AG Dillingen a.d. Donau, Beschluss vom 08.05.2009 - VI 57/07
Fundstelle
openJur 2012, 100770
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag des Beteiligten zu 1) auf Erteilung eines Erbscheins über sein Alleinerbrecht wird zurückgewiesen.

2. Es wird die Erteilung eines Erbscheins mit nachfolgendem Inhalt bewilligt, falls nicht innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung Beschwerde gegen diesen Bescheid eingelegt wird:

Erbschein:

Z W, geb. am ... 1928, ... verstorben am ... 2006, ... zuletzt wohnhaft gewesen Si Str. ..., ... Gundelfingen a. d. Donau ...

ist beerbt worden von

Stiftung Deutsche Kinderkrebshilfe der Deutschen Krebshilfe mit Sitz in Bonn

allein.

3. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

4. Der Geschäftswert wird auf 20.669,04 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der zuletzt in Gundelfingen a. d. Donau wohnhaft gewesene Erblasser verstarb am ... 2006 im Alter von 78 Jahren. Der Erblasser war in einziger Ehe mit E Z verheiratet. Die Ehe wurde im Jahr 1969 geschieden. Aus der Ehe ist der Beteiligte zu 1) als einziges Kind hervorgegangen.

Es liegt ein privatschriftliches Testament folgenden Inhalts vor:

Testament München d. 29.7.94

Ich Wi Z geboren am ... 1928 in Ingolstadt a/D. Mein letzter Wille ist! Vererbe von meinem Sparguthaben 65.000 DM der Kinderkrebshilfe und dazu denn Zeitwert meiner zwei Automobile. KFZKennz.

Mercedes-C180, gekauft 26.5.1994 Kaufpreis Kompl. 46.000 DM. Sowie denn Ford Sierra Mai 1989 erhalten bezahlt 24.000 DM vorh. Wert noch ca. 10.000 DM.

Bei meinen Todesfall ist mein Leichnam der Feuerbestattung zu übergeben, mein Urne soll im Elterngrab in Ingolstadt W Grab Nr. ... beizusetzen. Davon Sollen 2.500 DM zur Grabverlängerung Pacht für 20 Jahre verwendet werden und 2.500 DM Bestattungskosten von meinen Sparkonten Postbank-Dresdner Bank-Hypobank-Städt. Sparkasse – Deutsche Bank und die Raiffeisenbank Planegg b. München. Dazu noch das verbleibende Bargeld der Kinderkrebshilfe geschenkt werden.

Mein Sohn Wi Ze soll meine Wohnungseinrichtung und andere Wertsachen erhalten, sowie mein Gartenhäuschen dazu die Wellblechgarage mit Invent. An Nachlaßgericht ... gez. Wi Z München Mstr. .. ... wohnhaft M 22-80335

Der Beteiligte zu 1) beantragt die Erteilung eines Erbscheins über sein Alleinerbrecht aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Er hält die pauschale Erbeinsetzung der "Kinderkrebshilfe" für völlig unbestimmt und damit nach §§ 2065, 134 BGB für unwirksam. So gebe es dutzende, möglicherweise hunderte verschiedener Kinderkrebshilfe Organisationen, welche alle rechtlich selbständig seien und den Begriff "Kinderkrebshilfe" im Namen tragen. Eine eindeutige Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2) liege somit nicht vor.

Die Beteiligte zu 2) beantragt ebenfalls die Erteilung eines Erbscheins über ihr Alleinerbrecht. Sie geht davon aus, daß der Erblasser mit seiner Formulierung "Kinderkrebshilfe" die Stiftung Deutsche Kinderkrebshilfe der Deutschen Krebshilfe, heute eine selbständige Stiftung Bürgerlichen Rechts, gemeint hat. Insbesondere sei in der Öffentlichkeit mit der Bezeichnung "Kinderkrebshilfe" die Kinderkrebshilfe der Deutschen Krebshilfe gemeint.

II.

Maßgebend für die Beerbung ist das formwirksame Testament vom 29.08.1994. Darin hat der Erblasser den wesentlichen Teil seines Nachlasses der "Kinderkrebshilfe" zugewandt und damit diese zum Alleinerben bestimmt.

Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1) ist diese Erbeinsetzung nicht mangels ausreichender Bestimmung des Bedachten gem. §§ 2065 II, 134 BGB unwirksam.

§ 2065 BGB hindert den Erblasser daran, die Entscheidung über die Geltung seiner Verfügungen auf andere Personen zu übertragen. Insbesondere kann der Erblasser die Person des Zuwendungsempfängers nicht offen lassen und einem anderen die Bestimmung zuweisen.

13Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Der Erblasser hat die Bestimmung eines Alleinerben nicht Dritten Personen überlassen. Soweit er in seinem Testament den Begriff "Kinderkrebshilfe" verwendet und insoweit mehrere Organisationen bestehen, die diesen Begriff in ihrem Namen tragen, ist im Wege der Auslegung (§ 2084 BGB) der erklärte Wille des Erblassers zu ermitteln. Die Auslegung hat Vorrang vor § 2065 BGB. Das Gericht, das im Wege der Auslegung den Willen des Erblassers feststellt, ist kein Dritter (anderer) im Sinne von § 2065 BGB. Erst wenn der Wortlaut auf der Verfügung so unbestimmt ist, daß die Auslegung nicht zu einem Ergebnis führt, greift § 2065 BGB ein.

Die somit vorrangige Auslegung gem. § 2084 BGB führt zu dem Ergebnis, daß mit dem Begriff "Kinderkrebshilfe" die Beteiligte zu 2) zum Alleinerben eingesetzt werden sollte. Die Deutsche Krebshilfe hat schon Ende der 70-er Jahre unter der Bezeichnung "Kinderkrebshilfe" Spenden speziell für die Bekämpfung und Erforschung von Krebskrankheiten bei Kindern gesammelt. In den öffentlichen Aktionen ist sie dabei unter der Bezeichnung "Kinderkrebshilfe" aufgetreten. Aus organisatorischen Gründen wurde dieser schon seit jeher bestehender Tätigkeitschwerpunkt der Deutschen Krebshilfe im Jahre 1996 in der Stiftung Deutsche Kinderkrebshilfe der Deutschen Krebshilfe zusammengefasst. Die Stiftung genießt Markenschutz für die Bezeichnung "Deutsche Kinderkrebshilfe" und ist beim Deutschen Patent- und Markenamt in München eingetragen. Im Zeitpunkt der Testamentserrichtung verwendete die Deutsche Krebshilfe, wenn sie für die Unterstützung ihrer Projekte zugunsten krebskranker Kinder warb, ausschließlich die Bezeichnung "Kinderkrebshilfe". Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist somit davon auszugehen, daß der Erblasser die Beteiligte zu 2) und nicht etwa irgendwelche ausländische oder lediglich regional tätige Organisationen als seinen Alleinerben einsetzen wollte.

Der Erbscheinsantrag des ... Beteiligten zu 1) war daher zurückzuweisen und die im Beschlußtenor näher bezeichnete Ankündigung eines Erbscheins zugunsten der Beteiligten zu 2) vorzunehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a FGG.

Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 31 I, 31 KostO.

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