stattfand. Weder im Verfahren vor dem staatlichen Gericht noch im Schiedsverfahren ist aber ein unzureichender Tatsachenvortrag – mag der Schiedsrichter hiervon auch zu Unrecht ausgegangen ist - durch Zeugeneinvernahme schlüssig zu machen. Es würde sich um einen Ausforschungsbeweis handeln.

cc) Der Schiedsrichter hat eine weitere Aufrechnung als bedingt und deshalb unzulässig angesehen; die zugrunde liegende Forderung hat er daher nicht weiter geprüft (Schiedsspruch S. 16/17). Die Frage, ob die Wirksamkeit einer (Prozess-) Aufrechnung richtig beurteilt wurde, ist vom staatlichen Gericht nicht zu überprüfen.

28Auch insoweit rügt die Antragsgegnerin die Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen einer vom Schiedsrichter getroffenen Überraschungsentscheidung. Durch eine Verletzung der Aufklärungspflicht nach § 139 ZPO sei ihr die Möglichkeit genommen worden, auf die Rechtsansicht des Schiedsrichters zu reagieren und entsprechend vorzutragen.

29Zu prüfen ist im Rahmen des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO indes nur, ob die Verfahrensweise des Schiedsgerichts zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Zu messen ist dies hier in erster Linie an Art. 103 Abs. 1 GG. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs besagt, dass niemand in seinen Rechten durch gerichtliche Maßnahmen betroffen werden darf, ohne vorher Gelegenheit zur Äußerung gehabt zu haben. Er erschöpft sich nicht darin, den Parteien Gelegenheit zu geben, alles ihnen erforderlich Erscheinende vorzutragen. Sie müssen auch zu allen Tatsachen und Beweismitteln Stellung nehmen können, die das Gericht seiner Entscheidung zugrunde zu legen gedenkt. Art. 103 Abs. 1 GG begründet aber weder eine allgemeine Aufklärungs- und Fragepflicht des Gerichts noch einen allgemeinen Anspruch der Parteien auf ein Rechtsgespräch. Diese für staatliche Gerichte maßgebenden Grundsätze gelten entsprechend für Schiedsgerichte (zusammenfassend Zöller/Geimer § 1042 Rn. 5; Zöller/Greger Vor § 128 Rn. 3 ff.).

Die Gestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens ist, soweit die Parteien eine abweichende Vereinbarung nicht getroffen haben, grundsätzlich dem freien Ermessen des Schiedsgerichts überlassen. Davon geht auch die vereinbarte Regelung in § 13 Abs. 9 SGO Bau aus. Das Schiedsgericht muss daher die Vorschrift des § 139 ZPO nur beachten, soweit sich der Anspruch auf rechtliches Gehör mit ihrem Anwendungsbereich im Einzelfall deckt, etwa wenn es von einer vorher mitgeteilten Rechtsansicht stillschweigend abweicht und die Parteien dadurch am Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln gehindert werden (BGHZ 85, 288). Eine Hinweispflicht des Schiedsgerichts in entsprechender Anwendung des § 139 ZPO wird überwiegend nur angenommen, wenn die Parteien eigens ein Verfahren nach den Regeln des deutschen staatlichen Gerichts vereinbart haben (vgl. Musielak/Voit ZPO 7. Aufl. § 1042 Rn. 13 m.w.N.). Der Senat folgt dieser Ansicht. Die Parteien haben weder die Regeln eines deutschen staatlichen Gerichts vereinbart noch ausdrücklich einen Hinweis erbeten. Eine Überraschungsentscheidung liegt ebenfalls nicht vor. Denn der Schiedsrichter ist nicht von einer vorher mitgeteilten Rechtsansicht abgewichen.

Die Behandlung einer im Schiedsverfahren erklärten Aufrechnung als unzulässig kann auch im Übrigen keinen Verstoß gegen den ordre public darstellen, weil die zur Aufrechnung gestellte materielle Forderung selbst in diesem Fall davon unberührt bleibt und die betroffene Partei sie anderweitig geltend machen kann (BGH NJW 2001, 3616; Palandt/Grüneberg BGB 68. Aufl. § 388 Rn. 2).

c) Der Tenor des Schiedsspruchs enthält einen offensichtlichen Schreibfehler, als dort Zinsen vom 27.12.2008 bis zum 16.2. desselben Jahres zugesprochen werden. Der Ausspruch hat in dieser Fassung keinen vollstreckbaren Inhalt. Sowohl aus den Entscheidungsgründen (S. 18) als auch aus dem unmittelbaren Zusammenhang (Zinsen zunächst vom 23.12.2007 bis zum 26.1.2008 und anschließend ab dem 17.2.2008) ergibt sich zweifelsfrei der zutreffende Zeitraum (27.1.2008 bis 16.2.2008). Unter diesen Umständen kann das staatliche Gericht eine Berichtigung, die sonst dem Schiedsgericht vorbehalten ist, vornehmen (vgl. Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 28 Rn. 7). Soweit auch die Jahresangabe und möglicherweise der zu verzinsende Betrag nicht mit der Begründung übereinstimmen, fehlen diese Voraussetzungen.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 1064 Abs. 2 ZPO anzuordnen. Der Streitwert bemisst sich gemäß dem Interesse der Antragstellerin nach dem Wert der Hauptsache im Umfang der begehrten Vollstreckbarerklärung.