I. Die Bescheide der Beklagten vom 11.05.2006 und 18.10.2006 inder Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2007 werdenaufgehoben, soweit die Festsetzung des monatlichenbeitragspflichtigen Betrages 65,59 Euro übersteigt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Beklagte hat 1/4 der außergerichtlichen Kosten derKlägerin zu tragen.
III. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Streitig ist die Beitragspflicht der Kapitalleistung aus einerLebensversicherung.
Die 1940 geborene Klägerin ist seit dem 01.07.2004 aufgrund desBezugs einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherungversicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse. ZumFälligkeitszeitpunkt 01.04.2006 wurde ihr von der ... L. AG aus derVersicherungsnummer 5642101 ein Betrag in Höhe von Euro 35.420,10als Kapitalleistung ausgezahlt. Seitens der ... L. AG wurde derBeklagten zudem die Auszahlung einer weiteren LebensversicherungNr. 5665751 als Kapitalleistung in Höhe von 19.232,30 Eurogemeldet. Mit Schreiben vom 11.05.2006 und 08.06.2006 teilte dieBeklagte der Klägerin zunächst mit, dass beide Kapitalleistungenbeitragspflichtig zur Kranken- und Pflegeversicherung seien undforderte die entsprechenden Beiträge an. Mit Bescheid vom18.10.2006 korrigierte die Beklagte ihre frühere Entscheidung: Nurdie Kapitalleistung in Höhe von 35.420,10 Euro sei Ausfluss derbetrieblichen Altersversorgung und damit beitragspflichtig;umgerechnet auf 120 Monate betrage der monatliche Beitrag ab01.05.2006 295,17 Euro. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurdemit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2007 zurückgewiesen: Bei der zum01.04.2006 ausgezahlten Kapitalleistung in Höhe von 35.420,10 Eurohandele es sich um eine einmalige Leistung der betrieblichenAltersversorgung, da ein Bezug zum früheren Berufsleben gegebensei. Unerheblich sei dabei, dass die Klägerin die Versicherungzunächst privat abgeschlossen und auch zwischenzeitlich sowie nachdem Ausscheiden aus der Beschäftigung privat weitergeführt und auseigenen Mitteln finanziert habe. Der insgesamt erworbeneVersorgungsanspruch sei unteilbar. Das Bundessozialgericht habeu.a. mit Urteil vom 13. September 2006 – Az. B 12 KR 1/06 R– entschieden, dass eine Kapitalleistung aus einemursprünglichen Direktversicherungsvertrag in vollem Umfang alsVersorgungsbezug beitragspflichtig sei. Ungeachtet der Finanzierungim Einzelnen genüge ein formaler Bezug zum Arbeitsleben.Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Zur Begründungtrug der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Wesentlichen vor:Die Besonderheit des vorliegenden Falles bestehe darin, dass dieLebensversicherung unabhängig von einer betrieblichen Tätigkeitdurch die Klägerin selbst begründet wurde und lediglich im Rahmendes bereits bestehenden Versicherungsverhältnisses währendbestimmter Zeiträume (01.08.1989 bis 28.02.1993 sowie 01.03.1997bis 31.07.1997) Beiträge eines Arbeitgebers eingezahlt wurden. Beidieser Sachlage sei es bereits fraglich, ob überhaupt eineDirektversicherung im Sinne des § 1 Abs.2 des Gesetzes zurVerbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974(BetrAVG) vorliege, da die Lebensversicherung nicht durch denArbeitgeber abgeschlossen wurde, wie es gemäß der Definition derDirektversicherung nach § 1b Abs.2 Satz 1 BetrAVG erforderlich sei.Jedenfalls aber fehle es an dem gemäß der institutionellenBetrachtungsweise notwendigen formalen Bezug zum Arbeitsleben inder Gestalt, dass eine betriebliche Altersversorgung imbeitragsrechtlichen Sinne immer dann – aber auch nur dann– vorliege, wenn die betreffende zusätzliche Altersversorgungeinen formalen Bezug zum Arbeitsleben aufweise. Wenn – wiehier – die Versicherte unabhängig von einem Arbeitsverhältnisals beliebige Form der privaten Altersvorsorge einenVersicherungsvertrag über eine Kapitallebensversicherungabgeschlossen hatte und lediglich später durch einen Arbeitgeber imWege der "Direktversicherung" Versicherungsbeiträgehierauf gezahlt wurden, könne von einem derartigen formalen Bezugzum Arbeitsleben nicht gesprochen werden. Ausgehend von einerbeitragsrechtlichen Unteilbarkeit der Versorgungsleistung könne manin diesem Fall nicht einmal den auf die Direktversicherungsbeiträgedes Arbeitgebers entfallenen Anteil der Versorgungsleistungbeitragsrechtlich als betriebliche Altersversorgung ansehen, sodassbeitragsrechtlich überhaupt kein Versorgungsbezug im Sinne des §229 Abs.1 Satz 1 Nr.5 SGB V vorliege. Allenfalls im Hinblickdarauf, dass eine Direktversicherung jeweils eben so gut unterBegründung eines neuen, weiteren Versicherungsverhältnisses hättestattfinden können, erscheine es bei der vorliegenden Konstellationvertretbar, unter ausnahmsweiser Durchbrechung des Grundsatzes derUnteilbarkeit der Versorgungsleistung den auf denDirektversicherungsbeiträgen beruhenden Anteil derVersorgungsleistung, also einen Kapitalbetrag von Euro 7.871,13,beitragsrechtlich als betriebliche Altersversorgung zubehandeln.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin stellte den Antrag,
die Bescheide der Beklagten vom 11.05.2006 und 18.10.2006 in derGestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2007 aufzuheben, sowiehilfsweise aufzuheben, soweit die Festsetzung desbeitragspflichtigen Betrages Euro 65,59 übersteigt und dieSprungrevision zuzulassen.
Die Beklagte stellte den Antrag,
die Klage abzuweisen.
Auch wenn die Lebensversicherung zunächst als privateVersicherung abgeschlossen wurde, habe sie – da währendunterschiedlicher Zeiträume Beiträge durch die jeweiligenArbeitgeber entrichtet wurden – letztlich der betrieblichenAltersversorgung gedient. Es bestehe damit auch in diesen Fällender notwendige Bezug zum Arbeitsleben. Mit einer Zulassung derRevision erklärte sich die Beklagte einverstanden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird imÜbrigen auf den wesentlichen Inhalt der angefochtenen Bescheide,auf die zwischen den Beteiligten im Klageverfahren gewechseltenSchriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündlicheVerhandlung Bezug genommen.
10Die Klage ist zulässig und im Rahmen des hilfsweise gestelltenAntrags auch begründet. Die Beklagte hat zu Unrecht die gesamteKapitalleistung aus der Versicherungs-Nr. 5642101 in Höhe von35.420,10 Euro als Leistung der betrieblichen Altersversorgung derBeitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterworfen.Nach Auffassung der Kammer war die Beklagte lediglich berechtigt,den auf den "Direktversicherungsbeiträgen" beruhendenAnteil der Versorgungsleistung, also einen Kapitalbetrag in Höhevon Euro 7.871,13, beitragsrechtlich als betrieblicheAltersversorgung zu behandeln und Beiträge zur Kranken- undPflegeversicherung einzufordern.
Im Übrigen, d.h. insoweit die vollständige Aufhebung derBescheide der Beklagten vom 11.05.2006 und 18.10.2006 in derGestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2007 beantragt wurde,war die Klage abzuweisen.
1. Der Bemessung der Beiträge zur Krankenversicherung derRentner ist nach § 237 SGB V neben dem Zahlbetrag der Rente dergesetzlichen Rentenversicherung auch der Zahlbetrag der der Rentevergleichbaren Einnahmen zugrunde zu legen. Als der Rentevergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten Renten derbetrieblichen Altersversorgung, soweit sie wegen einerEinschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oderHinterbliebenenversorgung erzielt werden (§ 237 Satz 2, § 229 Abs.1Satz 1 Nr.5 SGB V).
2. Das Bundessozialgericht hat in ständiger Rechtsprechungentschieden, dass alle Leistungen, die aus einer vom Arbeitgeberabgeschlossenen Direktversicherung erbracht werden, alsVersorgungsbezüge beitragspflichtig sind. Für die Beitragspflichtsei es dabei grundsätzlich unerheblich, wer diese Leistungfinanziert hat und wer letztlich die Finanzierung wirtschaftlichgetragen hat. Versorgungsbezüge, die als Renten- oderKapitalleistung in der betrieblichen Altersversorgung aus einerDirektversicherung gezahlt werden, seien insoweit nicht anders zubehandeln als andere Versorgungsbezüge oder beitragspflichtigeEinnahmen. Die gesetzliche Regelung unterwerfe mit den Renten ausder gesetzlichen Rentenversicherung und den Versorgungsbezügen imSinne von § 229 Abs.1 Satz 1 Nr.5 SGB V grundsätzlich Bezüge vonInstitutionen und aus anderen Sicherungssystemen derBeitragspflicht, bei denen in der Regel ein Zusammenhang zwischender Zugehörigkeit zu diesem System und einer Erwerbstätigkeitbestehe. Dadurch soll auch die praktische Schwierigkeit, Zahlungenin einen beitragsfreien und einen beitragspflichtigen Teilaufspalten zu müssen, vermieden werden (vgl. Urteil desBundessozialgerichts vom 12.12.2007, B 12 KR 6/06 R mwN).
3. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung käme es demnachfür die Entscheidung nicht darauf an, dass im vorliegenden Falledie Kapitalleistung lediglich in Höhe von Euro 7.871,13 aufBeitragszahlungen eines Arbeitgebers beruht, während die Klägerinselbst den weitaus größeren Teil (in Höhe von Euro 27.548,27) durcheigene Beitragszahlung erwirtschaftet hat. DerProzessbevollmächtigte der Klägerin hat jedoch zu Recht daraufhingewiesen, dass – im Gegensatz zu den vomBundessozialgericht entschiedenen Fällen – dieLebensversicherung unabhängig von einer betrieblichen Tätigkeitdurch die Klägerin selbst abgeschlossen wurde und lediglich imRahmen des bereits bestehenden Versicherungsverhältnisses währendbestimmter Zeiträume Beiträge eines Arbeitgebers eingezahlt wurden.Die Kammer ist im Anschluss an das Urteil des LSG Baden-Württembergvom 14.09.2007, Az. L 4 B 1312/07, der Auffassung, dass bei dieserKonstellation, d.h. Einzahlung des Arbeitgebers auf eine bereitsvorbestehende private Kapitallebensversicherung, einedifferenzierte Betrachtungsweise angezeigt ist. Laut Aufstellungder ... L. AG wurde die am 01.04.1988 abgeschlossene Versicherung5642101 am 01.08.1989 in die Versicherungen 5642101.2 und 5665751aufgeteilt. In die Versicherung Nr.5642101.2 wurden während derZeit vom 01.08.1989 bis 28.02.1993 sowie vom 01.03.1997 bis 31.Juli 1997 von den jeweiligen ArbeitgebernDirektversicherungsbeiträge einbezahlt, der Versicherungsvertrag5665751 wurde durchgehend als private Versicherung geführt. DieGesamtleistung der Versicherung 5642101.2 betrug bei Auszahlung zum01.04.2006 35.420,10 Euro. Hiervon entfielen auf die vonArbeitgebern überwiesenen Prämienanteile 7.871,13 Euro, auf die dervon der Versicherten überwiesenen Prämienanteile 27.548,97Euro.
4. Nach Auffassung der Kammer ist lediglich für die Zeiträume01.08.1989 bis 28.02.1993 und 01.03.1997 bis 31.07.1997 einrechtlich relevanter Bezug zum Arbeitsverhältnis gegeben. Nur diediesen Zeiten zuzurechnende Ablaufleistung kann alsVersorgungsbezug im Sinne des § 229 Abs.1 Ziffer 5 SGB V gewertetwerden. Der vom BSG aufgestellte Grundsatz der sog.institutionellen Abgrenzung bezieht sich nur auf den Fall, dass derLebensversicherungsvertrag vom Arbeitgeber als Direktversicherungabgeschlossen wurde. Nach Auffassung der Kammer ist es jedenfallsin den Fällen, in denen die Lebensversicherung ohne konkreten Bezugzu einem Arbeitsverhältnis abgeschlossen wurde, diese nichtinsgesamt der Beitragspflicht zu unterwerfen, wenn nurvorübergehend für weniger als ein Viertel der gesamten Laufzeit vomArbeitgeber Beiträge einbezahlt wurden.
5. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar in seiner Entscheidungvom 07.04.2008 (Az. 1 BvR 1924/07) Verfassungsbeschwerden gegen dieUrteile des Bundessozialgerichts vom 25.04.2007 (Az. B 12 KR 25/05R und B 12 KR 26/05 R) nicht zur Entscheidung angenommen undfestgestellt, dass die Heranziehung einer Kapitalzahlung aus derbetrieblichen Direktversicherung zur Beitragspflicht in dergesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 229 Abs.1 Satz 3 SGB V mitdem Grundgesetz vereinbar ist. Insbesondere verstoße dieEinbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in dieBeitragspflicht nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeitoder den rechtstaatlichen Vertrauensschutz.
6. Der Umstand, dass die Verbeitragung von Versorgungsbezügen inForm von einmaligen Kapitalleistungen zur Kranken- undPflegeversicherung grundsätzlich nicht gegen das Grundgesetzverstößt, lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass insoweitkeinerlei verfassungsrechtliche Schranken bestehen. Im vorliegendenFall beruht die Ablaufleistung der Lebensversicherung aufPrämienzahlungen der Klägerin für 168 Monate, insgesamt 48 Monatewurden Prämien von (zwei) Arbeitgebern einbezahlt. Auch wenn manbei dieser Konstellation die verfassungsrechtlichen Schranken nichtverletzt sieht, so kann nach Auffassung der Kammer doch keinZweifel bestehen, dass verfassungsrechtliche Grundsätze (z.B.Verhältnismäßigkeit, Übermaßverbot) verletzt wären, wenn imkonkreten Fall nicht 48 Monate, sondern beispielsweise nur 48Wochen Direktversicherungsbeiträge in die Ablaufleistung derLebensversicherung eingeflossen wären. Die verfassungsrechtlicheProblematik lässt sich nach Auffassung der Kammer nur sachgerechtlösen, wenn man die Ablaufleistung der Lebensversicherung in einenbeitragsfreien und einen beitragspflichtigen Teil aufspaltet. Dassdies offensichtlich unter versicherungsmathematischenGesichtspunkten ohne größere Schwierigkeiten möglich ist, zeigt dervorliegende Fall.
Der Klage war daher im ausgesprochenen Umfang stattzugeben, imÜbrigen jedoch in Anwendung der §§ 237, 229 SGB V abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Kammer hat die Sprungrevision gem. § 161 SGG zugelassen. Diefür die Entscheidung erhebliche Rechtsfrage, ob beitragsrechtlicheine betriebliche Altersversorgung auch dann vorliegt, wenn derArbeitnehmer/Bezugberechtigte einen Versicherungsvertrag über eineKapitallebensversicherung begründet und sodann später durch einen(oder mehrere) Arbeitgeber im Wege der DirektversicherungVersicherungsbeiträge hierauf gezahlt werden, ist bisher durch dieRechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht geklärt. Die Beklagtehat der Zulassung der Sprungrevision zugestimmt.