VG München, Urteil vom 23.09.2009 - M 7 K 08.3052
Fundstelle
openJur 2012, 103302
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich im Wege einer vorbeugenden Unterlassungsklage gegen die nach Art. 33 Abs. 2 PAG mögliche automatisierte Kennzeichenerfassung.

Die Bayerische Polizei testete ab Oktober 2002 im Rahmen eines Pilotversuches sechs Monate lang intensiv die technische Leistungsfähigkeit von Autokennzeichen-Lesegeräten zu Fahndungszwecken an den damaligen bayerisch-tschechischen Grenzübergängen Waidhaus und Schirnding sowie gekoppelt mit der Geschwindigkeitsüberwachung etwa auf der Autobahn München-Salzburg. Im Rahmen einer Novellierung des Polizeiaufgabengesetzes (Gesetz zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes und des Parlamentarischen Kontrollgremium-Gesetzes vom 24. 12. 2005, GVBl S. 641) hat der Gesetzgeber die Befugnis für den verdeckten Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme in das Polizeiaufgabengesetz in die Art. 33 Abs. 2 Sätze 2 und 3, Art. 38 Abs. 3 und Art. 46 Abs. 2 Satz 4 PAG aufgenommen, die zum 1. Januar 2006 in Kraft trat.

Die automatisierten Kennzeichenerkennungssysteme erfassen das Kfz-Kennzeichen eines vorbeifahrenden Fahrzeuges per Video und in Text umgewandelt. Die Kennzeichendaten werden im Anschluss automatisch per Computer mit Fahndungsdaten abgeglichen. Im Falle eines „Nicht-Treffers“ werden die erhobenen Daten (Bild und Kennzeichendaten) unverzüglich gelöscht (Art. 38 Abs. 3 Satz 1 PAG). Im Trefferfall werden die Kennzeichendaten und das Bild an den polizeilichen Sachbearbeiterplatz übertragen, wo das Bild und das Kennzeichen nochmals manuell überprüft werden. Stimmen Kennzeichendaten und Fahndungsdaten nicht überein, werden die Daten (Bild und Kennzeichendaten) ebenfalls gelöscht. Stimmen die Daten hingegen überein, werden weiterführende polizeiliche Maßnahmen veranlasst. Der Fahrzeugführer wird über die automatisierte Kennzeichenerfassung nicht informiert.

Die bayerische Polizei besitzt aktuell 25 Anlagen zur automatisierten Kennzeichenerfassung. Davon sind 22 Anlagen an 12 festen Standorten im Einsatz. Von den übrigen drei mobilen Anlagen wird derzeit nur eine Anlage eingesetzt. Die Anlagen kamen ursprünglich überwiegend an den ehemaligen bayerisch-tschechischen Grenzübergängen zum Einsatz und wurden mit dem Inkrafttreten des Schengen-Abkommens für die Tschechische Republik abgebaut. Teilstationäre Anlagen kamen u.a. bei der Fußball-WM 2006 und dem Papstbesuch zum Einsatz.

Mit Urteil vom 11. März 2008 (1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07) erklärte das Bundesverfassungsgericht die gesetzlichen Regelungen der Länder Hessen und Schleswig-Holstein zur automatisierten Kennzeichenerfassung für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig.

Mit Schreiben vom 29. Mai 2008, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München nach Verweisungsbeschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 23. Juni 2008 am 26. Juni 2008 eingegangen, erhob der Kläger Klage und beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, es zu unterlassen, durch den verdeckten Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme Kennzeichen von Kraftfahrzeugen, die auf den Kläger zugelassen sind, zu erfassen und mit polizeilichen Dateien abzugleichen.

Zur Begründung führt der Kläger aus, er benutze den auf ihn zugelassenen PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ... ... Neben seinem Hauptwohnsitz in ... habe er einen weiteren Wohnsitz in .../Österreich. Er pendele regelmäßig zwischen den beiden Wohnsitzen. Des Weiteren fahre er oft nach ..., ... und andere Städte in Bayern sowie den angrenzenden Bundesländern. Er sei häufig im bayerischen Staatsgebiet unterwegs und fahre ca. 25.000 km im Jahr. Da sich sein Zweitwohnsitz kurz hinter der bayerisch-österreichischen Grenze befinde, sei er entsprechend häufig im bayerischen Grenzgebiet unterwegs. Es sei daher zu befürchten, dass er regelmäßig von standortfesten oder mobilen Anlagen erfasst werde. Auch die bayerische Regelung halte den Kriterien des Bundesverfassungsgerichts nicht stand. Die bayerischen Vorschriften seien nicht bestimmt genug, da weder der Verwendungszweck ausreichend spezifisch und präzise festgelegt sei noch die weitere Verwendung der Daten. Die Regelungen verstießen zudem gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot, da die stationären Anlagen dauerhaft im Einsatz seien und nicht nur die vom Bundesverfassungsgericht für zulässig erklärten Stichproben stattfänden. Außerdem verstießen die Regelungen gegen Art. 19 Abs. 4 GG, da sie verdeckt erfolgten und weder ein Hinweis auf die durchgeführte Kontrolle noch eine nachträgliche Benachrichtigung vorgesehen sei. Zudem fehle dem Land die nötige Gesetzgebungskompetenz, da es sich um repressive Maßnahmen handele, welche der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG unterfielen. Es liege daher ein Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, der nicht gerechtfertigt sei.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt der Beklagte aus, dass bereits die bisherigen Regelungen den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts entsprochen hätten. Mit dem Gesetz zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes vom 8. 7. 2008 (GVBl S. 365), das zum 1. August 2008 in Kraft getreten sei, habe der Gesetzgeber die bisherigen Regelungen noch weiter den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts angepasst. Es liege bereits kein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor. Dies sei nach dem Bundesverfassungsgericht gerade dann nicht der Fall, wenn der Abgleich mit den Datenbeständen unverzüglich vorgenommen und im Nichttreffer-Fall rechtlich und technisch gesichert sei, dass die Daten anonym blieben und sofort spurlos und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, gelöscht würden. Dies schreibe Art. 38 Abs. 3 Satz 1 PAG bereits in der alten Fassung vor. Auch bei fehlerhaften Treffern - die technische Fehlerquote betrage weniger als 5 % - würden die Daten unverzüglich und ohne Herstellung eines Personenbezuges gelöscht. Nur im echten Trefferfall liege nach dem Bundesverfassungsgericht ein Eingriff in das Grundrecht vor. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sei jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Der Kläger müsse Beschränkungen, welche auf einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage beruhten, hinnehmen. Der Charakter des Einsatzes automatisierter Kennzeichenerfassungssysteme sei primär gefahrenabwehrend und nicht strafverfolgend, so dass eine Gesetzgebungskompetenz des Landes gegeben sei. Der Datenbestand mit dem abgeglichen werde, sei durch die Neuregelung nochmals konkretisiert worden und genüge nun jedenfalls dem Bestimmtheitsgrundsatz. Durch die Verweisung auf Art. 13 PAG sei auch klargestellt, welche Anwendungsfälle erfasst seien. Auch das Bundesverfassungsgericht verlange keine offene Maßnahme oder nachträgliche Benachrichtigung in jedem Fall. Es reiche aus, dass im Falle weiterführender polizeilicher Maßnahmen der Rechtsschutz gegen diese gewährleistet sei.

Mit Schreiben vom 4. September 2008 bezog der Kläger seine Klage ausdrücklich auch auf die geänderte Regelung des PAG.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 23. September 2009 sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.

Die Klage ist als vorbeugende Unterlassungsklage zulässig. Der Kläger macht einen möglichen Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG geltend und leitet daraus einen Unterlassungsspruch ab. Ein möglicher Grundrechtseingriff ist grundsätzlich nicht auszuschließen, im Übrigen aber eine Frage der Begründetheit. Da die automatisierte Kennzeichenerfassung verdeckt erfolgt und auch keine nachträgliche Bekanntgabe gegenüber den erfassten Fahrzeughaltern vorgesehen ist, besteht zudem das besondere Rechtsschutzbedürfnis für den Kläger. Weder ist eine drohende Rechtsverletzung überhaupt nicht absehbar, denn der Kläger ist nach eigenem, unwiderlegtem Vortrag in ganz Bayern auf Bundesautobahnen regelmäßig unterwegs. Noch reicht aufgrund der Heimlichkeit der Maßnahme ein nachträglicher Rechtsschutz durch eine Anfechtungsklage gegen eine konkrete Erfassung des Kennzeichens aus.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger kann aus seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG keinen Anspruch dahingehend ableiten, dass der Beklagte es unterlässt, durch den verdeckten Einsatz von automatisierten Kennzeichenerfassungsgeräten Kennzeichen von auf den Kläger zugelassenen Kraftfahrzeugen zu erfassen und mit polizeilichen Daten abzugleichen. Ein solcher Unterlassungsanspruch bestünde nur dann, wenn ein Eingriff in das genannte Grundrecht vorliegt und dieser nicht durch ein verfassungsgemäßes Gesetz (hier: Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, 38 Abs. 3 PAG) gerechtfertigt ist.

Ohne Zweifel liegt eine persönliche und gegenwärtige Betroffenheit des Klägers in seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung durch die verdeckte automatisierte Kennzeichenerfassung vor. Der Kläger ist Halter eines auf ihn zugelassenen Kraftfahrzeuges, mit welchem er im gesamten bayerischen Staatsgebiet, insbesondere auch auf Bundesautobahnen, unterwegs ist. Dies reicht für die Annahme einer eigenen und gegenwärtigen Betroffenheit aus. Die Möglichkeit, einer Kennzeichenerfassung unterzogen zu werden, besteht praktisch für jeden Kraftfahrzeughalter, dessen Fahrzeug auf den Straßen des betroffenen Bundeslandes unterwegs ist (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 60).

Für einen Unterlassungsanspruch reicht jedoch die Betroffenheit in einem Grundrecht noch nicht aus. Voraussetzung hierfür ist ein Eingriff in den Schutzbereich des Grundrechts. Die automatisierte Kennzeichenerfassung greift aber in den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung nur dann ein, wenn das Kennzeichen nicht unverzüglich mit dem Fahndungsbestand abgeglichen und ohne weitere Auswertung sofort wieder gelöscht wird (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 62). Zwar kann bereits die Informationserhebung einen Eingriff in den Schutzbereich des Grundrechts darstellen, soweit sie die Informationen für die Behörden verfügbar macht und die Basis für einen nachfolgenden Abgleich mit Suchkriterien bildet (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 65 m.w.N.). Maßgeblich ist aber, ob sich bei einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf den durch den Überwachungs- und Verwendungszweck bestimmten Zusammenhang das behördliche Interesse an den betroffenen Daten bereits derart verdichtet hat, dass ein Betroffensein in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität zu bejahen ist. Andererseits begründen Datenerfassungen keinen Gefährdungstatbestand, soweit die Daten unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder spurenlos, anonym und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, ausgesondert werden. Zu einem Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung kommt es daher in den Fällen der elektronischen Kennzeichenerfassung dann nicht, wenn der Abgleich mit dem Fahndungsdatenbestand unverzüglich vorgenommen wird und negativ ausfällt (sogenannter Nichttrefferfall) sowie zusätzlich rechtlich und technisch gesichert ist, dass die Daten anonym bleiben und sofort spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, gelöscht werden (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 68).

Art. 38 Abs. 3 Satz 1 PAG stellt hingegen gerade entsprechend den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts rechtlich sicher, dass im Nichttrefferfall die erfassten Daten (Bild und Kennzeichen) unverzüglich nach Durchführung des Datenabgleichs gelöscht werden. Dass dies auch technisch so umgesetzt wird, hat Kläger grundsätzlich nicht bestritten.

Bei einem Nichttrefferfall ist mit dem Bundesverfassungsgericht davon auszugehen, dass lediglich eine Beeinträchtigung, aber kein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vorliegt.

Ein Eingriff liegt nur im sogenannten Trefferfall vor, d.h. wenn ein erfasstes Kennzeichen im Speicher festgehalten wird und gegebenenfalls Grundlage weiterer Maßnahmen werden kann. Dies ist auch dann der Fall, wenn das Kennzeichen fälschlicherweise als Trefferfall erkannt und erst nach manuellem Abgleich mit dem Datenbestand ausgeschieden wird. Denn auch in diesem Fall erfolgt kein automatisierter Abgleich mit anschließender automatischer Löschung. Vielmehr erfolgt eine Kontrolle durch eine Person, den sachbearbeitenden Polizeibeamten, der im Falle einer fehlerhaften Treffermeldung die erfassten Daten manuell löscht. In diesem Fall kann jedoch durch das Dazwischenschalten des sachbearbeitenden Polizeibeamten ein Personenbezug hergestellt werden.

Zwar ist das Kennzeichen des auf den Kläger zugelassenen Fahrzeuges unbestritten in keinem denkbaren Fahndungsdatenbestand gespeichert, so dass grundsätzlich bei Durchfahren einer automatisierten Kennzeichenerfassung von einem Nichttrefferfall und damit lediglich von einer Grundrechtsbeeinträchtigung auszugehen ist. Jedoch räumt auch der Beklagte ein, dass die automatisierten Kennzeichenerfassungssysteme eine technische Fehlerquote bei der Erkennung aufweisen, wenngleich diese mit weniger als 5 % nur sehr gering ist. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der Kläger einmal als solch fehlerhafter Trefferfall erfasst wird. Im Ergebnis ist daher vorliegend von einem Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hinsichtlich des Klägers auszugehen.

Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist aber nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne muss jedoch nur solche Beschränkungen seines Rechts hinnehmen, die auf einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage beruhen. Die Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage richten sich nach der Art und Intensität des Grundrechtseingriffs. Sie betreffen zum einen die gebotene Normbestimmtheit und Normenklarheit und zum anderen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 75). Zudem muss der Landesgesetzgeber für den Erlass der Ermächtigung zuständig sein.

24Der Beklagte ist für den Erlass der verfahrensgegenständlichen Regelungen, Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 und 38 Abs. 3 Satz 1 PAG als Landesgesetzgeber zuständig, Art. 30, 70 GG. Die Regelung der automatisierten Kennzeichenerfassung unterfällt nicht der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Die Polizei kann sowohl repressiv, d.h. strafverfolgend, als auch präventiv, d.h. Gefahren abwehrend, tätig werden. Im Bereich der repressiven Tätigkeit der Polizei liegt die Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG beim Bund, im Fall der präventiven Tätigkeit nach Art. 30, 70 GG beim Land. Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 und 38 Abs. 3 Satz 1 PAG regeln jedoch nicht, wie vom Kläger angenommen, die strafverfolgende, repressive Tätigkeit der Polizei, sondern ihre präventive Tätigkeit, insbesondere die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten. Zweck der automatisierten Kennzeichenerfassung ist die präventive Datenerhebung ohne konkreten Anlass als Vorsorge zur Verfolgung von bzw. Verhütung von Straftaten (vgl. LT-Drs. 15/2096, S. 16). Es handelt sich gerade um eine ereignis- und verdachtsunabhängig ausgestaltete und deshalb im Sinn einer Prävention wenig zielgenaue Befugnis (vgl. BayVerfGH v. 28. 3. 2003 - Vf. 7-VII-00 und Vf. 8-VIII-00 - Absatz 98). Auch wenn der praktische Einsatz Ergebnisse bringt, die auch der Strafverfolgung zu Gute kommen, etwa zur Festnahme eines gesuchten Straftäters beitragen, ist die Maßnahme im Kern präventiv zweckbestimmt, nämlich zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (vgl. zur sog. Schleierfahndung BayVerfGH v. 28. 3. 2003, a.a.O.; Berner/Köhler, Kommentar zum PAG, Art. 33 RdNr. 14; Schmidbauer, Kommentar zum PAG, Art. 33 RdNr. 13; Martínez Soria, DÖV 2007, 779/781). Durch die Anknüpfung an die Gefahrengeneigtheit eines Ortes, an die Beschränkung auf die Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung bzw. die allgemeine Verkehrskontrolle über den Verweis auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 PAG ist der präventive Zweck der Kennzeichenerfassung definiert (Martínez Soria, a.a.O.). Solche Vorfeldbefugnisse sind gerade der Gefahrenabwehr und nicht der Strafverfolgung zuzurechnen. Ferner werden durch die Maßnahme auch bereits eingetretene Störungen der öffentlichen Sicherheit beseitigt, was einen Unterfall der Gefahrenabwehr darstellt (vgl. Schmidbauer, a.a.O.).

Die Regelungen sind auch materiell verfassungsmäßig.

26Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Regelungen der Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, 38 Abs. 3 PAG richten sich nach dem Gewicht des Eingriffs, das insbesondere von der Art der erfassten Informationen, dem Anlass und den Umständen der Erhebung, dem betroffenen Personenkreis und der Art der möglichen Verwendung der Daten beeinflusst wird (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 76). Unstreitig hat im Fall der automatisierten Kennzeichenerfassung der Kläger keinen ihm zurechenbaren Anlass durch sein Verhalten für die Erhebung geschaffen. Informationserhebungen gegenüber Personen, die den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben, sind daher grundsätzlich von höherer Eingriffsqualität als anlassbezogene (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 78). Die Tatsache, dass die automatisierte Kennzeichenerfassung verdeckt und damit heimlich erfolgt, führt ebenfalls zu einer Erhöhung des Gewichts der gesetzgeberischen Freiheitsbeeinträchtigung (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 79), da dem Betroffenen durch die Heimlichkeit des Eingriffs ein vorheriger Rechtsschutz verwehrt und ein nachträglicher Rechtsschutz zumindest erschwert werden kann. Die Grundrechtsbeschränkung ist jedoch auch im Hinblick auf den Verwendungskontext zu beurteilen und zu gewichten. So stellt das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich fest (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 82), dass, wenn die automatisierte Kennzeichenerfassung lediglich dem Zweck dient, gestohlene Fahrzeuge ausfindig zu machen oder Fahrzeuge ohne ausreichenden Versicherungsschutz, die Persönlichkeitsrelevanz vergleichsweise gering ist. Auch reduziert sich das Gewicht des Eingriffs durch die Tatsache, dass die Erfassung nur in bestimmten, im Art. 13 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 PAG genannten Fallgruppen, d.h. z.B. im Rahmen von Verkehrskontrollen oder an gefahrgeneigten Orten bzw. im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 km, und immer in der Öffentlichkeit stattfindet. Insbesondere die grundsätzliche Möglichkeit, ein Bewegungsprofil von Personen zu erstellen, führt wieder zu einer Erhöhung der Eingriffsintensität.

Im Fall des Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, 38 Abs. 3 PAG werden diese Normen aber den rechtsstaatlichen Anforderungen der Bestimmtheit und Klarheit gerecht. Das Bestimmtheitsgebot soll sicherstellen, dass der demokratisch legitimierte Parlamentsgesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe und deren Reichweite selbst trifft, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 94). Ferner erlauben die Bestimmtheit und Klarheit der Norm, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann. Der Gesetzgeber hat daher Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs hinreichend bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen. Ermächtigt eine gesetzliche Regelung zu einem Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, so hat das Gebot der Bestimmtheit und Klarheit auch die spezifische Funktion, eine Umgrenzung des Anlasses der Maßnahme und auch des möglichen Verwendungszwecks der betroffenen Informationen sicherzustellen (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 96). Ist der Verwendungszweck nicht festgelegt, entsteht das Risiko einer Nutzung der Daten für Zwecke, für die sie nicht erhoben wurden. Fehlt es an einer Zweckbindung, können erhobene Daten nach ihrer Speicherung Anlass für unvorhersehbare Maßnahmen in der Zukunft schaffen, insbesondere nach ihrer Verknüpfung mit anderen Daten, etwa nach ihrer Aufnahme auch in Datensammlungen, die sonstigen Zwecken dienen (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 97).

Die vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten gesetzlichen Regelungen der Länder Hessen und Schleswig-Holstein erlaubten die Kennzeichenerfassung „zum Zwecke“ des Abgleichs mit dem Fahndungsdatenbestand. Insoweit führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass damit weder der Anlass noch der Ermittlungszweck benannt wird, dem sowohl die Erhebung als auch der Abgleich letztlich dienen soll (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 99). Erwähnt wurde in diesen Regelungen lediglich das Mittel, mit dem ein Ermittlungszweck nach der Erhebung weiter verfolgt werden soll. Im Gegensatz dazu ist nach Art. 33 Abs. 2 Satz 2 PAG eine automatisierte Kennzeichenerfassung nur bei Vorliegen entsprechender Lageerkenntnisse und nur in den Fällen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 PAG zulässig. Damit sind hier gerade Anlass, Zweck und Grenzen der Datenerhebung durch automatisierte Kennzeichenerfassungssysteme im Gesetz definiert. Die Verweisung auf die Fallgruppen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 PAG als Eingriffsanlass bestimmt gerade im Gegensatz zu den Regelungen von Hessen und Schleswig-Holstein, den Anwendungsbereich der gesetzlichen Ermächtigung präzise. Zudem müssen - selbst wenn eine Fallgruppe des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 PAG gegeben ist - noch entsprechende Lageerkenntnisse vorliegen. Dem Bestimmtheitsgebot steht es nicht entgegen, dass auch die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 PAG genannten Fallgruppen nicht bis ins Detail aufgelistet und genannt sind. Eine gesetzliche Regelung wird immer in gewissem Maße auslegungsfähige und auslegungsbedürftige Begriffe enthalten.

Im Rahmen der Neuregelung des Art. 33 Abs. 3 Satz 3 PAG hat der bayerische Gesetzgeber zudem den vom Bundesverfassungsgericht als zu offenen und zu pauschalen Begriff des „Fahndungsbestands“ bzw. der „Fahndungsnotierung“ durch Nennung konkreter Fallgruppen von Fahndungsdaten ausreichend präzisiert. Da Datenbestände von Natur aus variabel sind und ebenso Datensammlungen, widerspricht es nach Auffassung des Gerichts nicht dem Bestimmtheitsgebot, wenn die Daten als solche inhaltlich im Gesetz beschrieben werden und nicht konkret der Name einer bestehenden Datensammlung genannt wird. Der Name einer Datensammlung kann sich jederzeit ändern oder auch neue Datensammlung mit ähnlichem Inhalt aufgebaut werden. Der Gesetzgeber hat das Recht, in gewissem Maße solche Fälle durch Umschreibungen statt der Nennung der konkreten Bezeichnung der Datensammlung zu regeln. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 131 ff.) schließt eine derartige dynamische Verweisung nicht grundsätzlich aus. Lediglich eine dynamische Verweisung in der Art, durch die nicht ausgeschlossen wird, dass sich der Umfang der einbezogenen Datenbestände laufend und in gegenwärtig nicht vorhersehbarer Weise verändert, verstößt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts gegen das Gebot der Normklarheit. In den Fällen der Länder Hessen und Schleswig-Holstein war durch die Begriffe „Fahndungsbestand“ und „Fahndungsnotierung“ die Einbeziehung jeglicher Art von Datensammlung möglich. Art. 33 Abs. 2 Satz 3 PAG definiert nunmehr die Datensammlungen, mit welchen die erfassten Kennzeichen abgeglichen werden können, konkret inhaltlich. Auch die Tatsache, dass solche Daten u.U. in Mischdateien enthalten sind, die sowohl repressiven als auch präventiven Zwecken dienen, widerspricht dem Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit nicht, sofern jedenfalls die Zugriffszwecke bestimmt sind. Es muss erkennbar sein, ob der Zugriff selbst ausschließlich oder im Schwerpunkt präventiven oder repressiven Zwecken oder beiden dient (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 151). Die Regelung des Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 PAG hat jedoch gerade präventiven Charakter und dient nach dem Gesetzeszweck nicht rein repressiven Zwecken. Dies ergibt sich insbesondere aus der Verweisung auf die Fallgruppen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 PAG. Des Weiteren erlaubt Art. 38 Abs. 3 Satz 2 PAG eine Speicherung der erhobenen Daten im Trefferfall nur zur Abwehr einer Gefahr oder für Zwecke, zu denen die Fahndungsbestände erstellt oder die Dateien errichtet wurden. Auch die weitere Verwendung der Daten ist in Art. 38 Abs. 3 PAG hinreichend geregelt. Im Nichttreffer-Fall sind die erhoben Daten nach Art. 38 Abs. 3 Satz 1 PAG unverzüglich automatisch zu löschen. Dies gilt auch für den Fall eines fehlerhaften Treffers (Umkehrschluss aus Art. 38 Abs. 3 Satz 2 PAG). Nur im Fall des echten Treffers darf eine weitere Speicherung der Daten nach Art. 38 Abs. 3 Satz 2 PAG i.V.m. mit Art. 38 Abs. 1 und 2 PAG bzw. den Vorschriften der Strafprozessordnung erfolgen. Die Datenspeicherung erfolgt dabei nicht als eigenständige Datensammlung sondern im Zusammenhang mit der weiteren polizeilichen Maßnahme. Die Speicherung unterliegt dann den üblichen Löschungsfristen, im Fall des Art. 38 Abs. 2 Satz 3 PAG in der Regel bei Erwachsenen also zehn Jahre. Die Erstellung von Bewegungsprofilen ist nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 38 Abs. 3 Satz 3 PAG zulässig, d.h. nur in den Fällen, in welchen eine Person zur polizeilichen Beobachtung, gezielten Kontrolle oder verdeckten Registrierung ausgeschrieben ist. Auch dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 143) nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sondern lediglich eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung gefordert, welche gerade mit Art. 33 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2a, 38 Abs. 3 Satz 3 PAG geschaffen wurde.

Die Vorschriften des Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, 38 Abs. 3 PAG genügen auch dem verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit. Dieses verlangt, dass der Staat mit dem Grundrechtseingriff einen legitimen Zweck mit geeigneten, erforderlichen und angemessenen Mitteln verfolgt (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 163). Das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne verlangt, dass die Schwere der gesetzgeberischen Grundrechtsbeschränkung bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis steht zu dem Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe. In dem Spannungsverhältnis zwischen der Pflicht des Staates zum Rechtsgüterschutz und dem Interesse des Einzelnen an der Wahrung seiner von der Verfassung verbürgten Rechte ist es dabei zunächst Aufgabe des Gesetzgebers, in abstrakter Weise einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen zu erreichen. Dies kann dazu führen, dass Grundrechtseingriffe einer bestimmten Eingriffsintensität erst von bestimmten Verdachts- und Gefahrenstufen an vorgesehen werden dürfen. Entsprechende Eingriffsschwellen sind durch eine gesetzliche Regelung zu gewährleisten (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 168).

Das Mittel der Kennzeichenerfassung ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 165) zur Verfolgung präventiver und gegebenenfalls repressiver Zwecke jedenfalls insoweit geeignet, als die Erfassung des Kennzeichens die Durchführung weiterer auf die Zweckverfolgung bezogener Maßnahmen ermöglicht oder erleichtert. Da die automatisierte Kennzeichenerfassung aufgrund der möglichen Zahl der Erfassungsvorgänge eine neuartige Reichweite der Beobachtung ermöglicht, ist anzunehmen, dass für eine Reihe polizeilicher Maßnahmen mildere Mittel zudem nicht ersichtlich sind (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 166).

Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist gegeben. Im Gegensatz zu den beanstandeten Regelungen der Länder Hessen und Schleswig-Holstein ist nach den bayerischen Regelungen gerade kein anlass- und verdachtsunabhängiger Abgleich mit beliebigen Dateien möglich. Eine automatisierte Kennzeichenerfassung ist nach Art. 33 Abs. 2 Satz 2 PAG vielmehr nur bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 PAG möglich. Damit ist die automatisierte Kennzeichenerfassung gerade auf Situationen begrenzt, in denen Umstände der konkreten Örtlichkeit oder dokumentierte Lageerkenntnisse über Kriminalitätsschwerpunkte einen Anknüpfungspunkt geben, der auf gesteigerte Risiken der Rechtsgutgefährdung oder -verletzung und zugleich auf eine hinreichende Wahrscheinlichkeit hinweist, dass diesen Risiken mit Hilfe der automatisierten Kennzeichenerfassung begegnet werden kann (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 175). Ergänzend verbietet Art. 33 Abs. 2 Satz 5 PAG ausdrücklich den flächendeckenden Einsatz von automatisierten Kennzeichenerfassungssystemen und grenzt dadurch den Umfang der Kennzeichenerfassung ein (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 171).

Das Bundesverfassungsgericht fordert keine ausdrückliche Beschränkung auf eine stichprobenhafte Durchführung der Maßnahme in jedem Fall, wie es der Kläger annimmt. Eine Begrenzung auf eine stichprobenhafte Durchführung der Maßnahme ist nach dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG v. 11. 3. 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - Absatz 174) lediglich eine beispielhafte Möglichkeit, die Eingriffsintensität im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu begrenzen. Im Fall der bayerischen Regelung liegt zudem durch die Bezugnahme auf die Fallgruppen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 PAG sowie die Beschränkung des Datenbestandes nach Art. 33 Abs. 2 Satz 3 PAG bereits insoweit eine stichprobenhafte Durchführung beschränkt auf die genannten Fallgruppen und Datenbestände vor. Eine stichprobenhafte Durchführung erfolgt hier aufgrund des Anlasses der Maßnahme. Dies schließt gerade nicht aus, dass die Maßnahme durch Einsatz stationärer Anlagen an Kriminalitätsschwerpunkten im Dauerbetrieb erfolgt. Auch dies stellt eine stichprobenhafte Durchführung der Maßnahme dar, zumal die Anlagen auch bei stationärem Einbau abbaubar sind und jederzeit an einem anderen Ort zum Einsatz kommen können.

Das Gericht kann zudem keinen Verstoß der Regelungen des Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, 38 Abs. 3 PAG gegen Art. 19 Abs. 4 GG erkennen durch die Tatsache, dass die Maßnahmen verdeckt erfolgen. Im Nichttreffer-Fall werden die Daten nach Art. 38 Abs. 3 Satz 1 PAG automatisch ohne Herstellung eines Personenbezuges und unverzüglich gelöscht. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts liegt in diesem Fall lediglich eine Grundrechtsbeeinträchtigung und kein Grundrechtseingriff vor (s.o.). Im Fall des fehlerhaften Treffers kommt es zwar zur Herstellung eines Personenbezugs und damit zu einem Grundrechtseingriff. Aber auch in diesem Fall werden die Daten unverzüglich nach Feststellung des Nichttreffer-Falls manuell gelöscht und dürfen nach Art. 38 Abs. 3 Satz 2 PAG gerade nicht gespeichert werden, so dass die Eingriffsintensität äußerst gering ist. Auch ist in diesem Fall eine Benachrichtigung nicht erforderlich, da gerade kein Grundrechtseingriff von erheblichem Gewicht vorliegt (BVerfG, Beschl. v. 10. 3. 2008 - 1 BvR 2388/03 - RdNr. 69). Im Trefferfall erfolgen in der Regel weitere polizeiliche Maßnahmen, gegen die der Rechtsschutz im vollen Umfange gegeben ist und im Rahmen dessen auch die Maßnahme der automatisierten Kennzeichenerfassung inzident überprüft werden kann.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die vorbeugende Unterlassungsklage unbegründet ist. Sie war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. Die Berufung war nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).