Bayerischer VGH, Beschluss vom 15.01.2009 - 6 CS 08.1760
Fundstelle
openJur 2012, 97450
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.117,41 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit Bescheid vom 22. November 2007 setzte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin als Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 121 der Gemarkung M... für die „Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung der Erschließungsanlage K...straße Bauabschnitt 2“ eine Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag in Höhe von 8.469,64 Euro fest.

Die Antragstellerin erhob Widerspruch und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.

Letzteres lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 10. Januar 2008 ab.

Mit Beschluss vom 17. Juni 2008 lehnte das Verwaltungsgericht einen Antrag der Antragstellerin gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Vorauszahlungsbescheid vom 22. November 2007 ab. Auf die Begründung der Entscheidung wird Bezug genommen.

Daraufhin erhob die Antragstellerin Beschwerde, auf deren Begründung verwiesen wird.

Die Antragsgegnerin verteidigt den Beschluss des Verwaltungsgerichts.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 146 Abs. 1 und Abs. 4, § 147 VwGO). Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Nach der das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnenden summarischen Prüfung hat die Antragstellerin keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Vorauszahlungsbescheides dargelegt (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3, § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).

Nach Ablauf der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO (hier am Montag, dem 21.7.2008) kann die Beschwerdebegründung noch ergänzt werden, soweit der konkrete zu ergänzende Grund innerhalb offener Frist bereits ausreichend, insbesondere unter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss dargelegt ist. Der Vortrag neuer oder bisher nicht ausreichend dargelegter Beschwerdegründe - hier in den Schriftsätzen vom 16. Oktober, 13. November und 4. Dezember 2008 - ist nach Ablauf der Frist nicht mehr möglich und wird nicht mehr gehört (Happ in Eyermann, VwGO, 12. Aufl., RdNr. 19 zu § 146).

Die Antragstellerin rügt im Wesentlichen, das Verwaltungsgericht gehe davon aus, dass es sich beim abgerechneten Straßenbereich um einen gewidmeten öffentlichen Feld- und Waldweg handele. Nach der Straßenausbaubeitragssatzung der Antragsgegnerin sei insoweit die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen gar nicht möglich, so dass es bereits an einer Rechtsgrundlage fehle. Es stehe schon nicht fest, ob die Antragsgegnerin überhaupt Straßenbaulastträgerin gewesen sei. Selbst wenn dies der Fall gewesen sei, wäre allenfalls eine Umlegung auf die Beteiligten nach Art. 54 Abs. 3 Satz 1 Bayer. Straßen- und Wegegesetz denkbar gewesen. § 1 der Ausbaubeitragssatzung setze voraus, dass eine öffentliche Einrichtung vorliege, die in der Baulast der Gemeinde stehe. Der streitgegenständliche Abschnitt der K...straße FlNr. 120/4 sei im Straßenbestandsverzeichnis nicht erfasst und dementsprechend noch nicht gewidmet. Mithin liege keine öffentliche Einrichtung vor, so dass die Erhebung einer Vorauszahlung nach Art. 5 Abs. 5 KAG gar nicht möglich sei.

Hiermit kann die Antragstellerin nicht durchdringen. Der Bau- und Umweltausschuss der Antragsgegnerin hat am 1. Juli 2008 beschlossen, dass u.a. die abgerechnete 163 m lange Teilstrecke der K...straße mit der FlNr. 120/4 beginnend zwischen den Grundstücken FlNrn. 111 und 112 in Richtung Süden verlaufend bis zur Nordostecke des Grundstücks FlNr. 122 mit sofortiger Wirkung zur Ortsstraße aufgestuft wird. Trägerin der Straßenbaulast ist die Antragsgegnerin. Damit stellt die streitgegenständliche Straße eine öffentliche Einrichtung i.S. des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG und § 1 der Ausbaubeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 24. Februar 2006 (ABS) dar, für die nach Art. 5 Abs. 5 Satz 1 KAG grundsätzlich Vorauszahlungen verlangt werden können. Im Übrigen weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass bei der Forderung einer Vorauszahlung die Widmung der Anlage nicht zu den Voraussetzungen für deren Erhebung zählt (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., RdNr. 31 zu § 21).

Die Antragstellerin wendet ein, dass die Grundstücke FlNrn. 120/5 und 122 ebenfalls heranzuziehen seien. Das im Eigentum der Antragsgegnerin befindliche Grundstück FlNr. 120/5 liege unmittelbar an dem ausgebauten Teil an und werde von diesem erschlossen. Der Bebauungsplan K...berg aus dem Jahr 1968 setze hierfür keine öffentliche Grünfläche fest. In der Bebauungsplanänderung von 1987 sei eine Änderung der Bauweise und Dachneigung normiert, aber keine Festsetzung als öffentliche Grünfläche berücksichtigt worden. Nach § 2 ABS werde der Beitrag u.a. für sonstig nutzbare Grundstücke erhoben, die aus der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung einen besonderen Vorteil ziehen könnten. Nach § 8 Abs. 4 ABS würden Grundstücke, die ohne bauliche Nutzungsmöglichkeit, mit einer untergeordneten baulichen Nutzungsmöglichkeit oder in sonstiger Weise vergleichbar genutzt werden oder genutzt werden dürfen, mit 50 v.H. der Grundstücksfläche in die Verteilung einbezogen. Grundstücke, auf denen private Grünflächen festgesetzt seien, würden mit 25 v.H. der Grundstücksfläche in die Verteilung einbezogen. Im vorliegenden Fall wäre jedenfalls eine Heranziehung zu 25% bzw. 50% notwendig, da ansonsten in § 8 Abs. 4 ABS ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliegen würde. Es sei nicht ersichtlich, wieso sich eine private Grünfläche von einer im Bebauungsplan als Grünfläche festgesetzten, im Eigentum der Antragsgegnerin befindlichen Fläche beitragsrelevant unterscheiden sollte. Das Grundstück FlNr. 122 könne von der abgerechneten Anlage angefahren werden.

Auch diese Einwände greifen nicht durch. Nach dem Bebauungsplan K...berg Deckblatt Nr. 1, in Kraft gesetzt am 16. September 1987, ist für das Grundstück FlNr. 120/5 eine öffentliche Grünfläche festgesetzt. In einem Bebauungsplan als öffentliche Grünflächen ohne nähere Konkretisierung festgesetzte Flächen scheiden aus dem Kreis der an der Aufwandsverteilung zu beteiligenden Grundstücke aus (vgl. Driehaus, a.a.O., RdNr. 83 zu § 17). Sie stellen ihrerseits der Allgemeinheit zur Verfügung stehende öffentliche Einrichtungen dar, die durch den Straßenausbau keinen besonderen Vorteil i.S. des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG erlangen (BayVGH vom 11.12.2003, Az. 6 B 99.1271, UA S. 12). Den Beitragstatbestand des § 2 ABS erfüllen sie daher nicht. Sie sind nicht bei der Verteilung des Aufwands nach § 8 Abs. 4 ABS zu berücksichtigen. Mit den dort beispielhaft angeführten Anlagen wie Friedhöfen, Sportanlagen, Freibädern, Campingplätzen oder Dauerkleingärten sind sie nicht vergleichbar. Von privaten Grünflächen unterscheiden sie sich dadurch, dass eine solche - anders als eine festgesetzte öffentliche Grünfläche - nicht der privaten Nutzung entzogen ist; vielmehr wird eine private Grünfläche häufig als zum Wohnhaus gehöriger Garten und damit als Teil des Wohngrundstücks privat genutzt (vgl. Driehaus, a.a.O., RdNr. 84 zu § 17).

Das Grundstück FlNr. 122 grenzt lediglich punktförmig an das Südwestende der ausgebauten K...straße (FlNr. 120/4). Bei einer derartigen Konstellation kann nicht von einer vorteilsbegründenden qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit i.S. des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG und § 2 ABS ausgegangen werden (u.a. BayVGH vom 19.11.2008, Az. 6 CS 08.1084, BA S. 4).

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass durch die in die K...straße eingebrachte Straßenentwässerung auch für die Grundstücke FlNrn. 120/11 bis 120/16 ein beitragsrelevanter Vorteil entstehe. Zur Einrichtung i.S. der §§ 1 und 2 ABS gehörten nach § 5 Abs. 3 Nr. 3.11 ABS auch Entwässerungsanlagen. Der eingebrachte Kanal diene auch der Straßenentwässerung. Er gehöre damit als Bestandteil der Straße zu dieser.

Diese Argumentation verfängt nicht. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG und §§ 1 und 2 ABS knüpfen an den Begriff der öffentlichen Einrichtung an. Geht es - wie hier - um eine Straße, ist damit grundsätzlich der einzelne Straßenzug gemeint. Als Ermittlungsraum ist auch bei der Abrechnung einer Straßenoberflächenentwässerung jeweils auf die einzelne Straße abzustellen, an die das Grundstück des einzelnen Beitragspflichtigen angrenzt (BayVGH vom 28.9.2006, Az. 6 B 04.1215, UA. S. 9/10). Die Grundstücke FlNrn. 120/11 bis 120/16 grenzen nicht an die abgerechnete K...straße an, sondern sind von ihr durch die öffentliche Grünfläche auf dem Grundstück FlNr. 120/5 abgeschirmt. Sie sind durch die planerischen Festsetzungen des Bebauungsplans K...berg eindeutig der S...straße zugeordnet und damit gegebenenfalls für deren Straßenentwässerung beitragspflichtig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.