AG Fürth (Bayern), Urteil vom 01.07.2009 - 370 C 471/09
Fundstelle
openJur 2012, 102101
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 161,02 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit 16.05.07 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 57%, die Kläger 43%.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

B e s c h l u ß:

Der Streitwert wird auf 284,88 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Kläger begehren Zahlung eines Rests aus ihrer Rechnung vom 15.01.07 in Höhe von 284,88 Euro betreffend stationärer Behandlung der Beklagten im Zeitraum 09.11.06 bis 12.11.06. Die klagegegenständliche hierfür erstellte Rechnung vom 15.01.07 ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte hat bei der Bezahlung einen Betrag von 284,88 Euro einbehalten, weil ihre Krankenkasse diesen Betrag bei der Erstattung betreffend die vorangegangene Rechnung vom 29.11.06 über 2.108,59 Euro in Abzug gebracht hat. Nach Rechtshängigkeit haben die Kläger die Klage teilweise zurückgenommen und sind nun bereit der Beklagten einen Erstattungsanspruch auf die streitige Rechnung vom 29.11.06, die bereits bezahlt war, in Höhe von 123,86 Euro gutzuschreiben, dies betrifft die Differenz zwischen den ursprünglich in Rechnung gestellten 3,3-fachen Satz der GOÄ Ziffer 1383 und den 2,3-fachen Satz, jeweils vermindert um 15% nach § 6 a GOÄ.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die von den Klägern am 05.10.06 bei der Beklagten tatsächlich durchgeführten ärztliche Leistung (intravitreale operative Medikamenteneingabe, IVOM) eine moderne selbständige ärztliche Leistung ist, die im Gebührenverzeichnis der GOÄ nicht vorhanden ist und daher nach § 6 Abs. 2 GOÄ entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnis berechnet werden kann. Weiterhin ist zwischen den Parteien unstreitig, daß die Abrechnung nach GOÄ Nr. 1383 analog erfolgen kann. Streitig zwischen den Parteien ist allein der anwendbare Faktor geblieben. In der Rechnung vom 29.11.06 haben die Kläger zunächst den Faktor 3,3 gewählt und diesen wie folgt begründet: "Erhöhte Bulbusmotilität-Chemosis-Endotheliopatie-weicher Kern". Nach Teilklagerücknahme wird nun der 2,3-fache Faktor für angemessen gehalten.

Die Kläger beantragen, die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin 161,02 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit 16.02.07 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe zu Recht von der an sich unstreitigen Rechnung vom 15.01.07 284,88 Euro einbehalten, da ihr ein Erstattungsanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung aus der überhöhten Rechnung vom 29.11.06 zustehe, die Kläger hätten die von ihnen durchgeführte IVOM zwar nach GOÄ Ziffer 1383 allerdings nur zum 1,0-fachen Satz abrechnen dürfen, so daß die Kläger in Höhe der von der Beklagten bezahlten Differenz zum 3,3-fachen Satz ungerechtfertigt bereichert seien.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Aus dem Behandlungsvertrag mit der Beklagten stehen den Klägern für die ordnungsgemäß im Zeitraum 09.11.06 bis 12.11.06 erbrachten Leistungen unstreitig der Betrag der Rechnung vom 15.01.2007 von 1.592,85 Euro zu, von denen die Beklagte lediglich 1.307,97 Euro bezahlt hat.

Ein Erstattungsanspruch auf die Rechnung vom 29.11.06 wird von den Klägern mit der Teilklagerücknahme in Höhe von 123,86 Euro anerkannt. Ein darüberhinausgehender Anspruch der Beklagten besteht nicht, so daß sie gegen die Klageforderung nicht mit einer Gegenforderung aufrechnen kann.

8Es ist grundsätzlich unstreitig zwischen den Parteien, daß die von den Klägern erbrachte ärztliche Leistung mit der GOÄ Ziffer 1383 abzurechnen ist, da es sich bei dieser GOÄ Ziffer um die Analogleistung nach § 6 Abs. 2 GOÄ handelt. Soweit die Beklagte den nun noch geforderten 2,3-fachen Faktor beanstandet und meint der 1,0-fache sei ausreichend, handelt es sich um eine Rechtsfrage, die der BGH zuletzt am 08.11.07 (Az.: III ZR 54/07) entschieden hat. Da sich allgemein die Höhe der einzelnen Gebühr für persönliche ärztliche Leistungen nach dem einfachen bis 3 1/2-fachen des Gebührensatzes bemißt (§ 5 Abs. 1, Satz 1 GOÄ) liegt der Mittelwert beim 2,3-fachen Satz. Nach § 5 Abs. 2, Satz 4 darf in der Regel eine Gebühr nur zwischen dem einfachen und 2,3-fachen des Gebührensatzes bemessen werden. Der Regelhöchstsatz ist damit der 2,3-fache Faktor. Innerhalb des Regelgebührenrahmens steht die Wahl des Faktors im Ermessen des Arztes, der nun nachträglich den 2,3-fachen Faktor gewählt hat. Einen Anspruch, daß der behandelnde Arzt sein Ermessen dahingehend ausübt, daß er nur den 1,0-fachen Mindestsatz abrechnet, hat der Patient nicht. So lautet auch der Leitsatz in der oben zitierten Entscheidung des BGH: Es stellt keinen Fehlgebrauch des Ermessens dar, wenn der Arzt persönlich ärztliche Leistungen durchschnittlicher Schwierigkeit mit dem jeweiligen Höchstsatz der Regelspanne, also dem 2,3-fachen des Gebührensatzes abrechnet. Bejaht man die Vergleichbarkeit der tatsächlich durchgeführten ärztlichen Leistung mit der in Nr. 1383 GOÄ genannten, muß der abrechnende Arzt im Rahmen seiner Ermessensausübung lediglich noch § 5 GOÄ beachten, was hier geschehen ist, einen Anspruch auf Abrechnung zum Mindestsatz von 1,0 hat die Beklagte nicht.

Der Zinsausspruch beruht auf § 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat unstreitig am 15.05.07 erstmals gemahnt, die Rechnung vom 15.01.07 enthielt zwar einen Zahlungstermin 12.02.07, jedoch nicht den nach § 286 Abs. 3 BGB erforderlichen gesonderten Verbraucherhinweis, so daß ein früherer Verzugseintritt vor Zugang der Mahnung nicht feststellbar ist, insbesondere lag auch im Schreiben der Beklagten an die Kläger vom 04.04.07 keine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Leistung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und berücksichtigt die Teilklagerücknahme zu Lasten der Kläger.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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