Bayerischer VGH, Beschluss vom 19.08.2009 - 12 C 09.953
Fundstelle
openJur 2012, 102250
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 30. März 2009 ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 146 Abs. 1, § 147 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat ihr nicht abgeholfen (§ 148 Abs. 1 VwGO).

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klage versagt, deren Ziel die Verpflichtung des Beklagten ist, der Klägerin Hilfe zur Erziehung in Form von Pflegegeld für die Kinder J. K. und J. M. und für die Kinder P. M. und M. M. jeweils für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis 30. September 2009 zu gewähren. Die Klage hat keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 166 VwGO, § 114 Satz 1 ZPO, wie sich aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 30. März 2009 ergibt, der der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen folgt (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Hinsichtlich der Ausführungen der Klägerin im Beschwerdeverfahren sind ergänzend lediglich noch folgende Hinweise veranlasst:

§ 27 Abs. 2a Halbsatz 2 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) setzt im Falle der Gewährung von Hilfe zur Erziehung durch andere unterhaltspflichtige Personen - etwa die Großeltern - voraus, dass diese bereit und in der Lage sind, in Kooperation mit dem Jugendamt den Hilfebedarf nach Maßgabe der §§ 36, 37 SGB VIII zu decken und insoweit die Rechte und Pflichten von nichtverwandten Pflegepersonen wahrzunehmen. Geeignet sind solche Personen deshalb nur dann, wenn sie mindestens eine dem Wohl des Kindes oder Jugendlichen entsprechende Erziehung gewährleisten können, Verpflichtungen zur Kooperation mit dem Jugendamt eingehen und zur Annahme unterstützender Leistungen bereit sind (vgl. Wiesner in Wiesner, SGB VIII, 3. Auflage 2006, § 27 RdNr. 26c; Kunkel in LPK-SGB VIII, 3. Auflage 2006, § 27 RdNr. 28).

Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin bei summarischer Prüfung nicht erfüllt.

Die aus Art. 35 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) vom 8. Dezember 2006 (GVBl S. 942) i. d. F. des Gesetzes vom 22. Juli 2008 (GVBl S. 479) zu entnehmende gesetzgeberische Wertung spricht gegen eine Geeignetheit der Klägerin zur Betreuung der vier Pflegekinder, für die Pflegegeld begehrt wird. Danach ist eine Pflegeerlaubnis nach § 44 Abs. 1 SGB VIII zu versagen, wenn das Wohl des Kindes oder Jugendlichen in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist. Das ist u. a. insbesondere dann der Fall, wenn eine Pflegeperson mit der Betreuung eines weiteren Kindes oder Jugendlichen überfordert ist (Art. 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 1 2. Alternative AGSG). Davon ist in der Regel auszugehen, wenn sich bereits drei Pflegekinder in einer Pflegefamilie befinden (Art. 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 AGSG). Die Klägerin betreute im maßgeblichen Bewilligungszeitraum insgesamt sechs Enkelkinder. Hinzu kommt, dass sie zusätzlich noch berufstätig ist, was bedeutet, dass sich die Kinder zeitweise selbst versorgen müssen. Zudem kann die Klägerin weder Lesen noch Schreiben und hat auch nur geringe Kenntnisse der deutschen Sprache, weshalb sie die Pflegekinder in bestimmten Lebensbereichen nicht unterstützen kann, insbesondere nicht in schulischer Hinsicht oder in Behördenangelegenheiten (vgl. Abschlussbericht „Das Raue Haus“ vom 14.10.2007). Die Klägerin hat zudem die deshalb angebotene sozialpädagogische Familienhilfe gemäß § 31 SGB VIII (SPFH) abgelehnt, die die Fachkräfte des Beklagten für erforderlich hielten (vgl. beispielsweise die Aktenvermerke vom 27. und 28.8.2008), weil es an einer sonstigen kontinuierlichen und dauerhaften Unterstützung für die Klägerin etwa bei der Bewältigung von Alltagsproblemen sowie im Kontakt mit Behörden fehlte. Die Klägerin bestreitet die Notwendigkeit der SPFH, obwohl für sie in Hamburg, als sie noch keine sechs Kinder betreute, bereits Aufgaben des SPFH von einer Mitarbeiterin der Einrichtung „…“ übernommen werden mussten.

Es ist auch nicht objektiv nachvollziehbar, wenn die Klägerin behauptet, dass sie für alle sechs Kinder „eine optimale Betreuung leiste“.

3. Da es mithin bereits an der hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage fehlt, kommt es auf die Mutwilligkeit und auf die subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht mehr an. Die Beiordnung eines Bevollmächtigten nach § 121 Abs. 2 ZPO kommt deshalb ebenfalls nicht in Betracht.

4. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben. Nach § 166 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO werden im Prozesskostenhilfeverfahren die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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