LG Ansbach, Beschluss vom 25.02.2009 - 4 T 107/09
Fundstelle
openJur 2012, 98611
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Betreuers der Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts Weißenburg vom 19. Januar 2009 aufgehoben.

II. Dem Betreuer wird für seine Tätigkeit als Betreuer der Betroffenen für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 2008 eine Vergütung aus der Staatskasse in Höhe von 264,– Euro bewilligt.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 23. November 1976 hat das Amtsgericht Weißenburg für die Betroffene nach § 1910 Abs. 2 BGB alter Fassung Gebrechlichkeitspflegschaft mit den Wirkungskreisen Wahrnehmung der Aufenthaltsbestimmung und Regelung sämtlicher Vermögensangelegenheiten angeordnet und zum Gebrechlichkeitspfleger den eingetragenen Verein ... bestellt.

Mit Beschluss vom 1. August 1988 hat das Amtsgericht Weißenburg die Gebrechlichkeitspflegschaft um den Wirkungskreis Zuführung zur notwendigen ärztlichen Heilbehandlung erweitert.

Nachdem die Gebrechlichkeitspflegschaft mit Inkrafttreten des Betreuungsrechts am 1. Januar 1992 zur Betreuung und demzufolge der Gebrechlichkeitspfleger zum Betreuer geworden war, hat das Amtsgericht Weißenburg letztmals mit Beschluss vom 15. Februar 2005 die Betreuung mit den unveränderten Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge verlängert und eine Frist bis 15. Februar 2010 bestimmt, bis zu der über eine Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung zu entscheiden sein wird.

Mit Schreiben vom 13. Januar 2009 hat der Betreuer beantragt, ihm für die Führung der Betreuung in der Zeit vom 1. Juli bis 30. September 2008 eine Vergütung aus der Staatskasse in Höhe von 264,– Euro zu bewilligen.

Diesen Antrag hat das Amtsgericht Weißenburg mit Beschluss vom 19. Januar 2009, auf dessen Gründe verwiesen wird, zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die fristgerecht beim Landgericht Ansbach eingelegte sofortige Beschwerde des Betreuers, auf deren Begründung verwiesen wird.

Der Bezirksrevisor beim Landgericht Ansbach beantragt als Vertreter der Staatskasse, die Sache zur anderweitigen Behandlung an das Amtsgericht Weißenburg zurückzuverweisen.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde des Betreuers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Weißenburg vom 19. Januar 2009 ist begründet und führt demzufolge sowohl zur Aufhebung dieser Entscheidung als auch zur antragsgemäßen Festsetzung der Vergütung für den Betreuer.

1.

9Obwohl vorliegend der Beschwerdeführer selbst und nicht einer seiner Mitarbeiter als so genannter Vereinsbetreuer zum Gebrechlichkeitspfleger bestellt worden war und daher seit 01.01.1992 selbst Betreuer der Betroffenen ist, steht ihm – entgegen der Regelung in § 1836 Abs. 3 BGB – ein Anspruch auf Vergütung für seine Tätigkeit zu.

10Nach § 1836 Abs. 3 BGB steht zwar einem Verein, der selbst zum Betreuer bestellt wurde, kein Anspruch auf eine Vergütung zu. Diese Vorschrift beruht auf der Wertung des Gesetzgebers, wonach Betreuungsvereine für die von ihnen wahrzunehmenden Aufgaben allgemein aus öffentlichen Mitteln subventioniert werden sollen, sich jedoch für die von ihnen wahrgenommenen Aufgaben als Betreuer aus Vergütungsansprüchen finanzieren sollen, die ihnen über die Rechtsfigur des Vereinsbetreuers (§ 1897 Abs. 2 BGB) zu Gute kommen und die nunmehr in § 7 Abs. 1 des Vormünder- und Betreuungsvergütungsgesetzes (VBVG) geregelt sind.

11Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (FamRZ 2000, 414) verstößt es aber gegen die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit, wenn einem Betreuungsverein jegliche angemessene Entschädigung für die Wahrnehmung einer Verfahrenspflegschaft durch einen Mitarbeiter vorenthalten wird, der bei ihm beschäftigt wird, um Betreuungen und Pflegschaften aufgrund gerichtlicher Bestellung zu übernehmen. Unter weiterer Berücksichtigung dessen, dass durch das Betreuungsrechtsänderungsgesetz vom 25. Juni 1998 ein Vergütungsanspruch von Vereinen für die von ihren Mitarbeitern geführten Verfahrenspflegschaften begründet wurde, vertritt der Bundesgerichtshof (NJW – RR 2007, 937) die Auffassung, der Umstand, dass für das Vormundschafts- und Pflegschaftsrecht eine entsprechende Regelung fehle, erkläre sich möglicherweise daraus, dass sich der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes der verfassungsrechtlichen Problematik dieser Regelung noch nicht bewusst gewesen sei. Es liege demnach eine Lücke vor, die im Rahmen einer verfassungskonformen Gesetzesanwendung dadurch geschlossen werden könne, dass die für Verfahrenspflegschaften geltende Regelung des § 67 Abs. 3 S. 2 FGG (nunmehr § 67 a Abs. 4 FGG) im Wege der Analogie auf Vormundschaften und Pflegschaften zu erstrecken sei. Dies gelte nicht nur dann, wenn der Mitarbeiter des Vereins – dem Vereinsbetreuer vergleichbar – persönlich, wenn auch in seiner Eigenschaft als Mitarbeiter des Vereins, zum Betreuer bestellt worden sei, sondern auch bei einer Bestellung des Vereins als solchem zum Betreuer, weil es auf die gewählte vormundschaftsrechtliche Konstruktion, die der geleisteten Tätigkeit zu Grunde liege, nicht ankomme. Dieser Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs schließt sich die Kammer ausdrücklich an, so dass dem Beschwerdeführer für seine Tätigkeit als Betreuer in entsprechender Anwendung des § 67 a Abs. 4 S. 1 i. V. m. Abs. 2 S. 2 FGG, §§ 3 ff. VBVG eine Vergütung für seine Tätigkeit als Betreuer zusteht.

2.

Die Höhe der Vergütung für die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Betreuer der Betroffenen in der Zeit vom 1. Juli bis 30. September 2008 beträgt 264,– Euro, so dass – nachdem die Betroffene selbst mittellos ist – diese Vergütung von der Staatskasse zu zahlen ist (§ 1 Abs. 2 S. 2 VBVG).

a)

Nach § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VBVG sind für jeden Monat der abzurechnenden Betreuungstätigkeit 2 Stunden anzusetzen, weil die mittellose Betroffene ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Heim hat. Demnach sind 6 Stunden berücksichtigungsfähig.

b)

Die Höhe des Stundensatzes beträgt 44,– Euro (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VBVG), weil die die Betreuung tatsächlich führende Mitarbeiterin des Betreuers als Dipl.-Sozialpädagogin über besondere Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind und die durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung erworben wurden.

Insgesamt beträgt daher die dem Betreuer aus der Staatskasse zu bewilligende Vergütung 6 x 44,– Euro, mithin 264,– Euro.

3.

Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen, nachdem die Voraussetzungen des § 56 g Abs. 5 S. 2 FGG nicht vorliegen, weil die entscheidungserheblichen Fragen bereits obergerichtlich geklärt sind.

4.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.