OLG München, Beschluss vom 07.01.2009 - 34 SchH 014/08
Fundstelle
openJur 2012, 97804
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag, die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens festzustellen, wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Feststellungsverfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 2.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner schlossen am 9.8./9.9.2005 eine Vertriebs- und Marketing-Vereinbarung, nach der der Antragsgegner auf Provisionsbasis Produkte der Antragstellerin (Sanitärporzellan) vor allem im Vorderen Orient zu bewerben und zu vertreiben hatte. Der schriftliche Vertrag bestimmt in § 15.1 als Gerichtsstand für eventuelle Auseinandersetzungen München und die Geltung deutschen Rechts.

§ 15.2 enthält folgende Schiedsklausel:

Sämtliche Rechtsstreitigkeiten, die sich aus diesem Vertrag oder aus dem Zusammenhang mit diesem ergeben, einschließlich solche über die Gültigkeit des Vertrags und dieser Schiedsklausel, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs durch ein Schiedsgericht nach der Schiedsordnung der Industrie- und Handelskammer entschieden. Sitz des schiedsrichterlichen Verfahrens ist München.

Das Schiedsgericht soll aus einem Schiedsrichter (oder drei Schiedsrichter) bestehen.

Der Antragsgegner berechnete der Antragstellerin Kosten für die Entwicklung von Werbematerial. Offen sind nach seiner Aufstellung noch 5.676,20 €.

Mit der ursprünglich zum Landgericht München I erhobenen Klage vom 18.12.2007 beantragte der Antragsgegner, die Antragstellerin zur Zahlung des offenen Betrags zu verurteilen. Die Antragstellerin als dortige Beklagte erhob die Schiedseinrede. Mit Schriftsatz vom 11.7.2008 nahm der Antragsgegner die Klage zurück. Unter dem 31.7.2008 rief der Antragsgegner wegen seiner Ansprüche nunmehr das Schiedsgericht der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern in der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) an. Das Schiedsgericht hat sich noch nicht konstituiert.

Die Antragstellerin hält die Schiedsvereinbarung für unwirksam, jedenfalls für undurchführbar. Sie hat unter dem 14.11.2008 die Feststellung beantragt,

dass in Bezug auf die behaupteten Ansprüche der W. D. GmbH in Höhe von 5.676,20 € nebst Zinsen das schiedsrichterliche Verfahren unzulässig ist.

Der Antragsgegner hat die Zurückweisung des Antrags begehrt. Die Schiedsklausel sei auslegungsfähig. Die Antragstellerin handle gegen Treu und Glauben, weil sie vor dem Landgericht München I die Einrede des Schiedsgerichtsverfahrens erhoben habe. Im Übrigen komme es auf die materiellen Einwände der Antragstellerin an dieser Stelle nicht an. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb sie sich nunmehr damit beschäftige, ob sich die Schiedsvereinbarung auf Ansprüche der Firma W. D. GmbH beziehe.

II.

Der Antrag bleibt erfolglos.

1. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München ergibt sich aus § 1025 Abs. 1, § 1032 Abs. 2, § 1062 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 der gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz vom 16.11.2004 (GVBl S. 471). Denn der Ort des potentiellen schiedsrichterlichen Verfahrens befindet sich in Bayern.

2. Zur Konstituierung des Schiedsgerichts ist es bis zur Antragstellung noch nicht gekommen, weshalb der Antrag statthaft ist. Der Senat prüft im Rahmen dieses Antrags das Bestehen und die Wirksamkeit der Schiedsabrede, ob sie durchführbar ist und der Gegenstand des Schiedsverfahrens der Schiedsabrede unterfällt (Senat vom 12.2.2008, 34 SchH 006/07 = OLG-Report 2008, 430; zusammenfassend MüKo/Münch ZPO 3. Aufl. § 1032 Rn. 25; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 29. Aufl. § 1032 Rn. 5).

3. Soweit der Antrag ausdrücklich dahin gehend lautet, die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens in Bezug auf Ansprüche der W. D. GmbH festzustellen, bezieht er sich nicht auf die gegenständliche Schiedsklage, sondern auf die potentielle Klage einer Partei, die nicht Partnerin der Schiedsabrede ist (GmbH). Es ist weder ersichtlich, dass die Zulässigkeit einer Schiedsklage jener Partei strittig wäre und der gerichtlichen Klärung bedürfte, noch dass eine derartige Schiedsklage der Antragstellerin drohte. Insoweit mangelt es dem Antrag an einem Rechtsschutzbedürfnis.

4. Der Antrag befasst sich jedoch erkennbar mit der Schiedsklage des Antragsgegners, die dieser unter dem 31.7.2008 bei dem (institutionellen) Schiedsgericht erhoben hat (vgl. § 1044 ZPO; § 6 DIS-Schiedsgerichtsordnung). Er ist deshalb dahin auszulegen, dass die Unzulässigkeit des durch diesen Antrag bestimmten schiedsrichterlichen Verfahrens festgestellt werden soll.

a) Gegen die Form der Schiedsvereinbarung (§ 1031 Abs. 1 ZPO, § 14 BGB) und die Schiedsfähigkeit des vom Antragsgegner behaupteten vermögensrechtlichen Anspruchs (§ 1030 Abs. 1 ZPO) bestehen keine Bedenken.

b) Die Schiedsvereinbarung in § 15.2 des Vertrags ist hinreichend bestimmt (§ 1029 Abs. 1 ZPO).

(1) Sachlich bezieht sich die Abrede auf Streitigkeiten aus dem maßgeblichen Vertrag. Die Relativität der Schuldverhältnisse bringt es mit sich, dass davon nur die vertragsschließenden Parteien, das sind die Parteien des gegenständlichen Feststellungsverfahrens, erfasst sind, nicht auch eine von der Antragstellerin als potentielle Anspruchsinhaberin bezeichnete GmbH. Ob der behauptete Anspruch dem Antragsgegner oder gegebenenfalls einem Dritten zusteht, der der Schiedsabrede nicht unterliegt, spielt an dieser Stelle keine Rolle.

18(2) Die Auslegung der Schiedsabrede ergibt, dass das Schiedsgericht der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern zuständig ist.

Notwendiger Inhalt einer wirksamen Schiedsvereinbarung im Sinne des § 1029 ZPO ist die eindeutige Benennung des zuständigen Schiedsgerichts (z.B. BGH NJW 1983, 1267; OLG Jena NotBZ 2006, 367 - Leitsatz -; OLG Karlsruhe OLG-Report 2007, 990/992). Die diesbezügliche Vereinbarung der Parteien ist jedoch wie jedes Rechtsgeschäft der Auslegung fähig (§§ 133, 157 BGB).

20Die Klausel spricht von einem Schiedsgericht, ohne dieses namentlich zu bezeichnen. Sie verweist ferner auf die Verfahrensordnung einer Industrie- und Handelskammer, ohne die Industrie- und Handelskammer nach ihrem Bezirk zu bestimmen. Das schiedsgerichtliche Verfahren soll in München geführt werden. Einerseits verkennt der Senat nicht, dass aus der Bestimmung der maßgeblichen Schiedsordnung sowie der Ortswahl für das Schiedsgericht nicht zwangsläufig auch die Zuständigkeit der maßgeblichen Institution an diesem Ort als Schiedsgericht folgt. Andererseits liegt es, zumal für Laien, fern, eine Orts- und Verfahrenswahl zu treffen, ohne damit zugleich das zuständige institutionelle Schiedsgericht bei der Industrie- und Handelskammer zu bestimmen, für das die maßgebliche Verfahrensordnung geschaffen wurde. Vielmehr ergibt sich hier aus der Orts- und Verfahrenswahl auch die Bestimmung des zuständigen institutionellen Schiedsgerichts. Hinzu kommt, dass die in Baden-Württtemberg und in Sachsen-Anhalt ansässigen Parteien erkennbar eine örtlich und sachlich neutrale Einrichtung für die Entscheidung ihrer Streitigkeiten bestimmen wollten. Das spiegelt sich auch in der zusätzlich getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung (München) wider, die ebenfalls keinen Bezug zum gesetzlichen Gerichtsstand der Parteien (§§ 12 ff. ZPO) hat.

c) Die Schiedsabrede ist auch nicht aus anderen Gründen undurchführbar.

Mit der Schiedsklage geltend gemacht ist ein behaupteter Anspruch des Antragsgegners gegen die Antragstellerin. Auch wenn ein solcher des Antragsgegners nicht bestände, sondern Anspruchsinhaber eine dritte Person wäre, ist über die vom Antragsgegner erhobene Schiedsklage im schiedsrichterlichen Verfahren zu entscheiden und diese gegebenenfalls mangels Aktivlegitimation abzuweisen. Dass der Durchführung der Schiedsabrede sonstige Gründe entgegenstünden, ist nicht ersichtlich. Wenn die Antragstellerin behauptet, den Aufwand für das Schiedsgerichtsverfahren nicht tragen zu können, ist dies ersichtlich unsubstantiiert und im Hinblick auf § 242 BGB auch bedenklich, nachdem sie im Zivilprozess mit Schriftsatz vom 4.4.2008 ausdrücklich die Schiedseinrede erhoben hatte.

5. Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 91 ZPO sowie § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG. Einer Zulassung der Rechtsbeschwerde bedarf es nicht (vgl. § 1065 Abs. 1 Satz 1 ZPO).