VG Würzburg, Beschluss vom 24.09.2008 - W 1 E 08.1876
Fundstelle
openJur 2012, 94575
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die vorläufige Untersagung einer Tatsachenbehauptung.

Der Antragsteller ist Ehemann von Frau ...; er lebt seit mehreren Jahren in Trennung von ihr. Seine Frau ist Gründerin der Glaubensgemeinschaft „…“ und übermittelt nach dem Verständnis der Anhänger dieser Glaubensgemeinschaft als ... deren Lehren.

Die Antragsgegnerin ist Träger des Städtischen ... Würzburg. An dieser Schule erteilt Pfarrer B., Katholischer Priester, Religionsunterricht. Anfang Juli 2008 teilte er im Religionsunterricht ein Arbeitsblatt zum ... aus. Darin heißt es zur Gründerin des ... …: „Die ... war öfters in psychiatrischer Behandlung“.

Einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des ... gegen die D. Würzburg hat die Kammer mit Beschluss vom 6. August 2008 abgelehnt, da die D. insofern nicht passiv legitimiert sei. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 5. September 2008 (Az. 7 CE 08.2158) zurückgewiesen.

Am 18. August 2008 stellte der Bevollmächtigte im Wege einereinstweiligen Anordnungim Namen des Antragstellers, von Frau ... und des ... folgenden Antrag:

Der Antragsgegnerin wird vorläufig aufgegeben, dem Religionslehrer, Pfarrer H. B., die schriftliche Verpflichtung abzunehmen, es zu unterlassen, an städtischen Schulen in Bezug auf die Glaubensgemeinschaft ... zu behaupten oder behaupten zu lassen: „Die ... war öfters in psychiatrischer Behandlung.“ Für jeden Fall, dass sich der Religionslehrer weigert, diese Verpflichtung abzugeben oder dass er sie nach Abgabe verletzt, hat ihm die Antragsgegnerin den Entzug der Lehrbefugnis an städtischen Schulen anzudrohen und gegebenenfalls auch auszusprechen.

Mit Beschluss vom 27. August 2008 (Az. W 1 E 08.1843) wurde auf den Antrag von Frau ... hin die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet sicherzustellen, dass die Äußerung „Die ... war öfters in psychiatrischer Behandlung“ durch Herrn Pfarrer B. im Unterricht an der K.-…-Schule nicht mehr wiederholt wird. Im Übrigen wurde der Antrag von Frau ... abgelehnt. Die Verfahren des Antragstellers (…) und des ... trennte die Kammer ab.

Zur Aktivlegitimation des Antragstellers im vorliegenden Verfahren trug der Bevollmächtigte vor, dieser sei durch die streitige Äußerung in seiner Ehre beeinträchtigt. Die Behauptung, Frau ... sei öfters in psychiatrischer Behandlung gewesen, beinhalte, dass sie möglicherweise seelisch oder geistig schwer gestört sei. Wer mit einer solchen Frau verheiratet sei, werde in seiner eigenen Persönlichkeit herabgewürdigt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller sei nicht aktiv legitimiert. Ein Zusammenhang zwischen ihm und der Behauptung sei nicht erkennbar. Die streitgegenständliche Aussage habe keinen Einfluss auf seine Ehre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Beschluss vom 27. August 2008 (Az. W 1 E 08.1843) Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist zulässig, aber unbegründet. Dem Antragsteller fehlt die Aktivlegitimation, er ist nicht Inhaber des geltend gemachten Anspruchs auf Unterlassung.

a) Gegen verletzende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht, das die soziale Anerkennung sowie die persönliche Ehre mit umfasst (vgl. BVerfG vom 25.10.2005 Az. 1 BvR 1696/98 BVerfGE 114, 339/346), kann nur der unmittelbar Verletzte vorgehen. Keinen Abwehranspruch hat nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutz derjenige, der von den Fernwirkungen eines Einriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen nur mittelbar belastet wird, solange diese Auswirkungen nicht auch als Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind. Die Möglichkeit mittelbar Betroffener, aus eigenem Recht – auch gegen den Willen des unmittelbar Betroffenen, der gegebenenfalls die Angelegenheit auf sich beruhen lassen möchte – vorzugehen, würde das Anspruchssystem des Persönlichkeitsschutzes sprengen und zu einer uferlosen Ausweitung führen. Unbeachtliche Reflexwirkungen sind somit solche Ausstrahlungen auf die Personen des Dritten, in denen sich gar nicht der Inhalt einer Behauptung, sondern nur noch die persönliche Verbundenheit zu der betroffenen Person ausdrückt (vgl. BGH v. 15.04.1980 Az. VI ZR 76/79). Für den grundrechtlich fundierten und an die §§ 12, 862 und 1004 BGB angelehnten (vgl. BayVGH a.a.O.) öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs gilt nichts anderes als für den zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch.

b) Eine Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts des Antragstellers durch die streitgegenständliche Behauptung ist auch aus dem Kontext des Arbeitsblattes nicht ersichtlich. Die eigenen persönlichen Verhältnisse werden damit nicht angesprochen (vgl. dazu BGH a.a.O.). Insbesondere wird kein Zusammenhang zwischen der behaupteten psychiatrischen Behandlung und der Ehe hergestellt oder nahegelegt. Die geistige Gesundheit der Ehefrau hat keinen unmittelbaren Einfluss auf Ehre und sozialen Geltungsanspruch des Mannes. Zum Ausdruck kommt allein die Verbundenheit als Ehemann und damit eine mittelbare Betroffenheit. Soweit am Rande Aussagen über den Antragsteller getroffen werden, ist deren Wahrheitswidrigkeit nicht geltend gemacht und eine Beeinträchtigung nicht erkennbar.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht, soweit die Rechtsprechung in der Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Ehefrau unter besonderen Umständen eine Beeinträchtigung der Ehre des Mannes gesehen hat. Der Bundesgerichtshof hat diese Figur auf besondere Fallgestaltungen begrenzt, in denen die eheliche Gemeinschaft in ihrem Wesensgehalt angetastet wurde (vgl. BGH v. 25.02.1969 Az. VI ZR 241/67 NJW 1969, 1110). Solche besonderen Umstände stehen hier nicht in Rede, so dass sich die weitere Auseinandersetzung mit dieser auch im strafrechtlichen Ehrenschutz umstrittenen Figur (vgl. Schöncke/Schröder-Lenckner, StGB, 27. Auflage, Rd.Nr. 10 zu § 185 StGB; Hilgendorf in: Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Auflage, Rd.Nr. 34ff. zu § 185 StGB) erübrigt.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert aus § 53 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.