VG München, Urteil vom 24.10.2008 - M 22 K 07.3782
Fundstelle
openJur 2012, 95461
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Geschäftsführer der Klägerin, einer Handelsgesellschaft, meldete für diese bei der Beklagten ab dem 15. November 2004 die Tätigkeit „Internet- und Informationsdienste“ für die Betriebsstätte ... im Stadtgebiet der Beklagten an. Bei Kontrollen im Januar 2005 stellte die Kriminalpolizei fest, dass in der Betriebsstätte ein Wettbüro betrieben wurde, sie fand dabei u. a. Wettlisten der Firma …. Nach Feststellungen der Kriminalpolizei wurde von der Klägerin in den Betriebsstätten ... (seit mindestens 1. April 2005), ... (seit mindestens 15. Oktober 2005) und ... die Möglichkeit geboten und auch angenommen, Sportwetten abzugeben, die an die ... Firma ... vermittelt wurden.

Die Beklagte untersagte der Klägerin daraufhin mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom ... März 2005 auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. § 284 StGB die unerlaubte Sportwettvermittlung und -veranstaltung von Sportwetten und ordnete die Einstellung dieser Tätigkeiten an. Hiergegen ließ die Klägerin Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen (M 22 S 05.1009). Nachdem die Beklagte im Hinblick auf den zwischenzeitlich ergangenen Beschluss des BVerfG vom 27. April 2005 (NVwZ 2005, 1303) erklärt hatte, aus der Anordnung des Sofortvollzugs nicht zu vollstrecken, wurde die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und das Verfahren eingestellt.

Unter Hinweis auf das Senatsurteil des BVerfG vom 28. März 2006 (NJW 2006, 1261) erklärte die Beklagte mit Bescheid vom ... April 2006 die im Bescheid vom ... März 2005 getroffenen Verfügungen für sofort vollziehbar und drohte für den Fall der nicht fristgerechten Einstellung die Unterbindung der illegalen Tätigkeit mit unmittelbarem Zwang an. Den hiergegen gerichteten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 16. August 2006 (M 22 S 06.1635) ab, die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der BayVGH mit Beschluss vom 9. November 2006 (24 CS 06.2355) zurück.

Nach Erlass der Grundsatzentscheidung des BayVGH vom 3. August 2006 (NVwZ 2006, 1430) begann die Beklagte mit der Schließung der in ihrem Stadtgebiet noch betriebenen Wettbüros, am 9. August 2006 schloss sie die Wettbüros der Klägerin in der ..., der ..., der ... und der ... (in der Akte der Beklagten teilweise bezeichnet mit ...).

Mit Datum vom ... Oktober 2006 erließ die Beklagte „im Nachgang zu dem bereits am ...03.2005 ergangenen Bescheid“ einen weiteren, für sofort vollziehbar erklärten Bescheid, in dem sie der Klägerin die unerlaubte Sportwettvermittlung und -veranstaltung in den als Wettbüros betriebenen Betriebsstätten ..., ... und ... sowie in allen anderen bisher nicht bekannten und zukünftigen Betriebsstätten in ihrem Stadtgebiet untersagte, die Einstellung dieser Tätigkeiten mit Ablauf des Tages der Zustellung des Bescheids verfügte und für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung die Unterbindung der weiteren Ausübung der illegalen Tätigkeit mit unmittelbarem Zwang androhte. Die Beklagte hob mit Bescheid vom ... Oktober 2006 jeweils die Androhung des Zwangsmittels des unmittelbaren Zwangs in den Bescheiden vom ... April 2006 und vom ... Oktober 2006 auf und verfügte die Betriebseinstellung unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 20.000 € für jede Zuwiderhandlung. Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei festgestellt worden, dass die Klägerin trotz der Verfügungen vom ... April 2006 und ... Oktober 2006 die Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten wieder aufgenommen habe, es bedürfe deshalb der erneuten Aufforderung zur Betriebseinstellung und der Androhung, ggf. Anwendung des Zwangsmittels, um die Klägerin zur Erfüllung ihrer Verpflichtung aus den Bescheiden vom ... April 2006 und ... Oktober 2006 anzuhalten.

Am 25. Oktober 2006 legte der Bevollmächtigte der Klägerin gegen die Bescheide vom ... Oktober 2006 und vom ... Oktober 2006 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid der Regierung ... vom ... Februar 2008 zurückgewiesen wurde; über die Klage vom 4. März 2008 auf Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom ... März 2005, ... April 2006, ... Oktober 2006 sowie ... Oktober 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung ... vom ... Februar 2008 (Az. M 16 K 08.1044) ist noch nicht entschieden.

Am 7. März 2007 stellte die Beklagte im Beisein der Kriminalpolizei fest, dass die Betriebsstätte in der ... wieder geöffnet war. In der Betriebsstätte befanden sich sechs PCs, an dreizehn Bildschirmen wurden Sportveranstaltungen übertragen. Es lagen Wettprogramme der Firma ... auf. Es wurden fünf Personen angetroffen, die an den PCs die Seiten des Wettanbieters ... geöffnet und dort Wetten platziert hatten. Der Geschäftsführer der Klägerin teilte mit, er nehme keine Sportwetten mehr an oder vermittle Sportwetten, er verkaufe Paysafecards, auf denen sich jeder Kunde ein Guthaben aufladen und auf der Internetseite von ... registrieren lassen könne. Er stelle lediglich die PCs zur Verfügung und sei nicht verantwortlich dafür, welche Seiten die Kunden aufriefen. Zur Frage, wie der Kunde den Gewinn erhalte, äußerte er sich nicht.

Am selben Tag wurde auch die Wiedereröffnung der Betriebsstätte in der ... festgestellt. Es lagen auch hier Wettprogramme der Firma ... auf, weitere wurden gerade von dem anwesenden Mitarbeiter der Klägerin kopiert. Die vier Bildschirme, die sich im Wettbüro befanden, zeigten alle die Seiten von ... an, an den vier großen Bildschirmen wurden verschiedene Sportveranstaltungen übertragen.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom ... März 2007 verfügte die Beklagte - unter Androhung unmittelbaren Zwangs - gegenüber der Klägerin die Einstellung der Sportwettvermittlung und -veranstaltung, am 8. März 2007 setzte sie gegen die Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 40.000 € fest, da festgestellt worden sei, dass am 7. März 2007 in den Betriebsstätten ... und ... entgegen dem Bescheid vom ... Oktober 2006 wieder Sportwetten vermittelt worden seien. Hiergegen erhob der Bevollmächtigte Widerspruch, da das der Klägerin angelastete Verhalten (Zurverfügungstellen von PCs mit Internetanschluss und Verkauf von sog. Paysafecards) nicht von der Ausgangsverfügung erfasst sei. Es werde nicht bestritten, dass die Kunden auch bei verschiedenen Wettanbietern gewettet hätten, die Klägerin habe damit aber allenfalls die Tatbestandsalternative des Bereitstellens einer Einrichtung (§ 284 StGB) erfüllt. Weiter heißt es in dem Schreiben wörtlich: „Bei diesen Gegebenheiten ist die Vollziehung der Zwangsgeldfestsetzung rechtswidrig. Dennoch wird meine Mandantin derartige Tätigkeiten nicht mehr betreiben. Dies kann durch geeignete Maßnahmen, wie bereits besprochen, sichergestellt werden.“ Mit Schreiben vom 20. April 2007 teilte der Bevollmächtigte der Klägerin der Beklagten „der guten Ordnung halber“ mit, dass die Klägerin in Folge der Zusage der Beklagten die Versiegelung aufheben werde.

Am 30. August 2007 kontrollierte die zuständige Polizeiinspektion die Betriebsstätten. Dabei wurden in der ... zwei Kunden vor PCs angetroffen, die jeweils Sportwettangebotsseiten der Fa. ... aufgerufen hatten. Der Geschäftsführer der Klägerin wies jegliche Verantwortung für die Internetangebote seiner Kunden zurück, da er hierauf keinen Einfluss habe. Die Beklagte habe diese Form des Internetcafébetriebs genehmigt. Laut Rücksprache mit der Beklagten war dem Geschäftsführer der Klägerin der Betrieb jedoch nur mit der Auflage gestattet worden, die entsprechenden Zugangsseiten mit Sportwetten zu sperren, so dass eine Wettabgabe durch Kunden nicht möglich sei. Bei einer Überprüfung des Verlaufs der aufgerufenen Seiten in der Betriebsstätte ... stellte die Polizei fest, dass ausschließlich Internetseiten von ... besucht worden waren. Über die PCs wurden Sportwetten mit Paysafe-Karten aufgegeben, die in der Betriebsstätte gekauft werden konnten. Ein Kunde sagte bei der Kriminalpolizei als Zeuge aus, das Angebot von ... sei ihm als legal vorgestellt worden, zum Platzieren einer Wette bei ... habe er von dem Beschäftigten im Wettbüro eine Kundennummer erhalten. Die PCs könnten ungehindert und kostenfrei benutzt werden.

Mit dem streitgegenständlichen, für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom ... September 2007 forderte die Beklagte die Klägerin auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. § 284 StGB auf, die Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten bzw. die Einrichtung (Internetanschluss) hierzu bereit zu stellen in den als Wettbüros betriebenen Betriebsstätte ... und ... sowie allen anderen bisher nicht bekannten und zukünftigen Betriebsstätten im Bereich der Beklagten ohne die erforderliche Erlaubnis mit sofortiger Wirkung einzustellen (Nr. 1) und drohte ihr für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung an, die Ausübung der unerlaubten Tätigkeit durch Anwendung unmittelbaren Zwanges (z.B. durch Wegnahme von Geschäftsunterlagen und Geschäftsausstattungsgegenständen, Versiegelung von Betriebsräumen u.a.) zu verhindern (Nr. 2). Zur Begründung verwies die Beklagte auf die Begründung ihrer Bescheide vom ... März 2005, ... April 2006, ... Oktober 2006 und ... Oktober 2006. Nach Abwägung aller Möglichkeiten und Umstände erscheine die Aufforderung zur Betriebseinstellung als geeignetes und erforderliches Mittel, um die Betroffene zur Erfüllung ihrer Verpflichtung - die Unterlassung der illegalen Tätigkeit - anzuhalten; nur durch die Verhinderung der Fortführung ihrer Tätigkeit sei der angestrebte Zweck zu erreichen. Die Frist sei zumutbar, da die Betroffene bereits durch die vorangegangenen Bescheide gewusst habe, dass die Veranstaltung und Vermittlung eines nicht genehmigten Glücksspiels, die Teilnahme daran und die Werbung dafür verboten seien. Nur durch die Verhinderung der Fortführung der illegalen Tätigkeit sei der angestrebte Zweck zu erreichen, da weniger einschneidende Maßnahmen nicht zur Durchsetzung der Unterbindung führen würden.

Der Bescheid wurde der Klägerin in Kopie gegen Empfangsbekenntnis in der Betriebsstätte ... am ... September 2007 ausgehändigt, dem Bevollmächtigten am ... September 2007 vorab gefaxt.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 4. September 2007, eingegangen am 5. September 2007, ließ die Klägerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erheben mit dem Antrag :

Der Bescheid der Beklagten vom ...9.2007 wird aufgehoben.

Den gleichzeitig mit Klageerhebung gestellten Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom ... September 2007 lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 22. Oktober 2007 (Az. M 22 S 07.3783) ab, die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der BayVGH mit Beschluss vom 13. Dezember 2007 (Az. 24 CS 07.3070) zurück.

Zur Begründung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO wurde im Wesentlichen vorgetragen, die Klägerin betreibe zwischenzeitlich in den Ladengeschäften ... und ... ein Internetcafé, sie habe lediglich internetfähige PCs nicht zur Wettabgabe, sondern zur allgemeinen Nutzung bereitgestellt, was per se keine strafbare Handlung sei. Die Verfügung sei auch deshalb rechtswidrig, weil diese bis auf den Klammerzusatz „Internetanschluss“ bereits so mehrfach erlassen worden sei. Sie sei auch unverhältnismäßig und nicht geeignet, das verfolgte Ziel zu erreichen. Falls man in der streitgegenständlichen Verfügung eine Neuverfügung sehen würde, hätte zunächst ein Zwangsgeld als das mildere Mittel angedroht werden müssen, dies gelte zumindest für den neuen Teil der Anordnung, die Bereitstellung eines Internetanschlusses zu unterlassen.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2007 beantragte die Beklagte:

Die Klage wird abgewiesen.

Nach den Feststellungen der Polizei würden in den Betriebsstätten ... und ... Internetanschlüsse zur Sportwettabgabe bereitgestellt. Die Aufforderung zur Betriebseinstellung sei ein geeignetes und erforderliches Mittel, um die Klägerin zur Erfüllung ihrer Verpflichtung - die Unterlassung der illegalen Tätigkeit - anzuhalten. Die gesetzte Frist sei verhältnismäßig, da der Klägerin bereits mit früheren Bescheiden die Veranstaltung und Vermittlung eines nicht genehmigten Glücksspiels und die Teilnahme daran untersagt worden sei.

Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2008 trug der Bevollmächtigte zur Klagebegründung vor, die Rechtslage habe sich verändert, durch Auslaufen der vom BVerfG gewährten Übergangsfrist seien die Anforderungen an den Bestand eines Staatsmonopols deutlich strenger geworden. In Bayern seien durch das neue geschaffene Sportwettmonopol und dessen tatsächliche Ausgestaltung die Maßgaben des BVerfG im Urteil vom 28. März 2006 nicht umgesetzt worden. Das Angebot der staatlichen Lotteriegesellschaft sei weder am Jugendschutz noch an der Suchtprävention orientiert. Die Verfügung sei rechtswidrig, weil sie auf einer verfassungswidrigen Ermächtigungsgrundlage beruhe. Der am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) sowie das Ausführungsgesetz hierzu (AGGlüStV) verstießen gegen das Grundgesetz. Maßgebliche Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung sei nun § 1 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Diese Normen, die in Zusammenhang mit dem staatlichen Sportwettmonopol zu sehen seien, stünden mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nicht in Einklang, das Staatsmonopol für Sportwetten könne als Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt werden. Es sei nur zulässig, wenn ein überragend wichtiges Gemeinschafsgut dies zwingend erfordere, die Ausgestaltung müsse unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen. Dem nun nach Ablauf der Übergangsfrist geltenden Maßstab der vollständigen Konsistenz zwischen dem Ziel der Bekämpfung der Wettsucht und der tatsächlichen Ausübung des Staatsmonopols werde die derzeitige gesetzliche und tatsächliche Ausprägung des staatlichen Sportwettmonopols in Bayern nicht gerecht. Das staatliche Glücksspielmonopol im Bereich der Sportwetten verstoße auch gegen Europarecht. Es sei wegen des unbedingten Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts nicht anzuwenden. Der Bevollmächtigte nahm Bezug auf das Urteil des VG Freiburg vom 16. April 2008 Az. 1 K 2052/06, wonach § 9 Abs. 1 Satz 3Nr. 3 GlüStV als Rechtsgrundlage der Untersagung der Sportwettvermittlung und -veranstaltung ausscheide, weil die derzeitige Ausgestaltung des staatlichen Sportwettmonopols in Baden-Württemberg (§ 10 Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV) mit Gemeinschaftsrecht unvereinbar sei. Nach dem grundlegenden Prinzip des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts habe das Verwaltungsgericht gemeinschaftswidriges nationales Recht außer Anwendung zu lassen; die Europarechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettmonopols (§ 10 Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV) führe zur Europarechtswidrigkeit auch von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV, denn diese Bestimmung ermächtige die Glücksspielaufsicht, das europarechtswidrige Glücksspielmonopol durchzusetzen und privaten Anbietern das Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten allein deshalb zu untersagen, weil dies gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV ohne Erlaubnis verboten sei. Wegen der europarechtswidrigen Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols könne derzeit nicht von einer Erlaubnispflicht für private Anbieter von Sportwetten ausgegangen werden.

Auf gerichtlichen Hinweis auf die Entscheidungen des BVerfG vom 27. September 2005 Az. 1 BvR 780/05 und Az. 1 BvR 757/05, wonach bei Vorhandensein eines gesetzlich ausgestalteten Erlaubnisverfahrens, selbst wenn dieses die Erteilung einer Erlaubnis allein staatlichen oder staatlich dominierten Veranstaltern vorbehält, verfassungs- und europarechtliche Bedenken gegen einzelne Erlaubnisvoraussetzungen in diesem Erlaubnisverfahren vorzubringen seien, verwies der Bevollmächtigte mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 auf die Urteile des VG Berlin vom 7. Juli 2008 (Az. VG 35 A 108.07) und des VG Freiburg vom 9. Juli 2008 (Az. 1 K 2153/06); danach schlage die Verfassungs- und Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der §§ 10 Abs. 5 i.V.m. 10 Abs. 2 GlüStV selbstverständlich auch auf § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV durch.

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2008 verzichtete die Klägerseite, mit Schreiben vom 21. Oktober 2008 die Beklagte auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Mit Einverständnis beider Parteien konnte über die Klage ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die streitgegenständliche Verfügung (Ziffer 1 des Bescheids der Beklagten vom ... September 2007) war im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtmäßig (vgl. hierzu die ausführliche rechtliche Würdigung im Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 22.10.2007 Az. M 22 S 07.3783, bestätigt durch BayVGH vom 13.12.2007 Az. 24 CS 07.3070). Diese die streitgegenständlichen Anordnung tragende Rechtsgrundlage des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG ist mit Inkrafttreten des GlüStV zum 1. Januar 2008 (§ 29 Abs. 1 Satz 1 GlüStV) nicht entfallen (zur fortdauernden Wirksamkeit ohne weitere formale Bestätigung eines vor dem 1. Januar 2008 ergangenen Untersagungsbescheids siehe auch BayVGH vom 6.6.2008 Az. 10 CS 07.3402; VG Hamburg vom 15.4.2008 Az. 4 E 971/08; OVG Hamburg vom 25.3.2008 Az. 4 Bs 5/08; VG Koblenz vom 26.3.2008 Az. 5 K 1512/07.KO; VGH Mannheim vom 17.3.2008 Az. 6 S 3069/07; OVG NRW vom 22.2.2008 Az. 13 B 1215/07).

Die streitgegenständliche Verfügung erweist sich auch dann als rechtmäßig, wenn - da es sich bei der streitgegenständlichen Verfügung der Einstellung der untersagten Tätigkeit und des Verbots ihrer Fortsetzung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt - für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgestellt wird, also die am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Rechtsvorschriften des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV, bekannt gemacht am 5.12.2007, GVBl 2007, 906) und des hierzu ergangenen Ausführungsgesetzes (AGGlüStV vom 20.12.2007, GVBl 2007, 922) herangezogen werden (so auch z.B. BayVGH vom 2.6.2008 Az 10 CS 08.1008 und 10 CS 08.1102; OVG Hamburg vom 25.3.2008 Az. 4 Bs 5/08; VG Koblenz vom 26.3.2008 Az. 5 K 1512/07.KO; VGH Mannheim vom 17.3.2008 Az. 6 S 3069/07; OVG NRW vom 22.2.2008 Az. 13 B 1215/07).

Die streitgegenständliche Verfügung findet im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder aufgrund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen, sie kann insbesondere (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV) die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV sind für die Ausübung der Befugnisse nach § 9 Abs. 1 GlüStV auch die Gemeinden als Sicherheitsbehörden zuständig.

Die von der Klägerin ausgeübte und mit der streitgegenständlichen Verfügung unterbundene Tätigkeit der Sportwettveranstaltung und -vermittlung sowie des Bereitstellens einer Einrichtung hierzu ist vom Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV erfasst, da es sich dabei um die Vermittlung und Ermöglichung unerlaubter Glücksspiele im Sinne von § 4 Abs. 1 GlüStV handelt. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV dürfen öffentliche Glücksspiele - wozu Sportwetten nach gefestigter Rechtsprechung zählen - nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden; nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV ist das Veranstalten und das Vermitteln ohne diese Erlaubnis („unerlaubtes Glücksspiel“) verboten. Unstreitig hat die Klägerin auch derzeit keine Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten an einen im EU-Ausland ansässigen und dort konzessionierten Veranstalter.

Dem in § 4 Abs. 1 GlüStV und Art. 2 AGGlüStV vorgesehenen Erlaubnisverfahren unterfallen auch die Vermittler, die an einen nichtstaatlichen, nur im EU-Ausland konzessionierten Veranstalter Sportwetten vermitteln wollen. Dem GlüStV ist nicht zu entnehmen, dass der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV sich nur auf die Vermittler beziehen sollte, die Sportwetten an einen in Bayern zugelassenen, somit - nach der gegenwärtigen Gesetzeslage - staatlichen oder staatlich beherrschten Veranstalter vermitteln wollen. Dies ergibt sich insbesondere aus der Gesetzessystematik: Der Erlaubnisvorbehalt für das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen ist im Ersten Abschnitt des GlüStV „Allgemeine Vorschriften“ in Abs. 1 des § 4 GlüStV „Allgemeine Bestimmungen“ verankert, das Staatsmonopol hingegen im Zweiten Abschnitt des GlüStV „Aufgaben des Staates“ in § 10 GlüStV „Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielangebots“ (§ 10 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 GlüStV). Auch die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV, die klarstellt, dass eine Erlaubnis für das Vermitteln von nach diesem Staatsvertrag nicht erlaubten Glücksspielen nicht erteilt werden darf, macht nur Sinn, wenn eben auch für die beabsichtigte Vermittlung an private Veranstalter, die nicht in Bayern konzessioniert sind, das Erlaubnisverfahren eingeleitet werden muss.

Die ausnahmslose und unterschiedslose Anwendbarkeit der Vorschriften über das Erlaubnisverfahren auf alle Arten der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen kommt auch in der Begründung zum GlüStV (LT-Drs. 15/8486) zum Ausdruck. Diese weist an den verschiedensten Stellen auf die grundsätzliche Notwendigkeit des Erlaubnisverfahrens für alle Veranstalter und Vermittler hin; die zur Vermeidung von Glücksspielsucht notwendigen Schranken für die Veranstaltung, die Vermarktung und den Vertrieb von Glücksspielangeboten „sollen allgemein für staatliche wie für private Veranstalter gelten; Abstriche von diesem Schutzniveau werden nur für Glücksspiele mit geringerem Gefährdungspotenzial zugelassen“ (A. Ziffer II.2.1. der Gesetzesbegründung, a.a.O. S. 10); die Beachtung der suchtpräventiven und allgemeinwohlbezogenen Zielsetzungen des Staatsvertrags müsse gerade im Hinblick auf die in Zusammenhang mit der gewerblichen Spielvermittlung in den vergangenen Jahren gemachten negativen Erfahrungen im Hinblick auf aggressive und teilweise betrügerische Werbung von Mitspielern durch eine vorhergehende Prüfung in einem Erlaubnisverfahren gesichert werden (a.a.O. S. 13 f).

Das sowohl für die Veranstaltungs-, als auch für die Vermittlungstätigkeit vorgesehene Erlaubnisverfahren ist im Einzelnen in Art. 2 AGGlüStV geregelt. Danach ist Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV (u.a.), dass die Einhaltung der Jugendschutzanforderungen nach § 4 Abs. 3 GlüStV, des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV, der Werbebeschränkungen nach § 5 GlüStV, der Anforderungen an das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV und der Anforderungen an die Aufklärung über Suchtrisiken nach § 7 GlüStV sichergestellt ist (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGGlüStV), weitere Voraussetzung ist die Zuverlässigkeit des Vermittlers, der insbesondere die Gewähr dafür bieten muss, dass die Veranstaltung und Vermittlung ordnungsgemäß und für die Spielteilnehmer nachvollziehbar durchgeführt wird (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV); bei gewerblichen Spielevermittlern muss außerdem die Einhaltung der Anforderungen des § 19 GlüStV sichergestellt sein (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AGGlüStV).

Dass die Veranstaltung dieser Glücksspiele durch die zuständigen Behörden des Freistaats Bayern erlaubt wurde (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 AGGlüStV), ist also nicht alleinige Voraussetzung für den Erhalt der Vermittlungserlaubnis. Dann kommt es aber auf die Frage, ob das im Sportwettbereich bestehende Staatsmonopol (§ 10 Abs. 5 i.V.m. § 10 Abs. 2 GlüStV) den verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung des damit verbundenen Eingriffs in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) bzw. in die gemeinschaftsrechtlich garantierte Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit (Art. 43, 49 EG) genügt, im vorliegenden Kontext gar nicht mehr an.

Wenn nämlich nun - im Gegensatz zu der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechtslage - ein Zulassungsverfahren für die Sportwettveranstaltung und -vermittlung gesetzlich normiert ist, ist die Untersagung der unerlaubten Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten allein wegen der fehlenden Einholung der gesetzlich vorgesehenen und geregelten Erlaubnis gerechtfertigt. Denn dieses Erlaubnisverfahren ist vor Ausübung der Tätigkeit selbst dann durchzuführen, wenn die Vermittlung an einen privaten Sportwettveranstalter beabsichtigt und nach der Gesetzeslage die Erteilung einer solchen Erlaubnis, wie auch die Erteilung einer Erlaubnis für private Veranstalter, generell ausgeschlossen ist. Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Erlaubnisvoraussetzung mit höherrangigem Verfassungsrecht oder - im Einzelfall vorgehendem - Gemeinschaftsrecht sind zunächst innerhalb dieses gesetzlich vorgesehenen Zulassungsverfahrens vorzubringen.

Dies entspricht auch der - das Gericht bindenden - Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschlüsse vom 27.9.2005 Az. 1 BvR 789/05 WM 2005, 2200, und Az. 1 BvR 757/05 NVwZ 2006, 326). Die den Entscheidungen des BVerfG zugrundeliegenden Fallkonstellationen (betreffend Sachsen-Anhalt) entsprechen derjenigen des vorliegenden Falles: Auch in Sachsen-Anhalt war nach Erlass der dem BVerfG vorgelegten Untersagungsverfügungen das Glücksspielgesetz - GlüG LSA - vom 22.12.2004 (GVBl LSA 2004, 846) in Kraft getreten, das in § 13 Abs. 1 GlüG LSA eine Erlaubnispflicht für die gewerbliche Glücksspielvermittlung vorsah, wobei Voraussetzung für die Erlaubniserteilung die Veranstaltung durch ein Unternehmen war, dessen sämtliche Anteile dem Land gehörten (§ 13 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 3 GlüG LSA). Nach der o.g. Rechtsprechung des BVerfG war durch das GlüG LSA unabhängig von der Frage der Vereinbarkeit seines § 13 mit Verfassungsrecht sowie mit europäischem Gemeinschaftsrecht ein „rechtsförmiges und voraussetzungsvolles Verfahren zur Erlangung einer Erlaubnis für Wettvermittlungstätigkeiten geschaffen“ worden; Zweifel an der Vereinbarkeit des § 13 GlüG LSA oder einzelner seiner - restriktiven - Voraussetzungen mit höherrangigem Verfassungs- oder im Einzelfall vorrangigem Gemeinschaftsrecht seien daher zunächst innerhalb dieses gesetzlich vorgesehenen Verfahrens vorzubringen, das als präventives Kontrollregime für die Wettvermittlungstätigkeit auch für den Fall notwendig durchzuführen sei, dass einzelne Erlaubnisvoraussetzungen einer verfassungs- oder gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung bedürften. Auch das OLG Düsseldorf hat in seinem rechtskräftigen Urteil vom 8. August 2007 (Az. VI-U (Kart) 40/06; rechtskräftig nach Beschluss des BGH über die Nichtannahme der Revision vom 10.6.2008 Az. KZR 61/07) bestätigt, dass die von der dortigen Klägerin, einer auf Malta ansässigen Veranstalterin, behauptete EG-Rechtswidrigkeit des das Staatsmonopol begründenden § 1 Abs. 1 SportwettenG NRW vom 3.5.1999 i.d.F. vom 14.12.1999 einschließlich der Folgen seiner Unanwendbarkeit in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen die Nichterteilung einer beantragten Zulassung vorgebracht werden könnte, dass aber selbst aus einer unterstellten EG-Rechtswidrigkeit einer Zulassungsvorschrift nur deren Unanwendbarkeit folgt, nicht aber ein darüber hinausgehender individueller Zulassungsanspruch eines Mitbewerbers. Die grundsätzliche Zulässigkeit eines Erlaubnisvorbehalts im Bereich des Glücksspielwesens hat schließlich auch der EuGH im Urteil vom 6.3.2007 in der Rechtssache „…“ ausdrücklich bestätigt (NVwZ 2007, 675 Rn 65).

Die von dem Bevollmächtigten der Klägerin vertretene Rechtsauffassung, unter Berufung auf die Urteile des VG Freiburg vom 9.7.2008 (Az. 1 K 2153/06) und des VG Berlin vom 7.7.2008 (Az. VG 35 A 108.07), die - von diesen Gerichten angenommene - Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Staatsmonopols im Sportwettbereich führe zur Nichtigkeit des GlüStV insgesamt, jedenfalls des § 9 Abs. 1 GlüStV als im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt heranzuziehende Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung, findet im Gesetz keine Stütze und steht im klaren Widerspruch zu den oben zitierten Vorgaben des BVerfG. Wie ausgeführt wurde, dient das Erlaubnisverfahren der konsequenten Verfolgung der in § 1 GlüStV genannten Ziele des GlüStV, indem es auch spezielle Anforderungen an die gewerblichen Vermittler von Sportwetten stellt; die Erfüllung dieser Auflagen ist gerade dann besonders wichtig, wenn die Vermittlung an Veranstalter, die ihrerseits nicht dem Kontrollregime des GlüStV unterliegen, erfolgen soll. Die von einigen Verwaltungsgerichten angenommene Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Staatsmonopols im Sportwettbereich (von der im Übrigen zwischenzeitlich nicht einmal mehr die EU-Kommission ausgeht, die ihre Anfrage vom 31. Januar 2008 ausdrücklich nicht auf die das Staatsmonopol begründenden Normen des § 10 Abs. 5 und § 10 Abs. 2 GlüStV bezieht) könnte nur bedeuten, dass ein Antrag auf Erlaubniserteilung zur Sportwettvermittlung nicht allein wegen Nichterfüllung der Voraussetzung des Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV (in Bayern) abgelehnt werden könnte. Die vom Klägerbevollmächtigten vertretene Rechtsauffassung, wegen eines angenommenen Verstoßes des (in Bayern geltenden) Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV gegen Gemeinschaftsrecht komme auch die Norm des § 9 Abs. 1 GlüStV nicht zur Anwendung, setzt sich jedoch über die gesetzgeberische Entscheidung hinweg, zur Einhaltung der Ziele des GlüStV ein Erlaubnisverfahren auch für die Sportwettvermittlung gesetzlich vorzuschreiben. Im Übrigen hat auch das BVerfG in der jüngsten Entscheidung vom 14. Oktober 2008 (Az. 1 BvR 928/08) die Erforderlichkeit der Erlaubnispflicht ausdrücklich mit der Begründung bestätigt, dass ein repressives Vorgehen nicht dieselbe Effizienz haben könne wie eine präventive Zulassungskontrolle und die zuständigen Landesbehörden nur im Falle eines förmlichen Erlaubnisverfahrens einen genauen Überblick über den Kreis der tätigen Glücksspielveranstalter und -vermittler erhielten.

Im vorliegenden Fall ist daher die streitgegenständliche Verfügung, die ihre Rechtsgrundlage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV findet, bereits deshalb zu Recht ergangen, weil die Klägerin keine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV zur Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten hat und ihr die Durchführung des gesetzlich vorgesehenen Erlaubnisverfahrens im Sinne eines - sowohl verfassungsrechtlich als auch gemeinschaftsrechtlich unbedenklichen - präventiven Kontrollregimes zuzumuten ist. Auf die Frage der Rechtmäßigkeit des gesetzlich begründeten Staatsmonopols im Bereich der Sportwettveranstaltung kommt es daher im vorliegenden Verfahren, das die Untersagung der unerlaubten Tätigkeit betrifft, nicht an; die von der Klägerseite in diesem Verfahren vorgebrachten verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Bedenken insbesondere gegen das fortbestehende Staatsmonopol im Sportwettbereich sind im Erlaubnisverfahren vorzubringen.

Der streitgegenständlichen Anordnung vom ... September 2007 steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte der Klägerin bereits mit vorangegangenen Bescheiden vom ... März 2005 (in der Fassung des Bescheids vom ... April 2006) und vom ... Oktober 2006 die Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten ohne erforderliche Erlaubnis untersagt hatte. Denn der streitgegenständliche Bescheid erging insoweit vor einer neuen Tatsachengrundlage: Durch die Umgestaltung des reinen Sportwettvermittlungsbetriebs, bei dem der gesamte Wettvorgang für die Wettteilnehmer durch die Klägerin vorgenommen wurde, in ein Wettbüro in der Form eines Internetcafés, in dem die Wettteilnehmer bei der Wettabgabe zwar durch die Klägerin durch die (unentgeltliche) Zurverfügungstellung von PCs, durch Auslegen von Wettlisten und den Verkauf von Paysafecards unterstützt wurden, die Kunden aber die Wetten über Internet selbst abgegeben haben, hatte sich die Sachlage in einer Weise geändert, die eine Neubeurteilung erforderlich machte, zumal diese Änderung gerade von der Klägerseite gegen eine Vollstreckung aus den bereits ergangenen vollziehbaren Bescheiden eingewandt worden war. Die Beklagte war daher nicht gehindert, der neuen Sachlage durch Erlass eines neuen Bescheids Rechnung zu tragen; sie musste bei dieser geänderten Sachlage die unerlaubte und untersagte Tätigkeit nicht durch Vollzug der bereits ergangenen, sofort vollziehbaren Untersagungsbescheide unterbinden.

Dass die Wiedereröffnung eines früher als Wettbüro betriebenen Geschäftslokals mit dem Zurverfügungstellen von Internetanschlüssen an PCs, auf denen - wie hier bei Bescheidserlass - keinerlei Filtersoftware bezüglich der Seiten von illegalen privaten Sportwettveranstaltern installiert ist, für sich genommen ein sicherheitsrechtliches Einschreiten zur Verhütung der Sportwettvermittlung und -veranstaltung rechtfertigt, wurde bereits im Beschluss des erkennenden Gerichts vom 22. Oktober 2007 (Az. M 22 S 07.3783) dargelegt und wurde vom BayVGH im Beschluss vom 13. Dezember 2007 (Az. 224 CS 07.3070) bestätigt; auf die diesbezüglichen Ausführungen, an deren Gültigkeit sich durch das Inkrafttreten des GlüStV und des AGGlüStV nichts geändert hat, wird daher Bezug genommen.

Auch die Androhung unmittelbaren Zwangs ist rechtmäßig.

Verwaltungsakte, mit denen die Herausgabe einer Sache, die Vornahme einer sonstigen Handlung oder eine Duldung oder eine Unterlassung gefordert wird, können nach den Vorschriften der Art. 29 ff. Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG - vollstreckt werden (Verwaltungszwang, Art. 29 Abs. 1 VwZVG). Zulässige Zwangsmittel sind nach Art. 29 Abs. 2 VwZVG das Zwangsgeld (Art. 31 VwZVG), die Ersatzvornahme (Art. 32 VwZVG), die Ersatzzwangshaft (Art. 33 VwZVG) sowie der unmittelbare Zwang (Art. 34 VwZVG). Das Zwangsmittel muss in angemessenem Verhältnis zu seinem Zweck stehen (Art. 29 Abs. 3 Satz 1 VwZVG); es ist möglichst so zu bestimmen, dass der Betroffene und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt werden (Art. 29 Abs. 3 Satz 2 VwZVG). Führen die sonstigen zulässigen Zwangsmittel nicht zum Ziel oder würden sie dem Pflichtigen einen erheblich größeren Nachteil verursachen als unmittelbarer Zwang oder lässt ihre Anwendung keinen zweckentsprechenden und rechtzeitigen Erfolg erwarten, so kann die Vollstreckungsbehörde den Verwaltungsakt durch unmittelbaren Zwang vollziehen (Art. 34 Satz 1 VwZVG). Die Behörde muss also dann nicht ein den Verpflichteten möglicherweise weniger belastendes Zwangsgeld androhen, wenn diese Androhung nicht in gleicher Weise geeignet ist, die unverzügliche Beachtung der behördlichen Forderung sicherzustellen.

Die von der Behörde vorzunehmende Beurteilung, ob die Androhung eines Zwangsgeldes einen zweckentsprechenden und rechtzeitigen, also der Androhung des unmittelbaren Zwangs vergleichbaren, Erfolg erwarten lässt, erfordert eine gerichtlich überprüfbare Prognoseentscheidung auf der Grundlage der der Behörde zur Verfügung stehenden Erkenntnisse. Die von der Beklagten bei Erlass der streitgegenständlichen Zwangsmittelandrohung vorgenommene Prognose-entscheidung, dass die Androhung eines Zwangsgeldes die Klägerin nicht in gleich effektiver Weise wie die Androhung des unmittelbaren Zwangs veranlassen werde, die Einstellungsverfügung zu befolgen, ist nicht zu beanstanden; Ermessensfehler sind insoweit nicht ersichtlich. Im vorliegenden Fall ist die Richtigkeit der von der Beklagten bei der streitgegenständlichen Androhung getroffenen Prognoseentscheidung bereits durch das vorangegangene Verhalten der Klägerin selbst gerechtfertigt: Der Bevollmächtigte der Klägerin hatte im Schreiben vom 20. März 2007 versichert, die Klägerin werde - und zwar unabhängig vom Erlass einer Verbotsverfügung - „derartige Tätigkeiten“, nämlich des Bereitstellens von Einrichtungen zur unerlaubten Sportwettvermittlung, nicht (mehr) betreiben und dies durch geeignete Maßnahmen sicherstellen. Aus der Anzeige der Aufhebung der Versiegelung der Betriebsstätte im Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 20. April 2007 musste die Beklagte im Hinblick auf diese Zusicherung nicht entnehmen, dass mit der Wiedereröffnung des „Internetcafés“ die Abgabe von Sportwetten an private Sportwettveranstalter ermöglicht werden solle. Trotz dieser ausdrücklichen Zusicherung hat die Klägerin den Betrieb im ursprünglichen Umfang (Zurverfügungstellen von PCs zur Wettabgabe und Unterstützung der Kunden hierbei) zu einem nicht bekannten Zeitpunkt wieder aufgenommen und jedenfalls - nach Zeugenaussage - mindestens zwei bis Monate lang weiterbetrieben. Die Beklagte war daher zur Androhung des unmittelbaren Zwangs berechtigt; ebenso war auch die Forderung der Beklagten nach einer sofortigen Einstellung der Tätigkeit ohne Gewährung einer Abwicklungsfrist gerechtfertigt.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO. Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 40.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- in Orientierung an der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts in Übereinstimmung mit der des BayVGH, z.B. BayVGH vom 14.9.2005 Az. 24 CS 05.2180).