VG Augsburg, Beschluss vom 14.08.2009 - Au 4 E 09.1023
Fundstelle
openJur 2012, 102423
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag wird abgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3750 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks …, … (Fl.Nr. …, Gemarkung …). Dem Grundstück des Antragstellers gegenüber auf der anderen Seite der Straße "…" befindet sich unter der Adresse …, … (Fl.Nr. …, Gemarkung …), der sog. "…hof". Beide Anwesen gehören - nach den im Bayernviewer Denkmal abrufbaren Angaben - zum als Ensemblebereich denkmalgeschützten Teil der Gemeinde …, ohne jedoch als Einzeldenkmal in die Denkmalliste eingetragen zu sein. Der Bereich des …, einer planmäßigen Ergänzung der älteren Siedlungsbereiche der Gemeinde …, zeichnet sich durch Häuser vom Typ des sog. "… Hauses", eines Ständerbohlenbaus mit offener Laube, aus. Durch die regelmäßige Anordnung der Häuser ergibt sich dadurch für das … eine Straßenseite mit Lauben sowie einer für das … charakteristischen Scheunenfront gegenüber. Im Bereich … des Ensembles … befinden sich mehrere als Einzeldenkmal in die Denkmalliste eingetragene Anwesen, darunter auch ein unmittelbar an das Anwesen des Antragstellers angrenzendes Bauernhaus (…).

Die Beigeladene beabsichtigt, den "…hof" abzureißen und an dieser Stelle eine Wohnanlage für Betreutes Wohnen mit einer Tiefgarage zu errichten. Unter dem Datum des 11.10.2007 reichte die Beigeladene diesbezüglich über die Gemeinde … einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides beim Landratsamt … ein, der dort am 20.11.2007 einging. Als Gegenstand des Vorbescheides war im Antrag die Frage des Abbruchs des bestehenden landwirtschaftlichen Anwesens und die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Wohnanlage für Betreutes Wohnen samt Tiefgarage sowie die denkmalschutzrechtliche Zustimmung zu Abbruch und Neubau angegeben. Nachdem das Landesamt für Denkmalpflege bereits in einer Stellungnahme vom 25. April 2001 keine Bedenken gegen einen Abbruch des streitgegenständlichen Anwesens erhoben hatte, nahm es unter dem Datum des 26. Februar 2008 erneut Stellung und lehnte einen Abbruch des "…hofs" wegen seiner Bedeutung als konstituierender Bestandteil des Ensembles … ab (Bl. 60 - 61 der Vorbescheidsakten).

Am 18. September 2008 ging beim Landratsamt … ein Bauantrag für den Neubau der Wohnanlage für Betreutes Wohnen ein. Ebenso wie zum Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides hatte die Gemeinde …hierzu ihr Einvernehmen erteilt. Mit Schreiben vom 19. Januar 2009 teilte das Landesamt für Denkmalpflege mit, dass im Hinblick auf den Bauantrag der Abbruch des bestehenden Gebäudes hingenommen werde (Bl. 76 - 78 der Bauantragsakten). Dem Bauantrag für den Neubau stimmte das Landesamt für Denkmalpflege unter bestimmten Auflagen zu.

Mit einem als Tektur bezeichneten Antrag reichte die Beigeladene am 20. Mai 2009 geänderte Planunterlagen ein.

Das Landratsamt … hat bislang weder über den Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides noch über den Bauantrag entschieden. Eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zum Abbruch des "…hofs" wurde damit bislang nicht erteilt.

Ausweislich einer durch den Antragsteller vorgelegten Anzeige der Beigeladenen in der Zeitschrift "…" beabsichtigt diese, im September 2009 die Baumaßnahmen zu beginnen, die im ersten Halbjahr 2010 beendet sein sollen.

Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2009, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg am 27. Juli 2009, hat der Antragsteller beantragt:

Im Wege der einstweiligen Anordnung wird dem Antragsgegner untersagt, eine Genehmigung zu erteilen, die den Abbruch des Gebäudes "…hof", … in …, ermöglicht.

Da dem Antrag in der Hauptsache die Konstellation einer vorbeugenden Unterlassungsklage zugrunde liege, sei der Antrag auf Erteilung einer Sicherungsanordnung statthaft. Für diesen Antrag liege die erforderliche Antragsbefugnis sowohl im Hinblick auf die Geltendmachung eines Anordnungsanspruchs als auch eines Anordnungsgrundes vor.

Der Antragsteller habe einen in drittschützenden Vorschriften des Denkmalschutzrechtes fußenden Anspruch darauf, dass der "…hof" nicht abgebrochen werde. Die Erteilung einer Abrisserlaubnis wäre rechtswidrig und würde den Antragsteller in subjektiven Rechten verletzen.

Der "…hof" sei als Einzeldenkmal zu bewerten, da er alle Kriterien für eine Eintragung in die Denkmalliste erfülle. Es handle sich um einen verkappten Ständerbohlenbau, dessen Erscheinungsbild teils aus dem frühen 19., teils aus dem frühen 20. Jahrhundert herrühre. Er verfüge über eine typische Scheune und sonst in … nicht mehr zu findende Stallungen. Einer Erteilung einer Abrisserlaubnis stünden gewichtige Gründe des Denkmalschutzes entgegen, da durch die Vernichtung des Hofes in seiner Einzigartigkeit unwiederbringlicher Schaden hervorgerufen würde. Selbst wenn man lediglich davon ausginge, dass der "…hof" nur als Teil des Ensembles … geschützt wäre, wäre die Erteilung einer Abrisserlaubnis dennoch als rechtswidrig einzustufen. Denn der "…hof" müsse als substantiell prägendes Element, das das Ensemble … wesentlich mitkonstituiere, betrachtet werden. Sein Abriss würde eine unwiederbringliche Lücke in den anschaulichen Zusammenhang des Ensembles reißen.

Die verletzten Vorschriften des Denkmalschutzrechtes seien dem Antragsteller zu dienen bestimmt und würden ihm so Drittschutz im Sinne der Schutznormtheorie vermitteln. Aus einer Übertragung im Baurecht anerkannter Erwägungen müsse gefolgert werden, dass auch den denkmalrechtlichen Vorschriften bei verfassungskonformer Auslegung drittschützender Charakter innewohne. Ähnlich der bodenrechtlichen Schicksalsgemeinschaft, in der alle Eigentümer eines Plangebietes zusammengefasst seien, seien auch diejenigen Eigentümer, deren bauliche Anlage dem denkmalrechtlichen Ensembleschutz unterliege, in vergleichbarer Weise räumlich abgegrenzt und insoweit aus der Allgemeinheit herausgehoben. Das Denkmalrecht lege den Eigentümern, gleich ob ihr Gebäude Einzeldenkmal oder Bestandteil eines Ensembles sei, bestimmte Pflichten auf und beschränke so ihr Eigentum dauerhaft. Diese Inpflichtnahme des Eigentümers und der darin liegende Eingriff in Art. 14 Grundgesetz (GG) sei nur und solange gerechtfertigt, als das legitime Ziel der Erhaltung von Denkmälern und ihrer Beziehung zur Umgebung auch erreicht werde.

Den Eigentümern müsse daher die Möglichkeit zugestanden werden, einer Veränderung des Ensembleschutzes und der damit einhergehenden Gefahr einer denkmalrechtlichen Entwertung entgegenzutreten, weil andernfalls die verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeit der denkmalschutzrechtlichen Schrankenbestimmungen nicht mehr gewährleistet wäre. Einerseits würden möglicherweise Investitionen in der Vergangenheit entwertet, zum anderen drohe die Situation, dass ein Denkmaleigentümer den Beschränkungen seines Eigentums unterliege, während andere Denkmaleigentümer bei Missachtung ihrer Pflichten in den Vorteil einer von nachbarlichen Rechtsbehelfen immunisierten Positionen gelangen würden. Auf die Frage konkret erbrachten Investitionsaufwandes könne es letztlich nicht ankommen, weil Investitionen allenfalls ein Ausdruck des Schutzes aus der Eigentumsgarantie, nicht aber ihr Grund seien. Vorrangiger Aspekt sei insoweit nämlich Vertrauensschutz, nicht Investitionsschutz. Wegen des in Art. 14 GG gründenden Gedankens der Schicksalsgemeinschaft sei daher erforderlich, dass alle Eigentümer, deren Gebäude Bestandteil eines Ensembles seien, objektiv rechtswidrige Veränderungen des Ensembles auch rügen dürften.

Der Antragsteller könne auch einen Anordnungsgrund geltend machen. Die Rechtsverwirklichung der Antragsteller sei erheblich bedroht, weil jederzeit mit der Erteilung der Abbruchgenehmigung und unmittelbar daran anschließend mit dem Beginn der Abbrucharbeiten zu rechnen sei. Dadurch würden vollendete Tatsachen geschaffen werden, so dass für die Antragsteller ein unwiederbringlicher Rechtsverlust drohe.

Auch das für vorbeugenden Rechtsschutz erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis sei gegeben. Durch die Erteilung der Abbruchgenehmigung stehe den Beigeladenen jederzeit offen, mit den Abbrucharbeiten zu beginnen. Da schon durch den Beginn der Abbrucharbeiten der Denkmalcharakter des "…hofs" unwiederbringlich verloren ginge, würden vollendete Tatsachen geschaffen und der einstweilige Rechtsschutz nach §§ 80, 80 a Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ins Leere gehen. Den Antragsteller auf dieses Verfahren zu verweisen, würde ihm unmöglich machen, erfolgreichen und effektiven Rechtsschutz geltend zu machen.

Der Antrag sei auch begründet, da dem Antragsteller der bereits dargelegte Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zustünde.

Der Antragsgegner hat die Entscheidung

in das Ermessen des Gerichts gestellt.

Zwar sei angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von der Zulässigkeit des Antrags auszugehen, doch stünden einer Erteilung einer Abrisserlaubnis keine Bedenken entgegen, da das Landesamt für Denkmalpflege den beantragten Abbruch aus fachlicher Sicht zugestimmt habe. Im Übrigen gehe der Antrag insoweit ins Leere, als er sich nur gegen die Erteilung der Erlaubnis zum Abbruch richte und nicht gegen die Erteilung der beantragten Baugenehmigung, gegen die sich der Antragsteller eigentlich wenden wolle. Da sich der beantragte Neubau nach Art und Maß der baulichen Nutzung in die vorhandene Umgebung einfüge, sei er gemäß § 34 Baugesetzbuch (BauGB) genehmigungsfähig.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war abzuweisen, da das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht in der erforderlichen Weise geltend gemacht wurde und der Antrag somit bereits unzulässig ist.

1. Für das Antragsbegehren des Antragstellers, das bei verständiger Würdigung so auszulegen ist, dass sich der Antragsteller sowohl gegen eine isolierte Abbrucherlaubnis als auch gegen eine Baugenehmigung, die gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 1 Denkmalschutzgesetz (DSchG) die Abbrucherlaubnis enthalten würde, wenden will, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO die statthafte Verfahrensart. Als Hauptsacherechtsbehelf steht eine vorbeugende Unterlassungsklage im Raum, die der Antragsteller zu erheben beabsichtigt. Diese ist als Leistungsklage zu qualifizieren, so dass der Statthaftigkeit eines Antrags nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht der in § 123 Abs. 5 VwGO normierte Vorrang des Verfahrens nach den §§ 80 Abs. 5, 80 a VwGO entgegensteht.

2. Das für vorbeugenden Rechtsschutz erforderliche besondere Rechtsschutzbedürfnis liegt vor. Zwar wird vorbeugender Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte grundsätzlich für unzulässig gehalten, sofern in zumutbarer Weise auf den von der VwGO als grundsätzlich angemessen und ausreichend erachteten repressiven Rechtsschutz verwiesen werden kann, weil ansonsten das hochdifferenzierte Instrumentarium der Risikoabgrenzung und des Schutzes vor vollendeten Tatsachen, wie es durch die §§ 80 Abs. 5, 80 a VwGO zur Verfügung gestellt wird, umgangen würde (Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 42 Rn. 58; BayVGH v. 22.12.1992 Az. 20 B 92.3332 - juris). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind jedoch in bestimmten besonderen Fallgruppen anerkannt, namentlich, wenn es darum geht, die Schaffung vollendeter oder nur schwer rückgängig zu machender Tatsachen zu verhindern. So wurde beispielsweise gegen die Rodungsgenehmigung für die Rodung eines Waldes vorbeugender Rechtsschutz für zulässig erachtet (OVG Berlin, NJW 1977, 2283 f.). Ähnlich liegt es hier. Würde die Erlaubnis zum Abbruch des …hofs erteilt, wäre zu besorgen, dass durch den sofortigen Abriss des Gebäudes die unter Ensembleschutz stehende Bausubstanz unwiederbringlich vernichtet und so vollendete Tatsachen geschaffen würden, bevor der Antragsteller im Wege des Eilrechtsschutzes nach §§ 80 Abs. 5, 80 a VwGO Rechtsschutz zur Sicherung der von ihm geltend gemachten Rechte erlangen könnte.

3. Dem Antragsteller fehlt es jedoch an der analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Antragsbefugnis. Die Zulässigkeit eines Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt danach die Geltendmachung des Bestehens eines Anordnungsgrundes und eines Anordnungsanspruchs in der Person des Antragstellers voraus. An letzterem fehlt es im vorliegenden Fall. Dem Antragsteller gelingt es nicht, das Bestehen eines Anordnungsanspruchs in hinreichend substantiierter Weise darzulegen.

Der Antragsteller beruft sich auf einen ihm zustehenden vorbeugenden Unterlassungsanspruch, um die ihm nach seiner Ansicht zustehenden drittschützenden denkmalrechtlichen Nachbarrechte zu wahren. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Erteilung einer Erlaubnis zum Abbruch gem. Art. 6 Abs. 2 S. 1 DSchG bzw. einer gem. Art. 6 Abs. 3 DSchG die Erlaubnis zum Abbruch einschließenden Baugenehmigung möglicherweise rechtswidrig wäre. Dem Antragsteller gelingt es jedoch nicht darzutun, inwiefern die Erteilung einer Erlaubnis zum Abbruch des "…hofes" ihn in drittschützenden Vorschriften des Denkmalschutzrechtes verletzen würde, selbst wenn diese Erlaubnis rechtswidrig erteilt würde.

Voraussetzung hierfür wäre zum einen, dass Vorschriften des Denkmalschutzrechtes drittschützender Charakter zukommt, und zum anderen, dass der Antragsteller selbst zum Kreis der geschützten Personen gehört.

a) Die Frage, ob das Denkmalschutzrecht nur allgemeinen Interessen oder auch Interessen Privater dient und damit nach der Schutznormtheorie geeignet ist, Drittschutz zu vermitteln, ist in der denkmalrechtlichen Literatur und in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte zum jeweiligen Landesdenkmalrecht umstritten (vgl. m.w.N. den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts im Verfahren 1 BvR 2935/06 - juris = BauR 2007, 1212 ). Zu entscheiden, ob das Landesdenkmalrecht, im vorliegenden Fall Art. 6 Abs. 2 DSchG, der zur Versagung der Erlaubnis zum Abbruch eines Denkmals führen kann, wenn gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, Drittschutz vermittelt, ist grundsätzlich Sache des Landesgesetzgebers und der zur Auslegung des Landesdenkmalrechts berufenen Landesgerichte.

Auch wenn es sich damit im Grundsatz um eine Frage des Landesrechtes handelt, dürfen hierbei jedoch die grundrechtlichen Verbürgungen des Art. 14 Abs. 1 GG nicht außer Acht bleiben. Art. 14 GG gebietet im Bereich des Denkmalschutzes zwar ebenso wenig wie im Baurecht in jeder Hinsicht Drittschutz zu gewähren, gleichwohl ergibt sich daraus ein gewisser bundesrechtlicher Mindeststandard. Danach muss der Eigentümer eines Denkmals eine denkmalrechtliche Genehmigung in Bezug auf ein benachbartes Vorhaben anfechten können, wenn dieses die Denkmalwürdigkeit des eigenen Denkmals erheblich beeinträchtigen würde (BVerwG vom 21.04.2009 Az. 4 C3/08 - juris). Dem liegen folgende Überlegungen zu Grunde:

Wird ein Denkmal unter Schutz gestellt, so werden dadurch Inhalt und Schranken des Eigentums am Denkmal i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bestimmt, indem der Denkmaleigentümer einerseits im Hinblick auf die Veränderung oder Beseitigung des Baudenkmals den Beschränkungen des Art. 6 DSchG und andererseits der Unterhaltungspflicht des Art. 4 DSchG unterworfen wird. (vgl. zu vergleichbaren Inhalts- und Schrankenbestimmungen durch das Denkmalrechtrecht anderer Bundesländer BVerwG a.a.O.; sowie m.w.N. BVerwG vom 09.10.1997 Az. 6 B 42.97 - juris, st. Rspr.). Gerade die dem Denkmaleigentümer auferlegte Unterhaltungspflicht stellt dabei eine Besonderheit des Denkmalrechtes dar. Bestimmt der Gesetzgeber auf diese Weise Inhalt und Schranken des Eigentums, muss er die Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in einen gerechten Ausgleich bringen. Die dem Denkmaleigentümer auferlegte Unterhaltungspflicht erscheint aber nur dann verhältnismäßig, wenn dem Eigentümer ein Anfechtungsrecht in Bezug auf die denkmalrechtliche Genehmigung eines benachbarten Vorhabens zusteht. Grund für die Inpflichtnahme des Eigentümers in Form der Unterhaltungspflicht ist das öffentliche Interesse an der Denkmalerhaltung. Wenn Dritte die Erreichung dieses Ziels vereiteln, erscheint die Inpflichtnahme des Denkmaleigentümers nicht mehr als gerechtfertigt. Könnte der Denkmaleigentümer sich hiergegen nicht wehren, so würden Investitionen, die er in der Vergangenheit zur Unterhaltung des Denkmals getätigt hat, entwertet. Diesem Risiko darf das Gesetz den Eigentümer aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht aussetzen. Vielmehr hat der Eigentümer ein schutzwürdiges Interesse, dass Belastungen, die ihm durch die Erhaltungspflicht auferlegt wurden, ihren Zweck auf Dauer erreichen können. Daher muss - jedenfalls bei erheblicher Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit eines geschützten Denkmals - dem Eigentümer dieses Denkmals die Anfechtung eines benachbarten Vorhabens möglich sein (vgl. zum Ganzen: BVerwG vom 21.04.2009 Az. 4 C3/08 - juris). Denkmalschützenden Bestimmungen drittschützenden Charakter zuzuerkennen, ist bundesverfassungsrechtlich also insofern geboten, als es dem Eigentümer eines Denkmals möglich sein muss, sein geschütztes Vorhaben vor den von benachbarten Vorhaben ausgehenden erheblichen Beeinträchtigungen der Denkmalwürdigkeit seines geschützten Denkmals zu bewahren, sofern durch diese Beeinträchtigungen seine in der Vergangenheit getätigten Investitionen zur Unterhaltung seines Denkmals entwertet würden.

Im Hinblick auf die Rechtslage in Bayern ist davon auszugehen, dass Art. 6 Abs. 2 DSchG keinen Drittschutz gewährt, der über diesen bundesverfassungsrechtlich gebotenen Mindeststandard hinausreicht. Indizien dafür, wann eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals vorliegt, lassen sich aus der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entnehmen, der seine Überlegungen ebenfalls auf den Zusammenhang zwischen den dem Denkmaleigentümer obliegenden besonderen Erhaltungspflichten und der Gefahr der Entwertung seiner hierfür getroffenen Erhaltungsinvestitionen gestützt hat. Danach ist dem Eigentümer eines Baudenkmals ein Abwehrrecht gegen Baumaßnahmen in der Nähe zuzuerkennen, wenn diese zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbildes oder der künstlerischen Wirkung seines Baudenkmals führen würden und wenn dadurch getätigte Erhaltungs- oder Renovierungsinvestitionen hinfällig würden (vgl. BayVGH vom 27.3.1992 Az. 26 CS 91.3589, nicht veröffentlicht).

Dafür, ein Abwehrrecht gegen denkmalrechtswidrige benachbarte Vorhaben - anders als vom Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vorgeschlagen -, nicht allen Denkmaleigentümern im Ensemblebereich zuzuerkennen, sondern nur jenen, deren Baudenkmal durch das benachbarte Vorhaben beeinträchtigt wird, und deren Erhaltungs- und Renovierungsinvestitionen entwertet zu werden drohen, spricht nicht nur der Ausgangspunkt der Überlegungen in der zitierten Rechtsprechung von Bundesverwaltungsgericht und Bayerischem Verwaltungsgerichtshof, die an die Erhaltungspflicht des Denkmaleigentümers anknüpfen, deren Verhältnismäßigkeit ein Abwehrrecht erst erforderlich mache. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, dass das in Deutschland herrschende System subjektiven Rechtsschutzes nach seinem Grundgedanken dazu dient, konkrete Rechtsverletzungen abzuwehren, nicht aber eine objektive Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Verwaltungsentscheidungen zu ermöglichen. An die Geltendmachung der Beeinträchtigung des Baudenkmals des Antragstellers und die Darlegung einer Entwertung von Erhaltungsinvestitionen anzuknüpfen, verhindert so auch ein Ausufern der Antragsbefugnis.

Schließlich ist es gerade im Ensemblebereich deshalb sachgerecht, an die tatsächlich Entwertung von Unterhaltungsinvestitionen anzuknüpfen, weil der Denkmaleigentümer dann, wenn die Beeinträchtigung dazu führt, dass der Ensembleschutz ganz entfällt, für die Zukunft gerade keine besondere denkmalrechtliche Belastung durch ihm obliegende Unterhaltungsmaßnahmen mehr gegenwärtigen muss. Indem so für die Zukunft keine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums mehr vorliegen, entfällt auch die Notwendigkeit durch die Gewährung eines Anfechtungsrechts die Verhältnismäßigkeit herzustellen. Die Verhältnismäßigkeit gebietet es vielmehr nur den Eigentümern von unter Ensembleschutz stehenden Baudenkmälern ein Anfechtungsrecht zuzuerkennen, deren in der Vergangenheit getätigte Unterhaltungsinvestitionen entwertet würden.

b) Auch wenn Art. 6 Abs. 2 DSchG damit im Grundsatz unter den genannten Bedingungen drittschützenden Charakter hat, hat der Antragsteller nicht in der erforderlichen Weise dargelegt, dass er zum Kreis der geschützten Personen gehört. Zwar befindet sich sein eigenes unter Ensembleschutz stehendes Anwesen in unmittelbarer Nähe zum …hof, doch hat er weder dargelegt, in welcher Weise der Abriss des …hofs zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbildes oder der künstlerischen Wirkung seines unter Ensembleschutz stehenden Anwesens führen würde, noch ob bzw. welche Erhaltungsinvestitionen er getätigt hat, die durch den Abbruch des …hofs entwertet würden. Stattdessen hat der Bevollmächtigte des Antragstellers lediglich auf seine Rechtsansicht verwiesen, dass es auf die Darlegung einer Beeinträchtigung und entwerteter Investitionen nicht ankomme, weil alle Eigentümer, deren Gebäude Bestandteil eines Ensembles seien, sich gegen objektiv rechtswidrige Veränderungen des Ensembles wenden könnten. Da das Gericht dieser Rechtsansicht des Antragstellers aus den oben dargelegten Gründen nicht zu folgen vermag, fehlt es dem Antrag des Antragstellers bereits an der erforderlichen Antragsbefugnis, weil das Vorliegen der Voraussetzungen des Bestehens eines Anordnungsanspruchs nicht in der erforderlichen Weise geltend gemacht wurde.

Eine Beeinträchtigung des unter Ensembleschutz stehenden Anwesens des Antragstellers erscheint auch insofern nicht als evident, als der anstelle des abzureißenden …hofs geplante Neubau nach den von der Beigeladenen eingereichten Antragsunterlagen dem bestehenden Gebäude in Größe, Kubatur und Außengestaltung gleichen soll (vgl. Bl. 9 der Bauantragsakten), so dass bei vorläufiger Würdigung des Sachverhalts davon auszugehen sein dürfte, dass das geplante Vorhaben den Anforderungen für die Errichtung von baulichen Anlagen im Ensemblebereich gerecht wird. Entscheidend hierfür ist nämlich, dass sich Bauhöhe, Baumasse und Gestaltung neuer Gebäude am Ensemble ausrichten und so das äußere Erscheinungsbild des Ensembles wahren (vgl. Eberl/Martin/Greipl, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 6. Aufl., Art. 6 rn. 40, 88). Zum gleichen Ergebnis kam im Übrigen auch das Landesamt für Denkmalpflege als sachverständige Fachbehörde (Bl. 72 der Bauantragsakten). Selbst wenn der "…hof" ein Einzeldenkmal sein sollte, würde sein Abbruch voraussichtlich nicht zum Entfallen des Ensembleschutzes führen, da in der näheren Umgebung noch weitere Einzeldenkmäler vorhanden sind und der Ensembleschutz somit nicht mit der Existenz des …hofes steht und fällt.

Nach alledem ist daher von der Unzulässigkeit des Antrags auszugehen und der Antrag nach § 123 VwGO abzuweisen.

Die Kosten des Verfahrens hat gem. § 154 Abs. 1 VwGO der Antragsteller zu tragen, da sein Antrag erfolglos war. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Der Regelstreitwert für die Nachbarklage war im Eilverfahren zu halbieren.