AG Landshut, Urteil vom 25.09.2009 - 1 C 1079/09
Fundstelle
openJur 2012, 103248
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.-- EUR restliche Kostenpauschale nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 17.2.2009 zu bezahlen.,

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von restlichen Mitwagenkosten in Höhe 1.474,37 EUR aus der Rechnung Nr. 2613782 vom 20.1.2009 sowie in Höhe von 784,21 EUR aus der Rechnung Nr. 2613783 vom 20.1.2009 jeweils zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 19.2.2009 gegenüber der Autovermietung ... freizustellen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von restlichen Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 446,25 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1.7.2009 gegenüber ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten freizustellen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.263,58 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz aus Anlaß eines Verkehrsunfalls in Landshut am 1.12.2008.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Pkws Mercedes Benz, amtl. Kennz. ..., der am 1.12.2008 in Landshut bei einem Verkehrsunfall beschädigt wurde; der von einer ... mit dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw mit dem amtl. Kennz. ... allein verursacht und verschuldet worden war.

Bei dem beschädigten Fahrzeug der Klägerin handelt es sich um einen am 9.12.1998 erstmals zugelassenen Pkw Mercedes Benz, Roadster SLK 200, mit einem Hubraum von 1998 ccm und einer Leistung von 100 kW, der am 1.12.2008 mit Winterbereifung ausgestattet war. Auch war das Fahrzeug der Klägerin am 1.12.2008 Vollkasko versichert. Noch am Unfalltag hatte sich die Klägerin an die ... eine Mercedes-Fachwerkstätte, gewand zur Durchführung der Reparaturarbeiten. Das Auto befand sich vom Unfalltag an bis zum 20.1.2009 in Reparatur. Die Klägerin benötigte für die Zeit vom 1.12.2008 bis 20.1.2009 einen Mietwagen, wofür ihr von der Autovermietung ... mit Rechnung Nr. 2613782 vom 20.1.2009 für den Zeitraum vom 1.12.2008 bis 12.1.2009 ein Betrag von 4.532,71 EUR sowie mit Rechnung Nr. 2613783 vom 20.1.2009 für den Zeitraum vom 12.1.2009 bis 20.1.2009 ein Betrag von 784,21 EUR in Rechnung gestellt wurden. Die Beklagte bezahlte auf die geltend gemachten Mietwagenkosten nur einen Betrag von 3.058,34 EUR.

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stünde zum einen eine Kostenpauschale in Höhe von 30.-- EUR zu. Desweiteren meint sie, dass die Mietwagenkosten so wie beantragt zu erstatten seien. Es handle sich dabei nämlich um eine zulässige Abrechnung nach Schwacke 2008 ohne Aufschlag. Die Klägerin ist der Ansicht, die Schwacke-Liste stelle eine taugliche und eine ermessensfachgerechte Schätzungsgrundlage für die Mietwagenkosten dar.

Zuletzt beantragte die Klägerin daher:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.-- EUR restliche Kostenpauschale nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 17.2.2009 zu bezahlen.,

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von restlichen Mitwagen kosten in Höhe 1.474,37 EUR aus der Rechnung Nr. 2613782 vom 20.1.2009 sowie in Höhe von 784,21 EUR aus der Rechnung Nr. 2613783 vom 20.1.2009 jeweils zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 19.2.2009 gegenüber der Autovermietung ... freizustellen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von restlichen Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 446,25 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1.7.2009 gegenüber ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten freizustellen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Sie ist der Ansicht, dass eine Kostenpauschale in Höhe von 20.-- € als angemessen anzusehen sei. Desweiteren ist die Beklagte der Ansicht, dass zur Berechnung der Mietwagenkosten die Schwacke-Liste keine taugliche Schätzungsgrundlage sei. In dieser Höhe berechnete Kosten seien weder notwendig noch erforderlich gewesen. Als Schätzgrundlage sei vielmehr der Mietpreisspiegel, herausgegeben vom Frauenhofer Institut, dienlich.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie sonstige Anlagen und Aktenteile. Die Parteien haben sich mit der Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Gründe

Die zulässige Klage ist auch vollumfänglich begründet.

I.

14Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung von 5.-- € restlicher Kostenpauschale. Die Auslagenpauschale ist unter Schadensersatzgesichtspunkten zu ersetzen von der Beklagten, §§ 823, 249 ff BGB, 1, 3 Pflichtversicherungsgesetz. Es handelt sich bei der Auslagenpauschale um einen erstattungsfähigen Schaden des Geschädigten. Auch in der Höhe sind die geltend gemachten 30.--€, von denen bisher lediglich 25.-- € beglichen wurden durch die Beklagte, angemessen. Zwar wurden früher von der Rechtsprechung lediglich 50.-- DM zugesprochen, nach EUR-Einführung waren dies dann 25.-- €. Aber im Zuge der Verteuerung des Lebens, insbesondere der Benzinkosten, ist eine Pauschale von 30.-- € in der heutigen Zeit durchaus angemessen.

II.

Die Klägerin hat auch Anspruch gegen die Beklagte auf Freistellung von restlichen Mietwagenkosten in Höhe von weiteren 2.258.58 € unter Berücksichtigung der bisher bereits geleisteten Zahlung von 3.058,34 €. Denn die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch darauf, dass sie auch die weiteren, von der Beklagten noch nicht beglichenen Mietwagenkosten, ersetzt bekommt. Die gesamten in Rechnung gestellten Mietwagenkosten stellen einen Schaden der Klägerin als Geschädigte des Unfalls dar. Diesen hat die Beklagte grundsätzlich unter Schadensersatzgesichtspunkten gem. § 823, 249 ff BGB, 1, 3 Pflichtversicherungsgesetz zu begleichen. Weil die Klägerin aber die Rechnung in der restlichen Höhe selbst noch nicht bezahlt hat, hat sie lediglich Anspruch auf Freistellung von den noch zu zahlenden weiteren Mietwagenkosten.

Bei den zuerkannten Mietwagenkosten handelt es sich um den gem. § 287 ZPO zu schätzenden, jedenfalls den erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB bildenden erstattungsfähigen Normaltarif, den auch ein Selbstzahler auf dem örtlich relevanten Markt für die Anmietung eines vergleichbaren Fahrzeugs erhält. Die der Rechnung zugrunde gelegte Schwacke-Liste Automietpreisspiegel 2008 ist eine taugliche und eine ermessenssachgerechte Schätzungsgrundlage.

17Bei der Schätzung des ersatzfähigen Normaltarifs können durchaus geeignete Listen oder Tabellen gem. § 287 ZPO herangezogen werden. Nach Ansicht des Gerichts ist die Schwacke-Liste 2008 eine taugliche Schätzgrundlage für die erstattungsfähigen Mietwagenkosten. Die von der Beklagten zum Angriff gegen die Schwacke-Liste herangezogene Liste des Frauenhofer Instituts, die deutlich geringere Preise ausweist, ist nicht geeignet, konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Schwacke-Liste zu begründen. Ihr ist auch nicht gegenüber der Schwake-Liste 2008 der Vorzug zu geben. Auf den ersten Blick mag zwar die anonyme Erhebung von Daten für die Liste des Frauenhofer Instituts sprechen. Diese Erhebung hat jedoch jedenfalls für das hier einschlägige Gebiet des Postleitzahlbezirks 84... erhebliche Nachteile. Die Erhebungen des Frauenhofer Instituts weisen für die hier streitgegenständliche Wagenklasse 5 in den gesamten Postleitzahlenbereich 84... viel zu wenig Stationen auf. Die Anzahl ist zu gering, um für den örtlich relevanten Markt der Anmietung (Wohnsitz der Klägerin in Landshut und Anmietungsort in Landshut) eine verwertbare Aussage zu erhalten. Der Postleitzahlbezirk 84... ist insbesondere stark ländlich geprägt. Für großstädtische Ballungsräume mit einer relativ einheitlichen Wirtschaftsstruktur wie beispielsweise München oder Nürnberg mögen die Erhebungen des Frauenhofer Instituts eine ausreichende Schätzgrundlage sein, für das stark unterschiedlich strukturierte Postleitzahlgebiet 84 sind sie jedoch zu grobmaschig, da sie nur nach den ersten beiden Ziffern der Postleitzahl differenzieren und enthalten auch zu wenig Erhebungsmaterial. Die dem Gericht vorliegenden Mietwagenrechnungen halten sich auch im Rahmen der vom Gericht als ermessensgerecht angesehenen Schwacke-Liste 2008. Für einen Mietwagen der Klasse 5 ergibt sich ein Tagestarif von im Mittel 91,62 € inklusive MWSt. Die Rechnung der Autovermietung weist sogar lediglich einen Tagespreis von 74,88 € inklusive MWSt aus. Hinzu kommt, dass sich die Klägerin als Geschädigte sogar mit einem klassenniedrigeren Mietwagen begnügt hat. Damit ist der Tagespreis deutlich unter dem, was laut Schwacke für einen vergleichbaren Mietwagen dem des Geschädigten verlangt werden könnte.

18Auch die Nebenkosten für die Winterreifen sowie die Kosten der Haftungsreduzierung sind, wie auch in der Rechnung ausgewiesen, ersatzfähig. Denn diese Nebenkosten sind auch in der Schwacke-Liste 2008 nicht bereits in der Tagespauschale enthalten, sondern extra benannt. Der Geschädigte ist so zustellen, wie er stünde, wenn das Schadensereignis nicht passiert wäre. In diesem Fall hätte die Klägerin ein vollkaskoversichertes Fahrzeug gehabt, das auch mit Winterreifen ausgestattet war. Damit hat die Beklagte auch die zusätzlichen Positionen zu erstatten. Denn nur bei einem Mietwagen, der vollkaskoversichert ist und mit Winterreifen ausgestattet ist, ist sie ähnlich gestellt, wie wenn sie mit ihrem eigenen Fahrzeug fahren würde. Die in der Rechnung ausgewiesenen Kosten halten sich im Rahmen der Schwacke-Liste 2008. Nach der Schwacke-Liste ergibt sich ein Tageswert für die Vollkaskoversicherung bei der Wagenklasse 5 im Mittel von 22,50 €, verlangt hat die Autovermietung lediglich einen Betrag von 21,13 € inklusive MWSt pro Tag. Auch für die Winterreifen liegen die Beträge noch unter dem Mittel dessen, was laut Schwake-Liste abgerechnet werden kann. Die Tagespauschale für Winterreifen bei der Wagenklasse 5 liegt inklusive MWSt bei 12,42 €, die Autovermietung rechnete 11,90 € pro Tag inklusive MWSt ab.

Weil sich die Beklagte mit der Zahlung in Verzug befand, schuldet die Beklagte der Klägerin auch Verzugsschaden in Form von Verzugszinsen und Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung, §§ 280, 286, 288 BGB. Die Zinshöhe ergibt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Verzugsbeginn für die Zahlung der Unkostenpauschale war am 17.2.2009, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Für die restlichen Mietwagenkosten ergibt sich der Verzugsbeginn am 19.2.2009 gem. § 286 Abs.3 BGB.

Auch die Ansetzung einer 1,8 Gebühr für die vorprozessual anfallenden Rechtsanwaltskosten sieht das Gericht als angemessen. Denn bei der grundsätzlich zu erstattenden 1,3 Gebühr handelt es sich lediglich um eine Mittelgebühr. Werden aber höhere Aufwendungen der Prozessbevollmächtigten für die Abhandlung des Rechtsstreits dargelegt, so kann durchaus eine höhere Gebühr als die Mittelgebühr zugesprochen werden. Zu berücksichtigen war in diesem Fall, dass durchaus erst eine Reihe von Rechtsprechung gesichtet werden mußte, dass es zu erheblichen Schriftverkehr gekommen ist und dass die Rechtslage hinsichtlich der Mietwagenkosten eben nicht einfach ist, wie sich auch an den gegensätzlichen Schriftsätzen der Parteien ergibt. Deshalb sind der Klägerin noch die restlichen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die sich aus der Differenz von der bereits gezahlten 1,3 Gebühr zur zugesprochenen 1,8 Gebühr ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO,

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 2 ZPO.

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