OLG Bamberg, Beschluss vom 16.07.2009 - 2 Ss OWi 755/09
Fundstelle
openJur 2012, 102084
  • Rkr:
Tenor

I. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Hof vom 16. April 2009 wird als unbegründet verworfen.

II. Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerde hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).

Zur Begründung wird auf die – auch unter Berücksichtigung der Gegenerklärung der Verteidigung vom 14.07.2009 - im Ergebnis zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg in ihrer Antragsschrift vom 26.06.2009 Bezug genommen.

Die Schriftsätze der Verteidigung vom 22.04.2009 und vom 14.07.2009 geben dem Senat Anlass zu folgender ergänzender Bemerkung:

Soweit die Tatrichterin zwar von einer fehlerhaften Anordnung der Blutentnahme durch den Polizeibeamten gem. § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 81a StPO ausgeht, gleichwohl aber im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot verneint, erweist sich dies im Ergebnis als rechtsfehlerfrei. Entgegen der Ansicht der Verteidigung kann hier insbesondere nicht von einem willkürlichen Verhalten des Polizeibeamten ausgegangen werden. Wie bereits im Beschluss des Senats vom 19.03.2009 (NJW 2009, 2146) näher ausgeführt, kann von einem Verstoß gegen das Willkürverbot erst dann ausgegangen werden, wenn die der angegriffenen Entscheidung zu Grunde liegende Rechtsanwendung unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht. Dabei enthält die Feststellung von Willkür keinen subjektiven Vorwurf. Willkürlich im objektiven Sinn ist eine Maßnahme, welche im Verhältnis zu der Situation, der sie Herr werden will, tatsächlich und eindeutig unangemessen ist (BVerfG, Beschluss vom 21.01.2008 – 2 BvR 2307/07 unter Verweis auf BVerfGE 80, 48/51; 83, 82/84; 86, 59/63).

5Nach den Feststellungen des Amtsgerichts (UA Seite 3 und 4) liegt eine solche willkürliche Missachtung der richterlichen Anordnungsbefugnis durch den Polizeibeamten hier nicht vor. Zwar hätte am Tattag, dem 15.08.2008 um 8.00 Uhr (UA Seite 2) ein Ermittlungsrichter, der die Blutentnahme anordnet, möglicherweise erreicht werden können. Wenn der Polizeibeamte sich aber hier darauf beruft, dass die Anordnung von Blutentnahmen durch Polizeibeamte an seiner Dienststelle bisher gängige Praxis sei, lässt sich bei dem hier vorliegenden Sachverhalt jedenfalls ein tatsächlich und eindeutig unangemessenes Verhalten nicht annehmen. Dies gilt erst recht, wenn – wie hier – auf Grund des festgestellten Alkoholgeruchs sowie dem zunächst durchgeführten Alkoholtests mit dem nicht gerichtsverwertbaren Handgeräte (UA Seite 3) der vermutete Alkoholisierungsgrad des Betroffenen – wie dies durch das Ergebnis der Blutentnahme später auch bestätigt wurde – mit 0,8 Promille in einem Bereich war, bei dem es auf die genaue und zeitnahe Ermittlung des BAK-Wertes besonders ankam, da nach den Feststellungen des Amtsgerichts (UA Seite 4) auf Grund der durchgeführten allgemeinen Verkehrskontrolle beim Betroffenen keine Anhaltspunkte für alkoholbedingte Fahrfehler ermittelt werden konnten. Es kann daher nicht als willkürlich angesehen werden, wenn der ermittelnde Polizeibeamte seine Eilkompetenz nach § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 81a Abs. 2 StPO hier angenommen hat, weil Anhaltspunkte für eine bewusste und gezielte Umgehung des Richtervorbehalts vom Tatgericht nicht festgestellt wurden (UA Seite 5). Hinzu kommt, dass nach der bisherigen Rechtsprechung und Kommentarliteratur zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Anordnung der Blutentnahme die Auslegung des § 81a Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG äußerst kontrovers diskutiert wurde. Dies um so mehr als – wie von der Generalstaatsanwaltschaft näher ausgeführt – sich der Polizeibeamte bei seiner Anordnung nur der damals vorherrschenden Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden angeschlossen hat. Somit kann eine willkürliche Missachtung der richterlichen Anordnungsbefugnis durch den Polizeibeamten nicht festgestellt werden, die unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar ist (OLG Bamberg, NJW 2009, 2146/2149 sowie nun auch OLG Hamm, Beschluss vom 28.04.2009 – 2 Ss 117/09).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.

Gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.

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