AG München, Beschluss vom 01.10.2008 - 1506 IN 2661/08
Fundstelle
openJur 2012, 95804
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen.

II. Der Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten wird zurückgewiesen.

III. Der Gegenstandswert wird auf Euro 1500,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Schuldner hat am 27.2.2007 unter Az 1506 IN 748/07 Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt und gleichzeitig die Stundung der Verfahrenskosten beantragt.

Da er Fragen des Gerichts nicht beantwortet hat, wurde der Stundungsantrag durch Beschluss vom 3.4.2007 zurückgewiesen.

Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht München I am 24.5.2007 unter Az. 14 T 7770/07 verworfen.

Der anschließenden Aufforderung, die Verfahrenskosten von 1.800,- Euro einzubezahlen, kam der Schuldner nicht nach, weshalb sein Insolvenzantrag am 23.7.2007 mangels Masse abgewiesen wurde. Dieser Beschluss ist rechtskräftig.

Am 14.8.2008 stellte der Schuldner erneut Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens  und beantragte wiederum die Stundung der Verfahrenskosten. Auf Hinweis des Gerichts, dem Insolvenzantrag stehe die materielle Rechtskraft des Abweisungsbeschlusses im Vorverfahren entgegen, da sich die Vermögensverhältnisse des Schuldners nicht verbessert hätten, hielt dieser seine Anträge aufrecht.

II.

Dem erneuten Insolvenzantrag steht die materielle Rechtskraft des im Vorverfahren ergangenen Abweisungsbeschlusses entgegen, § 4 InsO iVm § 322 Abs. 1 InsO. Da der Insolvenzantrag damit unzulässig ist, war auch der erneute Stundungsantrag zurückzuweisen.

7Wie andere Beschlüsse in Vollstreckungsverfahren ( Beispiele bei Vollkommer in Zöller, ZPO, 27.Aufl. Rdn 42 zu § 349) sind auch Entscheidungen im Gesamtvollstreckungsverfahren, durch die das Verfahren eröffnet oder mangels Masse abgewiesen wurde, der materiellen Rechtskraft fähig ( zur Konkursordnung: BGH WM 86, 333; zur Insolvenzordnung: BGH ZIP 2002, 1695).

Die materielle Rechtskraft hindert einerseits Gerichte (innerhalb bestimmter objektiver, subjektiver und zeitlicher Grenzen) an  einer abweichenden  Entscheidung über denselben Gegenstand.

Zum anderen stellt sie sicher, dass sich Gerichte mit ein und demselben Streitstoff bei unveränderter Sachlage nicht wiederholt befassen müssen, dient also der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Dies wird von einem Teil der insolvenzrechtlichen Kommentatoren  nicht oder unzureichend  berücksichtigt.

Würde man deren Auffassung folgen, könnte jeder Schuldner - wie dies in der Praxis auch tatsächlich vorkommt - unmittelbar nach Rechtskraft eines Abweisungsbeschlusses (oder auch mehrerer zeitlich nacheinander ergangener Abweisungsbeschlüsse) einen Neuantrag  samt Stundungsantrag stellen und dadurch eine Art juristisches perpetuum mobile in Bewegung setzen. Dies wäre der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden in hohem Maße abträglich.

11Gegenstand der Rechtskraft ist die im Abweisungsbeschluss enthaltene Feststellung, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist, eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse fehlt und ein zur Kostendeckung ausreichender Betrag nicht vorgeschossen wurde.

An all diesen Feststellungen hat sich bei Stellung des Neuantrags nichts geändert.

Ob auch die Zurückweisung des Stundungsantrags in materielle Rechtskraft erwachsen kann (was die hM für Entscheidungen im PKH Verfahren verneint und für das mit dem PKH Verfahren nicht ohne weiteres vergleichbare Stundungsverfahren - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden ist), kann offenbleiben.

14Stundung der Verfahrenskosten kann nämlich immer nur bewilligt werden, wenn ein zulässiger Eigeninsolvenzantrag vorliegt.

Kosten: § 4 InsO iVm § 91 ZPO.

Gegenstandswert: §§ 43, 58 GKG.

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