Bayerischer VGH, Beschluss vom 26.09.2008 - 22 A 07.40035
Fundstelle
openJur 2012, 94674
  • Rkr:
Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert wird auf 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Das Verfahren ist aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Klägerin und der Beklagten beendet und einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO in entsprechender Anwendung).

Maßgeblich für die gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen zu treffende Kostenentscheidung ist vorliegend, dass die Klage ohne die anderweitige Verfahrensbeendigung voraussichtlich ohne Erfolg geblieben wäre. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss vom 9. Mai 2007 in eigenen Rechten verletzt ist.

Der Umstand, dass das Eisenbahn-Bundesamt den Planfeststellungsbeschluss erlassen hat, ohne abzuwarten, dass der - nunmehr zwischen der Klägerin und der Beigeladenen geschlossene - Erbbaurechtsvertrag über die für die Ausführung des planfestgestellten Vorhabens notwendigen Grundstücke abgeschlossen wurde, macht den Planfeststellungsbeschluss nicht rechtswidrig. Denn eine freiwillige Vereinbarung zwischen dem Verkehrsträger und dem Eigentümer über den Erwerb oder die Belastung der benötigten Grundstücke war damals nicht absehbar und ist auch keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses. Der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses hindert, unabhängig von seiner Bestandskraft, nicht den späteren Abschluss eines Erbbaurechtsvertrags. Denn die fachplanungsrechtliche Entscheidung wirkt auf die privat-rechtlichen Rechtsverhältnisse nicht unmittelbar ein, verleiht also kein Recht, auf den Grundbesitz des Eigentümers zuzugreifen oder Belastungen an den Grundstücken vorzunehmen (vgl. Schütz in Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, 1. Aufl. 2006, RdNr. 2 zu § 22 m.w.N.). Zwar legt der Planfeststellungsbeschluss mit Bindungswirkung für ein nachfolgendes Enteignungsverfahren fest, dass das Wohl der Allgemeinheit die Inanspruchnahme der benötigten Grundstücke generell rechtfertigt (sog. enteignungsrechtliche Vorwirkung, § 22 Abs. 2 AEG, Art. 28 BayEG); dem Enteignungsverfahren verbleibt aber die Prüfung, ob und in welchem Ausmaß das so konkretisierte Gemeinwohl die Enteignung tatsächlich erfordert (vgl. Art. 6 BayEG). Eine - in jedem Stadium mögliche - gütliche Einigung lässt die Notwendigkeit einer Enteignung entfallen; insoweit entfaltet der Planfeststellungsbeschluss dann keine Wirkungen mehr, worauf das Eisenbahn-Bundesamt im Planfeststellungsbeschluss auch hingewiesen hat (S. 16).

Soweit die Klägerin meint, es handele sich vorliegend um eine privatnützige Planfeststellung, weil die Anlage auch von einem anderen (privaten) Betreiber als der Beigeladenen, einem bundeseigenen Eisenbahnunternehmen, betrieben werden könnte, weswegen die Durchführung des Vorhabens nicht im öffentlichen Interesse liege, ist dem nicht zu folgen. Das planfestgestellte Modul (Umschlagbahnhof) dient dem Be- und Entladen der Güterzüge im Rahmen eines öffentlichen Bahnverkehrs, die Enteignung soll also zum Zwecke des Baus von Betriebsanlagen eines „öffentlichen“ Eisenbahninfrastrukturunternehmens i.S.d. § 3 AEG erfolgen. Hierfür lässt § 22 Abs. 1 AEG die Enteignung ausdrücklich zu (vgl. Schütz in Hermes/Sellner, a.a.O., RdNrn. 12 ff. zu § 22). Einer besonderen Abwägung seitens des Eisenbahn-Bundesamts - über die auf Seiten 16 und 21 des Beschlusses angestellten Überlegungen hinaus - bedurfte diese Frage schon deshalb nicht, weil die Klägerin in ihren Einwendungsschreiben vom 27. September 2006/9. März 2007 als ihr Interesse hauptsächlich aufgezeigt hat, sie wolle sicherstellen, dass vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ein Erbbaurechtsvertrag abgeschlossen werde; hierauf konnte und musste das Eisenbahn-Bundesamt keine besondere Rücksicht nehmen. Soweit die Klägerin zusätzlich eine gemeinsame Betreiberschaft für beide Module im Nürnberger Hafen durch die (private) Betreiberin des Moduls 1 gefordert hat, hat das Eisenbahn-Bundesamt zu Recht darauf hingewiesen, dass sie für eine Planfeststellung zu Gunsten eines privaten, nichtbundeseigenen Eisenbahnunternehmens nicht zuständig wäre und eine mögliche Kooperation zwischen der Betreiberin des Moduls 1 und der Beigeladenen nicht durch die Planfeststellungsbehörde geregelt werden könne. Hinzu kommt, dass für das planfestgestellte Vorhaben im Bedarfsplan für die Bundesschienenwege ein vordringlicher Bedarf festgestellt ist (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 22), was von der Klägerin nicht bestritten wird.

Soweit die Klägerin auf Seite 9 ihrer Klagebegründung weitere Defizite des Planfeststellungsbeschlusses rügt, ohne diese Rügen näher und damit nachvollziehbar zu begründen, lassen sich hieraus Fehler des Planfeststellungsbeschlusses im Rahmen der vorliegend gebotenen Überprüfung nicht ableiten, zumal der Planfeststellungsbeschluss auf den Seiten 19 ff. umfassende Ausführungen zu der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung enthält und die Standortentscheidung auf Seite 21 nachvollziehbar begründet wird.

Die Auferlegung auch der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen rechtfertigt sich daraus, dass die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich deshalb in ein Kostenrisiko begeben hat.

Streitwert: § 52 Abs. 1 GKG.

Einwendungen gegen den bereits vorläufig in dieser Höhe festgesetzten Streitwert wurden von keinem Beteiligten erhoben, obwohl gerichtlicherseits um Äußerung hierzu gebeten worden war. Dies rechtfertigt es, den vorläufig festgesetzten Streitwert endgültig festzusetzen.

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