Bayerischer VGH, Beschluss vom 14.09.2009 - 12 ZB 09.438
Fundstelle
openJur 2012, 102719
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

1. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. Dezember 2008 ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 124a Abs. 4 VwGO).

Er ist aber unbegründet, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie der Divergenz nicht hinreichend dargelegt sind oder aber nicht greifen.

1.1 Hinsichtlich der Aufhebung der Verfügungen in den Nrn. 2 bis 6 des angefochtenen Bescheides vom 14. Mai 2008 fehlt es bereits an der nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO erforderlichen hinreichenden Darlegung von Zulassungsgründen, denn die im Schriftsatz vom 16. März 2009 angeführten Gründe beziehen sich ausnahmslos auf die Versagung der Zweckentfremdungsgenehmigung in Nr. 1 dieses Bescheides. Hingegen setzen sich die dargelegten Gründe nicht mit der darüber hinausgehenden Aufhebung der insoweit selbstständigen und auf das Landesstraf- und Verordnungsgesetz sowie auf das Bayerische Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz gestützten weiteren Verfügungen auseinander (siehe dazu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 124a RdNr. 49).

1.2 Es bestehen im Übrigen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Solche ernstlichen Zweifel bestehen etwa dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG vom 26.3.2007 BayVBl 2007, 624 und vom 23.6.2000 NVwZ 2000, 1363) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (so BVerwG vom 10.3.2004 DVBl 2004, 838).

Die von der Beklagten in der Antragsbegründung vom 16. März 2009 vorgetragenen Gründe sind nicht geeignet, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in diesem Sinne in Frage zu stellen, denn das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Nr. 1 des Bescheides vom 14. Mai 2008, mit dem die Beklagte den „Antrag vom 11.5.2007 auf Erteilung der Genehmigung zur Zweckentfremdung von Wohnraum“ abgelehnt hat, aufgehoben.

Dabei kommt es aber nicht, worauf das Verwaltungsgericht abstellt, auf die materiell-rechtliche Rechtslage an. Vielmehr hat die Beklagte entgegen Art. 22 Satz 2 Nr. 2 BayVwVfG einen Antrag auf Erteilung einer Zweckentfremdungsgenehmigung abgelehnt, den der Kläger gar nicht gestellt hat.

Nach § 1 der Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEV) vom 28. Juli 1992 (BayRS 2330-11-I) darf Wohnraum in der Landeshauptstadt München (siehe dazu die Anlage zu dieser Verordnung) nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde anderen als Wohnzwecken zugeführt werden. Es handelt sich damit um ein repressives Verbot mit Genehmigungsvorbehalt. Eine solche Genehmigung wird gemäß Nr. 7 der Bekanntmachung zum Vollzug des Verbots der Zweckentfremdung von Wohnraum (VollzBekZwE) vom 6. Dezember 2001 Az. II C 5-4709.17-006/01 (AllMBl 2001, 841) auf Antrag erteilt. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger einen solchen Antrag auf Genehmigung der Zweckentfremdung allein in seiner Eigenschaft als Vorstand der Internationalen Stiftung für Förderung von Kultur und Zivilisation, München, gestellt hat (vgl. dazu Verfahren Nr. 12 ZB 09.436), nicht aber in eigenem Namen für seine eigene Person. Zwar hat sich die Beklagte im Rahmen ihrer Ermittlungen am 14. September 2004 an den Kläger persönlich gewandt. Dieser hat aber von Anfang an darauf hingewiesen, dass er im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nur als Vorstand der Stiftung tätig wird. Bereits in ihrem Schreiben vom 27. September 2004 wandte sich die Beklagte daraufhin an den Kläger mit dem Zusatz „Kulturstiftung München“, der wiederum auf dieses Schreiben unter dem 10. November 2004 mit dem Briefkopf der Stiftung geantwortet hat. So geht auch aus der Vertretungsanzeige des Bevollmächtigten des Klägers vom 30. November 2004 deutlich hervor, dass der Kläger nur als Vorstand der Internationalen Stiftung für Förderung von Kultur und Zivilisation tätig wird. Auch wenn der Kläger Eigentümer des streitgegenständlichen Anwesens ... Straße ... in München ist und von daher antragsberechtigt im Sinne der Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum ist, kann von einer eigenen Antragstellung des Klägers, wie es auch das Verwaltungsgericht zutreffend im Rahmen der Zustellungsfragen gewürdigt hat, nicht die Rede sein.

Damit fehlt es aber an einer notwendigen Verfahrensvoraussetzung für eine ablehnende Entscheidung gegenüber dem Kläger. Der Antrag auf Genehmigung der Zweckentfremdung ist notwendige Verfahrensvoraussetzung (dazu ausführlich Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 22 RdNrn. 15 ff., 24), wie es auch das Bayerische Staatsministerium des Innern in seiner o. a. Bekanntmachung zum Vollzug des Verbots der Zweckentfremdung von Wohnraum klar zum Ausdruck bringt (siehe dazu auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 22 RdNr. 27). Zwar beschreibt die Vollzugsbekanntmachung unter Nr. 7 keine näheren Vorgaben zu einem solchen Antrag. Unter Nr. 10.2 VollzBekZwE ist aber ausdrücklich festgestellt, dass die Behörde zu beachten habe, dass auch für – wie hier – nachträgliche Genehmigungen Anträge erforderlich sind und nicht von Amts wegen Auflagen verfügt werden können, mit denen die Betroffenen nicht einverstanden sind.

Von einer nachträglichen Heilung der fehlenden Antragstellung im Sinne des Art. 45 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG kann ebenfalls keine Rede sein, denn der Kläger hat bislang den fehlenden Antrag nicht nachgeholt.

1.3 Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache dient in erster Linie der Rechtseinheit und der Fortentwicklung des Rechts. Er erfordert deshalb, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder durch Rechtsprechung des Berufungsgerichtes nicht geklärt ist und eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung aufweist (vgl. dazu Happ in Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 124 RdNrn. 35 f.).

Den hier von der Beklagten aufgeworfenen Fragen zum Zweckentfremdungsverbot kommt eine solche entscheidungserhebliche Rolle im Berufungsverfahren nicht zu, wie sich aus den obenstehenden Ausführungen ergibt.

1.4 Eine etwaige Divergenz zu früheren Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) führt ebenfalls nicht zur Berufungszulassung, weil die Entscheidung aus den oben unter Nr. 1.2 angegebenen Gründen hierauf nicht beruht (Happ, a. a. O., § 124 RdNr. 44).

1.5 Da andere Zulassungsgründe nicht dargetan sind, hat der Zulassungsantrag insgesamt keinen Erfolg.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2, § 62 Abs. 2 GKG.

4. Gegen diesen Beschluss gibt es kein Rechtsmittel (§ 152 Abs. 1, § 158 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

5. Mit dieser Entscheidung wird das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2008 gemäß § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.