VG Augsburg, Beschluss vom 13.07.2009 - Au 3 E 09.739
Fundstelle
openJur 2012, 101929
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Vollstreckung von sozialhilferechtlichen Rückzahlungsansprüchen aus einem unanfechtbaren Leistungsbescheid des Antragsgegners.

1. Die Antragstellerin war seit dem 25. Februar 2000 verheiratet. Ihr Ehemann verstarb am 10. April 2002 und wurde von ihr als Alleinerbin beerbt.

Der Antragsgegner erbrachte seit dem Jahr 1994 Sozialhilfeleistungen als Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von insgesamt mindestens 26.000,-- EUR für den Ehemann der Antragstellerin.

Im Rahmen der Ermittlung der Höhe des Nachlasses stellte sich heraus, dass der Ehemann der Antragstellerin einen Nachlass in Höhe von 8.897,45 EUR, bestehend aus 1.582,72 EUR Bargeld laut Erklärung der Erbin und 7.314,73 EUR Bankguthaben laut einer Bankbestätigung der …bank … hinterließ.

Mit Bescheid vom 26. Juni 2003 verpflichtete daher der Antragsgegner die Antragstellerin als Erbin des Sozialhilfeempfängers einen Kostenersatz in Höhe von 5.830,20 EUR für erbrachte Sozialhilfeleistungen zu leisten. Der Antragsgegner ging dabei von einem Nachlass in Höhe von insgesamt 8.897,45 EUR aus. Nachgewiesene Bestattungskosten in Höhe von 1.415,25 EUR wurden hiervon abgezogen. Von den verbleibenden 7.482,20 EUR zog der Antragsgegner noch den zweifachen Grundbetrag nach sozialhilferechtlichen Vorschriften in Höhe von 1.652,-- EUR ab und ermittelte so den zu leistenden Kostenersatz in Höhe von 5.830,20 EUR. Gründe, nach denen ein Kostenersatz eine Härte für die Antragstellerin darstellen würde, seien nicht erkennbar und auch nicht vorgebracht.

Den von der Antragstellerin hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Regierung von … mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2007, dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zugegangen am 25. Januar 2007, zurück.

2. Mit Schreiben vom 3. April 2007 wurde der Antragstellerin vom Antragsgegner mitgeteilt, dass die zwangsweise Beitreibung des festgesetzten Betrages eingeleitet würde, wenn bis zum 1. Mai 2007 keine Zahlung auf den bestandskräftigen Bescheid geleistet worden sei. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin beantragte daraufhin die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens, da der Erblasser nur Verbindlichkeiten und Schulden hinterlassen habe. Es wurde gebeten, von Vollstreckungsmaßnahmen deshalb abzusehen. Mit Beschluss des Amtsgerichts … - Insolvenzgericht - vom 18. März 2008 wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass des Ehemannes der Antragstellerin kostenpflichtig abgewiesen, da keine die Kosten des Verfahrens deckende Masse vorhanden sei und ein zur Kostendeckung ausreichender Geldbetrag nicht vorgeschossen war. Der Beschluss erging auf der Grundlage des Gutachtens des Insolvenzverwalters vom 22. Februar 2008, der feststellte, dass im Todeszeitpunkt Bankguthaben in Höhe von insgesamt 7.301,53 EUR vorhanden gewesen seien. Sämtliche Guthaben seien von der Bank an die Antragstellerin ausbezahlt worden. Mit dem Insolvenzantrag seien verschiedene, zum Teil titulierte Forderungen gegen den Verstorbenen mitgeteilt worden. Aus den vorgelegten Unterlagen ergäben sich erhebliche Verbindlichkeiten gegen den Nachlass "insbesondere durch das Finanzamt und das Landratsamt …" (Bl. 660 der vorgelegten Behördenakten), insgesamt wenigstens 13.627,66 EUR (Bl. 663 der Behördenakten). Außerdem sei mitgeteilt worden, dass aus dem Nachlassguthaben ein Betrag von "1.71,00 EUR" für rückständige Mieten (Bl. 661 der Behördenakten), ein Betrag von 883,07 EUR Nebenkostennachzahlung und ein Betrag von 1.000,-- EUR für die Reinigung und Sanierung der Wohnung aufgewendet worden seien. Belege hierfür seien jedoch nicht vorhanden. Der Sachverhalt lasse sich nicht weiter aufklären. Nach Angaben der Antragstellerin stehe jedoch fest, dass im Nachlass keine Vermögenswerte mehr vorhanden seien und der gesamte Betrag in Höhe von 7.301,53 EUR verbraucht worden sei.

Da auf Grund dieses Gutachtens feststand, dass ein Betrag in Höhe von 7.301,53 EUR an die Antragstellerin ausbezahlt worden, in den im Gutachten festgestellten Insolvenzforderungen in Höhe von 13.627,66 EUR insgesamt enthaltenen Summe auch die Forderung des Antragsgegners in Höhe von 5.830,20 EUR enthalten und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt worden war, teilte der Antragsgegner mit Schreiben vom 1. Juli 2008 der Antragstellerin mit, dass nunmehr Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden würden. Am 12. August 2008 ging aus der Vollstreckung eine erste Rate in Höhe von 171,39 EUR vom Arbeitgeber der Antragstellerin ein. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin erhob daraufhin die Einrede der beschränkten Erbenhaftung. Werde das Insolvenzverfahren eingestellt, so könne der Erbe die Befriedigung eines Nachlassgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlass nicht ausreiche. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Falls nicht der für Juli 2008 gepfändete Betrag und die Pfändungsgebühr in Höhe von 8,60 EUR unverzüglich wieder zur Verfügung gestellt und die Vollstreckung eingestellt würde, würde Vollstreckungsabwehrklage erhoben. Der Antragsgegner akzeptierte weder die Einrede noch die Rückzahlung und führte die Vollstreckung fort. Seit dem 15. September 2008 wurden monatlich weitere Ratenzahlungen für die Antragstellerin erbracht.

3. Mit Schreiben vom 23. Februar 2009, eingegangen beim Amtsgericht … am 9. März 2009, erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung aus dem Leistungsbescheid des Antragsgegners vom 26. Juni 2003 und beantragte gleichzeitig im Wege der einstweiligen Anordnung

die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung.

Zur Begründung wird vorgetragen, der Nachlass sei überschuldet gewesen. Der Kostenerstattungsanspruch des Antragsgegners gegen die Antragstellerin sei zwar rechtskräftig festgestellt. Der Antragsgegner verkenne jedoch, dass nach Eintritt der Rechtskraft mit Beschluss des Amtsgerichts … - Insolvenzgericht - die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden sei. Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung sei wegen der Dringlichkeit erforderlich. Für den Rechtsstreit seien die Zivilgerichte zuständig, da es sich nicht um einen Verwaltungsrechtsstreit und nicht um eine Forderung nach dem Bundessozialhilfegesetz handle, sondern um eine Erbenhaftung bei einem überschuldeten Nachlass.

4. Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Es handle sich um Vollstreckungsmaßnahmen aus einem bestandskräftigen Leistungsbescheid. Rechtsbehelfe gegen die Pfändung und Einziehung von Geldforderungen durch Landkreise unterlägen der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

Der Kostenerstattungsanspruch gegen die Antragstellerin sei bestandskräftig festgestellt. Auch im Gutachten des Insolvenzverwalters vom 22. Februar 2008 sei festgestellt worden, dass im Zeitpunkt des Erbfalles erhebliche Vermögenswerte vorhanden gewesen seien, die in der Folgezeit durch die Bank an die Antragstellerin ausgezahlt worden seien. Die Antragstellerin habe keine hinreichende Auskunft über den Verbleib des Vermögens gegeben. Vor diesem Hintergrund müsse davon ausgegangen werden, dass sie die Vermögenswerte für ihre eigene Lebensführung verbraucht habe. Sie sei aber verpflichtet gewesen, nach Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse den Nachlass zum Zweck der Befriedigung der Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben. Nach den gesetzlichen Vorschriften hafte der Erbe bei nicht ordnungsgemäßer Nachlassverwaltung. Die Klägerin sei ihren gesetzlichen Verpflichtungen bislang nicht freiwillig nachgekommen. Die Vollstreckungsmaßnahmen aus dem titulierten Leistungsbescheid seien daher rechtmäßig. Insbesondere fehle jeder Sachvortrag zum Verbleib der im Nachlass ursprünglich vorhandenen Vermögenswerte.

5. Mit Beschluss des Amtsgerichts … vom 28. Mai 2009 erklärte sich das Amtsgericht … für sachlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit nach Anhörung der Parteien an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Augsburg. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

1. Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig.

Durch den Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts … vom 28. Mai 2009 ist das Gericht hinsichtlich der Zulässigkeit des Rechtswegs gebunden (§ 17 a Abs. 2 Satz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG).

Auf die Vollstreckung von Verwaltungsakten sind die Bestimmungen der §§ 167 ff. VwGO und des 8. Buchs der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht anwendbar. Rechtsbehelf gegen die Vollstreckung eines Verwaltungsaktes ist die Verpflichtungsklage mit dem Ziel, den Verwaltungsakt aufzuheben bzw. die Vollstreckung einzustellen. Anders als bei der Vollstreckung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils ist also hier nicht die Vollstreckungsabwehrklage gemäß §§ 167 VwGO i.V.m. 767 ZPO und die einstweilige Anordnung gemäß §§ 167 VwGO, 769 ZPO statthaft. Gemäß Art. 26 Abs. 7 Satz 3 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) unterliegen vielmehr Rechtsbehelfe gegen die Pfändung und Einziehung von Geldforderungen durch die Landkreise der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Einwendungen gegen vollstreckbare Verwaltungsakte sind daher bei der Behörde geltend zu machen, die einen Verwaltungsakt auch nach Bestandskraft unter bestimmten Voraussetzungen wieder aufheben kann. Gegen die ablehnende Entscheidung der Behörde darf das Verwaltungsgericht angerufen werden, mit dem Ziel, die Behörde zur Aufhebung des Verwaltungsaktes bzw. zum Absehen von der Vollstreckung zu verpflichten (§ 42 VwGO). In dringlichen Fällen kann das Verpflichtungsbegehren im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes mit einem Antrag nach § 123 VwGO verfolgt werden (zum Ganzen vgl. BVerwG vom 16.1.1968, IV B 156.67, Buchholz 310, § 42 VwGO Nr. 27; BayVGH vom 7.4.1975, BayVBl 1975, 647; vgl. auch VG Augsburg vom 15.2.2001, Au 3 E 01.106, Au 3 K 01.104, zitiert nach juris).

2. Der dementsprechend zulässige Antrag nach § 123 VwGO führt in der Sache nicht zum Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Ebenso kann eine Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet, wenn der Antragsteller die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sog. Anordnungsgrund, und das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sog. Anordnungsanspruch, glaubhaft macht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

a) Bereits die für die Annahme eines Anordnungsgrundes erforderliche Eilbedürftigkeit bzw. Dringlichkeit der Entscheidung ist hier jedoch nicht glaubhaft gemacht.

Ein Anordnungsgrund ist regelmäßig gegeben, wenn ohne die einstweilige Anordnung der völlige Verlust oder die weitgehende Entwertung des streitigen Rechts droht. Eine weitgehende Entwertung des Rechts kann dabei auch dadurch eintreten, dass die Realisierung sich durch den Hauptsacheprozess verzögert. Vereitelt wird ein Recht im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wenn es ohne die einstweilige Anordnung nicht mehr durchgesetzt werden kann. Dementsprechend hat die Sicherungsanordnung ein Unterlassungsgebot an den durch sie Verpflichteten zum Inhalt.

Da es sich im vorliegenden Fall um die Vollstreckung von Geldforderungen durch die öffentliche Hand handelt, deren Unterlassung angestrebt wird, ist schon nicht ersichtlich, inwieweit durch das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache eine Rechtsvereitelung drohen sollte. Denn selbst wenn die Vollstreckung völlig zu Unrecht erfolgen sollte, ist eine Rückzahlung durch die öffentliche Hand bei entsprechender Verurteilung jederzeit gesichert. Die Antragstellerin hat auch nichts dazu vorgetragen, warum die Angelegenheit dringlich ist, nachdem der zu vollstreckende Bescheid bereits seit Anfang des Jahres 2007 bestandskräftig ist und bereits seit August 2008 vollstreckt wird.

Der Antrag ist deshalb bereits mangels Anordnungsgrund unzulässig.

b) Hinzu kommt, dass auch ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht ist.

aa) Da in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage auf Einstellung der Vollstreckung bzw. Aufhebung des ihr zugrunde liegenden Verwaltungsaktes einschlägig ist, kommt es zwar auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts an. Für die Berechnung des Anspruchs auf Kostenersatz durch die Erben ist daher nunmehr nicht § 92 c des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) in der zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses geltenden Fassung, sondern § 102 des Sozialgesetzbuchs XII. Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) zugrunde zu legen. Danach ist der Erbe einer sozialhilfeberechtigten Person zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet, die innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren vor dem Erbfall aufgewendet worden sind. Die Ersatzpflicht des Erben gehört zu den Nachlassverbindlichkeiten. Der Erbe haftet mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Nachlasses (§ 102 Abs. 2 SGB XII). Zur Wertberechnung sind vom vererbten Aktivvermögen die sonstigen Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen (Conradis in LPK - SGB XII, § 102, RdNr. 16), allerdings nicht nachrangige wie Pflichtteils- und Vermächtnisansprüche (Palandt/Edenhofer a.a.O., RdNr. 11 zu § 1967 BGB). Die Haftung bleibt bestehen, wenn der Erbe vor der Inanspruchnahme durch den Sozialhilfeträger den Nachlass oder wesentliche Teile davon veräußert (Conradis, a.a.O,). Eine Änderung des materiellen Rechts gegenüber dem Bundessozialhilfegesetz ist dabei insoweit erfolgt, als bei der Höhe des Kostenersatzes durch die Erben nicht das 2-fache des Grundbetrages, sondern das 3-fache des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 SGB XII zu berücksichtigen ist (§ 102 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Nr. 1 SGB XII).

Doch selbst wenn sich hieraus eine Verringerung des Kostenersatzanspruchs des Antragsgegners ergeben sollte, weil dieser auf Grund der verfahrensrechtlichen Vorschriften der §§ 46 ff. des Sozialgesetzbuchs X. Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) den Bescheid vom 26. März 2003 abändern würde bzw. - trotz bestehenden Ermessens - gerichtlich zur Abänderung verpflichtet werden sollte, ergibt sich hieraus kein Anordnungsanspruch. Betroffen wäre nämlich allenfalls ein Teil des festgesetzten Betrages. Da die Vollstreckung nur in geringen Raten erfolgt, ist die Forderung noch nicht in absehbarer Zeit überzahlt.

bb) Auch aus der von der Antragstellerin erhobenen "Einrede der beschränkten Erbenhaftung" gemäß § 1975 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und der Verweigerung der Befriedigung eines Nachlassgläubigers nach Einstellung eines Nachlassinsolvenzverfahrens kann die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch herleiten.

Entgegen der Darstellung der Antragstellerin wurde im vorliegenden Fall ein Nachlassinsolvenzverfahren nicht durchgeführt, es wurde mangels Masse überhaupt nicht eröffnet (Beschluss des Amtsgerichts … - Insolvenzgericht - vom 18.3.2008). Die Bestimmung des § 1975 BGB, wonach die Haftung des Erben sich bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Nachlass beschränkt, ist damit hier nicht einschlägig (Palandt/Edenhofer, BGB, 68. Aufl. 2009, RdNr. 1 zu § 1975). Die Ablehnung der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens bedeutet auch nicht, dass der Erbe die Begleichung sämtlicher Nachlassverbindlichkeiten pauschal verweigern kann. Denn die Ablehnung der Eröffnung der Nachlassinsolvenz bedeutet nicht, dass keinerlei Nachlass vorhanden gewesen war. Der Erbe kann sich bei Ablehnung der Nachlassinsolvenz mangels Masse gemäß § 1990 BGB auf "Unzulänglichkeit" berufen (Palandt/Edenhofer, a.a.O.). Diese Möglichkeit hat er auch auf Grund der sozialhilferechtlichen Vorschriften des § 102 II SGB XII, ebenso wie nach § 92 c Abs. 2 BSHG (Conradis, a.a.O.).

Gemäß § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Erbe die Befriedigung eines Nachlassgläubigers dabei aber nur insoweit verweigern, als der Nachlass nicht ausreicht. Der Erbe hat dann allerdings den Nachlass im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben (§ 1990 Satz 2 BGB), um die Gläubiger zu befriedigen, soweit der Nachlass ausreicht und kann nicht jede Zahlung verweigern.

Auf seine Verantwortlichkeit den Nachlassgläubigern gegenüber findet zudem § 1978 BGB Anwendung (§ 1991 BGB), d.h. der Erbe ist den Nachlassgläubigern für die bisherige Verwaltung so verantwortlich, wie wenn er von der Annahme der Erbschaft an diese für die Gläubiger verwaltet hätte. Die Antragstellerin haftet also für die ordnungsgemäße Verwaltung und Erhaltung des Nachlasses, dazu gehört, dass sie Nachlassgelder, die sie zu persönlichen Zwecken entnommen hat, herausgeben muss (Palandt/ Edenhofer, a.a.O., RdNr. 3 zu § 1978 BGB).

Die Bezahlung von Nachlassverbindlichkeiten anderen Gläubigern gegenüber muss der Antragsgegner gemäß § 1979 BGB in diesem Fall zwar gegen sich gelten lassen. Der Antragsgegner hat dies hier jedoch auch getan, soweit diese nachgewiesen sind, nämlich hinsichtlich der Bestattungskosten. Weitere Nachlassverbindlichkeiten und Zahlungen wurden nicht nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht.

Selbst wenn weitere Zahlungen auf Nachlassverbindlichkeiten erfolgt sein sollten, entspricht eine Zahlung ohne jeden Nachweis nicht einer ordnungsgemäßen Verwaltung i.S. des § 1978 BGB. Der Antragsgegner kann also die Zahlung nicht nur deshalb verlangen, weil seine Forderung in Höhe von 5.830,20 EUR den zu berücksichtigenden Nachlass in Höhe von 7.482,20 EUR nicht übersteigt. Vielmehr haftet die Antragstellerin auch gemäß § 1978 BGB für die nicht ordnungsgemäße Nachlassverwaltung.

Auch ein Anordnungsanspruch ist damit nicht glaubhaft gemacht.

3. Die Antragstellerin trägt als unterliegende Partei die Kosten des gemäß § 188 VwGO gerichtskostenfreien Verfahrens (§ 154 Abs. 1 VwGO).