Bayerischer VGH, Beschluss vom 08.07.2009 - 11 CS 09.452
Fundstelle
openJur 2012, 101700
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen den Sofortvollzug der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B und BE.

Dem Antragsteller wurde am 15. Januar 1998 erstmals eine Fahrerlaubnis erteilt. Bei einer Kontrolle am 7. August 1998 fand die Polizei in einem von ihm geführten Pkw Marihuana auf. In der angeordneten Urin- und Blutprobe wurden jeweils Cannabinoide nachgewiesen. Der Antragsteller gab damals an, am selben Tag am Hauptbahnhof in Würzburg ca. 5 g Marihuana erworben zu haben. Er besorge sich etwa einmal im Monat Marihuana und habe am 7. August 1998 einen Joint geraucht. Bei der damals von der Behörde veranlassten Untersuchung wurde in einer Haaranalyse ein Gehalt von 11,9 µg/g THC festgestellt. Zur Klärung seiner Fahreignung wurde ihm daraufhin aufgegeben, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen. Da er dieses nicht beibrachte, wurde ihm am 14. Dezember 1999 die Fahrerlaubnis entzogen. Am 10. August 2000 legte der Antragsteller ein medizinisch-psychologisches Gutachten vor, das basierend auf einer Untersuchung vom 17. Juli 2000 zu einer positiven Bewertung der Fahreignung kam. Zwar habe ein gewohnheitsmäßiger Haschischkonsum über längere Zeit vorgelegen, zum Untersuchungszeitpunkt sei jedoch eine ausreichend stabile Distanzierung vom Drogenkonsum erkennbar gewesen. Am 24. August 2000 wurde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen B und BE neu erteilt.

Am 13. Februar 2003 stellte die Polizei in der Wohnung des Antragstellers ca. 80 g Marihuana, eine geringe Menge Amphetamin sowie eine Vielzahl kleiner Anabolikapillen sicher. Im Rahmen der Vernehmung führte der Antragsteller damals aus, er habe in Frankfurt/Main 50 g Marihuana erworben. Dieses sei zunächst zum Eigenkonsum bestimmt gewesen. Auf Vermittlung einer anderen Person habe er dann jedoch 45 g der Drogen weiterverkauft. Die in seiner Wohnung sichergestellten Drogen hätten zum eigenen Verbrauch gedient. In einer daraufhin von der Behörde veranlassten Urinprobe wurden Cannabinoide (100 ng/ml) nachgewiesen. Zur Klärung seiner Fahreignung legte der Antragsteller daraufhin erneut ein medizinisch-psychologisches Gutachten (vom 15. März 2004) vor. Nach dessen Bewertung sei beim Antragsteller von einer mehrjährigen Drogenproblematik mit Anzeichen einer Suchtentwicklung auszugehen. Eine Distanzierung sei frühestens für die Zeit seit Dezember 2003 nachvollziehbar. Bei der Vorgeschichte des Antragstellers, insbesondere wegen des mehrjährigen Konsums mit Rückfällen nach Zeiten der Abstinenz, sei dies jedoch nicht ausreichend, um eine Bewältigung der Drogenproblematik sowie eine stabile Abstinenz annehmen zu können. Es müsse deswegen weiterhin von einer hohen Rückfallgefahr ausgegangen werden. Am 20. März 2004 wurde dem Antragsteller daraufhin die Fahrerlaubnis erneut entzogen.

Am 23. Januar 2006 legte der Antragsteller ein weiteres medizinisch-psychologisches Gutachten (vom 18. Januar 2006) vor. Nach der dortigen Bewertung verzichte der Antragsteller nachvollziehbar auf den Konsum von Cannabis und habe sich mit den Hintergründen seines Konsums hinreichend auseinandergesetzt, so dass von einer stabilen Verhaltensänderung ausgegangen werden könne. Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens gab der Antragsteller eine Haarprobe ab, in der keine Drogenrückstände nachweisbar waren. Daraufhin wurde dem Antragsteller am 30. Januar 2006 die Fahrerlaubnis der Klassen B und BE neu erteilt.

Am 17. April 2008 wurde er gegen 23.45 Uhr auf der Rastanlage Frankenwald der BAB 9 einer Polizeikontrolle unterzogen. Ausweislich des hierüber gefertigten Aktenvermerks der Verkehrspolizeiinspektion Hof habe er dabei im ersten informatorischen Gespräch erklärt, sein Fahrzeug für etwa zehn Minuten zum Zwecke einer kurzen Pause auf den Rastplatz gesteuert zu haben. Diese Aussage sei durch die Ehefrau bestätigt worden. Schon während der ersten Kontaktaufnahme seien bei ihm u.a. gerötete Augenbindehäute, lichtträge, leicht geweitete Pupillen und ein aufgeregtes Auftreten aufgefallen. Er habe anschließend den Konsum von Marihuana in den Mittagsstunden eingeräumt. Daraufhin wurde am 18. April 2008 um 0.18 Uhr eine Blutentnahme durchgeführt. Diese erbrachte folgendes Ergebnis: THC 6,5 ng/ml, 11 - Hydroxy-THC 1,8 ng/ml und THC-Carbonsäure 26 ng/ml.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 27. Juni 2008 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller erneut die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen. Die sofortige Vollziehbarkeit wurde angeordnet. Der Antragsteller sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, da er wiederholt Cannabis konsumiert habe und das Führen von Kraftfahrzeugen sowie den Konsum von Cannabis nicht hinreichend sicher trennen könne. Der vom Antragsteller hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mittlerweile mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2009 zurückgewiesen, hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 3. Juli 2008 wurde gegenüber dem Antragsteller ein Bußgeld wegen Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung eines Betäubungsmittels festgesetzt.

Mit Beschluss vom 29. Januar 2009 hat das Verwaltungsgericht Würzburg den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Hauptsacherechtsbehelfs abgelehnt. Die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen ergebe sich unmittelbar aus Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu § 14 FeV. Hiernach liege eine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht vor bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis und fehlender Trennung von Konsum und Fahren. Führe ein gelegentlicher Konsument von Cannabis unter Beeinflussung von Cannabis ein Kraftfahrzeug, so sei die unmittelbare Entziehung der Fahrerlaubnis ohne vorherige Anordnung der Beibringung eines Gutachtens über die Fahreignung zulässig. Mit dem festgestellten Blutwert von 6,5 ng/ml THC habe der Antragsteller bei der Fahrt in seinem Kraftfahrzeug unter einem fahreignungsrelevanten Cannabis-Einfluss gestanden. Cannabis baue sich im Blut relativ rasch ab, so dass der eingeräumte Konsum in den Mittagsstunden den hohen Wert der Blutprobe nicht begründen könne. Es sei deshalb von einem deutlich späteren Konsum auszugehen. Zwar habe der Bevollmächtigte des Antragstellers in der Antragsbegründung darauf verwiesen, dass der Antragsteller das Cannabis auch erst nach Beendigung der Fahrt auf der Rastanlage konsumiert haben könne. Dies sei jedoch unglaubwürdig, da dies der Antragsteller anlässlich der polizeilichen Befragung am 17. April 2008 noch nicht so angegeben habe. Vielmehr habe er den Konsum von Cannabis eingeräumt, wenn auch zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt.

Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtschutzziel weiter. Sein Bevollmächtigter trägt insoweit vor, der angefochtene Beschluss beruhe auf unzureichender Sachverhaltsaufklärung. Im Rahmen der polizeilichen Befragung am 17. April 2008 habe der Antragsteller ohne ordnungsgemäße Belehrung nach den Vorschriften der StPO wahrheitswidrig erklärt, in den Mittagsstunden Cannabis konsumiert zu haben. Aus dem Ergebnis der am 18. April 2008 um 0.18 Uhr entnommenen Blutprobe ergebe sich jedoch ein Konsum im Zeitraum von ca. einer Stunde vor Blutprobenentnahme. Der Antragsteller habe das Cannabis erst nach dem Aussteigen aus dem Fahrzeug auf der Rastanlage selbst konsumiert. Er habe nicht vorgehabt, nach dem Ansteuern der Rastanlage das Fahrzeug weiter zu fahren. Neben dem Antragsteller verfügten noch seine Ehefrau und seine Mutter, die beide im Fahrzeug mitgefahren wären, über eine Fahrerlaubnis. Der Bevollmächtigte des Antragstellers legte im Beschwerdeverfahren drei wortgleiche eidesstattliche Versicherungen der Mutter, der Schwester und der Ehefrau des Antragstellers vor, die im Auto mitgefahren seien. Danach habe die Fahrt gegen 20.00 Uhr in Berlin begonnen und sollte nach Karlstadt führen. Von Berlin aus hätten sie die A 9 benutzt. Von Berlin aus sei ohne weiteren Zwischenstop bis zur Raststätte Frankenwald im Raum Hof gefahren worden. Der Antragsteller habe das Auto gesteuert. Während der Fahrt habe er nicht geraucht. Nach dem Ansteuern der Raststätte Frankenwald seien die drei Mitfahrerinnen vom Fahrzeug weg auf die Toilette gegangen. Der Antragsteller sei allein beim Auto verblieben.

Der Antragsgegner verteidigt den angegriffenen Beschluss.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat in der Sache keinen Erfolg.

Bei einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht die Belange, die für die sofortige Vollziehung des streitgegenständlichen Verwaltungsakts sprechen, gegen das Aussetzungsinteresse des Betroffenen abzuwägen. Hierbei sind auch die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen, sofern sie sich bereits hinreichend deutlich abzeichnen. Gegenwärtig lässt sich nicht sicher beurteilen, wie über die anhängige Klage gegen den Bescheid vom 21. August 2006 zu befinden sein wird (1.). Die Interessenabwägung, auf die es deshalb maßgeblich ankommt, führt zu dem Ergebnis, dass die Anordnung des Sofortvollzugs und die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtmäßig bzw. zutreffend waren (2.).

1. Unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens und der vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen erscheint es zumindest offen, ob der Antragsteller tatsächlich am 17. April 1008 unter Einfluss von Cannabis ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt hat. Unter Zugrundelegung des Ergebnisses der entnommenen Blutprobe kann nicht davon ausgegangen werden, dass die dort festgestellten Konzentrationen von THC und seinen Stoffwechselprodukten im Blut des Antragstellers auf einen Konsum vor dem angeblichen Fahrtantritt gegen 20.00 Uhr zurückzuführen sind, weil auch unter Berücksichtigung individueller Schwankungen für diesen Fall nur jeweils deutlich und signifikant niedrigere Werte hätten festgestellt werden können (vgl. Möller u.a., Leistungsverhalten und Toxikokinetik der Cannabinoide nach inhalativer Marihuanaaufnahme, Blutalkohol 2006, 361/364). Vielmehr spricht das Ergebnis der Blutprobe unter Zugrundelegung des Konsums einer Cannabis-Zigarette mit durchschnittlichem Wirkstoffgehalt (THC 250) dafür, dass sich der Konsum in einem Zeitraum von etwa 120 bis 45 Minuten vor Entnahme der Blutprobe bewegt hat. Unterstellt man den Inhalt der vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen als richtig, kommt damit als Erklärung des Ergebnisses der Blutprobe allein ein Konsum einer Cannabiszigarette durch den Antragsteller nach Unterbrechung der Fahrt auf der Rastanlage in Betracht.

Allerdings erscheint die Beweiskraft der eidesstattlichen Versicherungen eingeschränkt. Denn sie stützen ein Vorbringen, welches der Antragsteller bzw. sein Bevollmächtigter in dieser Form erstmals in der Beschwerdeinstanz in den Prozess einführen. Im erstinstanzlichen Verfahren wurde insoweit noch vorgetragen, es sei von Seiten der Behörde - die insoweit die Beweislast treffe - nicht zweifelsfrei nachgewiesen, dass der Antragsteller unter Cannabiseinfluss ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt habe, vielmehr sei es auch möglich, dass der Konsum von Cannabis erst nach Unterbrechung der Fahrt erfolgt sei. In der Beschwerdeinstanz wird nunmehr erstmals behauptet, dass dieser Konsum tatsächlich erst nach Unterbrechung der Fahrt stattgefunden habe und dieses Vorbringen durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherungen untermauert. Andererseits entspricht es allgemeiner Lebenserfahrung, dass der Antragsteller die Cannabiszigarette tatsächlich nicht während der Fahrt geraucht hat, um seine drei Mitfahrerinnen nicht zu belästigen bzw. sogar zu gefährden bzw. um den Konsum vor ihnen geheim zu halten.

Möglich erscheint es auch, dass der Antragsteller zwar die Cannabiszigarette tatsächlich erst nach der Fahrtunterbrechung auf der Raststätte geraucht hat, er aber vorhatte, nach erfolgtem Cannabiskonsum und Beendigung der Pause die Fahrt relativ zeitnah fortzusetzen. Zwar trägt der Bevollmächtigte des Antragstellers - auch insoweit erstmals in der Beschwerdeinstanz - vor, der Antragsteller habe aufgrund der bereits zurückgelegten längeren Fahrstrecke und des Cannabiskonsums nicht vorgehabt, die Fahrt selbst fortzusetzen. Auch die Ehefrau und die Mutter des Antragstellers verfügten über eine Fahrerlaubnis. Dieses Vorbringen ist jedoch vom Inhalt der eidesstattlichen Versicherungen nicht umfasst und bleibt eine bloße Behauptung, deren Richtigkeit im Verfahren zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes nicht weiter nachgegangen werden kann. Im Hauptsacheverfahren wird gegebenenfalls weiter aufzuklären sein, wann der Antragsteller die Cannabiszigarette tatsächlich geraucht hat und welche der drei Mitfahrerinnen die Fahrt unter Umständen anstelle des Antragstellers hätte fortsetzen sollen.

Auch der bestandskräftige Bußgeldbescheid vermag nichts daran zu ändern, dass im einstweiligen Rechtsschutzverfahren der zugrunde liegende Sachverhalt aufgrund der obigen Erwägungen als ungeklärt betrachtet werden muss. Denn nach § 3 Abs. 4 Satz 2 2. Halbsatz StVG besteht eine Bindungswirkung an den im Bußgeldbescheid festgestellten Sachverhalt nur insoweit, als nicht zu Lasten des Betroffenen hiervon abgewichen werden darf. Die Annahme, dass der Antragsteller am 17. April 2008 nicht unter Einfluss von Betäubungsmitteln ein Fahrzeug geführt hat, wäre aber eine Abweichung zu seinen Gunsten, die nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut keinen Beschränkungen unterliegt.

Das Erstgericht hat den Antragsteller zu Recht jedenfalls als gelegentlichen Cannabis-Konsumenten eingestuft, was von der Beschwerde auch nicht in Frage gestellt wird. Sollte der Antragsteller das Cannabis tatsächlich vor Fahrtunterbrechung konsumiert haben, stünde im Zusammenhang mit dem in der Blutprobe festgestellten THC-Wert von 6,5 fest, dass der Antragsteller den Cannabiskonsum und das Fahren nicht trennt. Aber auch für den Fall, dass der Antragsteller vorhatte, nach dem Cannabiskonsum die Fahrt zeitnah fortzusetzen, erscheint es nicht ausgeschlossen, von einem nicht ausreichenden Trennungsvermögen des Antragstellers von Konsum und Fahren auszugehen. Im Rahmen von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist nach der Rechtsprechung des Senats (etwa vom 4.6.2007 11 CS 06.2896) auf die objektive Straßenverkehrsgefährdung abzustellen, die bei THC-Konzentrationen von mehr als 2,0 ng/ml im Blut erhöht ist, denn ab dieser Konzentration ist davon auszugehen, dass sich das Risiko einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch negative Auswirkungen des Cannabiskonsums auf den Betroffenen signifikant erhöht. Erst wenn der gelegentliche Konsum von Cannabis und die Straßenverkehrsteilnahme mit einer THC-Konzentration von mehr als 2,0 ng/ml im Blut des Betroffenen nachgewiesen sind, ist der Regeltatbestand der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV als erfüllt anzusehen. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Blutentnahme am 18. April 2008 um 0.18 Uhr hatte der Antragsteller eine TCH-Konzentration von THC 6,5 im Blut. Falls sich im Hauptsacheverfahren ausreichend Anhaltspunkte dafür feststellen lassen, dass der Antragsteller entgegen seinem unbelegten Vorbringen in der Beschwerdeinstanz im einstweiligen Rechtsschutzverfahren doch vorhatte, die Fahrt selbst und falls ja, zum obigen Zeitpunkt oder nur unwesentlich später fortzusetzen, wird zu prüfen sein, ob bereits hieraus - also ohne Verwirklichung des Tatbestands des Führens eines Kraftfahrzeugs unter Betäubungsmitteleinfluss - auf ein fehlendes Trennungsvermögen des Antragstellers geschlossen werden kann. Zumindest nach allgemeiner Lebenserfahrung dürfte davon auszugehen sein, dass die Fahrtunterbrechung vor dem Hintergrund der schon fortgeschrittenen Nachtzeit und dem Umstand, dass über zwei Drittel der Strecke bereits zurückgelegt waren, ohne größere Pause fortgesetzt werden sollte.

2. Bei offenen Hauptsacheerfolgsaussichten ist über die sofortige Vollziehbarkeit der Fahrerlaubnisentziehung auf der Grundlage einer Interessenabwägung zu befinden. Sie hat sich an den Vorgaben zu orientieren, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 20. Juni 2002 (NJW 2002, 2378 ff.) aufgestellt hat. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben (vgl. BVerfG vom 16.10.1977, BVerfGE 46, 160 ff.) gebieten es danach, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen. Ein Fahrerlaubnisinhaber muss den Entzug dieser Berechtigung dann hinnehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen Sicherheit resultiert; dieses Risiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist (BVerfG vom 20.6.2002, a.a.O.). Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen gegen den für sofort vollziehbar erklärten Entzug einer Fahrerlaubnis wird deshalb in der Regel in Betracht kommen, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprechen, dass das von dem Betroffenen ausgehende Gefahrenpotential nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt. Ob der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, ist derzeit aber reichlich ungewiss. Wie er selbst im Rahmen von früheren medizinisch-psychologischen Gutachten angegeben hat, hat er in der Vergangenheit in einem zusammenhängenden Zeitraum von wenigstens acht Monaten fast täglich Marihuana geraucht. Damit steht fest, dass der Antragsteller zumindest in der Vergangenheit vorübergehend regelmäßig Cannabis eingenommen hat (BayVGH vom 8.2.2008 11 CS 07.3017). Nach Einschätzung der früheren Gutachten ist beim Antragsteller von einer mehrjährigen Drogenproblematik mit Anzeichen einer Suchtentwicklung auszugehen. Zwar wurde dem Antragsteller in der Vergangenheit zweimal eine stabile Verhaltensänderung bescheinigt, die jeweils zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis führte. Vor dem Hintergrund des nunmehr erneuten, zumindest gelegentlichen Cannabiskonsums und des damit einhergehenden erneuten Rückfalls sind die damaligen Prognosen zumindest als fragwürdig anzusehen. Insgesamt ist vor dem Hintergrund des feststehenden und nicht bestrittenen gelegentlichen Cannabiskonsums des Antragstellers in der jüngeren Vergangenheit und der früher bestehenden Suchtproblematik nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Antragsteller ausreichend zwischen Konsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen trennen kann.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V. mit § 52 Abs. 1 und 2 GKG sowie den Empfehlungen in den Abschnitten 1.5 Satz 1 sowie 46.3 und 46.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).