OLG München, Urteil vom 15.07.2009 - 1 U 1688/08
Fundstelle
openJur 2012, 102044
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 12.12.2007 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des Urteils durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Ansprüche im Zusammenhang mit einer kosmetischen Operation geltend.

Die Klägerin suchte am 23.06.2003 die Praxis des Beklagten auf, um sich über die Möglichkeit einer Bruststraffung zu informieren. Anlässlich des Gespräches wurde der als Anlage B 3 vorgelegte Fragebogen zu einer Brustverkleinerung/Bruststraffung ausgefüllt. Des weiteren gab der Beklagte der Klägerin den als Anlage B 1 vorgelegten Aufklärungsbogen zur Brustverkleinerung und Bruststraffung zum Durchlesen mit nach Hause. In dem Bogen wurden zwei verschiedene Schnittführungen erläutert sowie u.a. auf Gewebsverletzung oder Nervenschädigungen, Wundheilungsstörungen, Nekrosen, Narben und Gefühlsstörungen als Risiken des Eingriffs hingewiesen. In dem Bogen wurde u.a. unter Ziffer 2 gefragt, ob die Patientin raucht. Die Klägerin gab an, früher bis zu 30 Zigaretten geraucht zu haben und vor 10 Tagen mit dem Rauchen aufgehört zu haben.

In dem Aufklärungsbogen heißt es u.a.:

Wundheilungsstörungen, u.U. mit Abszessbildung, und oder Durchblutungsstörungen sind möglich, sie können die Wundheilung verzögern. Die Form der Brust kann sich verändern, verlagertes oder verpflanztes Gewebe (z.B. die Brustwarze) kann abgestoßen werden.

Auch bei normaler Wundheilung können die Narben zunächst verhärtet und deutlich gerötet sein, ... Selten reagiert die Haut bei Wundheilungsstörungen oder entsprechender Veranlagung des Patienten mit überschießenden Narben (Narbenwucherung mit Hautverfärbung, Keloide) oder mit Verbreiterung der Narben. Sie können zudem schmerzhaft sein und ästhetisch stören.

Da bei der Operation Hautnerven durchtrennt werden, lassen sich Gefühlsstörungen im Bereich der Narbe häufig nicht vermeiden, sie bilden sich aber meist nach einigen Wochen zurück.

In aller Regel führt die Operation zu einem ästhetisch befriedigenden Ergebnis.

Am 21.07.2003 fand sich die Klägerin zu einem weiteren Gespräch in der Praxis des Beklagten ein. Anlässlich dieses Termins unterschrieb die Klägerin die als Anlage B 2 vorgelegte Erklärung „Aufklärungsgespräch/Einwilligung“. Die Klägerin bestätigte durch Unterschrift in diesem Bogen, dass sie den Aufklärungsbogen gelesen und verstanden hat und keine weiteren Fragen mehr hat, ferner, dass sie den abgetrennten Infoteil zum Mitnehmen erhalten habe. Als vorgesehener Eingriff wird eine Straffung (ohne Verkleinerung der rechten und linken Brust genannt und als erörterte Risiken sind auf dem Bogen handschriftlich vermerkt:

Wundheilungsstörung, Haut- und Brustwarzennekrose, spätere Narbenkorrektur möglich.

Der Beklagte führte am 24.07.2003 den kosmetischen Eingriff an den Brüsten der Klägerin durch.

In der Folgezeit traten an beiden Brüsten Wundheilungsstörungen mit Nekrosebildungen auf, die über mehrere Monate hin behandlungsbedürftig waren und die Klägerin bis zum heutigen Zeitpunkt erheblich psychisch belasten.

Die Klägerin hat vor dem Landgericht vorgetragen:

Sie sei von dem Beklagten nicht hinreichend aufgeklärt worden. Der Beklagte habe die Bruststraffung als einfachen Routineeingriff dargestellt. Ein Gespräch über die Operation, die Art der Schnitte, Risiken und Komplikationen habe nicht stattgefunden. Weder am 23.06.2003, noch am 21.07.2003 habe der Beklagte über das Risiko einer derartigen Wundheilungsstörung mit Haut- und Brustwarzennekrose gesprochen. Die Operation sei auch behandlungsfehlerhaft durchgeführt worden. Während des Eingriffs seien die Hygienekautelen nicht eingehalten worden. Zudem sei die Haut überstrafft worden, weshalb es postoperativ zu erheblichen Spannungsschmerzen in beiden Brüsten gekommen sei; dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Brust der Klägerin nach dem Eingriff nun eine Körbchengröße kleiner sei. Aufgrund der Überstraffung der Brust ohne gleichzeitige Fettresektion sei es schließlich auch zu einer Öffnung der Nähte gekommen. Postoperativ habe der Beklagte es fehlerhaft unterlassen, zum Abschluss einer möglichen Entzündung ein Blutbild zu erstellen; der sich stetig verschlechternde Zustand der Brüste hätte so gezielt verhindert werden können. Weiter habe der Beklagte es fehlerhaft unterlassen, eine Antibiose durchzuführen und eine hyperbare Sauerstofftherapie einzuleiten; der sich einstellende Gasbrand und die sich entwickelnde Entzündung hätten so verhindert werden können. Schließlich sei eine chirurgische Versorgung der Wunde geboten gewesen, welche vom Beklagten fehlerhaft unterlassen worden sei.

Die Klägerin hat beantragt:

I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld, dessen Höhe letztendlich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

II. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche Schäden, die der Klägerin aus der Operation am 24.07.2003 entstanden sind - soweit sie nicht auf Dritte, insbesondere Sozialversicherungsträger übergegangen sind - zu ersetzen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen:

Er habe die Klägerin bereits am 23.06.2003 ausführlich über die für eine Bruststraffung in Betracht kommenden Operationstechniken und deren Ablauf informiert. Weiter habe er auf das Risiko von Wundheilungsstörungen und in deren Folge von Haut- und Brustwarzennekrosen in der Folge und hierdurch erforderliche weitere chirurgische Eingriffe sowie das Risiko unschöner Narben aufgeklärt. Auch bei dem Gespräch am 21.07.2003 habe er nochmals sämtliche Risiken und möglichen Nebenwirkungen der Operation einschließlich der Möglichkeit von Wundheilungsstörungen mit der nicht ausschließbaren Möglichkeit des Absterbens der Brustwarzen erläutert. Den Eingriff am 24.07.2003 habe er kunstgerecht durchgeführt. Insbesondere habe er die Brüste nicht überstrafft und die erforderlichen Hygienestandards eingehalten. Die bei der Klägerin postoperativ aufgetretenen Schmerzen seien zunächst völlig normal. Anlässlich einer Nachuntersuchung am 01.08.2003 seien die Nähte noch geschlossen gewesen, Hautnekrosen hätten sich erst in der Folge gebildet, wie er anlässlich einer Kontrolluntersuchung am 26.08.2003 habe feststellen können. Die Anfertigung eines Blutbildes sei ebenso wenig erforderlich gewesen, wie eine Behandlung mit Penicillin.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch die Hinzuziehung des Sachverständigen für plastische Chirurgie Dr. Dr. B., der informatorischen Anhörung des Beklagten und der Einvernahme der Zeuge von T..

Mit Endurteil vom 12. Dezember 2007 wies das Landgericht die Klage ab.

Das Landgericht führte zur Begründung aus, die Klage sei, abzuweisen, weil der Klägerin der Nachweis eines Behandlungsfehlers nicht gelungen sei und die Kammer darüber hinaus von einer hinreichenden Aufklärung der Klägerin überzeugt sei. Der gerichtliche Sachverständige habe unter sorgfältiger Auswertung der Dokumentation sowie aufgrund einer persönliche Untersuchung der Klägerin ausgeführt, dass sich weder aus der Beschreibung des Vorgehens des Beklagten, noch aus dem dokumentierten postoperativen Zustand der Klägerin anlässlich seiner persönlichen Untersuchung greifbare Anhalte für ein Abweichen vom medizinischen Standard und damit für das Vorliegen einer Sorgfaltspflichtverletzung ergeben hätten. Die Kammer gehe weiter von einer hinreichenden Aufklärung der Klägerin aus. Es sei zwischen den Parteien unstrittig, dass der Beklagte der Klägerin anlässlich ihrer Erstvorstellung am 23.06.2003 den abtrennbaren Informationsteil des Bogens „Aufklärungsgespräch/Einwilligung“ mitgegeben habe. Dort seien nicht nur die verschiedenen Möglichkeiten der Schnittführung erläutert, sondern es sei dort auch auf die Risiken insbesondere einer Wundheilungsstörung, einer Nekrosebildung und des Zurückbleibens von Narben sowie Gefühlsstörungen hingewiesen worden. Sowohl die computergestützte Behandlungsdokumentation als auch die von der Klägerin unterschriebene Einwilligungserklärung böten einen objektiven Anhalt und ein Indiz dafür, dass die Klägerin tatsächlich so aufgeklärt worden sei, wie dies in den genannten Unterlagen niedergelegt sei. Die indizielle Wirkung der Dokumentation sei auch durch die durchgeführte Beweisaufnahme, insbesondere durch die Aussage der Zeugin T., nicht erschüttert worden. Bei der Kammer verblieben Zweifel, ob die Zeugin T. wirklich bereits vor der Operation mit der Klägerin beim Beklagten gewesen sei. Dagegen spreche der vorgelegte Auszug des Beklagten aus der Patientenakte. Danach seien Besuche der Klägerin mit ihrer Freundin in den Behandlungsunterlagen unter dem 1.8.2003 vermerkt, hingegen nicht unter dem 21.07.2003, wie von der Zeugin behauptet. Letztendlich komme es darauf auch nicht an, da nach dem Vortrag des Beklagten das ausführliche Aufklärungsgespräch bereits am 23.06.2003 stattgefunden habe, bei welchem die Zeugin T. unstreitig nicht zugegen gewesen sei.

Gegen das Urteil des Landgerichts vom 12.12.2007, das der Klägerin am 20.12.2007 zugestellt wurde, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 17.Januar 2008 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 14. Februar 2008 begründet.

Die Klägerin trägt vor:

Sie sei nicht hinreichend aufgeklärt worden. Eine Aufklärung über eine medizinisch nicht indizierte Operation habe schonungslos und drastisch zu erfolgen. Die im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils erwähnte schriftliche Aufklärung sei insoweit nicht ausreichend. Sie stelle lediglich ein Indiz für eine zwingend gebotene mündliche schonungslose Aufklärung in einem Arzt-Patientengespräch dar. Die computergestützte Krankendatei beinhalte für den 23.06.2003 keine Aufklärung und für den 21.07.2003 heiße es nur erneut aufgeklärt. Die Angaben über die angebliche Aufklärung vor dem 24.07.2003 seien von der Zeugin T. widerlegt worden. Die Klägerin hätte über Folgeoperationen, breite bis zu 4 cm unschöne Narben und Gewebsverlust durch chronische Nekrose, Sensibilitätsstörungen und Verformungen aufgeklärt werden müssen und zwar in schonungsloser Form. Davon sei aber nach der glaubwürdigen Aussage der Zeugin T. nicht auszugehen. Die im Schriftsatz vom 23.08.2007 zusammengefassten und in vorherigen Schriftsätzen dezidiert dargelegten Mängel der Behandlung seien nicht ausreichend sachverständig gewürdigt worden. Die Frage der Verkleinerung der Brust und Entfernung von Fettgewebe um eine Körbchengröße sei nicht geklärt worden. Das Gutachten von Dr. B. sei insoweit widersprüchlich. Die Prophylaxe, Entwicklung und Behandlung der Nekrose sei nicht ausreichend sachverständig gewürdigt worden. Auch sei die Aussage der Zeugin von T. in Bezug auf ein Foto vom 26.07. nicht richtig gewürdigt worden. Schließlich werde noch vorgetragen, dass die Klägerin dem Beklagten unmittelbar nach der Operation von den erheblichen Schmerzen und dem Spannungsgefühl berichtet habe. Hier hätte der Beklagte umgehend für eine Entlastung des Operationsgebietes durch Punktion und Beibehalten der blutentleerenden Drainage sorgen müssen. Überdies habe der Beklagte behandlungsfehlerhaft der Klägerin keine HAES-Infusion gegeben und zwar weder prophylaktisch, noch während der Operation noch als Nachbehandlung. Ein Beleg, dass eine Brustverkleinerung durchgeführt worden sei, sei, dass vier Redons gelegt worden seien und nicht wie bei einer Bruststraffung üblich zwei. Soweit in den Unterlagen des Beklagten von 2 Redons die Rede sei, sei anzumerken, dass der Klägerin die Anzahl nicht mehr erinnerlich sei. Rein vorsorglich werde mit Nichtwissen bestritten, dass lediglich 2 Redons gelegt worden seien. Im Hinblick auf die Dokumentationsversäumnisse sei die Beklagtenseite beweisbelastet für die Anzahl der Redons und die damit verbundene lege artis durchgeführte Wundversorgung.

Der Sachverständige habe in seinem Ergänzungsgutachten zu Unrecht einen Nikotinabusus als Ursache für die Wundheilungsstörung dargestellt.

Die Klägerin beantragt:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 12.12.2007, Az.: 9 O 16390/05, abgeändert.

II. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld, dessen Höhe letztendlich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.07.2005 zu zahlen, nebst Nebenkosten in Höhe von € 1.085,04, diese zu zahlen an die A. Rechtsschutzversicherungs AG, zu verzinsen ebenfalls mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

III. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche Schäden, die der Klägerin aus der Operation am 24.07.2003 entstanden sind, soweit sie nicht auf Dritte, insbesondere Sozialversicherungsträger, übergegangen sind, zu ersetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Berufung sei unbegründet. Das Erstgericht habe die Klage nach Durchführung der Beweisaufnahme mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Sachverständige Dr. Dr. B. habe in seinem Gutachten festgestellt, dass der Beklagte die Klägerin fehlerfrei operiert habe. Weiter habe er festgestellt, dass die Nachbehandlung fehlerfrei gewesen sei. Insbesondere habe der Sachverständige unmissverständlich angeführt, dass die nach den Behauptungen der Klageseite angeblich notwendige Prophylaxe nicht nur nicht indiziert gewesen sei, sondern sich geradezu verboten hätte. Das Erstgericht habe entgegen der Behauptung der Klägerin, die ausreichende Aufklärung nicht unterstellt. Das Landgericht sei erst nach umfassender Würdigung der ärztlichen Dokumentation, der Feststellung des Sachverständigen und der aus Gründen der Waffengleichheit notwendigen informatorischen Anhörung des Beklagten sowie der Aussage der Zeugin T. zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin hinreichend aufgeklärt worden sei. Es sei darauf hinzuweisen, dass die Zeugin T. entgegen der Behauptung der Klägerin am ersten Gespräch der Parteien am 23.06.2003 nicht teilgenommen habe. Sie habe auch nicht an dem präoperativen Termin vom 21.07.2003 teilgenommen. Die Zeugin T. sei erst bei Gesprächen nach der Operation, wie aus der Patientendokumentation des Beklagten hervorgehe, anwesend gewesen. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass dem Beklagten keinerlei Behandlungsfehler vorzuwerfen seien. Die Klägerin sei umfassend darauf hingewiesen worden, dass sie nicht rauchen dürfe. Letztendlich sei es für das Verfahren unerheblich, aus welchen Gründen die Wundheilungsstörung bei der Klägerin aufgetreten seien, da dem Beklagten kein Behandlungsfehler nachzuweisen sei.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin T. und die persönliche Anhörung des Beklagten und der Klägerin sowie der Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und der mündlichen Anhörung des Sachverständigen Dr.Dr. B.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren nimmt der Senat Bezug auf die Schriftsätze der Klägerin vom 14.2.2008 (Bl.173/178 d. A.), vom 13.6.2008 (Bl.194/195d. A.), vom 23.9.2008 (Bl.219 d. A.), vom 20.9..2008 (Bl.233/239 d. A.), vom 8.5.2009 (Bl.247/255 d. A.), vom 26.5.2009 (Bl.268/269 d. A.), vom 17,6.2009 (Bl.275/279 d. A.) vom 26.6.2009 (Bl.280 d. A.), sowie des Beklagten vom 19.5.2008 (Bl.185/193 d. A.), vom 20.5..2009 (Bl.258/267 d. A.) und vom 2.7.2009.

Gründe

Die zulässige Berufung erwies sich als unbegründet.

A. Das Landgericht ist mit überzeugender Begründung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Klägerin weder der Nachweis eines Behandlungsfehlers gelungen noch von einer unzureichenden Aufklärung der Klägerin auszugehen ist. Es kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichtes verwiesen werden.

I. Das Landgericht hat unter Hinweis auf die nachvollziehbaren und gut verständlichen Ausführungen des Sachverständigen Dr.Dr. B. einen Behandlungsfehler verneint.

1. Der Sachverständige konnte keinen Behandlungsfehler feststellen. Weder aus der Länge der Narben noch aus der Operationstechnik oder der Ausführung der Operation vermochte der Sachverständige Anhaltspunkte für einen Behandlungsfehler abzuleiten. Auch die postoperative Behandlung nach Auftreten der Wundheilungsstörung entsprach nach den Ausführungen des Sachverständigen den ärztlichen Sorgfaltspflichten. Weiter konnte der Sachverständige keinerlei Einwände gegen die Dokumentation der Heilbehandlung und des ärztlichen Eingriffs erheben. Es kann insoweit vollumfänglich auf die Ausführungen des Landgerichtes unter I.1.a-d der Entscheidungsgründe verwiesen werden.

Die Einholung eines Obergutachtens, wie von der Klägerin mit Schriftsatz vom 8.5.2009 angeregt, ist nicht veranlasst. Der Sachverständige hat die vor dem Landgericht gestellten Beweisfragen überzeugend und widerspruchsfrei beantwortet.

2. Die Ursache für die Wundheilungsstörung vermochte der Sachverständige nicht festzustellen und führte als mögliche Ursache eine Überspannung der Haut, eine Minderdurchblutung durch Nikotin oder eine zu starke Schwellung durch Einblutungen an. Die Frage der Ursächlichkeit der für die Klägerin nachvollziehbar sehr belastenden Wundheilungsstörung und dem Aufbrechen der Narbe ist für den vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich, da Wundheilungsstörungen eine schicksalhafte Folge der Operation sein können und keinen Behandlungsfehler indizieren. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 26. Juni 2009 darauf abstellt, dass eine Mitursächlichkeit des Rauchens nicht unterstellt werden kann und nachgewiesen werden muss, dass das Rauchen zumindest mitursächlich für die Wundheilungsstörung gewesen ist, ist anzumerken, dass die Klägerin zunächst einen Behandlungsfehler hätte nachweisen müssen und sich erst dann die Frage der Kausalität gestellt hätte, wobei grundsätzlich auch hier der Klägerin der Nachweis oblegen hätte. Die von der Klägerin angesprochene Frage der Beweislast wäre nur dann von Bedeutung gewesen, wenn ein grober Behandlungsfehler belegt gewesen wäre und der Beklagte den Nikotingenuss als alleinige Ursache für die Wundheilungsstörung dargetan hätte.

3. Der von der Klägerin im Berufungsverfahren erstmals erhobene Vorwurf, dass der Beklagte der Klägerin weder prophylaktisch noch während der Operation noch als Nachbehandlung eine HAES-Infusion angelegt hat, wurde von dem Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten und in der mündlichen Anhörung widerlegt.

Der Sachverständige Dr.Dr.B. hat überzeugend ausgeführt, dass weder ein Behandlungsfehler vorliegt noch die Kausalität bejaht werden könnte. Nach Darstellung des Sachverständigen ist eine solche Infusion beim gesunden Menschen prä- und perioperativ wegen der unerwünschten Blutverdünnung, die zu einer Minderversorgung mit Sauerstoff und einer Reduzierung der Blutgerinnung führt, kontraindiziert. Weiter ist die Infusion nicht zur Bekämpfung von Durchblutungsstörungen nach lokalen Verletzungen bei ansonsten gesunden Menschen geeignet. Postoperativ ist nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen eine Infusion nur dann veranlasst, wenn ein akuter Volumenmangel im gesamten Körper ersetzt werden muss. Bei der Klägerin so der Sachverständige war nur eine lokale Minderdurchblutung aufgetreten, ansonsten sei nach der Aktenlage die Patientin gesund gewesen. Schließlich hat der Sachverständige noch erwähnt, dass eine HAES-Infusion im konkreten Fall die postoperativ aufgetretene Nekrose nicht hätte aufhalten können.

4. Das Landgericht hat sich auch ausgiebig mit dem Vorwurf der Klägerin befasst, dass der Beklagte absprachewidrig nicht nur eine Straffung der Brüste sondern eine Brustverkleinerung vorgenommen habe. Der Sachverständige Dr.Dr.B.hat in seinen schriftlichen Gutachten darauf verwiesen, dass der Operationsbericht und die Dokumentationen keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, dass eine Volumenreduzierung der Brüste der Klägerin vorgenommen worden ist. Der Sachverständige, der die Klägerin untersucht hatte, erläuterte weiter, dass die sichtbaren Narben keine Rückschlüsse auf eine Volumenreduktion zuließen. Auch die Körbchengröße, so der Gutachter, lasse keinen zuverlässigen Schluss auf die Brustgröße zu und weiter sei zu beachten, dass eine gestraffte Brust subjektiv kleiner als eine hängende erscheine, obwohl das Volumen gleich geblieben ist.

In der mündlichen Anhörung vor dem Senat erklärte der Sachverständige, dass die Anzahl der gelegten Redons keinen Hinweis liefern könne, ob eine Bruststraffung oder Brustverkleinerung vorgenommen worden ist.

II. Der Senat kommt nach Durchführung der Beweisaufnahme ebenso wie das Landgericht zu dem Ergebnis, dass die Klägerin über Chancen und Risiken des kosmetischen Eingriffes hinreichend aufgeklärt worden ist.

1. Der Senat ist nach Durchführung der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Klägerin mündlich entsprechend dem Infoteil des Aufklärungsbogen Brustverkleinerung/Straffung und dem von ihr am 21.7.2003 unterzeichneten Einwilligungsbogen aufgeklärt worden ist.

Der Beklagte hat in seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat erklärt, dass er am 23.6.2003 den Infoteil des Aufklärungsbogens Schritt für Schritt mit der Klägerin durchgegangen sei und das Wort Nekrose mit schwarzer Haut erklärt habe. Da die Klägerin angegeben habe, dass sie rauche, habe er ganz deutlich gesagt, dass er sie nicht operieren werde, wenn sie mit dem Rauchen nicht aufhöre und sie darauf hingewiesen habe, dass sie, wenn sie weiter rauche, Haut und Brustwarze verlieren könne. Die Klägerin habe daraufhin erklärt, dann müsse sie wohl auf die Operation zunächst verzichten. Bei dem zweiten Gespräch sei die Zeugin von T. nicht dabei gewesen. Er habe die Klägerin gefragt, ob sie den Infoteil des Bogens gelesen habe, was sie bejaht habe. Es sei alles völlig normal abgelaufen bis auf die Tatsache, dass die Klägerin den Bogen vergessen hätte. Daraufhin sei ein neuer Bogen gebracht worden und dieser sei im Beisein der Klägerin ausgefüllt und von ihnen unterzeichnet worden.

Die Klägerin bestätigte in der mündlichen Anhörung vor dem Senat, dass der Beklagte ihr erläutert habe, dass sie mit dem Rauchen aufhören müsse und bei dem ersten Gespräch der Beklagte ihr den Inhalt des Bogens mehr oder weniger vorgelesen habe, unter anderem auch die Passage über Wundheilungsstörungen und Nekrose, nicht aber die Stellen betreffend der Narben und der Sensibilitätsstörungen. Die Klägerin gab an, dass sie bei dem Gespräch vor der Operation das mitgegebene Formular vergessen habe und ein neues Formular geholt worden sei. Nach ihrer Ansicht seien auf dem Bogen keine handschriftlichen Eintragungen enthalten gewesen. Bei dem zweiten Gespräch sei ihre Freundin, die Zeugin T., anwesend gewesen.

Die Zeugin T. hat zunächst ausgesagt, dass sie bei einem Gespräch circa zwei Tage vor der Operation dabei gewesen sei. Der Beklagte habe nochmals den Schnitt erläutert, über Risiken und Komplikationen sei nicht gesprochen worden und ein Aufklärungsblatt sei nicht unterschrieben worden. Nachdem der Zeugin von dem Senat vorgehalten worden war, dass die Unterzeichnung der Einwilligungserklärung anlässlich dieses Gespräches zwischen den Parteien unstreitig ist, behauptete die Zeugin, sie habe die Frage falsch verstanden und änderte ihre Aussage dahingehend ab, dass ein Blankoblatt unterschrieben worden sei. Auch nach Vorhalt des Senates blieb sie dabei, dass sie in dem Formular keine handschriftlichen Eintragungen gesehen habe und schränkte auf Frage der Klägervertreterin ihre Angaben weiter ein, dass sie sich nicht daran erinnern könne, dass der Beklagte etwas in das Formular eingetragen und dann zur Unterschrift vorgelegt habe.

Der Senat hat aufgrund der Widersprüche und der Änderungen der Aussage auf Vorhalte erhebliche Zweifel, ob die Zeugin bei dem zweiten Gespräch vor der Operation anwesend war. Auch erscheint es wenig plausibel, dass der Beklagte beim ersten Gespräch nicht sämtliche auf dem Bogen aufgeführte Risiken inhaltlich mit der Klägerin durchgegangen sein sollte. Hinsichtlich des zweiten Gesprächs ergeben sich Zweifel an der Darstellung der Klägerin, da aufgrund des widersprüchlichen Aussageverhaltens der Zeugin T. der Senat nicht davon überzeugt ist, dass die Zeugin T. bei dem Gespräch am 21.7.2003 dabei war. Dagegen spricht insbesondere die Patientendokumentation des Beklagten, der eine Anwesenheit der Zeugin erst am 1.8.2003 vermerkt hat. Auch stehen die von dem Beklagten behaupteten Aufklärungsgespräche in Einklang mit der von ihm vorgelegten computergestützten Dokumentation. Es war weiter zu bewerten, dass die Klägerin lediglich angegeben hat, dass nach ihrer Ansicht auf dem Bogen keine handschriftlichen Eintragungen enthalten waren und auch die Zeugin nach mehrmaligem Vorhalt einräumen musste, dass sie sich nicht mehr erinnern könne, ob der Beklagte Eintragungen in das Formular vorgenommen habe. Die Sachdarstellung des Beklagten dagegen ist in sich schlüssig und nachvollziehbar und steht mit den vorgelegten Unterlagen in Einklang.

2. Der Senat bewertet die Aufklärung inhaltlich für ausreichend.

54Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der behandelnde Arzt vor einem vorgesehenen Eingriff zu einer Grundaufklärung verpflichtet, bei der dem Patienten ein zutreffender Eindruck von der Schwere des Eingriffs und den damit - auch für die spätere Lebensführung - verbleibenden Belastungen vermittelt werden muss. Dabei ist anerkannt, dass ein Patient umso ausführlicher und eindringlicher über die Erfolgsaussichten eines Eingriffs und etwaiger schädlicher Folgen zu informieren ist, je weniger ein ärztlicher Eingriff medizinisch geboten ist, was im besonderen Maße für kosmetische Operationen gilt, die nicht medizinisch indiziert sind, sondern in erster Linie einem ästhetischen Bedürfnis des Patienten entsprechen. Der Patient muss in einem solchen Fall darüber unterrichtet werden, welche Verbesserungen er günstigstenfalls erwarten kann, und ihm müssen etwaige Risiken deutlich vor Augen gestellt werden, damit er genau abwägen kann, ob er einen etwaigen Misserfolg des ihn immerhin belastenden Eingriffs und darüber hinaus sogar bleibende Entstellungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen in Kauf nehmen will, selbst wenn diese auch nur entfernt als eine Folge des Eingriffs in Betracht kommen. Dabei ist anerkannt, dass der Arzt, der eine kosmetische Operation durchführt, seinem Patienten das Für und Wider mit allen Konsequenzen vor Augen zu stellen hat. Deswegen stellt die Rechtsprechung an die Aufklärung des Patienten vor einer kosmetischen Operation strenge Anforderungen (BGH, NJW 1991, 2349, OLG Düsseldorf NJW-RR 2003,1331).

55Die Aufklärung der Klägerin durch den Beklagten genügt diesen Anforderungen. Aus dem Inhalt des Aufklärungsbogens geht hervor, dass die Klägerin über das Ausbleiben eines Behandlungserfolges informiert wurde, über das Risiko von Wundheilungsstörungen, einer Nekrose, Gefühlsstörungen sowie von überschießenden Narben oder einer Verbreiterung von Narben. Auch in dem Gespräch vor der Operation wurde auf die Komplikation einer Wundheilungsstörung und einer Haut- und Brustwarzenkorrektur hingewiesen. Der Beklagte hat für den Senat glaubhaft versichert, dass er insbesondere auf die Gefahr von Wundheilungsstörungen und die Gefahr einer Nekrose besonders eingehend hingewiesen habe, da die Klägerin geraucht habe.

Es ist nicht dargetan und auch nicht ersichtlich, dass die Aufklärung die Häufigkeit der genannten Risken verharmlost hat. So wird hinsichtlich der Nebenwirkung einer„Wundheilungsstörung“ wird von „selten“, der einer Gefühlsstörung im Narbenbereich von „nicht vermeiden...bilden sich meist zurück“ und hinsichtlich des Risikos einer überschießenden Narbenbildung von „selten“ gesprochen. Der Behandlungserfolg wird eher zurückhaltend mit „in aller Regel“ eingestuft. Anhaltspunkte dafür, dass diese Einschätzung der Komplikationshäufigkeit fehlerhaft ist, haben sich nicht ergeben.

Nach Bewertung des Senats sind die Chancen und Risiken einer Operation in dem Infobogen verständlich und die möglichen Komplikationen auch hinreichend drastisch dargestellt.

58Die Forderung der Klägerin, dass ihr Fotos von nicht komplikationsfrei verlaufenen Operationen zur Aufklärung vorgelegt hätten werden müssen, überspannt die Aufklärungspflicht des Arztes. Ein Arzt ist nicht verpflichtet, durch Vorlage von Fotos missglückter Operation beziehungsweise nicht ohne Komplikationen verlaufener postoperativer Heilungsverläufen die Patientin von einer Operation abzuhalten. Die Aufklärung dient nicht dazu eine Patientin von einer Operation abzuschrecken, sondern sie soll möglichst objektiv der Patientin Chancen und Risiken des Eingriffs erläutern, damit diese eigenverantwortlich eine Operationsentscheidung treffen kann. Die im Tatbestand wiedergegebenen Passagen über Wundheilungsstörung der Risikoaufklärung führt einer Patientin hinreichend die Risiken einer kosmetischen Operation vor Augen, insbesondere, dass der ästhetische Eindruck sich auch verschlechtern kann.

Die Klägerin hat unter Kenntnis der Nebenwirkungen und Risiken in den Eingriff eingewilligt. Der Senat verkennt nicht, dass die Folgen der Wundheilungsstörung und die Vernarbung der Operationswunde die Klägerin schwer belasten und sie rückblickend die Operationsentscheidung bereut, entscheidend ist jedoch, dass zur Überzeugung des Senats der Beklagte der Klägerin vor ihrer eigenverantwortlichen Entscheidung die Chancen und Risiken des Eingriffs ausreichend dargelegt hat.

B. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.

C. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

D. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Dem Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu.

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