VG Ansbach, Urteil vom 19.02.2009 - AN 3 K 08.30380
Fundstelle
openJur 2012, 98004
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

1. Der Kläger ist nach seinen eigenen Angaben irakischer Staatsangehöriger aus … mit arabischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit. Er gelangte nach Deutschland, wo er am… 2002 Asylantrag stellte. Zur Begründung trug er bei der Anhörung am … 2002 im Wesentlichen vor, er könne seinen irakischen Personalausweis sowie seinen Trainerausweis vom Erziehungsministerium vorlegen. Er habe auch eine Bescheinigung dabei, als … der Jugendnationalmannschaft des Irak, ein Trainerdiplom als Ausweis des Präsidenten des Olympischen Komitees des Irak für Turner und Gymnastik, ein Internationales Schiedsrichterdiplom sowie einen Zeitungsartikel über Schiedsrichter vom … 1992. Seit er 13 Jahre alt gewesen sei, habe er einen Reisepass für Sportler gehabt, der ihm nach den Reisen immer wieder abgenommen wurde. Er habe zuletzt in … bis zur Ausreise gewohnt. Seine Ehefrau sei ebenfalls Asylbewerberin in Deutschland. Sein Kind sei zusammen mit der Frau nach Deutschland gekommen. Er sei als Trainer für Gymnastik tätig gewesen in …, aber auch bei der Olympischen Kommission in …. Er habe im Irak geheiratet, weil sie kein Kind bekommen konnten, hätten sie eines adoptiert. Seine Familie habe verlangt, dass er noch einmal heirate, da das Kind ja nicht von ihm sei und ihm gedroht. Dies habe die Frau verärgert und sie sei deshalb mit ihrem Kind zu den Eltern zurückgegangen. Die Schwiegereltern hätten ihm gesagt, die Frau sei nicht mehr da und so sei sie ihm verloren gegangen. Sein Arbeitgeber, die …, habe ihm darauf vorgeworfen, die Frau sei eine Spionin des Iran, weil sie Schiitin sei und man habe ihn drei Monate ins Gefängnis gesperrt deshalb. Auch sei er an der Arbeitsstelle schikaniert und diskriminiert worden. Er habe seine Frau wieder herbeischaffen sollen. Im Oktober 2001 habe ihn seine Frau angerufen und mitgeteilt, sie seien in Deutschland, die Kommission habe ihn daraufhin unter Druck gesetzt, weil sie von dem Telefonat erfahren habe. Er sei wieder im Gefängnis gewesen und habe danach religiös, aber nicht standesamtlich, eine andere Frau geheiratet. Dies sei im … 2001 gewesen, nachdem er den Anruf von seiner Frau bekommen habe, habe er die Beziehung beendet.

2. Mit Bescheid des Bundesamts vom 6. Mai 2002 wurde der Asylantrag des Klägers abgelehnt und in Ziffer 2 festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich des Irak vorliegen.

3. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2004 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass ein Widerrufsverfahren gegen ihn eingeleitet sei, mit Bescheid vom 22. November 2004 widerrief das Bundesamt die Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG und stellte in Ziffer 2 fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG im Fall des Klägers nicht vorliegen. Die hiergegen gerichtete Klage wurde mit Urteil des Einzelrichters vom 23. März 2005 im Verfahren AN 3 K 04.32383 abgewiesen.

4. Mit Schriftsatz vom … 2008 ließ der Kläger Asylfolgeantrag stellen mit dem Antrag, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 sowie 2 bis 7 AufenthG vorliegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dem Kläger drohe in dem Fall der Rückkehr Verfolgung. Eine Fluchtalternative bestehe nicht. Auf den Inhalt im Einzelnen wird verwiesen, im Wesentlichen wurde auf die Stellung des Klägers als einflussreicher Sporttrainer im Regime Saddam Husseins sowie die allgemeine Lage im Irak verwiesen.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 22. September 2008 wurde der Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt (Ziffer 1), der Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 22. November 2004 bezüglich § 53 AuslG abgelehnt (Ziffer 2). In Ziffer 3 wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland binnen einer Woche zu verlassen und ihm die Abschiebung in den Irak angedroht. Auf den Inhalt dieses Bescheides wird verwiesen.

6. Mit am 1. Oktober 2008 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ließ der Kläger Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland erheben mit dem Antrag,

1. die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 1 und 2 des Bescheides vom 22. September 2008 zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen,

2. die Beklagte unter Ziffer 2) und 3) des Bescheides zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 AufenthG vorliegen.

Auf den Inhalt der Klageschrift wird verwiesen.

7. Mit Beschluss des Einzelrichters vom 7. Oktober 2008 wurde im Verfahren AN 3 S 08.30379 auf den Antrag des Klägers hin die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 22. September 2008 angeordnet, auf den Inhalt dieses Beschlusses wird verwiesen.

8. Mit Schriftsatz vom 21. November 2008 wurde zur Klagebegründung im Wesentlichen die allgemeine Lage im Irak im Hinblick auf eine Gruppenverfolgung vorgetragen und auch auf die Stellung des Klägers als nationaler Sporttrainer verwiesen.

9. Mit Beschluss der Kammer vom 21. Januar 2009 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter übertragen. Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde den Beteiligten die Liste der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen übermittelt. In der mündlichen Verhandlung am 18. Februar 2009 war der Kläger mit seiner Prozessbevollmächtigten erschienen, wegen der Angaben und der Antragstellung wird auf die Niederschrift verwiesen.

10. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, hinsichtlich der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

Gründe

11. Die zulässige Klage ist unbegründet.

12. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens. Da dies aber Voraussetzung für die Asylanerkennung bzw. die Feststellung von Abschiebungshindernissen wäre, muss das Klagebegehren ohne Erfolg bleiben.

13. Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist ein weiteres Asylverfahren (nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrages) nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG durchzuführen. Dies bedeutet, dass ein Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nur dann besteht, wenn

a) sich die dem ursprünglichen Bescheid zu Grunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Betroffenen geändert hat, d.h. insbesondere für den Betroffenen günstige neue Tatsachen als nachträgliche Änderung der Sachlage glaubhaft und substantiiert vorgetragen wurden, die zudem zumindest geeignet sind, die Möglichkeit einer politischen Verfolgung zu dokumentieren, oder

b) neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeiführt haben würden, oder

c) Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind.

Der Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden die neuen Tatsachen oder Beweismittel erst nach Abschluss des vorangegangenen Verfahrens geltend machen kann (§ 51 Abs. 2 VwVfG) und setzt voraus, dass die neue Tatsache oder das neue Beweismittel binnen drei Monaten von dem Tag an, an dem der Betroffene davon Kenntnis erlangt, beim Bundesamt bzw. im gerichtlichen Verfahren beim zuständigen Gericht angegeben bzw. vorgelegt wurde (§ 51 Abs. 3 VwVfG). Dabei gilt die Dreimonatsfrist hinsichtlich jedes einzelnen Wiederaufnahmegrundes, d.h. hinsichtlich jeder selbstständigen Tatsache bzw. jedes selbstständigen Beweismittels, auf das der Betreffende seinen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens stützen will (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.12.1989 - 9 B 320-89 - NVwZ 1990, 359).

14. Nach diesen Grundsätzen sind im vorliegenden Verfahren die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht gegeben. Das Bundesamt hat im angegriffenen Bescheid zu Recht die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt.

Zur Begründung wird zunächst in vollem Umfang verwiesen auf die Gründe des angefochtenen Bundesamtsbescheids und insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 117 Abs. 5 VwGO; § 77 Abs. 2 AsylVfG).

Auch die Klagebegründung vermag die Richtigkeit der vom Bundesamt getroffenen rechtlichen Bewertung nicht in Zweifel zu ziehen. Es werden weder in zulässiger Weise neue Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht, die die Möglichkeit einer politischen Verfolgung im Gegensatz zum früheren Verfahren möglich erscheinen lassen, noch bestehen Anhaltspunkte für eine dem Betroffenen günstigere Änderung der Rechtslage. Auch wurden keine neuen verwertbaren Beweismittel vorgelegt, deren Berücksichtigung im vorangegangenen Asylverfahren zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können.

15. Die hier für den Erfolg des Asylfolgeantrags und der entsprechenden Klage notwendige Änderung der Sach- und Rechtslage liegt in dem dafür maßgeblichen Zeitraum zwischen der letzten mündlichen Verhandlung über die Klage gegen den Widerrufsbescheid am 23. März 2005 und dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über die hier gegenständliche Klage (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) am 18. Februar 2009 nicht vor.

Der Kläger hat insbesondere keine individuellen Tatsachen angegeben, die nunmehr wieder Anhaltspunkte für ein Wiederaufleben der durch den Sturz Saddam Husseins beendeten Gefahr der politischen Verfolgung für den Kläger bieten könnten. So hat der Kläger lediglich im Asylfolgeverfahren sich wiederum auf seine Stellung als bekannter und auf nationaler Ebene tätiger Sporttrainer berufen, ohne dass andere und erst nach dem Abschluss des vorangegangenen Widerrufsverfahrens entstandene individuelle Verfolgungsgründe auch nur substantiiert behauptet worden wären. Bezüglich der Gefahr einer Verfolgung des Klägers durch staatliche Behörden und Organe oder nicht staatliche Dritte bestehen aber ebenso wenig hinreichende Anhaltspunkte wie zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 23. März 2005. Soweit der Kläger nunmehr in der mündlichen Verhandlung zum Asylfolgeverfahren behauptet hat, es seien viele Verwandte umgekommen, so lässt sich aus dieser vagen Angabe nicht herleiten, dass auch für den Kläger irgendeine individuelle Verfolgungsgefahr bestehen könnte. Soweit der Kläger weiter behauptete, er habe im früheren irakischen olympischen Komitee gearbeitet und alle, die in diesem Komitee gearbeitet hätten, seien nach und nach liquidiert worden, so ist dies zum einen eine bloße Behauptung des Klägers, zum anderen sind derartige Verfolgungen von Angehörigen des früheren Regimes unmittelbar nach dem Umsturz noch eher anzunehmen gewesen als jetzt etliche Jahre später. Eine relevante Änderung der Sachlage seit dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Jahr 2005 bis heute, die zu einer Erhöhung der Gefährdung des Klägers führen könnte, hat dieser bisher weder substantiiert vorgetragen noch sind Anhaltspunkte dafür sonst ersichtlich, ergeben sich auch nicht aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen. Auch sonst ist nichts ersichtlich, was in Anbetracht der früheren Asylbegründung des Klägers jetzt einen Anhaltspunkt für eine politische Verfolgung des Klägers aus individuellen Gründen erwarten lassen könnte.

16. Der Kläger kann sich aber auch nicht auf eine Änderung der Rechtslage stützen, die für seinen Asylfolgeantrag relevant wäre und die diesem zum Erfolg verhelfen könnte. Zwar hat die erkennende Kammer seit April 2007 in Abkehr von der zuvor in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung eine Gruppenverfolgung für irakische Sunniten und Schiiten angenommen, sofern diese nicht aus einer der kurdischen autonomen Provinzen im Nordirak stammen und dorthin zurückkehren können. Diese Rechtsprechung wurde auch vom 23. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, jedenfalls soweit sie Sunniten aus dem Zentralirak betraf, bestätigt (vgl. z. B. Urteil v. 14.11.2007, Nr. 23 B 07.30503); über die gegen die entsprechenden Entscheidungen eingelegten Revisionen hat das Bundesverwaltungsgericht bisher soweit der Kammer bekannt nicht entschieden. Damit liegt aber, wie das Bundesamt im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, eine maßgebliche Änderung der Rechtslage in Bezug auf den Asylfolgeantrag des Klägers nicht vor, da dies nur bei einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung gegeben wäre; eine solche gibt es aber zur Frage einer Gruppenverfolgung von Sunniten aus dem Irak derzeit ersichtlich nicht.

17. Darüber hinaus kann sich der Kläger auch nicht auf eine Änderung der Sachlage dahingehend berufen, dass sich im maßgeblichen, oben genannten Zeitraum die allgemeine Lage für Sunniten aus dem Zentralirak derart verschlechtert habe, dass nunmehr alle Sunniten oder jedenfalls aber der Kläger selbst von asylrelevanter Verfolgung bedroht wären. Zwar hat die Kammer als Grundlage für ihre Rechtsprechung zur Gruppenverfolgung sunnitischer Iraker aus dem Zentralirak seit April 2007 eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine aus religiösen Gründen bedingte asylrelevante Verfolgung angenommen; an der entsprechenden Auffassung hält die Kammer aber ausdrücklich jetzt im Hinblick auf die geänderte Auskunftslage nicht mehr fest, auch eine Gruppenverfolgung irakischer Sunniten oder Schiiten aus dem Zentral- und Südirak wird von der Kammer derzeit nicht mehr angenommen (vgl. U.v. 9.2.2009, AN 3 K 07.30791).

18. Diese Änderung der Einschätzung der Lage im Irak ergibt sich aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten neueren Erkenntnisquellen, insbesondere aus dem jüngsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6. Oktober 2008, aber auch aus den weiteren, in der Auskunftsliste im Einzelnen aufgeführten Auskünften aus dem Jahr 2008 sowie auch aus den zum Gegenstand des Verfahrens in der mündlichen Verhandlung gemachten Zeitungsberichten vom Februar 2009, in denen die Situation im Irak insbesondere unmittelbar vor und nach der Durchführung der Provinzwahlen geschildert wird. Aus diesen Erkenntnisquellen ergibt sich bei zusammenfassender Betrachtung, dass die Sicherheitslage im Irak nach wie vor sehr angespannt ist, dass es auch weiterhin zu einer hohen Anzahl von Anschlägen und Gewaltverbrechen kommt, allerdings ist, wie gerade auch der jüngste Lagebericht des Auswärtigen Amtes ausdrücklich schildert, die Zahl der konfessionsbezogenen Anschläge und Übergriffe erheblich zurückgegangen. Insbesondere infolge der neuen amerikanischen Strategie unter Einbeziehung der früher als oppositionelle Kämpfer in Erscheinung getretenen sunnitischen Milizen und ehemaligen Armeeangehörigen einerseits und im Hinblick auf eine gewisse Erschöpfung der jeweiligen sunnitischen und schiitischen Bevölkerungsgruppen sowie dem regionalen Abschluss der gegenseitigen Vertreibungen aus den von einer Religionsgruppe dominierten Stadtvierteln und Orten andererseits ist die Zahl der konfessionsbezogenen Auseinandersetzungen, Überfälle und Übergriffe deutlich zurückgegangen, wobei auch die entsprechende Tendenz weiter nach unten zeigt. Gerade auch die Durchführung der landesweiten Provinzwahlen, ohne dass es dabei zu den befürchteten und früher üblichen Anschlägen, bewaffneten Auseinandersetzungen oder Übergriffen kam, ebenso wie die Verbesserung der Sicherheitssituation gerade auch im Zentralirak und in Bagdad, wie sie sich aus den in den letzten Monaten in den Nachrichtensendungen der ARD und des ZDF immer wieder durch die sich vor Ort aufhaltenden Korrespondenten bestätigt worden ist, zeigt eine deutliche Änderung der Sicherheitssituation im Irak. Zwar lässt sich nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Auskünften auch in Zukunft nicht ausschließen, dass es zu konfessionsbedingten Überfällen und Übergriffen bis hin zu den so genannten Passmorden weiterhin kommen kann, allerdings ist aus der rückläufigen Zahl solcher Vorfälle und insbesondere aus der zurückgehenden Tendenz eine Änderung der diesbezüglichen Verfolgungssituation im Irak ableitbar. Eine die Annahme einer Gruppenverfolgung von Schiiten oder Sunniten aus dem Zentral- und Südirak rechtfertigende Verfolgungsdichte lässt sich jetzt nicht mehr feststellen, eine solche ist auch für die nähere Zukunft gerade auf Grund der rückläufigen Tendenz solcher Vorfälle und Übergriffe auch nicht zu erwarten.

19. Damit besteht zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und gerichtlichen Entscheidung über den gegenständlichen Asylfolgeantrag (§ 77 AsylVfG) ebenso wenig eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine asylrelevante Verfolgung des Klägers, insbesondere aus religiösen Gründen durch nichtstaatliche oder staatliche Akteure im Irak, wie diese zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über seine Klage gegen den Widerrufsbescheid im April 2006 bestanden hat. Es ist somit weder eine Änderung der Sach- noch der Rechtslage in Bezug auf die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG gegeben.

20. Im Übrigen liegt eine solche Änderung der Sach- und Rechtslage auch nicht in Bezug auf die vom Kläger ebenfalls geltend gemachten Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG vor. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 und 3 AufenthG hat der Kläger noch nicht einmal behauptet, für die Annahme der nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG zu beurteilenden Gefahr für den Kläger auf Grund eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts im Irak gilt entsprechendes wie bezüglich der Gefahr der asylrelevanten Verfolgung. Auch insofern geht das Gericht parallel zu den obigen Ausführungen davon aus, dass die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer individuellen Gefahr für Leib und Leben des Klägers in Anbetracht der aus den genannten Erkenntnisquellen gewonnenen jüngeren Entwicklung im Irak nicht angenommen werden kann.

21. Ebenso wenig besteht nach Auffassung des Einzelrichters eine Änderung der Sach- und Rechtslage in Bezug auf die hier hilfsweise geltend gemachten Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Auch insofern ist die allgemeine Situation im Februar 2009, wie sich aus dem Inhalt der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen ergibt, nicht in relevantem Umfang anders zu beurteilen als im März 2005 nach der damaligen Auskunftslage.

Im Übrigen besteht deshalb auch kein Grund für eine Wiederaufnahme des Asylverfahrens aus Ermessensgründen und eine in einem entsprechenden Asylfolgeverfahren zu treffende Feststellung bezüglich dieser letztgenannten Abschiebungsverbote.

22. Die Klage war deshalb mit den Nebenentscheidungen aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Das Verfahren ist nach § 83 b Abs. 1 AsylVfG gerichtskostenfrei.

 

Beschluss

Der Gegenstandswert beträgt 3.000,00 EUR (§ 30 RVG).

Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylVfG unanfechtbar.