VG München, Beschluss vom 01.04.2009 - M 8 S 09.1233
Fundstelle
openJur 2012, 99669
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf Euro 438,54,-- festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen eine Kostenrechnung der Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin stellte am 07. Oktober 2008 / 18. November 2008 bei der Antragsgegnerin einen Bauantrag zum Umbau und Sanierung, Dachgeschossausbau, Anbau von Balkonen sowie Neubau eines eingeschossigen Zwischenbaus für das Anwesen …str. 2, Fl.Nr. 17896/0, Gemarkung ….

Mit Bescheid vom … Februar 2009 erteilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die beantragte bauaufsichtliche Genehmigung. In dieser erteilte sie eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen zwischen Vorder- und Rückgebäude. Diese seien durch die Umbaumaßnahmen neu zu bewerten. Der Gebäudebestand bleibe in seinen Außenmaßen unverändert.

Für die bauaufsichtliche Genehmigung erhob sie mit Kostenrechnung vom selben Tag, welche dem Bescheid als Teil dessen beigefügt wurde, Kosten in Höhe von insgesamt € 1.907,10. Diese setzten sich aus vier Teilbeträgen zusammen. Für die Abweichung von Abstandsflächen setzte sie nach Tarif 2.I.1/1.30 des Kostenverzeichnisses (KVz) € 877,08 fest.

Hiergegen erhob die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 24. März 2009, bei Gericht eingegangen am selben Tag, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München (M 8 K 09.1234). Darin beantragt sie, die Kostenrechnung der Antragsgegnerin insoweit aufzuheben, als sie einen Gesamtbetrag von € 1.030,02 übersteigt.

Im selben Schriftsatz ersuchte die Antragstellerin um einstweiligen Rechtsschutz. Sie beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Ihren Antrag stützt sie im Wesentlichen auf folgendes Vorbringen: Die Beklagte habe für die Erteilung der Baugenehmigung lediglich Kosten in Höhe von € 1.000,00 festgesetzt, für die Genehmigung der Abweichung von Abstandsflächen seien dagegen € 877,08 angesetzt worden, obschon sich der Gebäudebestand in seinen Außenmaßen nicht verändert habe. Der Prüfungsmaßstab sei daher entsprechend gering, die Kosten seien daher unverhältnismäßig. Zudem erschließe sich der Antragstellerin nicht, auf welche Art die Antragsgegnerin die Kosten berechnet habe.

Die Antragsgegnerin äußerte sich bis zum Zeitpunkt des Gerichtsbeschlusses nicht und legte die Behördenakten nicht vor.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Der Antrag erweist sich in Ermangelung eines erfolglosen behördlichen Aussetzungsverfahrens bereits als unzulässig.

1. Der Antrag war gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Kostenrechnung begehrt wird, der Antrag bezieht sich nicht auf die neben der Anfechtungsklage erhobene Feststellungsklage.

2. Grundsätzlich haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 1 VwGO. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2. Alt VwGO bestimmt jedoch, dass bei der Anforderung von Kosten die aufschiebende Wirkung des gegen sie gerichteten Anfechtungsrechtsbehelfs entfällt. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2. Alt VwGO bezieht sich auf isolierte, selbständige Kostenentscheidungen (Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO § 80 Rn. 119) oder die Fälle, in denen die Kostenentscheidung -wie vorliegend- gemäß Art. 12 Abs. 3 KG isoliert angefochten wird.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann jedoch das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Der Antrag nach ist jedoch nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat, § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO.

Die Durchführung dieses behördlichen Aussetzungsverfahrens schreibt das Gesetz zwingend für Abgaben und Kosten, hierunter fallen von den Behörden erhobene Gebühren nach Art. 1 Abs. 1 KG, vor. Es ist ein ausdrücklicher Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Behörde erforderlich; dieses besondere „Vorverfahren“ nach § 80 Abs. 6 VwGO kann nicht durch Einlassung der Behörde in einem bereits bei Gericht anhängigen Verfahren ersetzt werden (VG München, Beschluss vom 24.02.2009, Az.: M 6b S 09.193, in Juris). Bei diesem Erfordernis handelt es sich nämlich nicht um eine bloße Sachentscheidungsvoraussetzung, die noch im Laufe des gerichtlichen Eilverfahrens verwirklicht werden könnte. Die Ablehnung des Aussetzungsantrags durch die Behörde stellt vielmehr eine nicht nachholbare Zulässigkeitsvoraussetzung für den Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO dar (BayVGH, Beschluss vom 26.11.1991, Az.: 6 CS 91.3277, in Juris).

Nach durch die Kammer eingeholter telefonischer Auskunft des zuständigem Sachbearbeiters bei der Antragsgegnerin, an der zu zweifeln kein Anlass besteht, liegt zur streitgegenständlichen Kostenrechnung Az.: …, Kassenzeichen …, kein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vor. In den Akten finde sich lediglich ein Schreiben, in dem die Antragstellerin sich gegen die Höhe der Kosten wende und ankündige, Klage zu erheben, sofern keine neue Kostenrechnung erstellt werde.

Dem Vortrag der Antragstellerin ist ebenfalls nicht zu entnehmen, dass ein Antrag zur Durchführung des Aussetzungsverfahrens gestellt wurde.

Ein solcher Antrag wäre im vorliegenden Fall nur dann entbehrlich, wenn eine Vollstreckung drohen würde, § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO. Dafür genügt jedoch nicht die Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts oder die Fälligkeit der Forderung, welche ausweislich der streitgegenständlichen Kostenrechnung am 31. März 2009 eintrat. Es müssen vielmehr Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet oder der Beginn der Vollstreckung behördlich angekündigt sein (Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO § 80 Rn. 349).

Ein Verwaltungsakt, mit dem eine öffentlich-rechtliche Geldleistung gefordert wird (Leistungsbescheid), kann jedoch nur vollstreckt werden, wenn er dem Leistungspflichtigen zugestellt ist, die Forderung fällig ist und der Leistungspflichtige von der Anordnungsbehörde oder von der für sie zuständigen Kasse oder Zahlstelle nach Eintritt der Fälligkeit durch verschlossenen Brief, durch Nachnahme oder durch ortsübliche öffentliche Bekanntmachung ergebnislos aufgefordert worden ist, innerhalb einer bestimmten Frist von mindestens einer Woche zu leisten (Mahnung), Art. 23 Abs. 1 VwZVG.

Nach telefonischer Auskunft der zuständigen Sachbearbeiterin beim bei der Antragsgegnerin für die Vollstreckung zuständigen Kassen- und Steueramt, an der die Kammer ebenfalls nicht zweifelt, wurden derzeit noch keine Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet, insbesondere liegt momentan keine Mahnung vor. Mangels vorangegangener Mahnung iSd Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG droht demnach gegenwärtig noch nicht die Vollstreckung aus dem Gebührenbescheid. Zudem ist der Kammer bekannt, dass die Antragsgegnerin bei Anhängigkeit eines gerichtlichen Verfahrens regelmäßig die Vollstreckung angefochtener Bescheide nicht vorantreibt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Der Streitwert war nach §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog festzusetzen.